Starkregen, Auswirkungen und Schutzmaßnahmen

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In den letzten Jahren haben extreme Niederschlagsereignisse im gesamten Bundesgebiet zu Überschwemmungen geführt. Die Betroffenen haben nicht nur den finanziellen Schaden sondern auch lieb gewonnenes ist für immer verloren. Wie kann man das zukünftige Schadensrisiko minimieren?

Mit dem Ziel, Schäden aus Starkregen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, haben die Stadtentwässerungsbetriebe Köln eine Anpassungsstrategie entwickelt, die vorhandenes Schadens- und Gefährdungspotential bewertet, Risikobereiche identifiziert, eine Risikovorsorge beinhaltet und Maßnahmen ableitbar macht. Die Strategie basiert auf den Ergebnissen bereits durchgeführter Forschungsvorhaben sowie einem fortwährenden Erfahrungsaustausch verschiedener Großstädte und externer Gutachter untereinander.

Die Kölner Anpassungsstrategie

Die Identifizierung und räumliche Eingrenzung potentieller Gefährdungsbereiche, die Ermittlung konkreter Überflutungsursachen sowie die Bewertung der lokalen Überflutungsrisiken müssen stets vorweg laufen, um Ziel führende planerische, technische und oder organisatorische Vorsorgemaßnahmen auf kommunaler oder privater Ebene ergreifen zu können. Die Einschätzung des örtlichen Überflutungsrisikos erfolgt daher grundsätzlich in drei in der Regel aufeinander folgenden Schritten:

  • Ermittlung der Überflutungsgefährdung,
  • Abschätzung des möglichen Schadenpotentials,
  • Bewertung des daraus resultierenden Überflutungsrisikos.

Somit sind dann die Grundlagen gelegt, um daraus die nötigen Maßnahmen zu entwickeln:

  • Starkregenvorsorge als kommunale Gemeinschaftsaufgabe,
  • bauleitplanerische und städtebauliche Schutzmaßnahmen,
  • Vorsorgemaßnahmen,
  • unterirdische (entwässerungstechnische) Schutzmaßnahmen,
  • oberirdische Schutzmaßnahmen,
  • Objektschutzmaßnahmen.
  • Die Überflutungsgefährdung

    Ziel einer Gefährdungsbetrachtung ist, die Ursachen von Überflutungen zu erkennen, besonders stark gefährdete Siedlungsbereiche einzugrenzen, das konkrete Ausmaß von Sturzfluten abzuschätzen und insgesamt eine klare Vorstellung der örtlichen Situation bei einem Extremereignis zu erhalten. Zur Ermittlung der Überflutungsgefährdung für das Kölner Stadtgebiet wurde ein hydraulischer Analyseansatz unter Zuhilfenahme von Simulationsmodellen gewählt.

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Dieses Vorgehen erfordert zwar ein hohes Maß an Spezialwissen und zeitlichem Aufwand, bietet jedoch Vorteile bei der Genauigkeit und der Aussagekraft der Ergebnisse sowie deren weiteren Verwendbarkeit, da unter anderem Wasserstände für konkrete Niederschlagsbelastungen berechnet und Wechselwirkungen zwischen dem Kanalnetz und der Oberfläche betrachtet werden können. Als zusätzlicher Grund für die Bevorzugung der gewählten Vorgehensweise ist darüber hinaus die Charakteristik des vorliegenden, überwiegend flachen Kölner Stadtgebiet zu nennen. Wegen des relativ hohen Bearbeitungs- und Rechenaufwands müssen Überflutungssimulationen nicht flächendeckend erfolgen, sondern können auf besonders risikobehaftete Gebiete beschränkt werden.

Dabei kann die Abflussleistung des Kanalnetzes vollständig erfasst werden.

