Der Kommentar

Standards und Individualität

Auf der Messe in Nürnberg hat die FLL einen Innovationspreis für ein Bewertungssystem bekommen, mit dessen Hilfe die Qualität gärtnerischer Pflege bewertet und klassifiziert werden kann. Mit diesem Bildqualitätskatalog wird die Qualität der Pflege mit Hilfe von Schlüsselindikatoren (messbaren Qualitätsanforderungen) und - das ist neu - mit Fotos dargestellt. Der Vorteil eines solchen Output-orientierten Systems ist, dass die Schlüsselindikatoren harte vertragliche Anforderungen darstellen und die Fotos auch dem Laien, sei es als Kommunalpolitiker, Bürger oder Mieter, die gärtnerische Pflege und Instandhaltung verständlich machen können. Eine wunderbare Idee, nach der Experten, Fachleute und Laien schon lange gesucht haben.

In den Niederlanden gibt es dieses System schon seit über 15 Jahren und - das ist mehr als bemerkenswert - nahezu alle Kommunen nutzen dieses Instrument als Kommunikationsbasis zwischen der Politik, den Bürgern, der Verwaltung und den Unternehmen. Aber auch die niederländischen Kommunen haben anfangs geglaubt, dass sie selbst besser sind als eine zentrale Organisation. So hatte dort in den vergangenen Jahren jede Kommune ihren eigenen Bildqualitätskatalog. Wir kennen das auch: Wenn eine Stadt etwas entwickelt hat, meint eine andere, das nicht einfach übernehmen zu können, sondern mit eigenen Ressourcen etwas Neues und vor allem etwas ganz anderes entwickeln zu müssen.

Leider hat diese Art der Individualisierung in öffentlichen Verwaltungen System. Das beginnt bei der Umsetzung des Vergaberechts, wo der Bund alle Vergabehandbücher und Standardleistungsbücher erstellt, die Länder die Übernahme schon durch Ländervergabegesetze unmöglich machen und die Kommunen noch einmal alles neu erfinden. Die Juristen in der kommunalen Verwaltung, die alle Rechtsfragen, von Beamtenrecht, Polizeirecht, Gewerberecht über Sozialhilfe bis zur Kommunalfinanzierung bearbeiten müssen, beherrschen das Vergaberecht natürlich viel besser als die Spezialisten im Bund. Bei den Mitarbeitern der Fachabteilungen ist es kaum anders. Wenn es schon einen Standard gibt, wird dieser nur zu gerne abgewandelt, verändert, überarbeitet oder manchmal ganz neu gemacht. Volkswirtschaftliche Verschwendung oder Konjunkturprogramm für neue Arbeitsplätze und Berater?

Volkswirtschaftliche Verschwendung ist es auch deshalb, weil sich Unternehmen auf keine Standards verlassen können. Jeder Vertrag ist etwas neues, jede Kommune hat ihre Besonderheiten. Das stellt letztlich den Sinn und Zweck der Standardisierung in Frage. Es bleibt zu hoffen, dass die Deutschen beim Bildqualitätskatalog im Individualisierungswahn nicht alles selbst neu erfinden wollen sondern damit beginnen, die Standards im Sinne aller Akteure zu nutzen. Ein richtiger Schritt zur Entbürokratisierung wäre es allemal.

Ihr Martin Thieme-Hack

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