Tierökologie: Exotische oder heimische Pflanzen?

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Nachhaltigkeit Pflanzenverwendung
Die verschwundene Artenvielfalt. Das ist, was heute überall fehlt. Selten sieht man noch Bilder, wo in der intensiven Landwirtschaft und im Siedlungsraum echte heimische Wildblumen am Acker- oder sogar am Straßenrand stehen. Foto: Reinhard Witt
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Eh-da-Fläche in freier Landschaft. Eh-da-Flächen führen zu noch stärkeren Verlusten an Artenvielfalt. Im Foto eine BeeCare-Ackerrandstreifen-ansaat, hauptsächlich mit exotischen Arten und Kulturformen. Foto: Maria Stark

Im Buch "Natur für jeden Garten" habe ich zeigen können, dass bei der ökologischen Wertigkeit heimische Wildpflanzen im Gegensatz zu nicht heimischen deutlich im Vorteil sind. Zwar ernähren auch nicht heimische Pflanzen aus aller Welt etliche Arten von Schmetterlingen, Hummeln und Wildbienen. Aber summa summarum längst nicht so viele.

Die Vergleichsbetrachtung verschiedener Gärten mit heimischen gegenüber nicht heimischen Pflanzen kristallisierte folgende Vorteile von heimischen Pflanzen heraus, bei Gärten mit Schwerpunkt heimisch gibt es:

Wie gut sind Hybridmischungen?

  • wesentlich mehr Tiergruppen;
  • wesentlich mehr Tierarten;
  • die gleichen und mindestens genauso viel, meistens aber mehr Generalisten (unspezialisierte Tierarten, die sich auch von exotischen Pflanzen ernähren können);
  • das Mehrfache an Spezialisten (von bestimmten heimischen Wildpflanzen abhängige Tierarten).

Das heißt, erst heimische Pflanzen bringen große Artenvielfalt und fördern dabei gezielt die seltenen Tierarten. Sie reißen aus dem Ganzen keine Bruchstücke raus, sondern sind eben das Ganze. Das Credo der Naturgärtner bleibt, dass eine Ansaat mit heimischen Arten besser für die Biodiversität ist als eine mit nicht heimischen. Wobei Biodiversität laut Definition die Vielfalt von (heimischen) Wildpflanzen, Wildtieren und natürlichen Lebensräumen ist. Genau genommen verbietet die Definition von Biodiversität, nicht heimische Pflanzen einzuschließen.

Das gilt umso mehr, als im naturnahen Grün und bei nachhaltigen Ansaaten und Pflanzungen auch weitegedacht wird als nur an die Ernährungssituation. Gerade die sehr sensiblen Wildbienen brauchen im Umkreis weniger 100 Meter vom Futterplatz nicht umgeackerte, möglichst sonnige Brutstätten mit grabfähigem Sand oder Lehm. Schmetterlinge wiederum sind auf Raine und langfristig in Ruhe gelassene Heckenstreifen angewiesen, damit sie dort über den Winter ihre Puppen oder Eier an Halme heften können oder die Raupen im Boden überwintern - genauso wie Käfer, Spinnen und sämtliches andere Getier, dass mehr Ansprüche an seine Umwelt hat als eine geeignete Blüte. Ökologen denken stark in Funktionskreisen und Lebensräumen. Erst wenn alle von einer bestimmten Tierart in Anspruch genommenen Funktionskreise von Ernährung (Larve und Erwachsene), Paarung, Versteck, Wetter- und Winterschutz, Temperatur, Brutort und Brutfürsorge abgedeckt sind, vermag eine Tierart zu überleben.

Damit das ganz klar ist, wir reden hier nicht von Honigbienen, den nach Rind und Schwein wirtschaftlich drittwichtigsten Haustieren der Welt. Diese züchterisch bearbeiteten, aus Asien und Südeuropa stammenden Arten werden vom Menschen alimentiert und sicher durch den Winter gebracht. Und sie sind - blütenökologisch betrachtet - Generalisten. Ihnen reichen wenige Trachtpflanzen, um selbst in einer biologisch weitgehend toten, ausgeräumten Landschaft Futter zu finden. Gegenüber Honigbienen können die Spezialisten, jene bei uns seltenen und auf die Rote-Aussterbe-Liste geratenen Wildbienen und Schmetterlinge, nicht mithalten. Sie brauchen den blumenreichen Wegrain, die südseitige naturbelassene Böschung, den Heckenstreifen mit Steinhaufen und Totholz, den über den Winter stehen gelassenen Saum.

Der Landwirt Peter Markgraf hat das 2019 auf den Punkt gebracht: "90 Prozent ihres Lebens verbringen die Insekten in nicht flugfähigen Larvenstadien und sind an bestimmte heimische Pflanzenarten gebunden. Das heißt, wenn es auf Wiesen und Feldern keine langjährigen Populationen möglichst vieler Wildpflanzenarten gibt, können sich auch keine Insekten vermehren und benötigen dementsprechend auch keinen Nektar von bunten Blühflächen überwiegend gebietsfremder Pflanzen, die dann gemäß Förderrichtlinie auch noch im Winterhalbjahr abgemulcht oder untergetellert werden müssen, damit keine Larve überleben kann. Was die Insekten wirklich benötigen, sind überständige (mit Stängeln überwinternde) Flächen heimischer Wildpflanzen sowie lückige, warme Böden für Erdnester, beides ohne Dünge- und Spritzmittel, also Bioäcker, Heuwiesen, Viehkoppeln und Brachen."