Die mit Hilfe der Überflutungssimulation produzierten Ergebnisse können direkt bei der Erstellung von Überflutungsgefahrenkarten verwendet und innerhalb dieser dargestellt werden. Darüber hinaus bietet die Modellierung die Möglichkeit, unterschiedliche Vorsorgemaßnahmen abzubilden und rechnerisch nachzuweisen beziehungsweise überprüfen zu können.

Aus einer Gefährdungsanalyse ergibt sich noch keine unmittelbare Bewertung oder Einstufung der örtlichen Überflutungsgefahren. Die konkrete Bewertung der Überflutungsgefährdung stellt einen gesonderten Arbeitsschritt dar, der auf den Ergebnissen der Gefährdungsanalyse aufbaut und einen wichtigen Bestandteil einer systematischen Risikobewertung darstellt. Für die Einstufung der Überflutungsgefährdung sind folgende Kriterien maßgebend:

  • Häufigkeit der Überflutung,
  • Ausmaß und Ausdehnung,
  • Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit,
  • Überflutungsdauer,
  • Dynamik des Starkregenereignisses/kurze Vorwarnzeiten.

Das Schadenspotential

Als zweiter Baustein einer Risikoanalyse ist die Abschätzung des Schadenspotentials, also der möglichen Schäden, zu sehen. Als Schaden werden in dieser Hinsicht die nachteiligen Folgen einer Überflutung verstanden. Das Schadenspotential entspricht daher dem bei einer Überflutung zu erwartenden möglichen Schaden. Bei der Betrachtung des Schadenspotentials wird zwischen nicht monetären und monetären Schäden unterschieden. Als nicht monetäre Schäden sind Gefährdung menschlicher Gesundheit, Beschädigung von Kulturgütern und Umweltschäden, zu verstehen. Monetäre Schäden betreffen vor allem Wohnbebauungen, öffentliche Einrichtungen, Gewerbe oder Wirtschaftsgebäude und Infrastrukturanlagen.

In Kenntnis der überfluteten Bereiche als Ergebnis der vorangegangenen Gefährdungsanalyse kann eine erste Schadensabschätzung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in Abhängigkeit des monetären Wertes und der Bedeutung der vorhandenen Gebäude sowie der im betroffenen Gebiet lebenden und arbeitenden Bevölkerung nach folgendem vereinfachten Schema erfolgen:

Geringes Schadenspotential (Keine Risikoobjekte, keine Gefahr für Leib und Leben)

Mittleres Schadenspotential (Einzelne Risikoobjekte, vereinzelt Gefahr für Leib und Leben)

Hohes Schadenspotential (schadensempfindliche/hochwertige Nutzung, diverse/besondere Risikoobjekte, Gefahr für Leib und Leben)

Die Risikobewertung

Der Risikobegriff stellt eine Verschneidung aus Gefährdungs- und Schadenspotential dar. Er liefert eine Aussage auf die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Gebiet mit welchen Schäden zu rechnen ist. Erst die Zusammenführung von Gefährdung und Schaden erlaubt eine Bewertung der Situation. Ziel einer Risikobewertung ist die Abwägung von Risiken untereinander, um Handlungsschwerpunkte oder Prioritäten definieren und um die verfügbaren Ressourcen möglichst effektiv einsetzen zu können. Daher handelt es sich bei der Risikobewertung in erster Linie um ein Werkzeug zur Priorisierung von Vorsorgemaßnahmen.

Die Starkregenvorsorge als kommunale Gemeinschaftsaufgabe

Die Vermeidung oder Minderung von Schäden aus Starkregenereignissen ist eine kommunale Gemeinschaftsaufgabe, bei der neben den Grundstückseigentümern insbesondere die öffentliche Hand einen Beitrag zu leisten hat. Dies betrifft vor allem Vorsorgemaßnahmen, die in unmittelbaren Bezug zur kommunalen Infrastruktur stehen und im Aufgabenspektrum kommunaler Träger und Gebietskörperschaften liegen. Hinsichtlich der Zuständigkeit lassen sich die möglichen Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge unterscheiden nach Infrastrukturbezogenen Maßnahmen in Regie der Kommunen und objektbezogenen Maßnahmen in Regie der Grundstückseigentümer.

