Neues unternehmerfreundliches Urteil des Landgerichts Mainz

Verkehrssicherungspflichten der Unternehmer bei Baustellen

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Nahezu jeden Monat muss ich mich mit Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen befassen, bei denen der Anspruchsteller behauptet, er sei wegen unzureichender Absicherung einer Baustelle zu Schaden gekommen. Die Verletzungen, die dabei von den Geschädigten geschildert werden, sind häufig recht schwer und haben oft sogar Dauerschäden hinterlassen. Oft weisen Haftpflichtversicherer ganz oder teilweise geltend gemachte Schadenersatzansprüche zurück oder man ist zumindest mit Schmerzensgeldansprüchen knauserig.

Häufiges Mitverschulden des Geschädigten

Insbesondere wenn der Geschädigte rechtsschutzversichert ist, müssen sich dann die Gerichte mit dem Fall beschäftigen. Oft enden diese Prozesse mit einem Vergleich, so dass es trotz zahlreicher Rechtsstreite gar nicht so viele Urteile gibt, wie man vielleicht vermutet. Zumeist kommen die Gerichte auch zu dem Ergebnis, dass sowohl das ausführende Unternehmen, dem die Verkehrssicherungspflicht für die Baustelle oblag, als auch der Geschädigte wegen eines anrechenbaren Mitverschuldens für den Schaden verantwortlich sind. Es kommt dann im Urteil zumeist zu einer quotenmäßigen Entscheidung, zum Beispiel erhält der Geschädigte wegen des eigenen Mitverschuldens nur zwei Drittel des geltend gemachten Anspruchs.

Zeichen Nr. 112 StVO ausreichend?

Für Unternehmen, denen eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen wird, ist ein neues, noch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Mainz (Urteil vom 19.08.2015 - Az. 9 O 14/15) bemerkenswert. Dort hatte eine Baufirma die linke von drei Fahrspuren eines Straßenbelags auf einer Länge von zirka 100 m und einer Breite von etwa einem Meter ungefähr vier bis fünf Zentimeter tief abgefräst. Mehrere Meter vor der Vertiefung der Fahrbahn hatten Mitarbeiter der bauausführenden Firma das Zeichen Nr. 112 (Unebene Fahrbahn) der Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgestellt. Weitere Verkehrszeichen außer einem bereits weiter vorne stehenden Baustellenschild gab es nicht.

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Weitere Schilder erforderlich?

Beim Durchfahren des abgefrästen Bereichs kam im August 2013 morgens früh gegen 4.30 Uhr ein Rollerfahrer mit seinem Fahrzeug zu Fall und zog sich beim Sturz einen Schlüsselbeintrümmerbruch sowie einen Rippenbruch zu. In dem vor dem Landgericht Mainz geführten Rechtsstreit machte der Rollerfahrer gegen die Straßenbaufirma Schmerzensgeld und Verdienstausfall geltend.

Das Gericht hielt das Zeichen 112 der StVO einige Meter vor der Vertiefung der Fahrbahn als Warnhinweis für den Verkehrsteilnehmer für ausreichend. Der Bauunternehmer sei bereits durch das Aufstellen dieses Zeichens seiner Verkehrssicherungspflicht ausreichend nachgekommen. Der Rollerfahrer dagegen meinte, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h sowie das Aufstellen von Leit- und Warnbaken im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht unbedingt erforderlich gewesen wäre. Das Landgericht Mainz ließ sich auch von der Schwere der Verletzungen des Rollerfahrers nicht beeindrucken und hielt allein das Aufstellen des Warnschildes Nr. 112 StVO im konkreten Fall schon für ausreichend.

Da sich GaLaBau-Unternehmen in den letzten Jahren immer mehr mit Wege- und Straßenbau beschäftigen, sei jedem Unternehmer im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts Mainz geraten, in der Nähe von Fahrbahnveränderungen stets das Zeichen Nr. 112 StVO aufzustellen, um so einen wesentlichen Beitrag zur dem Unternehmen obliegenden Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Ein Zeichen, das im normalen Straßenverkehr oft keine große Beachtung findet, ist nach Ansicht des Landgerichts Mainz durchaus geeignet, um von einer Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten des Unternehmers auszugehen. Das Urteil sollte allerdings GaLaBau-Unternehmer nicht dazu verleiten, Baustellen nur mit spärlichen Gefahrenhinweisen und Absperrungen zu versehen. Ein Schild zu viel ist nach der gängigen Rechtsprechung besser als eines zu wenig.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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