GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Streitvermeidung ist bei Verträgen oberstes Gebot

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Der Auftragnehmer sollte den Leistungsumfang gemeinsam mit dem Auftraggeber feststellen und eine verständlich gegliederte Schlussrechnung fristgerecht vorlegen. Foto: auremar, Adobe Stock

Bauprozesse dauern zumeist lange und sind teuer. Verständlicherweise verlangen deshalb Rechtsanwälte oft Honorarvereinbarungen, weil sie mit den vom Gesetzgeber vorgesehenen Gebühren nach dem RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) keine Kostendeckung erreichen können. Das gilt selbst für Rechtsstreite mit einem Gegenstandswert in Millionenhöhe.

Nach langem Prozessieren kommt es zwischen den ermüdeten Parteien dann oft zu einem Vergleich, mit dem die Parteien nicht glücklich aber froh sind, den Rechtsstreit endlich hinter sich gebracht zu haben. Der längste Rechtsstreit, den ich führen musste, war ein Prozess mit einer vergleichsunwilligen öffentlichen Hand, der bis zur Ietzten Instanz rund 20 Jahre dauerte. Auf Seiten der Prozessparteien hatten während der Prozessdauer häufig die Sachbearbeiter und auch die Richter gewechselt, was bei der Prozessführung den Rechtsanwälten die Arbeit zusätzlich erschwerte. Dementsprechend wichtig ist es, möglichst alles zu unternehmen, um schon vorgerichtlich Streitpunkte zwischen den Parteien auszuräumen oder gar nicht entstehen zu lassen. Hierzu gehört ein präziser Vertrag, aus dem genau zu erkennen ist, was beide Parteien sich gegenseitig an Leistungen schulden, damit es bei der Abrechnung später keine Schwierigkeiten gibt. Leider macht das BGB den Parteien praktisch keine Vorgaben, wie im Einzelfall die Leistungen des Auftragnehmers abzurechnen sind. Anders die VOB in § 14 VOB/B. Bei Verträgen mit Verbrauchern, bei denen oft die VOB nicht vereinbart wird und auch nicht immer ratsam ist, sieht § 14 VOB/B recht präzise vor, wie abgerechnet werden soll. Es ist deshalb zu überlegen, ob man die Regelungen des § 14 VOB/B auch in einen BGB-Vertrag übernimmt. Die dortigen Vorgaben sind für beide Vertragsparteien vernünftig. Auch wenn man § 14 VOB/B nicht vollständig übernehmen will, sollten sich die Parteien bei der Abfassung des Vertrages an § 14 Abs. 1 VOB/B orientieren. Dieser lautet:

"Der Auftragnehmer hat seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Er hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistungen erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen."

Gemeinsames Aufmaß

Um die Voraussetzungen für die prüfbare Abrechnung der Auftragnehmerleistungen zu schaffen, empfiehlt es sich, ein gemeinsames Aufmaß vorzunehmen. In Verträgen liest man immer wieder die Vereinbarung eines gemeinsamen Aufmaßes, woran sich aber die Parteien später oft nicht halten. § 14 Abs. 2 VOB/B geht sogar noch einen Schritt weiter. Die Bestimmung verlangt für die Abrechnungen notwendigen Feststellungen den Fortgang der Leistung entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen, insbesondere wenn Arbeiten bei der Weiterführung später nicht mehr oder nur schwer feststellbar sind. Für die gemeinsamen Feststellungen ist in erster Linie der Auftragnehmer verantwortlich. Er hat beim Auftraggeber rechtzeitig die gemeinsamen Feststellungen zu beantragen, was häufig leider nicht geschieht.

