GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Verlängerung von Verjährungsfristen

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Fristen Recht und Normen
Rechtszeitiges Handel und gutes Planen verbessern den Handlungsspielraum. So gibt es Möglichkeiten, die Verjährung zu hemmen oder zu unterbrechen. Foto: Marco2811, Fotolia

In der Augustausgabe hatte ich mich mit den am Bau üblichen Gewährleistungsfristen beziehungsweise der Haftung für Mängel aus anderen Rechtsgründen (z. B. Organisationsverschulden) befasst. Sobald es um die Verjährung von Ansprüchen geht, herrscht oft große Unsicherheit. Die einfache Frage, wann ein Vergütungsanspruch verjährt, wird zwar zumeist mit drei Jahren (§ 195 BGB) mit Kalenderjahresendrechnung richtig beantwortet. Leider meinen aber eine Reihe am Bau Beteiligte, man könne die Forderung vor der Verjährung retten, wenn man die verlangte Zahlung beim Schuldner anmahne.

Eine Mahnung hat aber nichts mit dem Lauf der Verjährung zu tun und bewirkt allenfalls den Verzug des Schuldners, mehr aber auch nicht. Eine drohende Verjährung dagegen kann verhindert werden, wenn der Schuldner einen Verjährungsverzicht erklärt oder der Gläubiger Maßnahmen ergreift, die zu einer Hemmung oder Unterbrechung (Neubeginn) der Verjährung führen, so beispielsweise bei einer Vergütungsforderung durch einen Mahnbescheids-Antrag oder Klage.

Werkvertragliche Ansprüche

Dieser Beitrag soll bezügliche der Verjährungsfristen sich auf den Lauf von Verjährungsfristen bei werkvertraglichen Ansprüchen beschränken. Für Arbeiten am Bau geht man davon aus, dass Gewährleistungsansprüche nach fünf Jahren verjähren (vgl. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB bzw. bei einer vierjährigen Frist § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B). Die vierjährige VOB-Frist wird in der Praxis allzu oft allerdings auf fünf Jahre vertraglich verlängert. Zu beachten ist, dass die Gewährleistungsfrist stets erst mit der Abnahme der Werksleistung zu laufen beginnt. Kommt es während der Gewährleistungszeit zu Mängelrügen des Auftraggebers, zur Begutachtung des Mangels durch den Auftragnehmer, ob ein Mangel vorliegt, zur Nachbesserung oder zur Abnahme der nachgebesserten Leistung durch den Auftraggeber, so kann das Einfluss auf den Lauf der Gewährleistungsfrist des speziellen Mangels haben. Durch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung kommt es durchaus vor, dass für einzelne Mängel die Verjährung später endet als die ursprünglich vom Vertrag vorgesehenen fünf oder vier Jahre.

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Genau prüfen! Der Lauf der Verjährungsfrist kann durch verschiedene Ereignisse beeinflusst werden. Dabei ist zwischen Hemmung der Verjährung und dem Neubeginn der Verjährung (Verjährungsunterbrechung) zu unterscheiden. Foto: DragonImages, Fotolia

