Verbesserung der Fahrdynamik von mobilen Arbeitsmaschinen durch den Einsatz modellbasierter Methoden

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Das Kölner Labor für Baumaschinen (KLB) befasst sich seit vielen Jahren mit der Verbesserung der Fahrdynamik mobiler Arbeitsmaschinen. Das KLB hat sich hierbei auf modellbasierte Methoden spezialisiert und diese in Form von Reglern und Beobachtern in unterschiedlichen Forschungsprojekten erfolgreich eingesetzt. In diesem Beitrag wird das generelle Vorgehen verdeutlicht und an drei Beispielprojekten kurz vorgestellt.

Bei Betrachtung der Entwicklung von mobilen Arbeitsmaschinen in den letzten Jahrzehnten wird deutlich, dass sich zum einen deren Höchstgeschwindigkeit bei Transportfahrt kontinuierlich erhöht und zum anderen die Fahrzeugmassen sowie die Massen der Arbeitswerkzeuge weiterhin ansteigen. Es ist offensichtlich, dass sich diese Fahrzeuge dadurch den physikalischen Grenzen der Fahrdynamik nähern und daher neue Entwicklungen notwendig sind, um die Fahrsicherheit sowie den Fahrkomfort zu erhöhen.

Vorgehensweise

Das Kölner Labor für Baumaschinen beschäftigt sich in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus Wissenschaft und Industrie mit der Entwicklung von Regelungsverfahren zur Verbesserung der Fahrdynamik von mobilen Arbeitsmaschinen. Diese Systeme erreichen naturgemäß schnell eine Komplexität, die nur unter Verwendung von geeigneten Verfahren beherrschbar ist. Die im KLB verwendeten Methoden bestehen im Kern in der durchgehenden Verwendung des modellbasierten Ansatzes und folgen dem bekannten V-Modell; einer Vorgehensweise aus der Softwareentwicklung. Ein wesentlicher Punkt ist hierbei die Verifikation nach jedem einzelnen Entwicklungsschritt.

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Das Vorgehen wird im Folgenden anhand des abgeschlossenen Forschungsprojektes "Modellbasierte Regelung der Fahrzeugquerdynamik von mobilen Arbeitsmaschinen mit schwere Anbaugeräten - Moba-Control" beispielhaft vorgestellt.

Problemstellung und Lösungsansatz

Mobile Arbeitsmaschinen die während der Transportfahrt angebaute Arbeitswerkzeuge an Front und/oder Heck mitführen, weisen im Allgemeinen besonders ungünstige fahrdynamische Eigenschaften auf. Aufgrund der oftmals großen Massen der Arbeitsgeräte und dem großen Abstand zum Schwerpunkt des Fahrzeug kommt es zu einem großen Massenträgheitsmoment um die Fahrzeughochachse. In Kombination mit den hohen Fahrgeschwindigkeiten müssen von den Reifen, je nach Fahrsituation, große Seitenführungskräfte aufgebaut werden. Wenn diese erforderlichen Seitenführungskräfte so groß werden, dass sie von den Reifen nicht aufgebracht werden können, ist das Fahrzeug nicht mehr beherrschbar. Ziel des vorgestellten Forschungsprojektes war die Entwicklung einer Methode, mit der diese Problematik entscheidend verringert wird.

Die Idee besteht darin, die große Masse des Anbaugeräts zu verwenden, um das Fahrverhalten positiv zu beeinflussen. Dies geschieht durch eine Entkopplung der Massen des Traktors und des Anbaugerätes, indem eine Relativbewegung um die Hochachse zugelassen wird, Abbildung 1a. Dieser zusätzliche Freiheitsgrad ermöglicht eine relative Gierbewegung zwischen Fahrzeug und Anbaugerät. Von konstruktiver Seite sind alle notwendigen benötigten Teile in Form des Dreipunktanbaus bereits vorhanden, Abbildung 1b. Nach dem derzeitigen Stand der Technik werden die hydraulischen Seitenstabilisatoren jedoch nur dafür verwendet, um zwischen starrer und schwimmender Kopplung des Anbaugerätes umzuschalten. Während der Transportfahrt ist das Anbaugerät immer starr gekoppelt. Bei dem hier gezeigten Ansatz werden diese Stabilisatoren als Aktoren verwendet. Um in der Lage zu sein, gezielte Bewegungen des Anbaugerätes durchzuführen, bestand der Kern des Forschungsprojektes in der Entwicklung und dem Aufbau des entsprechenden Regelungssystems.