Um infrastruktur- sowie objektbezogene Maßnahmen realisieren zu können, ist es unerlässlich, ein neues Grundverständnis bei allen Teilnehmern im öffentlichen Raum zu schaffen. Ohne die Einbindung und die Beiträge der einzelnen Akteure ist eine wirkungsvolle Überflutungsvorsorge kaum möglich. Sie müssen daher über die bestehenden Risiken aufgeklärt und für die Problematik sensibilisiert werden. Als Querschnittsaufgabe erfordert die Überflutungsvorsorge einen intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten und eine zielgerichtete Koordination sämtlicher Maßnahmen.

Sämtliche Maßnahmen können nur dann zur Minimierung der Schäden infolge Starkregens beitragen, wenn Sie in sinnvoller Kombination von kommunalen sowie privaten Maßnahmen Umsetzung finden. Dies setzt eine intensive Kommunikation zwischen allen Beteiligten voraus. Dies kann beispielsweise über Runde Tische, gemeinsame Forschungsvorhaben, frühzeitiges Einbinden der Entwässerung in Stadtplanungsprozesse sowie Informationsveranstaltungen unter Einbeziehung von Bürgerinitiativen und -vereinen geschehen. Ziel dieser Kommunikation ist Heranführung aller Beteiligten an die Problematik als erstes Instrument zur erfolgreichen Durchführung von Maßnahmen und Schaffung von Akzeptanz gegenüber diesen.

Die Vorsorgemaßnahmen

Die Entwicklung von Vorsorgekonzepten durch die kommunale Gemeinschaft ist nur der erste Schritt der Überflutungsvorsorge. Aufbauend auf den entwickelten Konzepten müssen im nächsten Schritt durch Behörden, Stadtentwässerungsbetriebe sowie Grundstückseigentümer und Gewerbetreibende konkreter Maßnahmen realisiert werden. Dabei stehen folgende Maßnahmenpakete im Fokus:

  • bauleitplanerische Vorsorgemaßnahmen,
  • unterirdische Schutzmaßnahmen,
  • oberirdische Schutzmaßnahmen,
  • technisch-konstruktiver Objektschutz.

Ein zuverlässiger Schutz kann nur durch eine sinnvolle Kombination von Schutzmaßnahmen aller Teilbereiche erreicht werden. Dabei kann es oftmals vorteilhaft sein, durch Pilotmaßnahmen seitens Stadtentwässerungsbetriebe beziehungsweise Stadtplanung bei Grundstückseigentümern und Gewerbetreibenden Interesse an der Thematik zu wecken, Verständnis und Vertrauen zu gewinnen und diese schließlich zur Entwicklung und Umsetzung technisch-konstruktiver Objektschutzmaßnahmen zu ermutigen.

Bauleitplanerische und städtebauliche Schutzmaßnahmen

Im Hinblick auf eine langfristig wirkungsvolle und wirtschaftlich ausgewogene Überflutungsvorsorge auf kommunaler Ebene kommt der räumlichen Planung eine besondere Bedeutung zu. Die kommunale Überflutungsvorsorge ist eine Querschnittsaufgabe und bedarf einer engen Verzahnung von städtebaulicher Entwicklung, Siedlungsentwässerung sowie Straßen- und Freiraumgestaltung. Die Minderung des Überflutungsrisikos muss bereits bei städtebaulichen wie auch verkehrstechnischen Konzeptionen einen angemessenen Stellenwert erhalten und in nachfolgenden Planungen fest verankert werden. Das Leitbild einer "wassersensiblen und klimagerechten Stadtentwicklung" muss als wichtiges Planungskriterium etabliert werden.

Als essentieller Bestandteil der Stadtentwicklung gibt der Flächennutzungsplan einen Ausblick auf die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung einer Kommune und ordnet die beabsichtigte Bodennutzung für das gesamte Stadtgebiet. Ansatzpunkte innerhalb des Flächennutzungsplanes sind zum Beispiel:

  • Festsetzungen zum allgemeinen Maß der baulichen Nutzung (Beschränkung in Befestigungsgrad, Vorgabe bezüglich Bepflanzung etc.);
  • Ausweisung von Grünflächen als Retentionsraum (Regenwasserbewirtschaftung, Notflutungsflächen, Wasserplätze);
  • Kennzeichnung von Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder besondere bauliche Sanierungsmaßnahmen gegen Naturgewalten notwendig sind.

Sicherung von Flächen für potentielle Frei- und Retentionsräume

Die darüber hinaus gehenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes regeln rechtsverbindlich die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung des im Geltungsbereich gelegenen Grundeigentums. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit für Kommunen, wichtige Bausteine und Konzeptbestandteile des Überflutungsschutzes rechtsverbindlich zu verankern. Für die Aufstellung des Bebauungsplanes sind aus wasserwirtschaftlicher Sicht folgende Aspekte stets zu berücksichtigen:

  • Topographie als großräumiges, interagierendes Element (Wasserscheiden, Zuflüsse aus angrenzenden Bereichen, Fließwege innerhalb des Planungsgebietes);
  • Lage und Verlauf früherer Gewässerläufe;
  • mögliche Verschärfung des Überflutungsrisikos unterhalb gelegener Gebiete durch Schutzmaßmaßnahmen im oberhalb liegenden Gebiet;
  • Anpassung von Gelände, Bebauung und der verkehrlichen Erschließung an Topographie und Überflutungsrisiko;
  • Festlegung von Grundstücks-, Straßen- und Gebäudehöhen;
  • Festlegung von Notwasserwegen und Retentionsflächen.

Neben der Berücksichtigung der Belange der Überflutungsvorsorge bei Neuerschließungen sollte dieser Aspekt seitens der Stadtplanung auch stets in Bestandsgebieten mit ausgeprägter Überflutungsgefährdung geprüft werden. Unter Umständen lassen sich auch dort Notabflusswege und Retentionsflächen nachträglich sichern und verankern.

Unterirdische (entwässerungstechnische) Schutzmaßnahmen

Zur Erreichung eines angemessenen Überflutungsschutzes bei Stark- und Extremniederschlägen jedoch ist die alleinige Vergrößerung entwässerungstechnischer Anlagen sowohl aus technischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht zielführend. Dennoch bestehen für die kommunalen Netzbetreiber eine Reihe von Möglichkeiten, das mit vorhandenen Entwässerungsanlagen erzielbare Überflutungsschutzniveau größtmöglich auszuschöpfen. Hierzu gehört zunächst die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Pflichten und Aufgaben gemäß geltender technischer Vorschriften:

  • angemessene, regelkonforme Auslegung der Kanalisation (2-jährliches bis 10-jährliches Niederschlagsereignis);
  • zeitnahe Beseitigung hydraulischer Defizite;
  • sachgerechte Konstruktion und Ausrüstung der Entwässerungsbauwerke (Schieber, Notstromaggregate in Pumpwerken, Erreichbarkeit im Überflutungsfall etc.);
  • Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit;
  • regelmäßige Beseitigung von Abflusshindernissen, Kanalspülung;
  • regelmäßige Inspektion, Wartung, Funktionspflege und Instandsetzung.

Zur weitergehenden Überflutungsvorsorge bieten sich im Zuständigkeitsbereich der Entwässerungsbetriebe vor allem Maßnahmen an, welche auf das Fernhalten von Niederschlagsabflüssen vom Kanalnetz abzielen und das Abflussvolumen bei Starkregen zu reduzieren. Hierzu zählen vor allem klassische Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung:

  • Verringerung der Flächenbefestigung der Siedlungsflächen;
  • Begrenzung der zulässigen Einleitmengen in die Kanalisation;
  • dezentraler Rückhalt auf den Grundstücken in Mulden, Zisternen und Rigolen;
  • Abkopplung von Flächen, die an das Kanalnetz angeschlossen sind.