Beweispflicht beim Auftragnehmer

Die Einhaltung des § 14 VOB/B ist schon deshalb wichtig, weil der Auftragnehmer für die von ihm erbrachten und in der Schlussrechnung aufgeführten Leistungen voll beweispflichtig ist. Bestreitet der Auftraggeber den Leistungsumfang und ist er durch den weiteren Baufortschritt so ohne weiteres nicht mehr zu ermitteln, läuft der Auftragnehmer Gefahr, den Umfang seiner erbrachten Leistungen nicht mehr beweisen zu können. Oft hilft in diesem Fall nur noch ein langwieriger und teurer Sachverständigenbeweis. Im Laufe meines Berufslebens hatte ich mehrfach mit Auftraggebern zu tun, die die Beweisprobleme bestens kannten und später die Situation zu Lasten des Auftragnehmers auszunutzen versuchten. Jedem Auftragnehmer sei dringend anzuraten, ein gemeinsames Aufmaß schriftlich zu verlangen. Kommt der Auftraggeber nicht selbst zum Termin, sondern schickt er seinen Architekten, so ist dieser als bevollmächtigt anzusehen, die ausgeführten Leistungen im Einzelnen festzustellen. Nach vollständiger Fertigstellung der Leistungen sollte der Auftraggeber, zur Vorbereitung der Schlussrechnung um einen gemeinsamen Aufmaßtermin bitten.

Bindungswirkung des gemeinsamen Aufmaßes

Wenn es zu einem Aufmaßtermin mit gemeinschaftlichen Feststellungen kommt, sind diese Feststellungen nach der Rechtsprechung für beide Vertragspartner bindend. Pauschale Einwände gegen das Aufmaß sind unter diesen Umständen seitens des Auftraggebers kaum noch möglich. Der Auftraggeber muss in einem solchen Fall im Einzelnen darlegen und beweisen, weshalb das gemeinsame Aufmaß unrichtig sein soll. Den Auftraggeber trifft insoweit die Umkehr der Beweislast. Auch der öffentliche Auftraggeber ist an ein gemeinsames Aufmaß gebunden. Zu beachten ist allerdings, dass ein gemeinsames Aufmaß nicht die Abnahme der Leistungen ersetzt und auch kein Anerkenntnis darstellt, dass damit auch der aus dem Aufmaß sich ergebende Anspruch als anerkannt gilt.

Kaum beachtet: § 1 Abs. 3 VOB/B

Die weitergehenden Regelungen in § 4 Abs. 3 VOB/B werden in der Praxis bedauerlicherweise häufig nicht beachtet. So muss der Auftragnehmer bei einem Auftrag mit einer Ausführungsfrist von höchstens drei Monaten spätestens zwölf Werktage nach Fertigstellung eine Schlussrechnung vorlegen. Wenn nichts anderes vereinbart ist, wird diese Frist um je sechs Werktage für weitere drei Monate Ausführungsfrist verlängert. Zu beachten ist, dass in der Praxis die Fristen häufig als zu kurz empfunden und deshalb von Auftragnehmern nicht eingehalten werden. Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass die in § 14 VOB/B genannten Fristen ab Fertigstellung der Leistung und nicht ab Abnahme der Leistung gelten sollen.

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Achtung! Immer die Fristen der Fälligkeit der Zahlung auf die Schlussrechnung im Blick haben. Foto: Andrey Popov, Adobe Stock

Wie stelle ich eine Schlussrechnung auf?

Hat sich der Auftragnehmer bei seiner Abrechnung an § 14 Abs. 1 VOB/B orientiert, kann man zumeist von einer klaren, nachvollziehbaren Schlussrechnung ausgehen. Zu beachten ist allerdings ganz besonders die deutliche Abtrennung von Nachträgen in der Schlussrechnung. Dies gilt sowohl für hinzugekommene als auch für entfallene Leistungen. Aufgrund eines am Markt recht weit verbreiteten Buchhaltungsprogramms kommt es bei Schlussrechnungen immer wieder einmal zu Verwirrungen. Das von mir kritisierte Buchhaltungsprogramm setzt alle Abschlagsrechnungen von dem Schlussrechnungsbetrag ab, auch wenn sie noch nicht bezahlt sind. Richtig ist, dass von der Schlussrechnung nur effektiv geleistete Zahlungen abgesetzt werden, wobei es sich empfiehlt, die erfolgten Zahlungen einzeln mit Zahlungsbetrag und Datum aufzuführen. Wurden vom Auftraggeber berechtigte Skonti abgezogen, so sollten diese auch gesondert aufgeführt werden. Das zeigt zugleich, dass der Auftragnehmer mit diesen Skontoabzügen einverstanden war.