Die "Eh-da-Flächen" hingegen sind ein kontraproduktiver Versuch, biologische Vielfalt in die ausgeräumte Landschaft zurück zu bekommen. Die vom Pestizidproduzenten Bayer lancierte und von vielen unreflektiert übernommene Kampagne, sogenannte Eh-da-Flächen zu begrünen, führt zu noch stärkeren Verlusten an Artenvielfalt. Aus drei Gründen. Erstens werden damit meist außerhalb der Felder liegende Grünstreifen umgewandelt, die im besten Fall die letzten heimischen Wildpflanzenvorkommen an Ort und Stelle bieten. Die dann, zweitens, mit völlig untauglichem Billigsaatgut mit exotischen Arten aus aller Welt neu besät werden. In Folge dessen darf der Landwirt, drittens, seine Ackerflächen zu 100 Prozent weiter mit Pestiziden und Herbiziden besprühen. Gut für Bayer. Ähnlich ist eine zweite Bayer-Initiative für mehr Artenvielfalt im agroindustriellen Maßstab namens Bee-Care zu bewerten. Im Foto eine Bee-Care-Ackerrandstreifen-Ansaat hauptsächlich mit exotischen Arten und Kulturformen.

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Mössinger Versuche im Siedlungsraum. Die Idee, neben einigen heimischen Arten auch nicht heimische Exoten in Ansaaten zu packen, ist ja nicht neu. Auch in der Kreisstadt Mössingen experimentiert man seit langem mit diversen Feuerwerkseffekten wie bei dieser Verkehrsinsel, wo man mit der Einsaat des Spanischen Rittersporns Südeuropa mit Mitteleuropa verbandelt. Nachhaltig sind solche künstlichen Kreationen nie. Temporär schön schon. Foto: Reinhard Witt
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5-jährige Ackerbrache. Ein Blühstreifen am Rand vom Intensivacker eingesät. Als Allheilmittel gegen das Artensterben gepriesen und mit Unsummen von EU-Geldern gefördert. Bringt aus drei Gründen (fast) nichts. Erstens: Phazelia, Sonnenblumen, Mauretanische Malven, ein bisschen Rainfarn und Wegwarten soll allerlei Tieren helfen. Tun sie auch. Aber nicht denen, die wirklich Hilfe brauchen, deren heimische Wildpflanzen fehlen. Zweitens: Artenschutz kann das schon wegen der Bewirtschaftung nie werden, denn dieser Lebensraum wird spätestens nach fünf Jahren wieder platt gemacht. In der Zwischenzeit helfen solche, jahrelang nicht bearbeitete Flächen der Verbreitung invasiver Neophyten wie Kanadischer Goldrute oder Ambrosie. Drittens: Auch für den Landwirt keine Freude, denn Wurzelunkräuter namens Ackerkratzdistel können sich massiv ausbreiten. Alles in allem eine Sackgasse. Foto: Reinhard Witt
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Veitshöchheimer Leuchtfeuer. Eine der zahlreichen Kreationen der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim. Wie fast immer eine Hybridmischung, in der neben Pflanzen aus Asien, Nord- und Südamerika und sogar Australien auch heimische Arten eingesetzt werden. Die Idee ist, dass die Exoten die ersten Jahre gut aussehen und später verschwinden. Doch das funktionierte zumindest in meiner Praxis nicht, wie ein sechsjähriger Test von mir im Buch "Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten" zeigt. Foto: Reinhard Witt
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5-jährige Ackerbrache. Ein Blühstreifen am Rand vom Intensivacker eingesät. Als Allheilmittel gegen das Artensterben gepriesen und mit Unsummen von EU-Geldern gefördert. Bringt aus drei Gründen (fast) nichts. Erstens: Phazelia, Sonnenblumen, Mauretanische Malven, ein bisschen Rainfarn und Wegwarten soll allerlei Tieren helfen. Tun sie auch. Aber nicht denen, die wirklich Hilfe brauchen, deren heimische Wildpflanzen fehlen. Zweitens: Artenschutz kann das schon wegen der Bewirtschaftung nie werden, denn dieser Lebensraum wird spätestens nach fünf Jahren wieder platt gemacht. In der Zwischenzeit helfen solche, jahrelang nicht bearbeitete Flächen der Verbreitung invasiver Neophyten wie Kanadischer Goldrute oder Ambrosie. Drittens: Auch für den Landwirt keine Freude, denn Wurzelunkräuter namens Ackerkratzdistel können sich massiv ausbreiten. Alles in allem eine Sackgasse. Foto: Reinhard Witt

Hybridmischungen als Lösung?