Die Umsetzung unterirdischer Schutzmaßnahmen ist jedoch nicht ausschließlich Aufgabe der Stadtentwässerungsbetriebe. Im gleichen Maße sind private Grundstückseigentümer sowie Gewerbetreibende in der Verantwortung. Damit bei Starkregenereignissen das Wasser nicht aus den tiefer gelegenen Ablaufstellen eines Gebäudes (Waschmaschine, Dusche, Waschbecken und Bodenablauf im Keller) austritt, müssen diese Stellen gemäß Abwassersatzung mittels Rückstauklappe oder Abwasserhebeanlage gegen Rückstau aus dem Kanalnetz gesichert werden.

Oberirdische Schutzmaßnahmen

Einen wesentlich größeren Effekt als die kommunalen unterirdischen Vorsorgemaßnahmen haben Eingriffe in oberirdische Infrastrukturanlagen sowie Grün- und Freiflächen. Eine konkrete Möglichkeit in der Vorsorge vor den Schäden durch Sturzfluten liegt beispielsweise in der Nutzung des Straßenquerschnitts als Retentionsraum. Der vorübergehende Wassereinstau auf Straßenflächen und die damit einhergehende Aktivierung des Rückstauvolumens des Straßenraums kann maßgeblich zur Schadensminderung bei seltenen Starkregen beitragen. Eine zeitgemäße und moderne Straßengestaltung sollte zwar nach den Maßstäben der verkehrlichen und städtebaulichen Erschließung überwiegend barrierefrei sein, jedoch kann besonders bei Straßenneu- und -umbauten die Funktion als temporäres, oberflächiges Gerinne berücksichtigt werden.

Das Speichervolumen einer Straße kann beispielsweise durch Erhöhung der Querneigung zu einer Mittelrinne, durch Erhöhung der Bordsteinhöhen und durch Absenken der Straßenoberfläche in Bezug zur Gehweghinterkante beeinflusst werden. Im Falle der Reduzierung des Straßenrückhaltevolumens sind durch den Planer zwingend Gefährdungsanalysen durchzuführen. Auf diese Weise können Straßen- und Verkehrsflächen im Bedarfsfall verschiedenen Nutzungen dienen. Derartige Flächen werden als multifunktionale Flächen bezeichnet. Dieses Vorgehen kann auch bei Freiflächen (z. B. Parkplätze, Sportanlagen, öffentliche Plätze) in Ausnahmefällen praktiziert werden. Die Flächen können im Falle eines Starkregens für kurze Zeit gezielt geflutet werden mit dem Ziel Schäden von besonders sensiblen Bereichen fernzuhalten. Nach Ende des Ereignisses werden die zwischengespeicherten Abflüsse gedrosselt dem Kanalnetz oder umliegenden Gewässern zugeführt.

Durch Öffnungen und Aussparungen in Randeinfassungen aber auch durch die Änderung von bisherigen Fließwegen (Geländemodellierung, Rückbau Fließweg-Sperren) können multifunktionale Flächen auch nachträglich im Bestand gezielt geflutet werden. Das gilt insbesondere für anbaufreie Straßen und Wege im Außenbereich, aber auch für innerörtliche Straßen. Grundsätzlich können sich hierzu folgende Flächen eignen: Parkanlagen und Rasenflächen, befestigte öffentliche Plätze ohne Bebauung, Straßenflächen mit relativ geringer verkehrlicher Nutzung, großflächige, öffentliche Sportanlagen, selten genutzte Parkflächen (beispielweise P&R-Plätze), Teichanlagen und künstliche Seen, Brachflächen sowie unbebaute Flächen.