Modellbildung

Der rote Faden bei jedem am KLB durchgeführten Entwicklungsprojekt ist das Modell, das heißt die mathematische Beschreibung des betrachteten Systems. Die Erstellung des Modells stellt immer einen Kompromiss dar. Zum einen muss die Beschreibung so detailliert sein, dass das Systemverhalten hinreichend genau abgebildet wird. Zum anderen muss die Komplexität gering gehalten werden, damit der Entwicklungsaufwand nicht zu groß wird. Des Weiteren erfordern komplexere Modelle in der Regel die entsprechend genaue Kenntnis einer größeren Anzahl von Systemparametern. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich hierbei aus der Tatsache, dass die Modelle aufgrund ihres späteren Einsatzes in Regelungssystemen echtzeitfähig sein müssen, das heißt dass jeder Berechnungsschritt innerhalb eines definierten Zeitfensters abgeschlossen sein muss. Am Beispiel der Beschreibung der Fahrzeugquerdynamik soll im Folgenden erläutert werden, wie diesem Problem hier begegnet wird.

Bei Radfahrzeugen kommt zur Modellierung der Querdynamik häufig das lineare Einspurmodell zum Einsatz (vgl. z.B. [1]). Das Einspurmodell ist eine Beschreibungsform, die vergleichsweise einfache Bewegungsgleichungen mit einer geringen Anzahl von Systemparametern liefert und daher Anwendung bei grundlegenden analytischen Betrachtungen und der Entwicklung von Fahrdynamikregelungssystemen findet. Dieses Modell beruht auf einer Reihe von Vereinfachungen, wodurch der Gültigkeitsbereich auf Fahrsituationen mit Querbeschleunigungen unterhalb von 0,4 g begrenzt wird. Mit dem Modell können die Fahrzeugreaktionen, wie Giergeschwindigkeit und Querbeschleunigung in Folge von Lenkbewegungen berechnet werden, Abbildung 2. Diese Standardbeschreibung hat jedoch keine Gültigkeit für niedrige Fahrgeschwindigkeiten unterhalb von etwa 50 km/h [2], da hier der Einfluss der Einlaufdynamik der Reifen nicht mehr vernachlässigt werden kann. Daher musste dieser Modellansatz für die Anwendung bei mobilen Arbeitsmaschinen entsprechend erweitert werden [3].

Unabhängig von der Modellierungsgüte wird die Übereinstimmung zwischen Modell und Realität immer durch die verfügbare Genauigkeit der Systemparameter begrenzt. Daher stellt die Parameterermittlung einen wichtigen Teil jedes Forschungs- und Entwicklungsprojektes dar. Bei diesem Projekt liegen einige Parameter vor, die problemlos zu ermitteln sind. Zum Beispiel Geometrien, Massen, Schwerpunktpositionen und die Massenträgheitsmomente. Für die Identifizierung der Steifigkeiten und Dämpfungen ist in der Regel ein deutlich höherer Aufwand erforderlich. Den mit Abstand größten Aufwand erfordert in diesem Projekt die Ermittlung der Reifenkennlinien. Da für die fahrdynamischen Eigenschaften der Reifen von mobilen Arbeitsmaschinen häufig keine Literaturwerte existieren, ist es im Rahmen der Forschungsprojekte aus diesem Themenbereich meist erforderlich, entsprechende Untersuchungen mit geeigneten Reifenmesseinrichtungen durchzuführen [4].

