Osnabrücker Baubetriebstage 2015

Unternehmensnachfolge: Viele Emotionen, jedoch keine Patentrezepte

Unternehmensnachfolge
Manfred Junicke berichtet über die gelungene Nachfolge durch seine Tochter.
Unternehmensnachfolge
Prof. Dr. Arist von Schlippe sagt, Familienunternehmen müssen mit Paradoxien leben.
Unternehmensnachfolge
Prof. Dr. Birgit Felden berichtet aus ihren Erfahrungen. Fotos: Martin Thieme-Hack.
Unternehmensnachfolge
Dipl.-Ing. (FH) Markus Theß ist Nachfolger in einem Unternehmen aber nicht im elterlichen Betrieb.

Die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, den elterlichen Betrieb zu übernehmen - nur weil es die Eltern wollen, man vermeintlich glaubt, wohlhabend zu sein oder weil es einem schlicht in die Wiege gelegt wurde - müsste häufig mit "Nein" beantwortet werden. Zudem sind die Probleme, die Übergeber und Übernehmer zu lösen haben, häufig so komplex, dass sie kaum zu überblicken sind.

Und wer kann sich schon Berater für Familienpsychologie, Betriebswirtschaft, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht, Finanzierungsentscheidungen und vieles mehr leisten? Diesen Fragen wurde auf den Baubetriebstage 2015 nachgegangen. Zum einen sind es zwei Generationen mit dem gleichen Ziel, ein Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben oder zu übernehmen. Zum anderen sind es zwei Generationen, die ganz unterschiedliche Ziele haben. Eine Seite die möchte, dass ihr Lebenswerk in gleicher Weise fortgesetzt wird und möglichst viel Geld für die Altersversorgung erzielt wird. Die andere Seite hat eigene, neue Ideen, möchte neue Wege gehen und am liebsten alles geschenkt haben.

Dr. Rosemarie Kay, stellvertretende Geschäftsführerin vom Institut für Mittelstandsforschung, Bonn (IfM), hat dazu zunächst einen Überblick über die Situation gegeben. Sie berichtete zunächst aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nachdem sinngemäß Familienunternehmen steuerlich begünstigt werden können, um ihr produktives Vermögen und damit den Bestand des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Nach Kay spielen Familienunternehmen eine wesentliche Rolle für den Arbeitsmarkt. Sie haben deshalb auch eine große Verantwortung für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Dieser Verantwortung können Familienunternehmen im Falle der Nachfolgefrage nachkommen, wenn sie diese rechtzeitig und planvoll angehen. Aber sie stellt auch fest, dass es zunehmend schwieriger wird, die Nachfolge in der eigenen Familie zu regeln. Gleichwohl: Gut aufgestellte, zukunftsfähige Unternehmen werden fortgeführt werden können, sei es als Familienunternehmen oder im Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen.

Aus ihrer weitreichenden Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedener Nachfolgeprojekte könnte Prof. Dr. Birgit Felden, tätig an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und in der TMS Unternehmensberatung, berichten. Aus diesen weitreichenden Erfahrungen hat sie den sogenannten Übergabeprozess entwickelt. Dabei hatte sie schon vieles erleben dürfenund hat daraus einen Übergabeprozess beschrieben.Dieser enthält die Schritte "Information und Sensibilisierung", "Bestandsaufnahme", "Nachfolge-Strategie", "Model-Konzeption", "Nachfolge-Fahrplan" und "Übertragung und Umsetzung". Nach der Informationsphase ist zunächst einen Bestandsaufnahme notwendig. Diese umfasst insbesondere die Situationen des Unternehmens, des Übergebers und des Übernehmers. Felden empfiehlt hier die F-SWOT-Analyse. Danach ist zu prüfen, ob der Nachfolger der Richtige. Kriterien sind hierbei berufsspezifische Kompetenz, vertriebliche Kompetenz, Führungskompetenz und nicht zuletzt die Eigentümerkompetenz.

Prof. Dr. Arist von Schlippe vom Lehrstuhl Führung und Dynamik von Familienunternehmen der Universität Witten-Herdecke hat sich als Psychologe und Psychotherapeut den sehr häufigen Nachfolgekonflikten in Familienunternehmen angenommen. An praktischen Beispielen aus seiner Beratungspraxis stellte er die zwei Ebenen der Übergeber und Übernehmer heraus. So haben Übergeber und Übernehmer mehrere Rollen inne. Vater und Sohn oder Verkäufer und Käufer sind in Familienunternehmen nur zwei Rollen. Oft ist den beiden jedoch nicht klar, ob nun der Vater in der Logik der Familie, der Senior-Chef in der Logik des Unternehmens oder der alleinige Gesellschafter in der Eigentümerlogik spricht. Daher sind Familienunternehmen eine "unmögliche" Unternehmensform, oder anders formuliert, ist der größte Vorteil der Familienunternehmen gleichzeitig auch ihr größter Nachteil - nämlich die Unternehmerfamilie. Sein Beispiel war die fiktive Dankesrede der Tochter an die Mutter bei ihrer akademischen Abschlussfeier. Wenn die Mutter und nun als "Unternehmer" antworte würde: "Gut, dass du das Thema Ausbildung anspricht. Du schuldest mir genau 324558,00 Euro." Wirkt dies sicherlich merkwürdig. Menschen können immer nun eines sein, Familie oder Unternehmer, beides geht eigentlich nicht, Familienunternehmer müssen aber immer beides sein.