Ein großer Vorteil in einer multifunktionalen Flächennutzung besteht in der sehr hohen Kosteneffizienz, denn im Vergleich zu anderen Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge ist die angepasste Neu- und Nachgestaltung von Freiflächen oftmals mit relativ geringen Kosten verbunden. Beispiele für eine gelungene Nutzung von multifunktionalen Flächennutzungen zeigen die Abbildungen 6 und 7.

Ergänzend können straßenbegleitende Versickerungsmulden Niederschlagswasser, wo immer dies hinsichtlich Flächennutzung und -verfügbarkeit möglich ist, gezielt sammeln, zwischenspeichern und ableiten.

Da das Niederschlagswasser insbesondere bei Starkregenereignissen auf Grund des geringen Fließquerschnitts von herkömmlichen Straßenabläufen sowie der zur Fließrichtung senkrechten Anordnung der Gittereinläufe oftmals nicht in den Kanal abfließen kann, ist in überflutungsgefährdeten Gebieten der Einsatz von leistungsfähigeren Abläufen ein probates Mittel zur schnelleren Ableitung und sinnvolleren Nutzung freier Kapazitäten im Kanalsystem.

Objektschutzmaßnahmen

Im Sinne der Starkregenvorsorge als kommunale Gemeinschaftsaufgabe ist - unabhängig davon, welche infrastrukturbezogene Maßnahmen (vgl. oberirdische Schutzmaßnahmen) zur Überflutungsvorsorge durch kommunale Träger umgesetzt wurden - ein objektbezogener Schutz durch den Grundstücks- und Gebäudeeigentümer unerlässlich. Der private Objektschutz ist dabei als wichtige Ergänzung zu den kommunalen Aktivitäten zu sehen. Diese Maßnahmen sind in der Verantwortung der Grundstückseigentümer.

Die Abbildung 08 veranschaulicht die möglichen Zutrittswege von Niederschlagswasser in ein Gebäude im Überflutungsfall. Doch nicht nur private Grundstückseigentümer sind in der Verantwortung, zielgerichtete Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Besonders für Gewerbe- und Industriebetriebe empfiehlt sich auf Grund der Umweltgefährdung und Schäden durch verwendete Betriebsstoffe, des hohen monetären Schadenspotentials durch Zerstörung von Produktionsanlagen und Werkstoffen, der Gefahr eines längerfristigen Betriebs- oder Produktionsausfalls sowie der Existenzbedrohung für das Unternehmen eine umfangreiche und gründliche Risikoanalyse durchzuführen und ein professionelles Konzept zu erstellen. Sollte auf Grund eingetretener Schadensereignisse oder als Ergebnis einer Risikoanalyse die Notwendigkeit für objektbezogene Schutzmaßnahmen bestehen, können verschiedenste Maßnahmen ergriffen werden.

Durch Flächenvorsorge auf der Grundstückebene kann das Überflutungsrisiko bei Starkregenereignissen deutlich verringert werden. Die Flächenvorsorge ist insbesondere darauf ausgerichtet, die Entstehung von Oberflächenabfluss auf dem Grundstück zu verringern, das Niederschlagswasser auf dem Grundstück gezielt zwischen zu speichern oder dieses von schadensintensiven Grundstücksbereichen fernzuhalten. Dabei steht ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Verfügung: Sperren von Zutrittswegen durch Grundstückseinfassungen, Verwallungen, Schwellen, Oberflächengefälle weg von Gebäuden und Anlagen hin zu risikoärmeren Bereichen, Schaffung von gezielten Flutmulden beziehungsweise Flächen, Beseitigung von schadensverursachenden Abflusshindernissen, Verzicht auf beziehungsweise Rückbau von Flächenbefestigungen, wasserdurchlässige Befestigung von Freiflächen, Dachbegrünungen, erosionsmindernde Flächengestaltung oder Bepflanzung.

