Der Kommentar

Stadtgrün ist kein Thema

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Die aktuellen Verhandlungen von rot-grün-gelb zu einer möglichen Ampelkoalition verbreiten einen Hauch von Aufbruchstimmung. Selfies, weiße Turnschuhe und nicht zuletzt die strategische Herangehensweise klingen nach Erneuerung. Außer dass eine Vielzahl von Arbeitsgruppen zu Koalitionsverhandlungen eingerichtet wurde, gibt es allerdings bis jetzt nur ein 12-seitiges Sondierungspapier zur Ampelkoalition und das hat es für den Landschaftsbau durchaus in sich.

Bei grüner Beteiligung wären Themen wie Natur- und Umweltschutz, Stadtgrün und Stadtklima zumindest als Nebenthemen zu erwarten gewesen. Im vorliegenden Dokument findet der Umweltschutz nur in (finanzieller) Unterstützung der Landwirtschaft statt. Der Naturschutz findet sich aktuell in der Gründung einer Stiftung zur Renaturierung des Rückbaus der Kohleverstromung wieder. Das Stadtgrün findet jedoch überhaupt keine Erwähnung.

Dafür ist an vielen Stellen von zusätzlichen Haushaltsspielräumen oder von hohem Investitionsbedarf die Rede. Insgesamt will die Ampelkoalition die 2020er Jahre zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen machen und verfolgt dazu eine Politik, die die Investitionen - privat wie öffentlich - deutlich erhöht. Zum Beispiel soll mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Das Ziel sind 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich gefördert. Weiterhin wollen die angehenden Koalitionäre mit der sprichwörtlichen finanziellen "Bazooka" die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten. Dieses soll insbesondere in die Bereiche Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur betreffen. Ob das im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse möglich ist, bleibt fraglich. Zudem sind deutsche Staatsanleihen auf den Kapitalmärkten immer noch mit negativen Zinsen belegt.

Das klingt danach, dass wohlhabende Porschefahrer weiterhin eine sinnlose Förderung ihrer Lastenfahrräder erwarten dürfen. Eine Förderung, die finanziert ist aus Steuermitteln, zu denen auch viele Geringverdiener mit ihren Steuern beigetragen haben. Oder die Förderung ist finanziert aus Staatsanleihen, um deren Rückzahlung sich unsere Kinder kümmern dürfen.

Die Bereitstellung einer funktionierenden Infrastruktur ist eine der Kernaufgaben des Staates. Wenn die neue Regierung nun tatsächlich umfangreich in die Infrastruktur des Landes investieren will, ist das gut, denn viel zu lang ist hier gespart worden. Wohnungsbau und Straßenbau bedeuten auch immer Aufträge für den Landschaftsbau. Auch wenn die Bemühungen rund um das Stadtgrün zunächst nicht im Sondierungspapier zu finden sind, werden diese spätestens Einzug halten, wenn gebaut wird. Sei es durch das schon bestehende Umweltrecht in den Bauleitverfahren oder durch Auflagen in der Baugenehmigung für den Wohnungsbau. Für Investoren ist ein attraktives, grünes Wohnumfeld kein Hindernis. Die Frage an die neue Regierung wird nicht sein, ob es genügend Aufträge für Landschaftsgärtner gibt, sondern ob es genügend Firmen und Arbeitnehmer gibt, die diese Investitionen abarbeiten können.

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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