Modellbasierte Regelung

Die modellbasierte Regelung bietet im Vergleich zur klassischen Regelung eine Vielzahl von Vorteilen. Durch den Einsatz des Modells, also der mathematischen Beschreibung des Systemverhaltens, ist es möglich, aufgrund der Messung von äußeren Größen auf innere Prozessgrößen zu schließen. Dies ist immer dann von Vorteil, wenn diese Prozessgrößen nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand messtechnisch direkt erfasst werden können.

Bei dem hier beschriebenen Forschungsprojekt geschieht die Regelung der Bewegung des Anbaugerätes abhängig von der vorliegenden Fahrsituation. Diese Fahrsituation wird durch mehrere kinematische Größen beschrieben, die daher hinreichend genau bekannt sein müssen. Eine dieser Größen stellt beispielsweise die Giergeschwindigkeit, also die Rotationsgeschwindigkeit um die Fahrzeughochachse, dar. Nach dem heutigen Stand der Technik kann diese Größe problemlos durch am Markt verfügbare Sensorik kostengünstig und robust erfasst werden.

Bei der ebenfalls erforderlichen Fahrzeugquergeschwindigkeit ist dies nicht ohne weiteres möglich. Eine direkte Messung dieser Größe ist aufgrund der Sensorkosten und der Anfälligkeit der verfügbaren Messprinzipien bei einem Serienprodukt nicht umsetzbar. Liegt jedoch eine mathematische Beschreibung des Systemverhaltens vor, kann dieses Signal basierend auf direkt gemessenen Signalen (Lenkwinkel, Querbeschleunigung und Gierrate) berechnet werden. Die mathematische Beschreibung ist in Form des oben beschriebenen Einspurmodells gegeben. Diese Methode, die Informationen von anderen Messungen und Systemparametern zu nutzen, um eine Abschätzung der relevanten Größen zu ermitteln wird auch als virtual sensing oder als Soft Sensor bezeichnet.

Dieses Modell kann jedoch nicht nur dazu genutzt werden die aktuelle Quergeschwindigkeit zu ermitteln, sondern auch um den zukünftigen Verlauf dieser Größe abzuschätzen. Dies wird möglich, indem die Bewegungsgleichungen des Einspurmodells in Form eines prädiktiven Beobachters für zukünftige Zeitschritte gelöst werden, Abbildung 3. In diesem Projekt wurde diese Vorhersage dazu genutzt, um die Totzeit des Hydrauliksystems zu kompensieren. Anders ausgedrückt ist der Regler hierdurch in der Lage auf Ereignisse zu reagieren, bevor diese auftreten. Durch den prädiktiven Ansatz ist es gelungen für die Regelung ein ausreichend großes Zeitfenster zu schaffen, um die Soll-Größen exakt zum richtigen Zeitpunkt einzuregeln.

Simulation

In jedem Projekt ist es das Ziel frühestmöglich im Entwicklungsprozess alle durchgeführten Schritte verifizieren zu können. Bei dem klassischen Vorgehen liegt erst gegen Ende des gesamten Entwicklungsprozesses ein Prototyp vor, wodurch eine zeitnahe Evaluierung der einzelnen Zwischenschritte unmöglich ist. Bei dem modellbasierten Vorgehen liegt von Beginn an eine mathematische Beschreibung des Systemverhaltens vor. Diese Beschreibung wird dazu genutzt nach jedem Arbeitsschritt deren Korrektheit mittels Simulation zu überprüfen.

Ein weiterer Vorteil der Simulation besteht in der Tatsache, dass die Durchführung von realen Fahrversuchen mit einer mobilen Arbeitsmaschine äußerst komplex und zeitintensiv ist und es ist unmöglich alle denkbaren Fahrzeugkombinationen und Fahrsituationen auf diese Art zu untersuchen. Liegt dagegen einmal ein Modell des zu untersuchenden Fahrzeugs vor, ist die Durchführung von virtuellen Fahrversuchen mittels Simulation mit sehr geringem Aufwand möglich. Aus diesem Grund wurde am Kölner Labor für Baumaschinen in der Vergangenheit eine Bibliothek mit geeigneten Fahrzeugmodellen und Teilkomponenten erstellt, mit denen die Fahrdynamik von mobilen Arbeitsmaschinen bis in den Grenzbereich untersucht werden können.

Praktische Untersuchung

Um das entwickelte System unter praxisnahen Bedingungen testen zu können, wurde ein Demonstrator-Fahrzeug aufgebaut. Hierfür musste eine Gerätekombination bestehen aus Traktor und Pflug mit Aktoren, Sensoren und Geräten für die Signalverarbeitung ausgestattet werden. Die ausgewählten Fahrversuche basieren auf Normen aus dem Pkw-Bereich, welche für die Anforderungen von schweren Arbeitsmaschinen angepasst wurden. Alle Versuche werden unter Verwendung des Regelungssystems und als Referenz mit starr gekoppeltem Anbaugerät durchgeführt.

Die Implementierung des entworfenen Algorithmus geschah durch graphische Programmierung. Um die realen Fahrversuche durchführen zu können, wurde der Algorithmus auf einer Echtzeithardware mittels automatischer C-Code Generierung implementiert. Durch die verwendete Entwicklungsumgebung war es möglich, alle diese Schritte in einem Programmpaket durchzuführen, Abbildung 4. Dadurch konnte von den virtuellen Fahrversuchen zu den realen Versuchen und zurück gewechselt werden, ohne dass fehleranfällige Änderungen am Programm-Code notwendig sind. Diese Methode ist weitläufig unter dem Begriff "Rapid-Control-Prototyping" bekannt.

Einen wichtigen Test stellt der doppelte Spurwechsel dar. Hierbei wird das Ausweichen eines plötzlich auftauchenden Hindernisses mit anschließendem Zurücklenken auf die Ausgangsspur simuliert, Abbildung 5. Ein Testlauf gilt als erfolgreich, wenn bei der Durchfahrt keiner der aufgestellten Pylone berührt wurde. Im Vergleich zum Lenkwinkelsprung erlaubt dieser Versuch eher subjektive Aussagen, da der Fahrer durch seine Regeltätigkeit einen erheblichen Einfluss auf den Testverlauf hat. Der Test liefert jedoch wichtige Angaben bezüglich der Lenkwilligkeit und der Fahrstabilität des untersuchten Fahrzeuges.

Der Versuch wurde mit mehreren Fahrern durchgeführt, wobei von allen Fahrern zwei Punkte hervorgehoben werden. Zum einen weist das geregelte System ein direkteres Ansprechen beim Herauslenken aus der Einfahrts- und der Ausweichgasse auf. Dies bestätigt die Ergebnisse des Lenkwinkelsprungs. Zum anderen zeigte sich, dass das geregelte System eine erhöhte Fahrstabilität aufweist, was sich in einer besseren Beherrschbarkeit des Fahrzeugs in der zweiten und vor allem in der dritten Gasse, welche den kritischsten Teil des Tests darstellt, äußert.

Die während der Versuchsfahrten aufgezeichneten Messgrößen belegen diese subjektiven Fahrereindrücke weitestgehend. So zeigen sich vor allem bei der Einfahrt in die zweite und dritte Gasse ein reduzierter Lenkwinkel, Wankwinkel und Schwimmwinkel, wobei der Schwimmwinkel ein geeignetes Maß für die Beurteilung der Kontrollierbarkeit eines Fahrzeugs darstellt. Insgesamt wurde das erfolgreiche Absolvieren des Tests deutlich vereinfacht, was sich auch in einer Erhöhung der Erfolgsrate von etwa 30 Prozent auf 80 Prozent über alle Fahrer äußerte.

Weitere Beispielprojekte

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über drei weitere Forschungsprojekte gegeben, bei denen der Ansatz der modellbasierten Entwicklung zum Einsatz kommt.

