Frauen stellen 7,8 der 9,6 Millionen Teilzeitbeschäftigten

Teilzeit: Große Koalition will Rückkehrrecht in Vollzeit einführen

Wer heute keinen sozialversicherungspflichtigen Nine-to-five-Job hat, wird oft zu den prekär Beschäftigten gezählt. Das war nicht immer so und ist auch anno 2014 nicht gerechtfertigt. Im Garten- und Landschaftsbau sind Teilzeitkräfte vor allem im kaufmännischen Bereich sehr gefragt. Doch die Große Koalition will jetzt ein Rückkehrrecht in die Vollzeit einführen.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich zum Beispiel: wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen zu einer zeitlich befristeten Teilzeitbeschäftigung entschieden haben, wollen wir sicherstellen, dass sie wieder zur früheren Arbeitszeit zurückkehren können." Dazu soll ein Rechtsanspruch auf "befristete Teilzeitarbeit" geschaffen werden, mit einem ausdrücklichen "Rückkehrrecht".

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Ein Erfolgsmodell der 1990er Jahre

Teilzeitbeschäftigung galt viele Jahre lang als arbeitsmarktpolitisches Erfolgsmodell. Zu Recht: Während der Arbeitsmarktkrise 1994 bis 2004 haben Teilzeitjobs den Verlust an Vollzeitbeschäftigung zumindest teilweise kompensiert (Grafik). Damals gingen zwar fünf Milliarden Vollzeitstunden verloren, dafür kamen aber immerhin zwei Milliarden Teilzeitstunden dazu. Anders gerechnet: In dieser Dekade entstanden rund vier Millionen neue Teilzeitstellen, ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung stieg von einem Fünftel auf fast ein Drittel. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hielt Teilzeit für ein so gutes Beschäftigungsmodell, dass sie 2001 sogar ein Recht auf Teilzeit einführte. Seither können Betriebe einen Teilzeitwunsch nur aus wichtigen Gründen ablehnen.

Nach den Agenda-Reformen (Hartz I bis IV) begann sich das Bild ab 2006 zu wandeln. Zwar entstanden weiterhin neue Teilzeitstellen, gleichzeitig nahm aber auch die Vollzeitbeschäftigung wieder zu. Der Anteil der Teilzeitkräfte stieg kaum noch an und das Vollzeitarbeitsvolumen nahm sogar stärker zu als das Teilzeitvolumen. Denn die Nachfrage der Betriebe nach Arbeitskräften war im Aufschwung so groß, dass sie allein mit Teilzeit nicht bedient werden konnte. Hinzu kamen und kommen weitere Faktoren:

Anteil der Teilzeitkräfte stagniert

  • Das Reservoir an teilzeitwilligen Arbeitnehmern ist offenkundig weitgehend ausgeschöpft. Im internationalen Vergleich ist die Teilzeitquote in Deutschland mittlerweile eine der höchsten. In Europa toppen nur noch die Niederlande das hiesige Niveau (16 Prozentpunkte höher). Irland und Großbritannien liegen gleichauf mit Deutschland. In Osteuropa, Spanien, Portugal und Griechenland dagegen ist Teilzeit kaum ein Thema.
  • Berufseinsteiger sind heutzutage besser qualifiziert als jene, die in Rente gehen. Je höher aber die Qualifikation, desto größer ist die Neigung, nicht nur halbe Tage zu arbeiten. Denn wer lange studiert und dafür auch auf so manches verzichtet hat, der will dann das eine oder andere nachholen - und mit einem Teilzeitjob kann man sich vieles eben doch nicht leisten.
  • Die Rahmenbedingungen für einen Vollzeitjob haben sich verbessert. Mittlerweile gibt es mehr Kitas und Ganztagsschulen, sodass sich weniger Frauen gezwungen sehen, wegen mangelnder Betreuungsmöglichkeiten auf Vollzeit zu verzichten.