Hemmung der Verjährung

Der Lauf der Verjährungsfrist kann durch verschiedene Ereignisse beeinflusst werden. Dabei ist zwischen Hemmung der Verjährung und dem Neubeginn der Verjährung (Verjährungsunterbrechung) zu unterscheiden. Bei der Hemmung wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet (§ 209 BGB). Wird zum Beispiel eine Verjährung für ein Jahr gehemmt, so wird dieser Zeitraum der Hemmung nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet, sondern das eine Jahr hinzugerechnet, das heißt die Verjährungsfrist würde in unserem Beispiel erst ein Jahr später ablaufen. Viele Tatbestände, die früher zu einem Neubeginn der Verjährung geführt haben, hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich zu Hemmungstatbeständen herabgestuft. Im Gesetz gibt es einen ganzen Katalog, welche Ereignisse zur Hemmung der Verjährung führen (§ 203 und § 204 BGB). Hier sollen nur die wichtigsten genannt werden, die insbesondere im GaLaBau möglicherweise eine Rolle spielen können. Zur Hemmung führen: Die Erhebung der Klage auf Leistung oder Feststellung eines Anspruchs, die Zustellung eines Mahnbescheids in Mahnverfahren, die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Rechtsstreit, die Zustellung einer Streitverkündungsschrift, die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens sowie der Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung oder eine einstweiligen Anordnung, die Anmeldung eines Anspruchs in Insolvenzverfahren sowie Beginn eines schiedsrichterlichen Verfahrens. Obwohl die vorstehende Auswahl der Hemmungstatbestände groß ist, bedarf es dennoch einer gehörigen Sorgfalt um mit ihnen tatsächlich die gewünschte Hemmung der Verjährung im Einzelfall zu erreichen. Besonders riskant kann es sein, sich auf eine Verhandlung mit dem Vertragspartner zu berufen, aufgrund deren die Verjährung gehemmt sein soll (§ 203 BGB). Das Verhandeln sollte man durch entsprechenden Schriftverkehr dokumentieren, dass man tatsächlich in Verhandlung befindet, um nicht später mit leeren Händen da zu stehen.

Unsichere Rechtslage aufgrund einer Lücke im Gesetz

Der Gesetzgeber hat maßgeblich zur Verunsicherung der am Bau Beteiligten beigetragen, indem er § 639 Abs. 2 BGB in seiner alten Fassung aufgehoben hat, ohne textlich einen Ersatz für diese Vorschrift wieder in das BGB aufzunehmen. Die Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels oder dessen Beseitigung führte nach der alten Fassung des § 639 Abs. 2 BGB jeweils zu einer Hemmung der Verjährung (beschränkt auf den konkreten gerügten Mangel). Der Bundesgerichtshof versucht diese gesetzlich entstandene Lücke zu schließen, indem er die Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels durch den Auftragnehmer mit einer Verhandlung über den Mangel gem. § 203 BGB gleichzusetzen versucht und damit eine Hemmung der Verjährung annimmt.

Meines Erachtens ist dies eine waghalsige Begründung des Gerichts (Urteil des BGH in NJW 2007 Seite 587). Auf dieses Richterrecht sollte man sich nicht verlassen, zumal vielleicht neue Richter beim BGH die Rechtslage auch anders einschätzen könnten. Nichts ist auf Dauer so unsicher wie eine richterliche Rechtsmeinung, die nicht expressis verbis vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Zu Recht wird in der Literatur (z. B. Werner/Pastor "Der Bauprozess", Rd.-Nr. 2889b) die Meinung vertreten, dass wohl entgegen der Meinung des BGH § 203 BGB nicht in Betracht kommen könne, wenn zum Beispiel ein Auftragnehmer sein Werk prüft und sodann schweigt. Ein Meinungsaustausch (Verhandeln) kann unter diesen Umständen kaum gegeben sein, so dass eine Bezugnahme auf § 203 BGB kaum in Betracht kommt. Nach einer anderen Meinung (Mansel) soll für die Zeit der Prüfung und Nachbesserung eine "stillschweigende Hemmungsabrede entsprechend § 202 Abs. 2 BGB anzunehmen sein". Wegen dieser zuvor geschilderten Rechtslage sei jedem Vertragspartner geraten, sich nicht auf Richterrecht oder irgendwelche Literaturmeinungen zu verlassen und stattdessen rechtzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. Das kann zum Beispiel durch ein gerichtliches Beweisverfahren oder auch durch eine Klageerhebung (ein Prozess sollte eigentlich das letzte Mittel sein) erfolgen.

Wird allerdings tatsächlich über das Bestehen eines Mangels und über dessen Beseitigung verhandelt, gilt § 203 BGB und führt zu einer Hemmung der Gewährleistungsfrist. Der Auftraggeber muss sich allerdings immer vor Augen halten, dass er im Streitfall das Verhandeln mit dem Auftragnehmer beweisen muss. Enden die Verhandlungen mit oder ohne Ergebnis, so sieht die Vorschrift noch eine Frist von drei Monaten vor, bevor frühestens die Verjährung abläuft.

