GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Sowieso-Kosten, Abzug Neu für Alt und Vorteilsausgleich

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Häufig wissen Unternehmen mit den vorgenannten Begriffen in ihrem Geschäftsbereich nichts anzufangen. Allenfalls kennen sie den Begriff Abzug Neu für Alt, wenn man als Geschädigter bei einem Kfz-Unfallschaden eine Reparatur mit Neuteilen erhält und die Versicherung des Schädigers wegen des Alters des beschädigten Fahrzeuges nicht bereit ist, die volle Reparaturrechnung für die Neuteile zu erstatten (beispielsweise Austausch des Motors bei einem beschädigten Altfahrzeug).

Die Begriffe Sowieso-Kosten, Abzug Neu für Alt und Vorteilsausgleich kommen nicht nur im Schadenersatz- sondern auch im Gewährleistungsrecht immer wieder vor. Es erscheint deshalb sinnvoll, sich mit den einzelnen maßgeblichen Begriffen der Beteiligungsansprüche einmal etwas näher zu befassen:

1. Sowieso-Kosten

In manchen Gegenden Deutschlands werden Sowieso-Kosten auch als Ohnehin-Kosten bezeichnet. Ein Auftragnehmer hat im Werkvertragsrecht prinzipiell dem Auftraggeber zum Zeitpunkt der Abnahme ein mängelfreies Werk abzuliefern. Wenn das zum Beispiel mit den im Leistungsverzeichnis (LV) oder der Baubeschreibung vorgesehenen Materialien nicht möglich ist, muss der Auftragnehmer - insbesondere als Fachfirma - dem Auftraggeber entsprechende Hinweise geben oder Bedenken anmelden. Stellt der Auftragnehmer unter Verwendung von im LV des Auftraggebers oder seines Architekten vorgesehenen Materialien eine mangelhafte Leistung her, so ist er dem Auftraggeber zur Nachbesserung verpflichtet. Lässt sich der Mangel dann nur beseitigen, wenn andere teurere Materialien zum Einsatz kommen müssen oder ein aufwendigeres Herstellverfahren notwendig ist, so muss sich der Auftraggeber an den Mängelbeseitigungskosten beteiligen. Die Höhe der Kosten, die dabei der Auftraggeber zu tragen hat, werden als Sowieso-Kosten bezeichnet. Grund hierfür ist nach der Rechtsprechung die Feststellung, dass der Auftraggeber auch schon ursprünglich für die teurere Ausführung hätte bezahlen müssen.

Über die Höhe der Sowieso-Kosten bestehen oft zwischen den Vertragsparteien unterschiedliche Auffassungen, die im Falle eines Rechtsstreits nur mit einem Sachverständigen geklärt werden können. Ist der streitige Betrag allerdings nicht allzu hoch, kann ein Richter durchaus den Betrag auch nach § 287 ZPO schätzen und den Parteien damit einen teuren Sachverständigen ersparen. Ausschlaggebend für die Ermittlung der Mehrkosten ist der Preisstand einer seinerzeit von Anfang an ordnungsgemäßen Ausführung der beauftragen Leistung. Mehrkosten, die zu einer Preiserhöhung geführt haben (Material oder Lohn), hat der Auftragnehmer alleine zu tragen.

Sicherheitsleistung für anfallende Sowieso-Kosten

Nicht ohne Grund haben Auftragnehmer häufig die Befürchtung, dass sich nach Durchführung der Mängelbeseitigungsleistung der Auftraggeber doch nicht an den Kosten beteiligt und man auf den Sowieso-Kosten sitzen bleibt. Hier hilft die Rechtsprechung. Vor Beginn der Mängelbeseitigungsarbeiten kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber in Höhe der voraussichtlichen Sowieso-Kosten eine Sicherheit verlangen. Hinsichtlich dieser Sicherheit ist zu beachten, dass der Auftraggeber ein Wahlrecht hat, in welcher Form er die Sicherheit erbringen will (beispielsweise Hinterlegung von Geld oder durch Bankbürgschaft). Besteht für den Auftragnehmer gegen den Auftraggeber ein Recht auf Beteiligung wegen Sowieso-Kosten muss der Auftragnehmer mit den Mängelbeseitigungsarbeiten erst beginnen, wenn die verlangte Sicherheitsleistung vom Auftraggeber gestellt worden ist.

Der Anfall der Sowieso-Kosten ist nicht abhängig vom vereinbarten Vertragstyp. Auch kann sich der Auftragnehmer nicht darauf berufen, nicht höherwertig nachbessern zu müssen, da er dem Auftraggeber schließlich einen besonders günstigen Preis gemacht habe. Auch ein preisgünstiges Angebot verpflichtet den Auftragnehmer zu einer mängelfreien Leistung, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Bei der Ermittlung der Sowieso-Kosten ist stets darauf zu achten, dass diese Kosten nicht mit dem Schaden verwechselt werden, die dadurch entstehen, dass das fehlerhafte Werk neu hergestellt werden muss. Bei der Abrechnung der Sowieso-Kosten können daneben Schadenersatzansprüche entstehen, wenn zum Beispiel eine Planung nutzlos geworden ist oder ein Schaden für die Beseitigung der früheren fehlerhaften Leistung entsteht. Die Rechtsprechung differenziert deshalb zu Recht zwischen einem eingetretenen Schaden, dessen Höhe stets erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht ermittelt werden muss. Wohingegen es bei den Sowieso-Kosten auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Bauleistung hätte erbracht werden müssen. Zwischen den beiden Zeitpunkten für die Ermittlung des Schadenersatzes und dem der Sowieso-Kosten können bei länger andauernden Rechtsstreiten Jahre dazwischen liegen, was entsprechende finanzielle Konsequenzen haben kann.

