GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung ohne Risiko?

von:
GaLaBau und Recht GaLaBau
Machen mehr Bieter von dem Schlupfloch des VOB/A Gebrauch, wird es bald Fälle geben, in denen kein Bieter mehr übrig bleibt und neu ausgeschrieben werden muss. Foto: Kokopelli, pixelio.de

Wer hat sich als Bieter nicht schon einmal geärgert, weil er bei einer öffentlichen Ausschreibung bei der Submission mit recht großem preislichen Abstand zum Nächsten lag und damit dokumentiert bekam, dass er für die Leistung eigentlich wesentlich mehr hätte bekommen können, ohne vom ersten Platz verdrängt zu werden. Oft wird einem Bieter erst dann klar, dass er sich verkalkuliert hat oder den Ausschreibungstext anders als die übrigen Bieter verstanden hat.

Bis zur Submission kann man regelmäßig sein Angebot zurückziehen. Prinzipiell ist man als Bieter aber nach Angebotseröffnung an sein Angebot gebunden, das heißt auch an den schlechten oder gar nicht auskömmlichen Preis des Angebots. Von einem solchen Angebot kommt man als Bieter so schnell nicht mehr los. Es ist zwar in § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A bestimmt, dass auf ein Angebot mit einem unangemessenen niedrigen Preis kein Zuschlag erteilt werden darf. Ein klagbares Recht den Zuschlag als preiswertester Bieter wegen Unauskömmlichkeit des Preises nicht zu erhalten, gibt es aber nach herrschender Meinung nicht. Ebenso wenig wird der Bieter geschützt, wenn er sich gleichzeitig an mehreren öffentlichen Ausschreibungen beteiligt hat und völlig unvorhergesehen, ohne Rücksicht auf Kapazitäten bei jeder den Zuschlag erhält. Manchmal ärgert man sich auch als Bieter, dass man sich an einer Ausschreibung beteiligt hat und zwischenzeitlich von einem privaten Auftraggeber einen wesentlich lukrativeren Auftrag bekommen könnte. Nur wegen erhaltener öffentlicher Aufträge muss man den kurzfristig angebotenen privaten Auftrag mangels ausreichender Kapazitäten unberücksichtigt lassen. Die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen als Bieter kann dementsprechend durchaus riskant sein.
Findige Bieter meinen einen Weg gefunden zu haben, ihre Risiken bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen begrenzen zu können. Wahrscheinlich haben sie sogar einen rechtlichen Weg gefunden,der halbwegs sicher erscheint.

Die fragliche Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A

Des Rätsels Lösung liegt in der jetzigen Fassung von § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Die Vorschrift lautet: „Fehlen geforderte Erklärungen oder Nachweise und wird das Angebot nicht entsprechend Nummern 1 oder 2 ausgeschlossen, verlangt der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nach. Diese sind spätestens innerhalb von sechs Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Aufforderung durch den Auftraggeber. Werden die Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot auszuschließen.“

Nachforderung von Nachweisen und Unterlagen

Findige Bieter, die eigentlich an ihr Angebot gebunden sind, nutzen die noch nicht allzu lange in die VOB aufgenommene neue Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A schamlos aus. Der schlaue Bieter lässt es an einer vom Auftraggeber geforderten Erklärung oder eines Nachweises bei seinem Angebot fehlen, so dass der Auftraggeber entsprechend der Bestimmung in der VOB/A eine Nachforderung binnen Wochenfrist (ab Absendung der Aufforderung!) verschickt. Der günstigste Bieter hat es damit in der Hand zu entscheiden, will er den Auftrag, dann entspricht er der Nachforderung, will er den Auftrag nicht oder nicht mehr, kommt er der Aufforderung nicht nach. In diesem Fall ist er nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 letzter Satz VOB/A zwingend vom Auftraggeber auszuschließen.

Risiko der Methode

Der kritische Leser dieses Beitrags wird einwenden, dass es dem Auftraggeber nach § 16 Abs. 1 VOB/A unbenommen bleibt, auf die Nachforderung der Unterlagen und Erklärung zu verzichten und den Bieter wegen des Fehlens derselben mit seinem Angebot sofort auszuschließen. Dies wird sich die vergebende Stelle in den allerwenigsten Fällen wagen, da sich der Auftraggeber allzu leicht des Vorwurfs eines Rechnungshofs oder einer Revisionsstelle aussetzen würde, Steuergelder leichtfertig verschenkt zu haben, wenn man mit einer kurzen Nachforderung von Unterlagen schließlich die Chance hätte, das preisgünstigste Angebot in der Wertung zu halten. Dem Verfasser ist aus der jüngsten Zeit kein Fall bekannt geworden, bei dem der Auftraggeber nicht erst einmal versucht hätte, das für ihn günstigste Angebot durch Nachforderung der Unterlagen beziehungsweise Erklärungen für einen möglichen Zuschlag zu retten. Lediglich dann, wenn noch andereGründe eine Rolle spielen sollten, den preiswürdigsten Bieter nicht zu beauftragen, wird es vielleicht mangels Vorlage aller Unterlagen ausnahmsweise einmal zu einem direkten Ausschluss kommen.

Freibleibendes Angebot?

Das Verhalten des findigen Bieters, es auf Nachforderung von Unterlagen ankommen zu lassen, führt faktisch dazu, dass sein Angebot überhaupt nicht verbindlich, sondern quasi freibleibend war und er entscheidet, ob er den Auftrag zu den angebotenen Preisen ausführen will oder nicht. Diese Entscheidungsbefugnis hat nach VOB eigentlich der Auftraggeber und nicht der Bieter. Die vorstehend geschilderte Verfahrensweise von Bietern ist kein Einzelfall.

Im Augenblick erlebe ich es bei von mir beratenden öffentlichen Auftraggebern fast monatlich, dass ein Bieter in Kenntnis des Schlupfloches sich der Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A bedient und der Auftraggeber ihn mangels Vorlage der nachgeforderten Unterlagen zwingend ausschließen muss. Damit hat der findige Bieter sein Ziel erreicht. Es bleibt abzuwarten, ob sich Auftraggeber auf Dauer eine derartige Verfahrensweise gefallen lassen wollen oder ob man Ausschreibungen so ändert beziehungsweise zukünftig so„wasserdicht“ macht, dass man Bieter an ihr Angebot bindet. Wenn immer mehr Bieter von dem Schlupfloch Gebrauch machen, wird es sicherlich bald Fälle geben, in denen nur noch Bieter mit recht hohen Preisen zum Zuge kommen oder im Einzelfall vielleicht gar kein Bieter mehr übrig bleibt und man erneut mit viel Zeitverlust ausschreiben oder an eine andere Vergabeart denken muss. Mit der geschilderten Verfahrensweise wird das vom ausschreibenden Auftraggeber bezweckte Ergebnis torpediert. Eigentlich soll eine öffentliche Ausschreibung dazu dienen, im fairen Wettbewerb das für die Auftraggeber annehmbarste Angebot zu erhalten. Maßgeblich sind dabei die Bewertungskriterien des § 16 Abs. 6 Nr. 1 bis 3 VOB/A. Dieses Ziel wird häufig nicht mehr erreicht.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner:in mit Funktion Vorarbeiter:in (w/m/d) -..., Bremen  ansehen
Projektleiter*in (m/w/d) gesucht!, Gronau-Epe  ansehen
Mitarbeiter/in (m/w/d) für den Friedhofsbereich, Winnenden  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen