GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Unzureichende Regelungen von Vertragsfristen in Bauverträgen: Ein häufiger Streitpunkt

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Bei der Abfassung von Bauverträgen wird der genauen vertraglichen Regelung der Ausführungszeiten oft viel zu wenig Bedeutung beigemessen, so dass es immer wieder zwischen den Parteien zu eigentlich unnötigen Streitereien kommt. Bei etwas sorgfältigerer Formulierung der Verträge hätte man die Streitigkeiten sicherlich vermeiden können.

Der Baubeginn, die Bauzeit und die Fertigstellung der Baumaßnahme spielen eine entscheidende Rolle für die Beurteilung, ob ein Bauvorhaben erfolgreich durchgeführt werden kann. Bei Bauvorhaben mit größerem Leistungsumfang sind zumeist Fristen für die Fertigstellung der Auftragnehmerleistung vorgesehen. Deren Nichteinhaltung ist oft sogar mit einer Vertragsstrafe bedroht. Sorge bereiten in der Praxis insbesondere Verträge, denen zwar der Leistungsumfang des Auftragnehmers entnommen werden kann, nicht aber der Arbeitsbeginn und die genaue Fertigstellungsfrist. Um als Jurist ein halbwegs eindeutiges Beratungsergebnis zu erzielen, muss man versuchen, den Willen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln. Hilft das alleine nicht weiter, muss man sich an die gesetzlichen Regelungen und - wenn vereinbart - auch an die Bestimmungen der VOB halten.

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Die gesetzliche Regelung des BGB

Im Werkvertragsrecht des BGB finden sich leider keine für den Bauvertrag bestimmten Vorschriften zu Fristen und Terminen. Sollte der Entwurf eines neuen im BGB geregelten zivilen Baurechts (dort insbesondere §§ 650a BGB ff.) das Gesetzgebungsverfahren überleben und in Kraft treten, könnte man dann auf die neuen Regelungen überwiegend zurückgreifen. Derzeit gibt es im Gesetz nur die Bestimmungen des allgemeinen Schuldrechts, die ohne im Sachverhalt vorgegebene konkrete Vereinbarung kaum geeignet sind, eine Rechtssicherheit bezüglich der Bauzeit zu schaffen. Enthält der BGB-Bauvertrag keine konkreten abweichenden Regelungen, so gilt beim BGB-Bauvertrag § 271 BGB, der wie folgt lautet:

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Nach der Vorschrift kann der Auftraggeber die Leistung sofort verlangen und der Auftragnehmer sie sofort bewirken, wenn der Bauvertrag keine abweichenden Regelungen enthält oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise nichts anderes ergibt (z. B. die Leistung ist erst möglich, wenn notwendige Vorleistungen erbracht sind). Die vom Gesetz vorgesehene sofortige Leistungsbewirkung führt dazu, dass der Auftragnehmer unmittelbar nach Abschluss des Vertrages mit seiner Leistung zu beginnen und sie in angemessener Zeit zu Ende zu bringen hat. Wegen dieser gesetzlichen Regelung kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber erheblich unter Zeit- und Leistungsdruck gesetzt werden. Dessen sind sich leider nicht alle GaLaBau-Unternehmer bewusst und geraten in Zeitnot oder gar in Verzug.

Im Interesse des Auftragnehmers sollte deshalb stets vertraglich geregelt werden, wann mit der Leistung begonnen und wann sie in angemessener Zeit fertiggestellt sein soll. Ansonsten besteht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (z. B. BGH, IBR 2004, Seite 62) die Gefahr, dass der Auftragnehmer die Beweislast trägt, wonach im konkreten Fall die angemessene Herstellungsfrist für die Bauleistung noch nicht abgelaufen ist. Bei verspäteter Leistungserbringung durch den Auftragnehmer gilt § 223 BGB mit allen für ihn nachteiligen Folgen wie z. B. Rücktritt vom Vertrag oder auch Schadenersatz. Die Regelung des BGB kann dementsprechend für den Auftragnehmer äußerst nachteilig sein. Es empfiehlt sich, bei einem BGB-Bauvertrag stets Regelungen über den Beginn und das Leistungsende in das Vertragswerk aufzunehmen.

Regelung nach VOB

Anders als die Bestimmungen des BGB kennt die VOB in § 5 VOB/B eine wesentlich auftragnehmerfreundlichere Regelung. Ist für den Beginn der Auftragnehmerleistung keine Frist vertraglich vereinbart, hat der Auftragnehmer wesentlich mehr Spielraum für seine zeitlichen Dispositionen. Ohne eine vereinbarte Ausführungsfrist ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, sofort anzufangen. Nach § 5 Abs. 2 VOB/B kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber erst einmal Auskunft verlangen, wann er voraussichtlich mit seiner Leistung beginnen soll. Erst nach Aufforderung des Auftraggebers hat der Auftragnehmer dann innerhalb von zwölf Werktagen (Samstag ist ein Werktag!) zu beginnen. Er muss dem Auftraggeber den Beginn der Ausführung anzeigen.

Rechtsfolgen verspäteten Ausführungsbeginns oder verspäteter Fertigstellung

Die VOB sieht in § 5 Abs. 4 VOB/B abweichend vom BGB eine wesentlich detaillierte Regelung vor, wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführungen seiner Leistungen verzögert oder mit deren Fertigstellung in Verzug gerät. Der Auftraggeber kann dann unter Aufrechterhaltung des Vertrages (Auftragnehmer muss weiterarbeiten!) nach § 6 Abs. 6 VOB/B Schadenersatz verlangen oder dem Auftragnehmer einer angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und ihm erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe mit der Folge des § 8 Abs. 3 VOB/B. Das heißt, der Auftraggeber ist dann berechtigt, eine Selbstvornahme (früher Ersatzvornahme genannt) durchzuführen und Schadenersatz zu verlangen. Von der Kündigung des Auftrags und der Durchführung einer Selbstvornahme muss nicht der gesamte Auftragsumfang erfasst sein. Die Entziehung des Auftrags kann durchaus auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden. In einem solchen für den Auftragnehmer zumeist sehr unangenehmen Fall muss der Auftragnehmer in Teilbereichen der Baumaßnahme für den Auftraggeber weiterarbeiten und in anderen Bereichen die Ersatzvornahme in Form von Fremdleistungen anderer Unternehmer auf der Baustelle dulden.

Gravierende Fehler des Auftraggebers

In der Praxis werden von Auftraggebern immer wieder folgenschwere Fehler begangen, so dass einem betroffenen Auftragnehmer nur dringend anzuraten ist, eine Auftragsentziehung nicht hinzunehmen, ohne zuvor eine sorgfältige juristische Prüfung von einem Fachmann vornehmen zu lassen. Insbesondere kann es sich hierbei um folgende immer wieder vorkommende Fehler handeln:

a) Der Auftraggeber entzieht dem Auftragnehmer den Auftrag wegen verzögerter Leistungserbringung. Dies ist allerdings mit den für den Auftragnehmer nachteiligen Folgen nur möglich, wenn dem Auftragnehmer zur Erbringung seiner Leistung eine angemessene Frist bzw. Nachfrist gesetzt wurde und nach Ablauf der Frist gekündigt wurde. Oft wird diese zwingend notwendige Fristsetzung vom Auftraggeber vergessen, so dass er seine vermeintlichen Rechte gegen den Auftragnehmer verloren hat.

b) Der Auftraggeber macht zwar mit den Formalien wie Fristsetzung etc. alles richtig. Er schließt aber bereits vor Fristablauf zum Zwecke der Ersatzvornahme mit einem Drittunternehmer einen neuen Vertrag. Eine solche Vorgehensweise wird von der herrschenden Rechtsprechung nicht gebilligt, so dass der Auftraggeber wohl kaum die Mehrkosten einer Ersatzvornahme mit Aussicht auf Erfolg geltend machen kann. Der Auftraggeber muss mit der Beauftragung eines Drittunternehmers warten, bis die dem Auftragnehmer gesetzte Frist tatsächlich abgelaufen ist oder der Auftragnehmer sich unmissverständlich endgültig weigert, tätig zu werden.

c) Bei einer Teilentziehung des Auftrags ist das Risiko für den Auftraggeber besonders hoch. Nach § 5 Abs. 4 VOB/B i. V. m. § 8 Abs. 3 VOB/B ist für den Auftraggeber zwar eine Teilentziehung des Auftrags durchaus möglich. Immer wieder verkennen allerdings Auftraggeber die bei einer Teilentziehung zwingende Voraussetzung, wonach diese nach § 8 Abs. 3 VOB/B nur "für einen in sich abgeschlossenen Teilbereich der vertraglichen Leistung" möglich sein soll. Der Begriff der "in sich abgeschlossenen Teile einer Leistung" entspricht dem der Teilabnahme, wie sie in § 12 Abs. 2 VOB/B vorgesehen ist. Eine Teilabnahmefähigkeit ist stets von der Gebrauchsfähigkeit her zu beurteilen. So ist zum Beispiel die Teilentziehung des Auftrags für eine Heizungsanlage möglich, auch wenn die noch nicht fertiggestellte Sanitärinstallation zum Auftrag gehören würde. Nicht möglich wäre bei einer Teilentziehung eine solche für Teile der Heizung und Teile der Installationsanlage, weil für die einzelnen Anlagen jeweils die notwendige Funktion nicht gegeben wäre. Ein betroffener Auftragnehmer sollte stets prüfen oder von einem Juristen prüfen lassen, ob der Auftraggeber die zum Teil recht strengen juristischen Spielregeln tatsächlich eingehalten hat. Oft ist dies nicht der Fall.

Vertragliche Fristen

Nicht jede Frist in einem Vertrag ist eine verbindliche Vertragsfrist. Da im deutschen Recht immer noch eine gewisse Gestaltungsfreiheit für die Parteien gegeben ist, können die Parteien selbst entscheiden, welche Frist eine verbindliche Vertragsfrist sein soll und welche nicht. Im GaLaBau-Bereich sind zumindest der vorgesehene Baubeginn und der Fertigstellungstermin verbindliche Vertragsfristen. Es steht den Vertragsparteien allerdings frei, weitere Vertragsfristen verbindlich zu vereinbaren. Dies sollte allerdings aus der Formulierung des Vertragstextes deutlich hervorgehen (gesonderte Vertragsfrist für die Herstellung des Fertigteilkellers oder der Fertigstellung des Rohbaus). Die Frist muss kalendermäßig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Ein Bauzeitenplan in Form eines Balkendiagramms ist zum Beispiel regelmäßig nicht als Vertragsfrist anzusehen. Dementsprechend löst die Nichteinhaltung solcher im Bauzeitenplan enthaltener Nichtvertragsfristen keine unmittelbaren rechtlichen Folgen für den Auftragnehmer aus. Letztendlich haben diese aus dem Balkendiagramm ersichtlichen Zeiträume nur eine Warn- und Organisationsfunktion. Allenfalls können sie bei einer Beurteilung des Verzugs des Auftragnehmers bei Ansprüchen wegen gestörtem Bauablaufs ausnahmsweise eine Rolle spielen.

Fazit

Insgesamt ist den Vertragsparteien zu raten, es mit der Vereinbarung von zusätzlichen Vertragsfristen nicht zu übertreiben und nur solche Fristen zu Vertragsfristen zu machen, die für den Fortgang der Arbeiten und dem Ziel der Fertigstellung des Bauvorhabens von besonderer Bedeutung sind. Ein Vertragspartner, der auf übermäßig viele verbindliche Vertragsfristen besteht, muss sich durchaus darüber im Klaren sein, dass sich eine solche Vereinbarung auch als Bumerang erweisen kann, wenn man als Partei hierzu nicht rechtzeitig für das Vorhandensein aller erforderlichen Vorleistungen sorgt bzw. als Auftragnehmer deren Fehlen rügt.

Umso wichtiger ist in einem solchen Fall seitens der Auftragnehmer an Behinderungsanzeigen gegenüber dem Auftraggeber zu denken, um so vielleicht verbindliche Vertragsfristen zu Lasten des Auftraggebers auszuhebeln.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/7560) in die parlamentarische Beratung eingebracht, der die Voraussetzungen für die künftige europaweite Kontenpfändung schaffen soll. Die Europäische Kontenpfändungsverordnung ist ab dem 18. Januar 2017 in allen EU-Mitgliedstaaten außer dem Vereinigten Königreich und Dänemark unmittelbar geltendes Recht, zu ihrer Durchführung sind aber nach Angaben der Bundesregierung einige Anpassungen in der Zivilprozessordnung sowie anderen Gesetzen und Verordnungen erforderlich. Das Gesetz soll vor allem regeln, welche Gerichte, Behörden und Personen für die Durchführung der Kostenpfändungsverordnung zuständig sind. Die Verordnung soll die Eintreibung grenzüberschreitender Forderungen für Bürger und Unternehmen erleichtern und die Vollstreckung vereinfachen.

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 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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