Doch solche Erkenntnisse hindern niemand daran, neue Untersuchungen zu starten, die belegen sollen, wie tierökologisch wertvoll nicht heimische Arten seien. Neuerdings haben also Präriepflanzen (z. B. Präriemix) und Biogasmischungen, etwa Hanfmix, den Ersatz verloren gegangener Biodiversität in der industriellen Landwirtschaft zu bringen? Von der Bayerischen Landesanstalt für Garten- und Weinbau (LWG) in Veitshöchheim kam jüngst eine aufschlussreiche Untersuchung dazu heraus. Über diese Ansätze wurde auch in Neue Landschaft 7/2020 berichtet. Aus Veitshöchheim heißt es, dass

  • "Blühflächen oder Blühstreifen in unserer Agrarlandschaft die Biodiversität erhöhten".
  • Außerdem gingen heimische Blühpflanzen aufgrund des Klimawandels inzwischen zwei bis drei Wochen früher in die Blüte als noch vor 30 Jahren, was ein Sommerloch reißt.
  • Die Lösung für all diese menschengemachten Probleme wären dann Bienenweiden, "mit Blütenpflanzen, die besonders reichhaltig Nektar und Pollen für Honig- und Wildbienen zur Verfügung stellen.
  • Dabei sei der "Artenpool an heimischen ackerbaulich geeigneten Arten jedoch vergleichsweise gering, um eine hohe Artenvielfalt im anvisierten Zeitraum zu gewährleisten".
  • Es wird postuliert, dass Hybridmischungen aus heimischen und fremden (exotischen) Arten die nötige Blütenvielfalt und -dichte gewährleisten können.
  • Und weil draußen die Flächen knapp sind, "müssen in einem Zweiklang jeweils hocheffiziente Blühmischungen für den Siedlungsraum- und die Kulturlandschaft entwickelt werden. . . mit einer Hauptblütezeit und hoher Blütendichte ab Juli bis Ende September".
  • "Das kann nur mit einer Beimengung aus Arten fremder Florenreiche gelingen."
  • Dabei muss natürlich die Gefahr der Florenverfälschung berücksichtigt werden, indem man Mischungen konzipiert, "die aus einer Matrix aus gebietseigenen Arten bestehen, in die die fremden Arten zur Vermeidung der Trachtlücke eingefügt werden".
  • Man vermeidet nach Meinung der LWG sogar Florenverfälschung: "Die Ergänzung der Mischungen mit spätblühenden Arten aus fremden Florengebieten verhindert das Risiko der Einkreuzung der Eigenschaften gebietsfremder Arten in den heimischen Genpool".
  • Und noch einen Vorteil hätten diese Mischungen: Sie brauchen im Sommer - wie etwa eine Blumenwiese - keinen "vorzeitigen Pflegeschnitt zur Anregung einer zweiten Blüte, wobei gleichzeitig der Mähtod vieler Tierarten der offenen Kulturlandschaft vermieden wird".

Die Argumentationskette ist überzeugend: Artensterben, dazu noch zu heiß, zu wenig heimische Pflanzen in freier Landschaft, zu wenig Futter für Honigbienen, Biodiversität, keine Florenverfälschung durch Einbringen fremder Arten, insgesamt mehr Artenschutz und Biodiversität, keine zerhäckselten Tiere.

Ungereimtheiten der Argumentation

Stimmt. Stimmt alles. Und doch nicht so ganz. Wenn wir zu wenig heimische Pflanzen draußen in der Feldflur haben, könnte man doch neue Blumenwiesen, Wegraine, Säume und Hecken anlegen - nur mit heimischen Arten? Und die fachgerecht und so pflegen, dass die Trachtlücke gar nicht erst entsteht. Die traditionelle Landwirtschaft hat das mit ihrem differenzierten Schnittregime (Stichwort Staffelmahd) jahrhundertelang geschafft. Und gerade durch und wegen sommerlicher "Pflegeschnitte" sind überhaupt erst Blumenwiesen mit ihrer unglaublichen Artenvielfalt entstanden. Das Häckseln des kompletten Aufwuchses von Präriemix oder Biogasmischungen im Herbst oder Winter erzeugt gewiss mehr Mähtod durch zerstückelte Insekten. Das Haarer Modell zeigt, dass man Vielfalt, Artenschutz und Biodiversität durch Pflege - und nicht über ständiges Neuansäen - schaffen und halten kann. Und warum man Florenverfälschung dadurch vermeiden möchte, dass man im ganz großen Stil potentiell invasive Exoten hierzulande einsät, ist auch nicht so ganz zu verstehen. Imker haben mit diesem Denken die invasivsten Neophyten zu uns gebracht: Kanadische Goldrute, Indisches Springkraut, Riesenbärenklau. Kommt jetzt die nächste Welle der staatlich legitimierten Einbürgerungsversuche?

Artenschutz und Biodiversität durch Exoten?

