GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Unkenntnis schützt vor Strafe nicht: Fallstricke für Unternehmer im Verbraucherrecht

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Verbraucherrecht GaLaBau
Das Berliner Kammergerichts stärkt mit seiner Entscheidung vom 16.11.2021 (Az. 21 U 41/21) das Recht des Kunden als Verbraucher. Foto: Ansgar Koreng, CC BY-SA 3.0

In letzter Zeit werden gerade auch im Baubereich Urteile zum Verbraucherrecht veröffentlicht, die zumindest in Unternehmerkreisen als ungerecht empfunden werden. Mit diesem Beitrag möchte ich alle Unternehmer warnen, mit Verbrauchern Verträge abzuschließen, die nicht in vollem Umfang den Vorschriften des BGB zum Verbraucherrecht entsprechen.

Wie es einem Unternehmer ergehen kann, wenn er sich nicht an die Bestimmungen des BGB über die Verbraucherverträge hält, zeigen zwei neu veröffentlichte Entscheidungen des Berliner Kammergerichts vom 16.11.2021 (Az. 21 U 41/21) und des Oberlandesgerichts München vom 24.03. 2021 (Az. 28 U 7186/20 Bau). Wenn es bei den beiden Urteilen zwar nicht um GaLaBau-Arbeiten geht, so sind die Sachverhalte aber ohne weiteres auf den GaLaBau-Bereich übertragbar. Im Fall des Kammergerichts Berlin ging es um Arbeiten an einer Untersparrendämmung am Dach und in dem Münchner Fall um den Einbau einer Holztreppe in ein Einfamilienhaus. Einem GaLaBau-Unternehmer, der sich im Verbrauchervertragsrecht nicht auskennt, hätte das gleiche passieren können, wie den beiden Unternehmern in den vorgenannten Rechtsstreiten.

Dem Berliner Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Privatmann schließt mit einem Bauunternehmer Ende Juni 2019 anlässlich einer Besprechung im Haus des Kunden einen Vertrag ab, wonach der Unternehmer eine Untersparrendämmung unter dem Dach eines Einfamilienhauses anbringen sollte. Bei dem Vertragsschluss belehrte der Unternehmer den Kunden nicht über das ihm zustehende 14-tägige Widerrufsrecht. Der Unternehmer stellte dem Kunden im Zuge seiner Tätigkeit für bereits ausgeführte Leistungen eine Abschlagsrechnung in Höhe von 5507,45 Euro, die der Kunde widerspruchslos an den Unternehmer bezahlte. Erst geraume Zeit später gerieten die Vertragsparteien in Streit, worauf der Kunde Mitte Mai 2020 unter Berufung auf seine Eigenschaft als Verbraucher den Vertrag widerrief und die bereits geleistete Abschlagszahlung zurückverlangte.

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Noch krasser ist der vom Oberlandesgericht München entschiedene Fall. Diesem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein privater Kunde schließt als Auftraggeber mit einem Treppenbauer einen Vertrag, wonach dieser eine im Detail genau beschriebene Holztreppe für das Einfamilienhaus des Kunden fertigen und einbauen sollte. Der Vertrag wurde außerhalb der Geschäftsräume des Treppenbauers beim Kunden geschlossen. Eine Widerrufsbelehrung durch den Treppenbauer unterblieb. Der Auftraggeber zahlte für geleistete Arbeiten eine Anzahlung in Höhe von 15.000 Euro an den Treppenbauer. Mehrere Monate nach Fertigstellung der Treppe widerrief der Auftraggeber ohne Angabe von Gründen den Vertrag und verlangte die Rückerstattung der geleisteten 15.000 Euro. Der Treppenbauer lehnte eine Rückerstattung ab und verlangte seinerseits die Zahlung der noch ausstehenden Restvergütung.

Sowohl in dem Berliner als auch in dem Münchner Fall verurteilten die Gerichte den jeweiligen Unternehmer zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlungen von 5507,45 Euro beziehungsweise 15.000 Euro. In beiden Fällen erhielten die Unternehmer nach Meinung der Richter für die jeweils in die Einfamilienhäuser der Kunden eingebauten Leistungen keinen Cent. Die Gerichte beriefen sich dabei auf § 357 Abs. 8 BGB. Danach ist kein Wertersatz für die eingebaute Leistung zu erbringen, wenn der Kunde nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. In ähnlicher Weise hat bereits der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 30.08.2018, Az. VII ZR 243/17 entschieden.

Beide Urteile sind für die Unternehmer sehr harte Entscheidungen, da sie nicht nur erheblichen Arbeitslohn investiert hatten, sondern auch das eingebaute Material verloren haben, ohne auch nur einen Cent dafür zu erhalten. Zumindest bei dem Münchner Urteil habe ich erhebliche Zweifel, ob dieses wirklich so richtig ist. Wenn eine Treppenanlage längst fertiggestellt ist und vom Kunden rügelos monatelang benutzt wird, halte ich einen so späten Widerruf unter Umständen für treuwidrig, zumal der rechtskundige private Auftraggeber weiß, dass die Treppe nicht mehr ausgebaut werden muss. Ein Richter am Bundesgerichtshof hat allerdings in einer Seminarveranstaltung gemeint, dass er in einem ansonsten völlig vergleichbaren Fall die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht anwenden würde. Er meinte, dass die Widerrufsfrist unbedingt zu beachten sei und Vorrang habe. Bei seiner Äußerung legt er allerdings Wert darauf, dass dies seine Privatmeinung sei und der Bundesgerichtshof bisher hierüber nicht zu entscheiden hatte. Hier zeigt sich, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer zusammenpassen.

