Wie lassen sich Deutschlands Städte abkühlen?

Umweltbundesamt verlangt deutlich mehr Stadtgrün

Sommer mit immer mehr heißen Tagen über 30°C und Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20°C sinkt, belasten Mitteleuropas Großstädte. Vulnerable Gruppen geraten in Lebensgefahr. Nun hat das Umweltbundesamt (UBA), Deutschlands zentrale Umweltbehörde, eine Studie zur Kühlung von Innenstadtquartieren und Gebäuden vorgelegt und deutlich mehr Stadtgrün gefordert. Lebendiges Grün als "nice to have" war gestern, jetzt ist es ein "Must-have".

UBA-Präsident Prof. Dr. Dirk Messner: "Wir sind dem Hitzeinseleffekt nicht schutzlos ausgeliefert. Mit deutlich mehr Grün, vor allem neuen Bäumen und mehr Verschattung durch außenliegenden Sonnenschutz sowie Dach- und Fassadenbegrünung lässt sich der Aufenthalt im Freien und die Temperaturen in den Wohnungen wesentlich angenehmer gestalten. Neben neuen Bäumen müssen wir vor allem den alten Baumbestand in den Städten schützen - und ihn bei anhaltender Trockenheit regelmäßig bewässern."

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Im Rahmen der Studie "Nachhaltige Gebäudeklimatisierung in Europa - Konzepte zur Vermeidung von Hitzeinseln und für ein behagliches Raumklima" wurden fünf Quartiere mittels Mikroklimasimulationen auf ihre Verbesserungspotenziale hin untersucht. Neben drei Quartieren in Deutschland (Hamburg, Köln und Frankfurt am Main) wurde jeweils eines in Madrid und Tunis untersucht. Die thermische Behaglichkeit im Außenraum wurde mittels der Physiologisch Äquivalenten Temperatur (PET) beurteilt.

Dabei zeigten sich besonders positive Effekte durch Bäume mit großen Kronen und Verschattungselemente wie Markisen und Schirme, die im Sommer eine Minderung der PET um 10 Kelvin und mehr bewirkten. Auch Dachbegrünungen, das Versprühen von Wasser und helle Anstriche der Gebäude verbesserten das Mikroklima im Quartier. Insgesamt konnten die Bestandsquartiere durch die untersuchten Maßnahmen wesentlich widerstandsfähiger gegenüber sommerlicher Hitze gestaltet werden. Das wirkte sich auch positiv auf die Temperaturen in den Häusern und Wohnungen aus.

Kritik übte die UBA-Studie an großflächigen Bodenversiegelungen und einer fehlenden Begrünung in den Städten. Das verstärke den Urbanen Hitzeinseleffekt, der in Sommernächten besonders stark sei und sich aus aufheizender Bebauung mit dunklen Flächen wie Asphalt, herabgesetzter Luftzirkulation und anthropogenen Wärmequellen speise.

Damit befindet sich UBA-Präsident Messner im Einklang mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die kürzlich auf einer Fachkonferenz kritisiert hatte, Stadtgrün und grüne Erholungsoasen litten durch die lang anhaltende Trockenheit und die zunehmende Hitze. "Die Anzahl von Straßenbäumen nimmt ab, obwohl das Gegenteil der Fall sein müsste, denn sie spenden Schatten und kühlen ihre Umgebung", sagte die Ministerin. Es komme jetzt auf ein naturnahes Grünflächenmanagement an, die Förderung klimarobuster Stadtbäume und die Neubegrünung urbaner Wälder.

Seit Februar dieses Jahres ist es möglich, Stadträume mit defizitärer Grünausstattung genau zu identifizieren. Das Werkzeug dafür ist das "Stadtgrünraster Deutschland", ein neues Kartenprodukt des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Via GIS sammelt es Daten zur Grünausstattung, Grünraumversorgung, Grünerreichbarkeit, Grünraumvernetzung sowie zu klimaaktive Flächen. Eine defizitäre Grünausstattung wird anhand eines typischen Zusammenspiels von Oberflächentemperatur, Grünvolumenzahl und Versiegelung erkannt.

Das Echo der Wissenschaft auf die Forderungen von UBA-Präsident Messner ließ nicht lange auf sich warten. Prof. Dr. Stefan Emeis vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sekundierte im "Deutschlandfunk": Gebraucht würden zunächst zusätzliche Bäume. Zudem könne man größere versiegelte Flächen zumindest teilweise aufbrechen und etwa Rasenstücke integrieren. Das Ziel sei ein Feuchtigkeitsaustausch an der Oberfläche. Außerdem: Je mehr Grün man über Fassaden und Dächer in den Stadtraum hineinbringe, desto mehr Verdunstungsmöglichkeiten würden geschaffen.

Für die grünen Verbände ist es nun allerhöchste Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. "Wir müssen jetzt endlich handeln", verlangte Markus Guhl, Hauptgeschäftsführer des Bundes deutscher Baumschulen (BdB): "Der BdB fordert seit geraumer Zeit ein Straßenbaumprogramm mit einem Volumen von mindestens 2 Milliarden Euro, um schnell neue Gehölze als wesentliche Elemente der grünen Infrastruktur zu pflanzen." Von den vier Milliarden des Klimaschutzprogramms des Bundesumweltministeriums sollte genau dort ein Schwerpunkt gesetzt werden und das Geld den Kommunen für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden.

Ähnlich äußerte sich Thomas Krämer, Politikreferent beim Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL): "Es ist gut, dass die vielfältigen positiven Wirkungen der grünen Infrastruktur in den Köpfen der PolitikerInnen angekommen sind. Wir sehen daher weniger ein Überzeugungs-, sondern eher ein Umsetzungsproblem." Bund, Länder und Kommunen müssten jetzt alles daran setzen, dass Grünmaßnahmen flächendeckend realisiert werden. "Da muss man sicherlich auch nochmal über die Struktur der Förderung sprechen. Städte und Gemeinden brauchen einen erleichterten Zugang zu Fördermitteln speziell für Investitionen in ihre grün-blaue Infrastruktur," ergänzte Krämer.

"Wir begrüßen es, dass sich eine bedeutende Institution wie das Umweltbundesamt nun auch dem Thema Stadtgrün widmet", sagte Rüdiger Dittmar, Präsident der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK). "Die GALK stellt seit vielen Jahren die Bedeutung der Stadtbäume für die Klimaanpassung in unseren Städten heraus." Aus Sicht der Gartenamtsleiterkonferenz müsse sich jedoch die Zielrichtung in der Stadtentwicklung wesentlich verändern: Gebraucht würden eine landschafts- und freiraumorientierte Stadtentwicklung, die Integration naturbasierter Lösungen bei der Klimaanpassung. cm/UBA

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