Und das alles soll noch praktizierter Artenschutz sein und sogar die Biodiversität fördern? Der Anspruch von Artenschutz und einer falsch verstandenen Biodiversität wurde sogar wissenschaftlich untermauert. Seit 2015 laufen Versuche der LWG mit den Mischungen Präriemix und Hanfmix. Beide sollen für Imker die Trachtlücke im Spätsommer schließen und den Landwirten Alternativen zur Maissilo-Erzeugung bringen. Die Mischungen enthalten neben etlichen heimischen Arten auch nordamerikanische Präriestauden wie die Silphie, Mädchenaugen, Goldbart oder Sonnenhut und Sonnenblumen. Außerdem zum Beispiel südeuropäische wie Muskatellersalbei und Stockrosen. An heimischen Arten sind etwa Wegwarten oder Herzgespann zu nennen. Die Mischungen sind auf eine Förderperiode von fünf Jahren ausgelegt, danach werden sie umgebrochen und neu eingesät.

Die Untersucher betonen, dass "in den Beständen von Hanfmix und Präriemix etliche Wildbienenarten nachgewiesen worden sind, (. . . ) 20 Wildbienenarten konnten bei der Nahrungssuche im Präriemix nachgewiesen werden, darunter vier Rote-Liste-Arten". Das ist ja schon mal eine positive Nachricht. Auch in Blühmischungen mit nicht heimischen Arten gibt es Insekten, sogar Wildbienen, sogar gefährdete Arten.

Betrachten wir die Artenliste der auf den Hybridmischungen gezählten Insekten, dann rfällt auf, dass es überwiegend Generalisten sind. Sand- und Furchenbienen sowie viele der Maskenbienen sind als meist unspezialisierte Blütenbesucher einzuordnen, genauso wie alle Hummeln. Daneben ebenfalls unspezifische Kuckucksbienen wie Wespen- oder Blutbiene, die nicht auf bestimmte Blüten festgelegt sind.

Man kann diese Aussagen in den Raum stellen, wo sie auch stehen bleiben und Gewicht erhalten und je nach Intention zitiert werden. Es fällt nicht leicht, dagegen zu argumentieren, denn dazu bräuchten wir quantitative Vergleichsstudien mit heimischen Ansaaten und Arten. Außerdem kann man im Grunde nichts wissenschaftlich fundiert vergleichen, über das man zu wenig weiß. Man müsste dazu sehr viel mehr über die Details wissen, rzum Beispiel, ob diese Versuche in einer an sich schon artenreichen und damit wildbienenförderlichen Kulturlandschaft stattfanden oder in einer leer geräumten. Im ersteren Fall gäbe es sehr viele positive Effekte, weil die Wildbienenarten sowieso schon da waren und nun die zufällig in Nachbarschaft gesäten Exoten mit besuchen, die Ergebnisse wären nicht mehr als Nebenwirkungen einer artenreichen Landschaft. Die gleiche Untersuchung in einer leergeräumten Landschaft würde die Versuchsergebnisse möglicherweise ins Bodenlose stürzen lassen. Ob dort, wo zuvor nichts war, durch nordamerikanische Präriepflanzen natürliche Insektenvielfalt aufgebaut werden kann, wäre erst noch nachzuweisen.

Aber weil das eben nicht quantitativ vergleichbar ist und wir zu wenig wissen über die Details, können wir immerhin qualitativ vergleichen. Wenigstens Tendenzen lassen sich herauslesen, wenn wir andere tierökologische Untersuchungen gegenüberstellen.

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Heimische Artenvielfalt. Dieser Wildblumenstreifen im österreichischen Rankweil ist nur einen Meter breit und dafür sehr, sehr lang. Er ist eine Biotopverbindungsachse durch ein Gewerbegebiet, erfreut Radfahrer, Fußgänger und jede Menge Blütenbesucher. Das ist eine der Flächen der Wildbienenkartierung von Timo Kopf. Das wichtigste aber ist, die Fläche wird fachgerecht gepflegt und hält ewig. Einmal für immer eingesät. Nachhaltigkeit, Artenschutz und Biodiversität fördernd. Foto: Reinhard Witt
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Futterplatz Zwerg-Bläulings-Raupe. Erst jetzt darf man ehrlicherweise behaupten, dass (s)eine Ansaat Artenschutz wäre und tatsächlich Biodiversität fördert. Denn hier leben die Raupen vom Zwerg-Bläuling. Diese Verkehrsinseln Rankweil bietet neben dem Nelken-Leimkraut eben auch Gewöhnlichen Wundklee für den Nachwuchs der Rote-Liste-Art. Und außerdem versorgt allein der heimische Wundklee noch die Nachkommen von vier Wildbienenarten. Wohlgemerkt, die Wildform und nicht die landwirtschaftliche Kulturform ist gemeint. Denn die ist zwar billiger, nützt aber selbst einem Nahrungsspezialisten nichts. Foto: Reinhard Witt


Machen wir also einen Abstecher nach Rankweil in Vorarlberg. Dort setzt die Gemeinde seit 2011 bei neuen Flächen ausschließlich auf naturnahes, öffentliches Grün. Inzwischen wurden über 3 ha solcher Flächen angelegt oder umgewandelt. Kleine und kleinste Verkehrsinseln, Randstreifen, Wildstaudenbeete, aber auch große und zusammenhängende Straßenränder, Blumenwiesen, Böschungen, Hecken. Dazu kommen seit 2013 ein naturnah ausgerichtetes Gewerbegebiet und immer mehr einzelne naturnahe Firmengelände. Das alles in einem Biotopmosaik über den ganzen Ort bis hinaus an seine Ränder. Sie merken schon, unvergleichbar der Situation eines ehemaligen Maisackers, auf der Präriepflanzen gesät worden sind.