Die Lehre aus den Urteilen

Jedem GaLaBau-Unternehmer kann genau dasselbe passieren, was den beiden Unternehmern in den vorzitierten Urteilen zugestoßen ist. Es ist deshalb äußerst wichtig zu wissen, wann man einen Kunden mit Verbrauchereigenschaft bei einem Vertragsschluss wegen seines Widerrufsrechts belehren muss und wann nicht. Will man als Unternehmer zu einem Vertragsabschluss kommen, ohne dass der Kunde ein 14-tägiges Widerrufsrecht als Verbraucher hat, sollte man auf keinen Fall einen Vertrag - sei er schriftlich oder mündlich - beim Kunden abschließen. Ein Widerrufsrecht lässt sich vermeiden, wenn man nach einem Besuch beim Kunden und Besichtigung der Örtlichkeit dem Kunden verspricht, ihm ein schriftliches Angebot auszuarbeiten, was der Kunde nach Erhalt überprüfen und ggf. schriftlich annehmen kann. Hierbei ist es nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig, Az. 1 U 122/20 vom 15.10.2021 unschädlich, wenn man die Örtlichkeit besucht, nochmals telefoniert und ergänzende Einzelheiten besprochen hat, bevor das schriftliche Angebot vom Kunden angenommen wird.

Wann haben Verbraucher ein Widerrufsrecht?

Hierbei kommt es auf den Einzelfall an. Zum einen auf welchem Weg wurde der Vertrag geschlossen (z. B. per E-Mail, Telefax, Fax etc.) und zum anderen wo wurde er geschlossen (z. B. in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder beim Kunden)? Wird der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Auftragnehmers bei gleichzeitiger Anwesenheit des Verbrauchers geschlossen, so hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht. Hierüber muss der Auftragnehmer den Verbraucher entsprechend belehren. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Fristbeginn ist bei Werkleistungen stets der Vertragsschluss. Die Frist verlängert sich um zwölf Monate, wenn der Verbraucher nicht oder nur fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, das heißt die Frist beträgt maximal zwölf Monate und 14 Tage. Hat der Auftragnehmer Zweifel, ob er den Kunden belehren muss oder nicht, sollte er lieber das Risiko eingehen und den Kunden belehren und die 14-tägige Widerrufsfrist abwarten. Damit ist der Unternehmer auf alle Fälle auf der sicheren Seite. Im schlimmsten Fall hat der Unternehmer dem Verbraucher mit der Belehrung ein Widerrufsrecht eingeräumt, das dieser bei genauer rechtlicher Überprüfung vielleicht nicht gehabt hätte.

Die Belehrung des Auftraggebers als Verbraucher

Die Belehrung des Kunden als Verbraucher ist äußerst wichtig. Im Nu ist ein sichergeglaubter Auftrag wegen fehlender oder falscher Widerrufsbelehrung nichts mehr wert. Wie soll eine Widerrufsbelehrung aussehen? Die Widerrufsbelehrung muss auf alle Fälle textlich erfolgen, das heißt am besten schriftlich aber auch per E-Mail, per Telefax etc. ist möglich. Inhaltlich sollte sie auf alle Fälle für den Kunden leicht verständlich sein. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, sollte man auf den Text des Art. 246 Abs. 3 EGBGB zurückgreifen. Dort wird ausdrücklich verlangt:

  1. Einen Hinweis auf das Recht zum Widerruf
  2. Einen Hinweis darauf, dass der Widerruf durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer zu erfolgen hat und keiner Begründung bedarf.
  3. Die Angabe des Namens und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist.
  4. Einen Hinweis auf Dauer und Beginn der Widerrufsfrist sowie darauf, dass zur Fristenwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung genügt.

Am besten gibt man dem Kunden eine Kopie des amtlichen Musters einer Widerrufsbelehrung an die Hand. Dieses lautet:

Sehr geehrter (Auftraggeber),

Sie haben das Recht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Sie beginnt nicht zu laufen, bevor Sie diese Belehrung in Textform erhalten haben.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.

Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Erklärung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

Folgen des Widerrufs:

Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, unverzüglich zurückzuzahlen.

Sie müssen uns im Falle des Widerrufs alle Leistungen zurückgeben, die Sie bis zum Widerruf von uns erhalten haben. Ist die Rückgewähr einer Leistung ihrer Natur nach ausgeschlossen, lassen sich etwa verwendete Baumaterialien nicht ohne Zerstörung entfernen, müssen Sie Wertersatz dafür bezahlen.

Folgen einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung

Unterblieb die Widerrufsbelehrung des Verbrauchers, so kann dieser bis zu einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsabschluss noch wirksam den Widerruf erklären, d. h. der Auftragnehmer muss so lange zittern, ob der Vertrag mit allen für ihn negativen Folgen widerrufen wird oder nicht. Bestehen beim Auftragnehmer Zweifel, ob er eine Widerrufsbelehrung vornehmen muss oder nicht, empfiehlt sich unbedingt, rechtlichen Rat einzuholen. Im GaLaBau helfen im Zweifel auch die einschlägigen Fachverbände der einzelnen Bundesländer weiter. Mit einem teuren Prozess kann man im Nachhinein einem Auftragnehmer, der die Widerrufsbelehrung eines Verbrauchers vergessen hat, nicht mehr helfen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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