Frauen arbeiten gerne auf Teilzeit

Dass Frauen trotzdem noch die typischen Teilzeiter sind - sie stellen 7,8 der 9,6 Millionen Teilzeitbeschäftigten -, wird oft auf fehlende Vollzeitstellen zurückgeführt. Doch das ist falsch: Lediglich 14 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen sagen, sie müssten nur deshalb in Teilzeit arbeiten, weil sie keine Vollzeitbeschäftigung gefunden haben.

Die Unternehmen jedenfalls tun - nicht zuletzt in Zeiten des Fachkräftemangels - alles, um Frauen den Umstieg von einer Teilzeit- zu einer Vollzeitstelle zu ermöglichen: Von 1000 Personalverantwortlichen gaben 2012 fast 80 Prozent zu Protokoll, sie hätten die Wünsche ihrer Beschäftigten "schnell" oder "nach einer Weile" erfüllen können.

Allerdings gibt es auch - vor allem kleinere - Betriebe, die nicht so einfach aus einer Teilzeit- eine Vollzeitstelle machen können. Das muss sich schon rechnen. Zumindest in diesen Firmen löst das Vorhaben der Großen Koalition, sogar ein Recht auf die Rückkehr von Teilzeit- in Vollzeit einzuführen, nur Kopfschütteln aus.

Die meisten Teilzeitkräfte arbeiten relativ gesehen in Bremen und Hamburg (Grafik). Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass Teilzeitarbeit in den dortigen Dienstleistungsbranchen eine große Rolle spielt. So sind etwa im Handel 39 Prozent der Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, in der Industrie nur 11 Prozent.

Was ist Teilzeit?

Was als Teilzeit definiert wird, hängt ganz von der Datenquelle ab. Im Mikrozensus des Statistischen Bundesamts, einer jährlichen Befragung von 1 Prozent der bundesdeutschen Haushalte, schätzen sich die Befragten selbst als Voll- oder Teilzeitbeschäftigte ein - und die Grenze verläuft bei einer üblichen Wochenarbeitszeit von 32 Stunden.

Für die Statistik der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung werden die Meldungen der Arbeitgeber an die Sozialversicherung ausgewertet. Als Teilzeit gilt hier bereits jede Arbeitszeit unterhalb der tariflich vereinbarten Regelarbeitszeit. Die geringfügige Beschäftigung wird vollständig als Teilzeit gezählt. Zwar gibt es keine explizite Arbeitszeitbegrenzung für Minijobs, aber die Verdienstgrenze von 450 Euro bewirkt, dass bereits ab einem Stundenlohn von 3,20 Euro weniger als 32 Wochenstunden gearbeitet werden.

Vollzeit und Teilzeit: Das Bundesländer-Gefälle

Gemessen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter weisen die wirtschaftlich besonders erfolgreichen süddeutschen Bundesländer einen hohen Anteil an Vollzeitbeschäftigten auf - nämlich mehr als 40 Prozent. In den meisten ostdeutschen Bundesländern sind es dagegen fast 10 Prozentpunkte weniger.

Das Schlusslicht Schleswig-Holstein und die Spitzenreiter Hamburg und Bremen leiden unter dem Einpendlereffekt bzw. profitieren von ihm: So wohnen viele Arbeitnehmer, die in Hamburg arbeiten, im benachbarten Schleswig-Holstein. Das steigert die Hamburger Quote und senkt die im nördlichen Nachbarland.

Im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung variiert die Teilzeitbeschäftigung weit weniger. Bundesweit sind zwischen 12 und 15 Prozent der Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren sozialversicherungspflichtig teilzeitbeschäftigt. Wenn Vollzeitstellen zugunsten von Teilzeit abgebaut worden wären, müsste sich in Ländern mit niedrigem Vollzeitanteil ein entsprechend höherer Teilzeitanteil zeigen. Das ist aber nicht der Fall.

iwd

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