Auf diesen Flächen hat der österreichische Wildbienenexperte Timo Kopf zwei Bestandsanalysen gemacht, um festzustellen, welche Wildbienenarten vorkommen. Die Ergebnisse übertrafen nicht nur unsere Erwartungen, sondern auch die Zahlen der Veitshöchheimer Untersuchungen um Längen. Insgesamt wurden nicht 20 Wildbienenarten wie im Präriemix gefunden, sondern 136 Wildbienenarten festgestellt. Darunter eben viele hochspezialisierte Spezies und wesentlich mehr gefährdete Rote-Liste-Arten. Müssen wir extra betonen, dass in ganz Rankweil nur Ansaatmischungen mit heimischen Arten ausgesät wurden?

Das zeigt uns, was sein könnte, wenn wir das tun würden, was nötig wäre: heimische Wildpflanzen verwenden. Die Insektenkartierungen von Rankweil sind wie das Haarer Modell eine Vision, wie wertvoll naturnahes Grün im Siedlungsraum sein kann beziehungsweise könnte.

Ein bisschen Artenschutz reicht nicht

Wir sind uns darüber im Klaren, dass diese und andere ähnlich konzipierte, exotisch-heimische Misch-Masch-Mischungen in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft eine Verbesserung der Blütentracht darstellen und bestimmt auch viel besser sind als Rasenflächen im öffentlichen Grün.

Aber vielleicht sollte man so ehrlich sein und sagen, dass ihre Zielrichtung nicht Biodiversität und Artenschutz sind, sondern eben eine tierökologisch leicht aufgepeppte Weiter-so-wie-immer-Wirtschaftsform. Es geht im Wesentlichen um den Wirtschaftsfaktor Honigbiene. Aber wenn man wirklich Artenschutz betreiben, Biodiversität erzielen will, dann kommen wir nicht an Ansaten mit heimischen Wildpflanzen vorbei. Die können Blumenwiesen heißen oder Wildblumensäume und meinetwegen auch Wildstaudenbeete. Sie werden automatisch nachhaltig sein. Noch mehr Strohfeuermischungen mit Exoten sollten wir uns nicht leisten, dazu sind die Herausforderungen durch Insektensterben und Klimawandel zu akut.

Und wir kommen auch nicht am Bio-Landbau vorbei. Peter Markgraf hat in Grünberg 2019 darauf hingewiesen, dass es die generelle Form der konventionellen Landwirtschaft ist, die zerstört. Auf 100 ha konventionellem Acker leben 17 Brutvogelpaare aus vier Arten, auf ökologischem aber 59 Paare aus 17 Arten, mehr als dreimal so viele. Auf konventionellem Acker fand man acht Wildbienenarten, auf ökologischem 25. Genauso dramatisch sieht es bei den anderen Insektenarten aus. 79 Arten auf konventionellem Acker stehen 162 Arten auf ökologischem gegenüber, gerade die Hälfte. Und rechnet man die Biomasse, also das Lebendgewicht der Insekten aus, wirkt der konventionelle Landbau noch verheerender: Nur 17 kg Insekten wuseln auf 100 ha mit Giften behandeltem Acker herum, während es bei ökologischen Landwirten mit 105 kg mehr als fünfmal so viel waren.

Zurück zu den Ansaaten mit Pflanzen aus aller Welt. Man kann das, meiner Meinung, auch so sehen: hinter diesen Versuchen mit exotischen Ansaaten steckt die Idee, dass wir mit dieser Form der industriellen Zerstörung von Land, Landschaft und Lebensräumen gar nicht aufhören müssen. Ein bisschen korrigieren reicht - dann wird alles gut. Nun, die Märchenstunde ist zu Ende. Solche Reparaturansätze unterstützen die industrielle Landwirtschaft und den gegenwärtigen Umgang mit öffentlichem Grün - entscheidende Ursachen des Artensterbens. Es nützt gar nichts, dass der Distelfink die Samen von Sonnenblumen genauso liebt wie die von Wilden Karden, wenn er im Frühling nicht genug Insekten findet, um seine Jungen aufzuziehen, werden selbst die Bestände dieses Allerweltsvogels trotz noch so vieler Sonnenblumen ständig weiter abnehmen.