Im Gegensatz zur Flächenvorsorge zielen die Bauvorsorge sowie der technisch-konstruktive Schutz direkt auf die gefährdeten Gebäude ab, welche sich auch durch Maßnahmen der Flächenvorsorge nicht nachhaltig schützen lassen. Diese Maßnahmen fungieren meist als letzte Barriere gegenüber dem zufließenden Wasser und sind daher von essentieller Bedeutung. Insbesondere bei bestehenden Bauden sind technische Objektschutzmaßnahmen wesentlich wirtschaftlicher als großräumig angelegte Maßnahmen der Flächenvorsorge oder gar Maßnahmen der öffentlichen Hand. Ein weiterer Vorteil besteht in der oftmals raschen Umsetzbarkeit der Maßnahmen, wodurch schnell ein zielgerichteter Schutz gegen jederzeit auftreten könnende Starkregenereignisse gewährleistet wird. Die Maßnahmen sind dabei immer auf die individuelle Grundstücks- und Gebäudesituation und die vorherrschenden Randbedingungen anzupassen. Technische Schutzelemente sind insbesondere dann geeignet, wenn sie folgende Kriterien erfüllen:

  • permanente und unmittelbare Einsatzbereitschaft (denn: keine Vorwarnzeit wie bei Hochwasserereignissen),
  • einfache, Robuste und wartungsarme Konstruktion,
  • kosteneffizientes System mit hohem Schutzgrad,
  • hohes Maß an Alltagstauglichkeit ohne Nutzungseinschränkungen des Schutzgutes.

Das Fazit

Es ist inzwischen unbestritten, dass zunehmend häufiger Starkregenereignisse erwartet werden müssen. Die Vermeidung oder Minderung von Schäden aus Starkregenereignissen ist nicht die Aufgabe eines Einzelnen, sie ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der neben den Grundstückseigentümern insbesondere die öffentliche Hand einen Beitrag zu leisten hat. Insofern muss in Deutschland ein Umdenken stattfinden. Gemeinsam müssen unterirdische, oberirdische und Objektschutz-Maßnahmen auf einander abgestimmt und umgesetzt werden. Geeignete Vorsorgemaßnahmen können Schäden reduzieren. Situationsabhängig können sowohl Maßnahmen an der Oberfläche als auch im Kanalnetz getroffen werden. Alternativ kann ein Objektschutz Gebäude sichern. Insbesondere bei neuen Baugebieten kann die Oberflächengestaltung unmittelbar so erfolgen, dass Überflutungsgefährdungen von Anfang an vermieden oder wenigstens reduziert werden.

Alle Vorhaben sollten unseres Erachtens mit einer umfassenden Kommunikationsstrategie begleitete werden, die sich an die unmittelbar Betroffenen, deren Vertreter (Ingenieurbüros, Handwerkskammern, Interessenverbände und andere) aber vor allem auch an die öffentlichen Fachämter richtet.


Quellenangaben

Starkregen und urbane Sturzfluten - Praxisleitfaden zur Überflutungsvorsorge, DWA/BWK (2013).

Multifunktionale Flächennutzung zum Wasserrückhalt bei Starkregen, Benden, J. (2013): Klimagerechte Metropole Köln, Abschlussbericht des Forschungsvorhaben, LANUV NRW, DWD, Stadt Köln, StEB Köln, Oktober 2013.

Handlungskonzept Umgang mit Starkregen, Dr. Pecher AG, StEB Köln (2013).

Klimawandel und Überflutungsrisikobetrachtungen mit Einsatz neuer N-A-Modellen im Rahmen des Projektes Köln_21, Dr. Pecher AG, (2012).

Klimakonzept Wasser, StEB Köln (2014).

Klimawandel in Stadtentwässerung und Stadtentwicklung (KISS), Abschlussbericht des Forschungsvorhaben, LANUV NRW, TU Kaiserslautern, Dr. Pecher AG, hydro & meteo Gmbh & Co. KG.

Anpassungsstrategien an den Klimawandel; Freie Hansestadt Bremen (SUBV) www.klas-bremen.de

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