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2. Abzug Neu für Alt

Eine Beteiligung des Auftraggebers an den Mängelbeseitigungskosten kommt im Werkvertragsrecht immer dann in Betracht, wenn der Auftraggeber zum Zeitpunkt der Nachbesserung eigene Renovierungskosten erspart oder die Lebensdauer der ursprünglichen Leistung sich deutlich verlängert. Dies kommt besonders häufig im Baubereich bei Flachdach- und Wegeerneuerungen vor. Wird beispielsweise ein Weg deutlich vor Ablauf seiner üblichen Nutzungsdauer vollständig erneuert, muss sich der Auftraggeber bei einer Mängelbeseitigung in Form einer vollständigen Erneuerung des Weges mit einem Prozentsatz an den Kosten beteiligen, der der Verlängerung der voraussichtlichen Lebensdauer des Weges entspricht.

Verlängert sich die Lebensdauer des Weges beispielsweise um die Hälfte der Zeit, so muss sich der Auftraggeber mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Diese Regelung gilt allerdings nicht grenzenlos.

Eine Beteiligung Neu für Alt kommt dann oft nicht in Betracht, wenn die längere Lebensdauer für den Auftraggeber in keiner Weise von Vorteil ist. Dies zum Beispiel wenn ein Gebäude nur noch fünf Jahre stehenbleiben und später abgerissen werden soll. In diesem Fall hat die längere Lebensdauer für den Auftraggeber keinen Vorteil, so dass ein Abzug Neu für Alt zumeist nicht gerechtfertigt ist.

Ein Abzug Neu für Alt ist auch dann nach der Rechtsprechung nicht gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber die erforderliche Nachbesserung verzögert hat (der Auftraggeber muss zum Beispiel seine Mängelbeseitigungsrechte erst in einem Rechtsstreit geltend machen) oder wenn die Leistung schon kurz nach der Abnahme sich als mangelhaft erwiesen hat und der Auftraggeber jahrelang mit untauglichen Nachbesserungen hingehalten wurde. Ein Abzug ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber über geraume Zeit eine uneingeschränkte, nutzungsfähige, mängelfreie Leistung zur Verfügung hatte. Nach einer Meinung des Oberlandesgerichts Hamm (Baurecht 2013, Seite 1897 ff.) soll auch der Grundsatz Abzug Neu für Alt dann nicht gelten, wenn der Auftragnehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, so dass der Auftraggeber seine Mängelrechte erst viel später, insbesondere nach Entdeckung des Mangels geltend machen konnte.

Steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Beteiligung an den Mängelbeseitigungskosten nach dem Grundsatz Neu für Alt zu, hat der Auftragnehmer auch hier das Recht, für die Beteiligung an den Kosten vom Auftraggeber eine Sicherheit zu verlangen. Insoweit darf ich auf meine Ausführungen zu den Sowieso-Kosten verweisen.

3. Vorteilsausgleich

Ein besonders schwieriges Kapitel ist es, für einen Nichtjuristen, das von der Rechtsprechung entwickelte Institut des Vorteilsausgleiches zu verstehen. Das Institut kommt bei sogenannten Leistungsketten zur Anwendung. Unter einer Leistungskette versteht man beispielsweise wenn ein Bauherr als Auftraggeber einen Generalunternehmer und dieser wiederrum einen Nachunternehmer beauftragt hat. Kann der Bauherr aus unterschiedlichen Gründen (zum Beispiel Verjährung) keine Mängelansprüche mehr gegen den Generalunternehmer geltend machen, soll es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ungerecht und damit unzulässig sein, wenn der Generalunternehmer die eigentlich bestehenden Mängelansprüche weiterhin gegen den Nachunternehmer geltend machen könnte und sich so einen nicht gerechtfertigten Vorteil verschaffen würde (vgl. BGH-Baurecht 1977, Seite 277). Die Rechtsprechung sieht in einem solchen Fall nicht die einzelnen Vertragsverhältnisse Bauherr zum Generalunternehmer beziehungsweise Generalunternehmer zum Nachunternehmer getrennt sondern als einheitliche werkvertragliche Kette, bei der die Vertragsverhältnisse teilweise ihre Eigenständigkeit verloren haben sollen. Nur weil einer in der Leistungskette aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen seine Mängelbeseitigungsansprüche nicht mehr geltend machen kann, soll einem anderen in der Kette kein ungerechter Vorteil hieraus entstehen. Dem BGH geht es in den Fällen des sogenannten Vorteilsausgleichs darum, niemanden in der Kette eine unzulässige Bereicherung zukommen zu lassen.

Spielen bei Mängelbeseitigungsleistungen Sowieso-Kosten beziehungsweise ein Kostenausgleich Neu für Alt eine Rolle oder kommt sogar ein sogenannter Vorteilsausgleich in Betracht, sei jedem Betroffenen angeraten, sich fachkundigen juristischen Rat einzuholen, zumal in der Rechtsprechung zum Teil noch Differenzierungen vorgenommen werden, auf die hier mangels allgemeinem Interesse an den besonderen Fällen nicht eingegangen werden soll.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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