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Futterplatz Zwerg-Bläuling. Hier sitzt er zufälligerweise sogar auf einer heimischen Art, dem Nelken-Leimkraut. Aber über die nektarspendende Blüte hinaus braucht er ganzjährig ungestörte Eiablageplätze, Verstecke für Regentage, sonnige Stellen zum Aufwärmen und vor allem Futterpflanzen für seine Raupen. Foto: Reinhard Witt
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Nahrungs-Generalist. Die große blauschillernde Holzbiene ist Generalist beim Sammeln von Pollen für den Nachwuchs. Sie besucht sowohl Wildblumen als auch Exoten wie den Muskatellersalbei. Ihre Anwesenheit ist gut und schön, sagt aber wenig über die Biodiversität des besuchten Ortes aus. Foto: Reinhard Witt
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Nahrungs-Spezialist. Für den Nachwuchs ist die Glockenblumen-Sandbiene ausschließlich auf Glockenblumenpollen festgelegt. Gib es die in der Ansaat, kann sie ihre Nester füllen. Ansonsten gibt es sie eben nicht. Die Anwesenheit solcher Nahrungsspezialistinnen sagt schon viel mehr über die Hochwertigkeit einer Ansaatmischung aus. Foto: Reinhard Witt
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Nahrungs-Spezialist. Nur wenn es eine breite Basis von heimischen Wildpflanzen gibt, können davon abhängige Wildbienenarten existieren. Und davon dann wiederum deren Brutparasiten, wie hier eine Kreiselbiene. Diese Kuckucksbienengruppe hat sich in verschiedenen Arten auf bestimmte Blattschneider-, Mauer- und Pelzbienen spezialisiert. Viele Kuckucksbienenarten signalisieren eine hohe Biodiversität. Foto: Reinhard Witt


Fazit

Hybridmischungen aus exotischen und heimischen Wildblumen sind aus tierökologischer Sicht nicht komplett bedeutungslos. Aber sie sind nicht so hochwertig, dass man Worte wie biodiversitätsfördernd in den Mund nehmen sollte. Und ganz gewiss sind sie kein Rezept gegen das Artensterben in freier Landschaft oder Siedlungsraum.

Wir können dem Artensterben und dem Rückgang der Insekten begegnen, wenn wir den Empfehlungen der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Veitshöchheim folgen. Kornelia Marzini, belegte in "Bienenweiden für Stadt und Land" (NL 7/19) den Wert der Veitshöchheimer Hybridmischungen. Unter anderem "reichten die bisherigen Strategien zur Förderung der Biodiversität nicht aus, um den Rückgang der Insektenvielfalt zu stoppen". "Bienenweiden" seien in Siedlungsraum und Landwirtschaft ein wichtige Hilfe. Und dazu bräuchte es Hybridmischungen aus heimischen und fremden Arten. Als Beispiele für solche Mischungen nannte Marzini etwa Veitshöchheimer Hanf-, Prärie- oder Blühmix, außerdem Staudenmischungen wie Kleine Prärie oder Blaulicht.

Doch, wie immer, wenn man ins Detail geht, ist das alles doch nicht so einfach. Und damit wir das beurteilen können, müssen wir ein wenig tiefer einsteigen und uns mit den Lebensgewohnheiten unserer Wildbienen beschäftigen.

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Grafik: Reinhard Witt

Wildbienen als Qualitätsanzeiger

Wildbienen sind ideale Anzeiger für die Qualität bestimmter Lebensräume. Sie taugen als Bioindikatoren. Das liegt an den Besonderheiten ihrer Brutfürsorge. Von den über 570 Arten Deutschlands gilt knapp die Hälfte als Futtergeneralisten, sie besuchen alle möglichen Wildblumen und nutzen zum Teil auch nichtheimische Blüten.

Ein weiteres Drittel sind Nahrungsspezialisten für bestimmte Wildblumenarten- oder gattungen. Sie brauchen zum Beispiel Glockenblumen, Witwenblumen, Reseden oder Natternkopf, um nur vier Beispiele zu nennen. Diese speziell angepassten Arten existieren nur dort, wo genug ihrer Futterpflanzen wachsen. Dabei geht es aber nicht einmal um das Wohl der Blütenbesucher selbst, sondern um ihren pollenfressenden Nachwuchs. Ohne Natternkopfpollen können Natternkopf-Mauerbienen keine Nester füllen, ohne Glockenblumenpollen keine neue Generation von Glockenblumen-Sandbienen. Bei rund einem Viertel unserer Wildbienenarten handelt es sich schließlich um Brutparasiten: Kuckucksbienen. Als Blütenbesucher ist diese Gruppe nicht anspruchsvoll, viele Arten besuchen zum Nektartanken diverse Blüten, sogar von nicht heimischen Blumen. Das Auftauchen einer Blutbiene am Dill sagt wenig, vor allem ist es kein Kennzeichen für Qualität. Sehr viel festgelegter sind sie aber als Brutparasiten, denn sie legen ihre Eier nur in den Nestern der ersten beiden Gruppen ab. Auch Kuckucksbienen sind meist hochspezialisierte Arten, die ganz bestimmte Wirte brauchen.

