GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Unsicherheiten der Parteien über die Dauer der Mängelhaftung

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GaLaBau und Recht Haftung
Das Kaufrecht spielt am Bau eine wesentlich bedeutendere Rolle, als man es auf den ersten Blick meint. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Oft haften sie viel länger, als es ihnen lieb ist. Bei Vertragsschluss denken die Parteien mehr an die zu erbringende Leistung und die dafür vorgesehene Vergütung, als an die damit verbundene Haftung für Gewährleistung (jetzt Nacherfüllung genannt). So kommt es häufig vor, dass aus einer vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch Hemmungen und Unterbrechungen eine wesentlich längere Haftung gegeben sein kann. Hierbei ist bezüglich der Anspruchsgrundlage für Gewährleistungsansprüche zwischen Kaufrecht und Werkvertragsrecht zu unterscheiden.

Kaufrecht

Das Kaufrecht spielt am Bau eine wesentlich bedeutendere Rolle, als man es auf den ersten Blick meint. Während beim Kauf eines Gegenstandes zum Beispiel einer Waschmaschine, eines Toasters etc. das BGB (VOB ist im Kaufrecht nicht anwendbar) eine zweijährige Gewährleistungsfrist vorsieht, gilt diese relativ kurze Frist nicht bei Baumaterial, wenn es tatsächlich auch eingebaut wurde. Für eingebautes Baumaterial sieht das BGB bei einem Bauwerk eine fünfjährige Gewährleistungsfrist vor (vgl. § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Lauf der Gewährleistungsfrist beginnt aber nicht mit dem Einbau des Materials sondern bereits mit dessen Übergabe. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der Käufer das Material erst einmal auf Lager nimmt und erst nach Ablauf von zwei Jahren einbaut. Hier bleibt es nach herrschender Meinung wohl bei der zweijährigen Frist, so dass der Verkäufer sich auf Verjährung berufen könnte. Bei einem erst späteren Einbau sollte der Käufer deshalb mit dem Verkäufer eine entsprechende Gewährleistungsvereinbarung treffen.

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Leistungen der GaLaBau-Unternehmen sind ganz überwiegend Bauleistungen mit entsprechend langer Frist. Nur für solche Arbeiten, die keine Bauleistungen sind, auf zum Beispiel das Pflanzen von Sträuchern etc. gelten kürzere Fristen beispielsweise zwei Jahre. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Werkvertragsrecht

Wesentlich komplizierter ist das Gewährleistungsrecht beziehungsweise der Lauf der Fristen im Werkvertragsrecht. Bei Bauleistungen sieht das BGB generell eine 5-jährige Gewährleistungsfrist vor (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die VOB dagegen geht nach wie vor von einer vierjährigen Gewährleistungsfrist aus (§ 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B). Von den Vertragsparteien wird die Frist oft jedoch auf fünf Jahre verlängert. Ebenso gilt nach BGB eine fünfjährige Frist für Statiker- und Architektenleistungen. Zu beachten ist generell für den Beginn der Frist der Tag der Abnahme der Leistungen. Insbesondere bei Architekten, Statikern und Ingenieuren, kann dieser Fristbeginn recht spät sein, worauf ich hier allerdings nicht näher eingehen möchte. Leistungen der GaLaBau-Unternehmen sind ganz überwiegend Bauleistungen mit entsprechend langer Frist. Nur für solche Arbeiten, die keine Bauleistungen sind, auf zum Beispiel das Pflanzen von Sträuchern etc. gelten kürzere Fristen beispielsweise zwei Jahre.

Sonderregelungen der VOB

Die VOB sieht am Bau auch eine Reihe Sonderregelungen mit kürzeren Verjährungsfristen vor, so für von Feuer berührte Teile der Feuerungsanlagen (zwei Jahre) oder für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen sogar nur ein Jahr (vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B). Nach § 13 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B gilt ebenfalls lediglich eine zweijährige Frist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/ elektronischen Anlagen, von deren die Wartung nicht dem Auftragnehmer übertragen ist. Ansonsten beträgt hier die Gewährleistungsfrist für solche Teile vier Jahre.

Besondere Regelungen, die gegebenenfalls auch noch nach Ablauf der normalen Gewährleistungsfrist von Bedeutung sein können:

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Fristen immer im Blick haben und eventuell Kulanzregelungen vereinbaren. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Arglistig verschwiegene Mängel

Von einem arglistigen Verhalten ist auszugehen, wenn dem Auftragnehmer selbst oder seinem Führungspersonal (d. h. auch Bauleiter) zum Zeitpunkt der Abnahme einer Leistung ein schwerwiegender Mangel bekannt war und dieser dem Auftraggeber pflichtwidrig verschwiegen wurde (Achtung: im Streitfall ist für die arglistige Täuschung der Auftraggeber und nicht der Auftragnehmer beweispflichtig). Hat ein Auftragnehmer einen Mangel nur "fahrlässig" aber nicht absichtlich verursacht, so liegt noch kein arglistiges Verhandeln vor (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2010). In vielen Fällen gelingt es dem Auftraggeber nicht den Beweis zu führen, dass der Auftragnehmer selbst oder ein Mitglied seines Führungspersonals bei der Abnahme der Leistungen ein schwerwiegender Mangel bekannt gewesen ist.