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Termine im Blick haben: Durch Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung kommt es durchaus vor, dass für einzelne Mängel die Verjährung später endet als die ursprünglich vom Vertrag vorgesehenen fünf oder vier Jahre. Foto: Wellnhofer Designs, Fotolia

Neubeginn (Unterbrechung) der Verjährung

Der Neubeginn der Verjährungsfrist ist vom Gesetzgeber vor Jahren sehr eingeschränkt worden. Geregelt wird der Neubeginn in § 212 BGB. Auf den ersten Blick erkennt nicht jeder Laie, dass in § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB vom Gesetzgeber unter anderem als Unterbrechungstatbestand das Anerkenntnis eines Anspruches gemeint ist. Viele Praktiker sind der Meinung, dass eine Nachbesserung beziehungsweise auch ein Nachbesserungsversuch des Auftragnehmers ein Anerkenntnis darstelle und für den nachgebesserten Mangel zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist führe. Eine Aussage, die die Rechtsprechung so allgemein nicht gelten lässt. Es ist vielmehr eine Frage des Einzelfalles, ob eine Nachbesserung als Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB angesehen wird oder nicht.

Die Rechtsprechung geht zumindest dann von einem Anerkenntnis im Sinne des § 212 BGB aus, wenn der Auftragnehmer beanstandete Arbeiten überprüft, den Fehler einräumt und die Beseitigung des Mangels zusagt oder auch tatsächlich vornimmt. Die Rechtsprechung wertet also insgesamt das Verhalten des Auftragnehmers, ob sie hierin ein Anerkenntnis zu erkennen vermag oder nicht. Beim besten Willen sollte man sich nicht darauf verlassen, dass jede Nachbesserung von der Rechtsprechung als Anerkenntnis mit der Folge der Unterbrechung der Verjährung angesehen wird.

Wird seitens des Auftragnehmers eine Mängelbeseitigung nur zum Beispiel "des lieben Friedens willen" oder aus Kulanz vorgenommen, so stellt dies nach einhelliger Meinung kein Anerkenntnis und damit weder eine Hemmung noch eine Unterbrechung der Verjährung dar. Einem Auftragnehmer kann dementsprechend in zweifelhaften Fällen nur geraten werden, keine Äußerungen abzugeben, die als Anerkenntnis anzusehen sind. In der Praxis ist es inzwischen ein beliebtes Mittel, zweifelhafte Fälle durch eine kulante Regelung aus der Welt zu schaffen.

Besondere Regelung in § 13 VOB/B

Ist zwischen den Parteien wirksam die VOB vereinbart (hieran kann man nach der neueren Rechtsprechung oft Zweifel haben) kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B eine verjährungsverlängernde Wirkung eintreten. Eine schriftliche Mängelrüge mit Nachbesserungsverlangen führt zu einer einmaligen Verlängerung der Verjährungsfrist für den speziellen Mangel nach § 13 Abs. 4 VOB/B. Für die Verlängerung ist von der VOB ein Zeitrahmen von zwei Jahren vorgesehen, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens der Nachbesserung an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfrist der VOB (vier Jahre) oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist (zumeist fünf Jahre). Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Quasiunterbrechung der Verjährung. Oft fällt allerdings die zweijährige erlangte Gewährleistungsfrist in die vereinbarte Frist hinein, so dass es nur dann zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist durch Quasiunterbrechung kommt, wenn die Rüge gegen Ende der ursprünglichen Verjährungsfrist ausgesprochen wird.

Fazit

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, wie schwer es im Einzelfall ist, festzustellen, wann eine Verjährung gehemmt und wann eine solche unterbrochen wurde. Insbesondere den Baupraktikern sei dringend angeraten, Entscheidungen nicht bis zur letzten Minute hinauszuschieben sondern rechtzeitig zu handeln, um noch alle Möglichkeiten zu haben, die Verjährung zu hemmen oder zu unterbrechen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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