Wir sehen, die Brutfürsorge von Wildbienen ist einigermaßen komplex. Man muss viele Details kennen, um fundierte Aussagen treffen zu können. Nun existieren sechs Kriterien, über die sich mit Hilfe der gefundenen Wildbienen die Qualität eines Lebensraumes beziehungsweise zum Beispiel auch von einer bestimmten Ansaat messen lässt. Wir betrachten das der Reihe nach:

  • Artenzahl insgesamt
  • Anzahl der Generalisten
  • Anzahl der Spezialisten
  • Verhältnis Generalisten zu Spezialisten
  • Anzahl u. Abhängigkeiten der Kuckucksbienen
  • Anteil der Rote-Liste-Arten
  • Artenzahl insgesamt Das ist ein genereller Anzeiger. Je mehr Arten wir finden, desto vielfältiger und pflanzenartenreicher ist der Lebensraum. Treffen wir nur auf 20 Arten, weist das auf ungünstige Lebensbedingungen hin, die nicht vielen Wildbienen Nahrung bieten. Finden wir 50 und mehr Arten, kann das in Abhängigkeit von der Flächengröße schon ein ziemlich guter Wert sein, der belegt, dass die Lebensbedingungen günstig sein müssen. Steigt die Zahl gefundener Arten auf über 100, haben wir es mit extraordinären Lebensräumen zu tun. Viel mehr als 100 bis 150 Arten wurden bisher kaum je in einem Lebensraum gefunden. Die Mehrzahl der Kartierungen für hochwertige Lebensräume liegt zwischen 50 und 80 gefundenen Arten. Eine hohe Wildbienenartenzahl deutet also auf eine hohe Biodiversität insgesamt hin.
  • Zahl der Generalisten Machen nur wenige Nahrungsgeneralisten den Wildbienenbestand einer Fläche aus, ist das ein Anzeichen für Lebensumstände, die wenige oder keine Futterpflanzen für anspruchsvolle Bienenarten bieten, vielleicht auch kaum geeignete Nistplätze. In solchen Anlagen werden sich wahrscheinlich nicht allzu viele heimische oder überhaupt nutzbare Blumen finden. Es herrscht eine niedrige Biodiversität. Besteht eine Bienengemeinschaft aus einer großen Zahl an Generalisten, schließen wir daraus, dass es sich um Lebensräume/Biotope/Ansaaten mit zumindest einem mengenmäßig hohen Angebot an Nektar und Pollen handelt. Das Angebot ist allerdings für spezialisierte Wildbienen, die in der Regel am stärksten im Bestand bedroht sind, bedeutungslos.
  • Zahl der Spezialisten Eine geringe Menge an Nahrungsspezialisten weist auf ein nicht heimisches Blütenangebot hin. Dem gegenüber kann eine große Menge an Spezialisten nur bei der entsprechenden Menge heimischer Blumen vorkommen. Die Spezialistenzahl trennt quasi nichtheimische von heimischen Ansaatmischungen. Niedrige Werte bedeuten eine geringe Biodiversität, hohe das Gegenteil.
  • Verhältnis Generalisten zu Spezialisten Wie ich im Buch "Natur für jeden Garten" belegt habe, ist der Spezialisierungsgrad der für den Nachwuchs pollensammelnden Arten ein elementares Kennzeichen für die ökologische Wertigkeit eines Lebensraumes. Naturnahe Anlagen weisen doppelt und dreimal so viele Spezialisten auf wie naturferne Lebensräume mit vielen Exoten.
  • Anzahl und Abhängigkeiten der Kuckucksbienen Nun kommen wir zu den Brutspezialisten. Die Zahl der Kuckucksbienen ist immer sehr viel kleiner als die ihrer Wirte. Da es erst einmal die Wirte braucht, werden Ökosysteme komplexer. Es entstehen spezifische Abhängigkeiten. Die Anzahl der Kuckucksbienen steigt kontinuierlich mit der Anzahl der pollensammelnden Generalisten und Spezialisten. Die 64 heimischen Wespenbienenarten vermehren sich oft nur bei einer bestimmten Sandbienenart, andere Vertreter benötigen bestimmte Furchenbienen. Die zehn Arten heimischer Düsterbienen sind zumeist auf einzelne Wirtsarten von Blattschneider-, Mauer- oder Löcherbienen angewiesen, während die 25 Arten von Blutbienen mal nur einzelne, oft auch mehrere Wirte haben. Ebenso ist es mit den parasitären Gruppen aller Kegel- und Trauerbienen. Wildbienenexperten rechnen damit, dass der Aufbau solcher komplexer Futter- und Wirtsbeziehungen Jahre und Jahrzehnte dauert. Kurzfristige Ansaaten, die nach einem oder ein paar Jahren wieder verschwinden, helfen da nichts. Hohe Zahlen von Kuckucksbienen deuten stets auf beständige eindeutige Lebensbedingungen hin. Viele verschiedene vorgefundene Kuckucksbienenarten sind also besonders hochwertige Biodiversitätszeiger.
  • Anteil der Rote-Liste-Arten Hier drängeln sich die gefährdeten, selten gewordenen Arten: Sie sind oft Nahrungs- und/oder Brutspezialisten unter speziellen Bedingungen. Je mehr Rote-Liste-Arten ein Lebensraum oder eine Ansaat versorgen kann, umso wertvoller für den Naturschutz ist er, umso höher ist meist auch die Biodiversität.

Wildbienen und Hybridmischungen?