Einsatz eines Topdruckzylinders zur Verbesserung der Fahrdynamik

Eine der Hauptaufgaben von Traktoren ist der Transport von Gütern auf dem Feld, zwischen Feld und Hof oder beispielsweise vom Hof zur Genossenschaft. Zur Lösung dieser Transportprobleme kommen unter anderem Starrdeichselanhänger zum Einsatz. Prinzipbedingt wird bei diesen Anhängern die Vorderachse des Zugfahrzeuges entlastet, was die Lenkfähigkeit reduziert und sich dadurch negativ auf die Fahrsicherheit auswirkt. Des Weiteren werden durch die mechanische Kopplung (Nick-) Schwingungen vom Anhänger auf das Zugfahrzeug übertragen. Hierdurch wird nicht nur der Fahrkomfort sondern wiederum die Fahrsicherheit verschlechtert.

Durch den Einsatz eines sogenannten Topdruckzylinders in der Koppelebene zwischen Traktor und Anbaugerät können diese Nachteile deutlich abgeschwächt werden. Ziel dieses Forschungsprojektes war die optimale Auslegung dieser Einrichtung und der Ausbau eines Regelungssystems, welches basierend auf gemessenen Größen das Fahrverhalten des beschriebenen Gespanns verbessert.

Eine Auslegung der verwendeten Komponenten gestaltet sich aufgrund der zahlreichen Einflussparameter extrem schwierig. Eine optimale Auslegung ist nur mit der Verwendung eines mathematischen Modells möglich. Dieses Modell beschreibt das mechanische Schwingungsverhalten des Systems bestehend aus Traktor und Anhänger in Folge von Unebenheitsanregungen, Abbildung 6. Die Optimierung geschieht mit dem Verfahren des sogenannten quadratischen Optimums über die Formulierung eines Gütefunktionals, welches die Auslegung der Schwingungsdämpfung bewertet. Dies geschieht im Wesentlichen basierend auf den Achsbeschleunigungen zur Bewertung der Fahrsicherheit und den Beschleunigungen am Fahrersitz zur Bewertung des Fahrkomforts.

Auf diese Weise konnte in diesem Projekt die auftretenden dynamischen Achslasten reduziert werden, wodurch die Fähigkeit der Reifen Seitenführungskräfte sowie Bremskräfte zu übertragen erhöht wurde. Des Weiteren konnten die auf den Fahrer wirkenden Schwingungsbelastungen verringert werden.

Verbesserung der Fahrsicherheit und des Fahrkomforts bei Fahrzeugkombinationen durch eine intelligente Regelung des Anhängegerätes

Einer aktuellen Studie zufolge [5] ereignen sich auf deutschen Straßen 58 Prozent der Traktorunfälle unter Beteiligung von Gespannen mit einem Anhänger und 8 Prozent der Unfälle mit zwei Anhängern. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Unfälle mit Traktoren in Relation zu der Anzahl der Gesamtunfälle zwar vergleichsweise selten sind, jedoch überdurchschnittlich oft schwere Personenschäden zur Folge haben. Ziel dieses Projektes ist es daher ein mechatronisches System zu entwickeln, welches ein stabiles und spurtreues Bewegen des Anhängers hinter dem Zugfahrzeug bei allen Betriebszuständen gewährleistet.

Kräfte und Momente, die infolge von Störungen auf den Anhänger wirken, können dazu führen, dass die notwendigen Seitenführungskräfte von den Reifen nicht mehr aufgebracht werden können, sodass es zu einem Schleudern des Anhängers kommt (Abbildung 7a). Als Ursache dieser Störungen sind unter anderem starker Seitenwind, unsachgemäße Beladung, Spurrillen, kurzzeitiges Abkommen von der Straße, plötzliche Ausweichmanöver oder allgemeine Fahrfehler zu nennen. Da die Relativdrehung zwischen Zugmaschine und Anhänger (Knickwinkel), vor allem bei hohen Fahrgeschwindigkeiten, nur schwach gedämpft ist [6], kann das System in Folge dessen instabil werden. Zurückliegende Untersuchungen [7] ergaben, dass die Fahrstabilität durch den Einfluss der zwangsgelenkte Achsen noch weiter verschlechtert wird, da die Dämpfung des Knickwinkels im Vergleich zu starren Achsen reduziert ist.