Fälligkeit der Schlussrechnung

Was immer wieder zwischen den Parteien zum Streit führt, ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung auf die Schlussrechnung. Während beim BGB-Vertrag die Schlussrechnung regelmäßig sofort fällig wird und der Schuldner spätestens durch Mahnung in Verzug gerät, sieht die VOB in § 16 sowohl für die Abschlagsrechnungen als auch für die Schlussrechnungen Fristen vor, ab wann die Rechnungen fällig werden. Für die Abschlagsrechnung gilt § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B, d. h. die Rechnung wird erst 21 Tage nach Zugang der Rechnung beim Auftraggeber fällig, was oft als eine zu lange Zeitspanne empfunden wird. Nicht viel länger sind die Fälligkeitsfristen für die Schlussrechnung. In § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B wird die Schlusszahlung alsbald nach Prüfung und Feststellung fällig, spätestens innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung, wobei sich die Fristen in besonderen Fällen verlängern können. Die VOB weist ausdrücklich darauf hin, dass die Prüfung der Schlussrechnungen nach Möglichkeit zu beschleunigen ist. Verzögert sich die Prüfung, so ist das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort auszuzahlen. An diese Vorschrift hält sich in der Praxis fast niemand, weil die Bestimmung für den Auftraggeber mit keinerlei negativen Sanktionen verbunden ist.

Fehlende Schlussrechnung

Es kommt immer wieder vor, dass sich Auftragnehmer mit der Rechnungsstellung über Gebühr Zeit lassen. Auch ein Auftraggeber hat ein berechtigtes Interesse daran, zeitnah zu wissen, was er letztendlich an den Auftragnehmer zu zahlen hat. § 14 Abs. 4 VOB/B sieht für einen mit der Schlussrechnung säumigen Auftragnehmer vor, dass ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Hereingabe der Schlussrechnung setzen kann. Kommt der Auftragnehmer trotz Fristsetzung der Aufforderung zur Stellung einer prüfbaren Schlussrechnung nicht nach, kann der Auftraggeber die Schlussrechnung auf Kosten des Auftragnehmers aufstellen. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Auftraggeber einen Sachverständigen bemüht, der anhand der Unterlagen und einer Prüfung vor Ort eine Aufstellung einer Schlussrechnung versucht. Aus Erfahrung kann ich berichten, dass derartige von Sachverständigen aufgestellte Schlussrechnungen oft niedriger ausfallen als die, die der Auftragnehmer selber stellen würde. Das ist auch verständlich, weil ein Sachverständiger im Nachhinein kaum in der Lage ist, alle Leistungen, die der Auftragnehmer auf der Baustelle erbracht hat, tatsächlich festzustellen. Hinsichtlich der Kosten für die Aufstellung der Schlussrechnung muss der Auftraggeber erst einmal in Vorlage treten - was teuer sein kann - und später versuchen, die hierfür aufgewandten Gelder wieder im Wege einer Verrechnung oder einer gesonderten Geltendmachung hereinzuholen. Den Vertragsparteien sei dementsprechend dringend angeraten, möglichst gemeinsame Feststellungen über die erbrachten Leistungen in Form eines gemeinsamen Aufmaßes zu treffen und so einen prozessrelevanten Streitpunkt auszuräumen.

Fazit

Der Auftragnehmer kann durch gemeinsame Feststellung seines Leistungsumfanges und durch klare verständlich gegliederte Schlussrechnungen dazu beitragen, dass unnötiger Streit vermieden wird.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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