Gerüstet mit diesem Wissen lohnt nun ein Blick auf die Ergebnisse der Veitshöchheimer Untersuchungen zum Vorkommen von Wildbienen in Ansaaten wie Hanfmix oder Präriemix. Ich habe sie einer Untersuchung aus dem österreichischen Rankweil gegenübergestellt. Im Diagramm der Wildbienenkartierungen von Veitshöchheim und Rankweil finden sich also zwei verschiedene Untersuchungen. Hier werden im Grunde zwei unterschiedliche Ansätze dargestellt: Die Veitshöchheimer Hybridmischungen Präriemix und Hanfmix stehen für eine Kombination von Ansaaten aus exotischen und heimischen Blumen. Die Daten aus Rankweil basieren hingegen auf Ansaaten aus heimischen Arten. Obwohl die Standorte, Versuchsanordnungen, die Kartierungen und Auswertung der Daten eigentlich nicht vergleichbar sind, deutet sich folgendes an.

  • Gesamtartenzahl Die insgesamt gefundene Summe spricht für sich. Bei Präriemix waren es 20, beim Hanfmix 28 Wildbienenspezies. In Rankweil fanden sich in heimischen Ansaaten insgesamt 136 Arten, zigmal so viele.
  • Artenzahl In allen Fällen lag die Bienenzahl bei heimischen Mischungen über denen der exotisch-heimischen Hybridmischungen. Bei Furchen- und Schmalbienen fanden sich doppelt so viele Arten bei heimischer Rezeptur, bei Sandbienen gar sechsmal mehr.
  • Zahl der Generalisten Auch hier zeigt sich eindeutig, dass selbst Futtergeneralisten von heimischen Ansaaten eher profitieren als von nichtheimischen. Etliche Pelzbienen, sowie viele der Woll-, Furchen-, Schmal- und Sandbienen sind Nahrungsgeneralisten. Ebenso sieht es für die Mehrheit von Mauer- und Maskenbienen aus. Sogar die meist wenig anspruchsvollen Hummeln fliegen mehr auf heimische Blüten. Das ist an und für sich erstaunlich. Von heimischen Wildpflanzen profitieren also nicht nur, wie zu erwarten ist, im besonderen Futterspezialisten, sondern ganz allgemein die gesamte Blütenbesuchergemeinschaft.
  • Zahl der Spezialisten Nahrungsspezialisten wie Scherenbienen fehlen in den Bestandsaufnahmen bei den nicht-heimischen Mischungen komplett. Die Einzelartenliste der Rankweiler Untersuchungen zeigt demgegenüber ziemlich viele genau solcher Spezialisten. Auch das spricht für die heimische Variante.
  • Verhältnis Generalisten zu Spezialisten Das exakte Verhältnis lässt sich mangels transparenter Daten für die Mischungen Hanf- und Präriemix nicht feststellen. In Rankweil zeigt sich das übliche Bild für heimische Ansaaten: Ein verhältnismäßig hoher Anteil von Pollen-Spezialisten.
  • Anzahl und Abhängigkeiten der Kuckucksbienen Noch deutlicher wird die Bedeutung für die Biodiversität bei der Betrachtung von Kuckucksbienen. Während es in Rankweil zumindest einige Arten von Wespen-, Düster-, Kegel- oder Trauerbienen gab, fehlten solche Brutparasiten bei den Hybridmischungen entweder ganz oder waren unterdurchschnittlich besetzt. Bei Prärie- beziehungsweise Hanfmix wurde überhaupt nur je eine brutparasitische Wespen- oder Blutbiene gefunden. Dem gegenüber stehen 22 Kuckucksbienen in der Rankweiler Untersuchung - elfmal mehr.
  • Rote-Liste-Arten Bei Hanf- und Präriemix kamen die Untersucher auf jeweils 4 Arten, in den heimischen Wildblumenansaaten von Rankweil tummelten sich mindestens siebenmal mehr: 28 Arten

Quellen

  • Peter Markgraf: Wir reden uns das Sterben schön. Unser Umgang mit dem Artenschwund. Vortrag bei der Naturgarten-Intensiv-Fachtagung zur Biodiversität. Grünberg 2019. www.naturgarten-intensiv.de (unter downloads)
  • Kornelia Marzini: Bienenweiden für Stadt und Land. Veitshöchheimer Berichte 186, S. 15-21, Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, Veitshöchheim 2019.
  • Reinhard Witt. Das Haarer Modell. Naturnahes Öffentliches Grün - Mehr Wildblumen durch richtige Pflege. Naturgarten Verlag, 2019.
  • Timo Kopf: Zukunft bunt und artenreich. Evaluierung der Maßnahmen im Gemeindegebiet Rankweil für Arthropoden, Projektteil Wildbienen. Endbericht, Völs 2015 sowie private Mitteilung.
  • Reinhard Witt: Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten, 5. Auflage, Naturgarten Verlag 2020.
Dr. Reinhard Witt
Autor

Freiberuflicher Biologe, Journalist und naturnaher Grünplaner

Reinhard Witt - Fachbetrieb für naturnahe Grünplanung

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