Organisationsverschulden des Auftragnehmers

Der Bundesgerichtshof hat mit einer seinerzeit auch für die Fachwelt überraschenden Entscheidung die Haftung des Auftragnehmers um das sogenannte "Organisationsverschulden" erweitert. Nach Meinung des Gerichts haftet der Auftragnehmer, der einen schwerwiegenden Mangel nicht erkannt hat, obwohl ihm dies bei ordnungsgemäßer Baustellenorganisation schlechterdings nicht hätte verborgen bleiben können. Die Haftung eines solchen Auftragnehmers bei Vorliegen eines Organisationsverschuldens wird vom Bundesgerichtshof so gesehen, als hätte der Auftragnehmer arglistig getäuscht.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine von einem Generalunternehmer gebaute Scheune stürzte nach mehr als 20 Jahren teilweise ein. Der in Anspruch genommene Generalunternehmer berief sich auf Verjährung und verweigerte jegliche Leistungen. In dem bis zum Bundesgerichtshof geführten Rechtsstreit stellte ein Sachverständiger fest, dass die Betonfetten des Daches unterschiedlich lang und damit schadensursächlich waren. Der Sachverständige meinte, dass dies eigentlich jedem Bauleiter eines Generalunternehmers unbedingt hätte auffallen müssen. Nach Meinung des Bundesgerichtshofs könne ein arglistiges Verschweigen des Mangels nicht nachgewiesen werden, dennoch verurteilte das Gericht den Generalunternehmer unter Berufung auf ein sogenanntes "Organisationsverschulden" zum Schadensersatz. Bei richtiger Organisation des Betriebes hätte der Bauleiter den eklatanten Mangel auf alle Fälle gekannt haben müssen. Als die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Organisationsverschulden erging und man dieses mit einer arglistigen Täuschung gleich setzte, unterlag diese Haftung noch einer 30-jährigen Verjährung. Dementsprechend konnte bei dem Schadensfall, der sich weit später als 20 Jahre nach der Abnahme der Generalunternehmerleistung ereignete, noch eine Haftung angenommen werden. Nach heutigem neuem Recht wäre die Frist allerdings maximal zehn Jahre gem. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

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Die VOB sieht am Bau auch eine Reihe Sonderregelungen mit kürzeren Verjährungsfristen vor. Foto: Sashkin, Fotolia.de

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat dazu geführt, dass Auftraggeber bei abgelaufener normaler Gewährleistungsfrist sich auf ein "Organisationsverschulden" berufen, um dennoch zu ihrem Recht zu kommen. Die Gerichte müssen dann im Einzelfall entscheiden, ob tatsächlich ein Organisationsverschulden des Auftragnehmers vorliegt oder ob man es lediglich mit einem "normalen Gewährleistungsfall" zu tun hat. Anfangs waren die Gerichte bei Mängeln, die von gewisser Bedeutung waren oder einen erheblichen finanziellen Schaden auslösten, recht leicht geneigt, ein Organisationsverschulden anzunehmen. Dieser Trend ist stark rückläufig, so dass die Verurteilung eines Auftragnehmers wegen Organisationsverschuldens längst nicht mehr so häufig vorkommt, wie es nach der ersten Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Fall war.

Die Dauer der Haftung bei arglistiger Täuschung und Organisationsverschulden

Bis zum 31.12.2001 galt für eine arglistige Täuschung eine 30-jährige Verjährung. Diese wurde für ab dem 01.01.2002 abgeschlossene Verträge verkürzt, so dass nach dem derzeit geltenden § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB für arglistig verschwiegene Mängel bzw. Organisationsverschulden eine Verjährung spätestens nach zehn Jahren eintritt.

Auf den ersten Blick ist die derzeit gültige gesetzliche Regelung für einen Nichtjuristen etwas kompliziert, da das Gesetz von einer Dreijahresfrist ausgeht, die mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Auftraggeber vom Mangel Kenntnis hatte oder hätte haben können. Hat ein Auftraggeber von einem Mangel nach Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungsfrist erst im sechsten Jahr Kenntnis von dem arglistig verschwiegenen Mangel oder dem Organisationsmangel, so ist sein Anspruch gegen den Auftragnehmer nicht verjährt. Erst ab Kenntnis beziehungsweise dem Kennen müssen, beginnt der Lauf der dreijährigen gesonderten Verjährungsfrist, so dass ein im echsten Jahr vom Auftraggeber erkannter Mangel noch nicht verjährt wäre. Für den Auftraggeber macht es durchaus Sinn, anwaltlich prüfen zu lassen, ob trotz Ablauf der vereinbarten oder gesetzlichen Gewährleistungsfrist noch eine Haftung gegeben ist, die erst spätestens nach zehn Jahren abläuft.

Der Verfasser hat in seiner Praxis im Laufe der Jahre eine Reihe Rechtsstreite erlebt, bei denen Gerichte wegen Organisationsverschuldens des Auftragnehmers auch nach Ablauf der eigentlichen Gewährleistungsfrist noch zu einer Haftung des Auftragnehmers gelangten. Auftragnehmern ist deshalb stets zu raten, sich vorher genau zu überlegen, ob man nach Ablauf der Gewährleistungsfrist sich tatsächlich auf die Einrede der Verjährung berufen soll oder ob es nicht sinnvoll ist, mit dem Kunden aus Kulanz eine Regelung zu treffen. Im nächsten Heft der Neuen Landschaft werde ich sodann auf die einzelnen gesetzlichen Regelungen des BGB sowie der VOB eingehen, wodurch sich Verjährungsfristen verlängern aber wohl nie verkürzen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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