Das Schleudern des Anhängers stellt zum einen eine unmittelbare Gefahr dar, da die Wahrscheinlichkeit einer Kollision (mit anderen Fahrzeugen) sehr hoch ist. Zum anderen ist das Risiko des Umkippens bei beladenen Anhängern, bedingt durch ihre hohe Schwerpunktlage und dem daraus resultierenden Kippmoment, besonders ausgeprägt.

Dieser Problematik wird in diesem Projekt dadurch begegnet, dass ein Fahrstabilisierungsprogramm entwickelt wird, welches durch Eingriff in die Lenkbewegungen der Anhängerachsen Einfluss auf die Fahrdynamik nimmt. Durch dieses Lenken einzelner Anhängerachsen können so definierte Seitenkräfte aufgebracht und das resultierende Giermoment dazu genutzt werden, das Fahrverhalten des Anhängers und damit das des gesamten Gespanns zu stabilisieren (Abbildung 7b).

Das Projekt befindet sich derzeit in der Startphase. Erste theoretische Ergebnisse belegen jedoch bereits jetzt das Potential dieses Ansatzes. Es wird davon ausgegangen, dass mit dem oben beschriebenen modellbasierten Methoden ein erfolgreicher Projektverlauf gelingen wird.

Zusammenfassung

Mobile Arbeitsmaschinen erreichen während der Transportfahrt zunehmend höhere Fahrgeschwindigkeiten, speziell mit angehängten oder angebauten Arbeitswerkzeugen stellt dies erhöhte Anforderungen an die Fahrdynamik. In diesem Beitrag wurde erläutert, wie mit einem modellbasierten Ansatz Systeme entwickelt werden können, die einen Beitrag zur Erhöhung der Fahrsicherheit und des Fahrkomforts leisten.

Der modellbasierte Ansatz kam im Kölner Labor für Baumaschinen im Bereich der Fahrdynamik bereits in mehreren Projekten erfolgreich zum Einsatz. Im Moment befinden sich weitere Forschungsprojekte in der Durchführung, beziehungsweise in der Planungsphase.

Literatur

[1] Mitschke, M.: Das Einspurmodell von Riekert-Schunck, Automobiltechnische Zeitschrift (ATZ) 106 (2005), Nr. 11

[2] Isermann, R. (2006): Fahrdynamik-Regelung Modellbildung, Fahrerassistenzsysteme, Mechatronik. Wiesbaden, Vieweg Verlag, 1. Aufl.

[3] Bevly, D. M.; Gerdes, J. C. (2002): A new yaw dynamic model for improved high speed control of a farm tractor. Journal of Dynamic Systems, Measurement and Control 124(4), S.659-667

[4] Centkowski, K.; Ulrich, A.: Investigation of Physical Parameters of Agricultural Tire under Critical On-Road Situation, ISTVS Conference Pretoria, South Africa, September 2012

[5] Behl, T., A. Verlage: Risiko von Traktoren im Straßenverkehr, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Unfallforschung der Versicherer, Berlin, 2011

[7] Mitschke, M.: Doppelachsaggregate bei Sattelanhängern, Düsseldorf, VDI-Verl., 1971

[6] Jindra, F.: Lateral oscillations of trailer trains, Archive of Applied Mechanics/33, Springer Berlin / Heidelberg, 1964, S. 190-204

M.Sc. Dipl.-Ing. (FH) Andreas Bogala
Autor

Institut für Bau- und Landmaschinentechnik Köln (IBL), Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme, TH Köln

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