Die Frage was passiert eigentlich im Unternehmen, wenn die Nachfolge vollzogen ist, aber sich vieles im Unternehmen ändern muss, widmete sich Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen von der Hochschule Osnabrück. Diesen Wandelungsprozess unterteilt Meinen in die Phasen "Initialisierung" (vor Übergabe), "Konzipierung" (Ziele festlegen), "Mobilisierung" (Maßnahmen durchführen und kommunizieren, nach innen und nach außen), "Umsetzung" und "Verstetigung der Struktur".

Thomas Salz, Vorstand Sparkasse Osnabrück hat deutlich gemacht, dass das Kreditinstitut zuerst an seinen wirtschaftlichen Erfolg denken muss. Aber genau aus diesem Grund bringen sich die Banken und Sparkassen in den Nachfolgeprozess ein und fördern nach Möglichkeit den Prozess. Bei einer misslungenen Nachfolge verliert die Bank nicht nur einen Kunden, unter Umständen auch Geld.

Die zehn Gebote der Unternehmensnachfolge aus juristischer Sicht hat Rechtsanwalt Prof. Heiko Hellwege aus Osnabrück dargelegt. Ein absolutes "Don't" ist es für ihn, im Falle eines plötzliches Ausscheidens des Unternehmers nichts geregelt zu haben. Themen wie Passwörter, Testament, Zeitverstreichen bis zur Testamentseröffnung, Vollmachten uvm. standen hier im Fokus. Weitere Verbote und Gebote nannte er bei den Themen vorweggenommene Erbfolge, Unternehmertestament, Scheidung, Pflichtteil und Steuern.

Besondere Herausforderung ist es nach Hellwege die verschiedenen Verträge, beispielsweise Ehevertrag, Testament, Gesellschaftsvertrag, auf einander abzustimmen. Daraus abgeleitet, nennt er die zehn goldenen Regeln für die geplante und ungeplante Nachfolge:

1. Frühzeitige Vorkehrungen für den Ernstfall treffen.

2. Regeln Sie auch Ihre vorübergehende Abwesenheit im Unternehmen durch Vorsorgevollmacht (Betreuungsverfügung, Patientenverfügung), Testament, Notfallplan, Notfallordner.

3. Steueroptimierte Wahl der Rechtsform des vererbten Unternehmens.

4. Erbvertrag - Gefahr der mangelnden Flexibilität berücksichtigen.

5. Jeder Unternehmer sollte jederzeit ein gültiges Testament haben.

6. Die Regelungen der Unternehmensnachfolge müssen auch unerwartete Entwicklungen berücksichtigen.

7. Das Unternehmertestament bedarf immer der Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag sowie ggf. dem Ehevertrag.

8. Die rechtliche Gestaltung der Unternehmensnachfolge ist regelmäßig zu überprüfen.

9. Planung und Sicherstellung der Finanzierung der Erbschaftssteuer.

10. Liquiditätsplanung bezüglich der Versorgung des scheidenden Unternehmers.

Beeindruckend waren die Vorträge der Unternehmer, die das Thema Nachfolge mehr oder weniger vollzogen haben. Aus Sicht der Übergebenden haben präsentiert:

- Dipl.-Ing. Helmut Echterhoff, Echterhoff Baugruppe, Osnabrück

- Manfred Junicke, Junicke, Braunschweig

- Dipl.-Ing. Hanns-Jürgen Redeker, Joh. Redeker, Schenefeld

- Reinhard Schulze-Tertilt, Everswinkel

Aus Sicht der Nachfolger haben präsentiert:

- Dipl.-Volksw. Hannelotte Hecker, ehem. Heinrich Hecker Bauunternehmen, Oldenburg

- Dipl.-Ing. Mark Hofschröer, Bauunternehmen Hofschröer, Lingen

- Benjamin Küsters M.A., MBA, Gartenhof Küsters GmbH, Neuss

- Dipl.-Ing. (FH) Markus Theß, Sieg + Partner GmbH & Co. KG, Wermelskirchen

Die Art und Weise, wie und warum die Nachfolge geglückt oder auch misslungen ist, zeigt, dass es bei diesem Thema kein Patentrezept gibt. Unternehmen sind so unterschiedlich wie die Menschen, die in den Unternehmen arbeiten. Beim einen kann es nur einen König geben, beim anderen sollen gerade alle Geschwister bedacht werden oder sogar schon die Enkel Gesellschaftsanteile übertragen bekommen. Für den einen steht die steuerliche Frage, wie bekomme ich ein großes Vermögen mit möglichst wenig Steuerlast auf die nächste Generation übertragen im Vordergrund, für den anderen die Frage wie die Altersversorgung für den Senior ohne Einkünfte aus dem Unternehmen gegeben ist. Eigentlich wollte der Veranstalter diesmal mit etwas weniger Teilnehmern die Tagung abhalten, dennoch waren es am Ende deutlich über 200 Teilnehmer. Das zeigt auch wie wichtig dieses Thema in der Baubranche/im Landschaftsbau ist und dass es mehr offenen Fragen als Antworten gibt.

Martin Thieme-Hack

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