Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Versicherer warnen vor hohen Schäden durch kriminelle Mitarbeiter

Sie greifen in die Kasse, stehlen Waren aus dem Lager, erfinden Rechnungen oder gründen Scheinfirmen - regelmäßig werden Unternehmen von den eigenen Mitarbeitern betrogen.

Weil die Belegschaft einen Vertrauensvorschuss genießt und die Sicherheitslücken im Unternehmen genau kennt, können die internen Täter in aller Regel hohe Summen erbeuten: Im Schnitt bringen kriminelle Mitarbeiter ihre Arbeitgeber um fast 115.000 Euro, bevor sie auffliegen. Externe Betrüger kommen im Schnitt gerade mal auf die Hälfte dieser Summe.

Beute im Schnitt: fast 115.000 Euro

Das geht aus Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor, der rund 2400 Schadenfälle aus der Vertrauensschadenversicherung ausgewertet hat. Die Vertrauensschadenversicherung entschädigt Unternehmen, wenn interne oder externe Vertrauenspersonen Gelder veruntreuen oder das Unternehmen betrügen.

Wie die Zahlen zeigen, sind die eigenen Mitarbeiter hinsichtlich Betrug und Unterschlagung das größere Risiko für Unternehmen: Knapp zwei Drittel der Fälle und rund 75 Prozent des Gesamtschadens ging auf das Konto krimineller Kollegen. "Angesichts unserer Erfahrungen müssen wir davon ausgehen, dass jedes Jahr 5 bis 10 Prozent der deutschen Unternehmen von eigenen Mitarbeitern betrogen werden", sagt Rüdiger Kirsch, Vorsitzender der AG Vertrauensschadenversicherung im GDV.

Sicherheitslücken sind Tatgelegenheiten

Ausschlaggebend für die meisten Taten sind nach Erkenntnissen des Leipziger Strafrechtlers Prof. Dr. Hendrik Schneider fehlende Sicherheitsmechanismen in den Unternehmen. "Aus der Perspektive der Täter sind Sicherheitslücken günstige Tatgelegenheiten. Insbesondere bei längerer Unternehmenszugehörigkeit kann ein Mitarbeiter der Versuchung der günstigen Gelegenheit erliegen. Bisweilen kommen noch persönliche Risikokonstellationen hinzu, die entsprechende Taten begünstigen. So zum Beispiel, wenn der Täter meint, 'einen Extrabonus verdient zu haben' oder wenn er sich von seinem Chef gekränkt und zurückgesetzt fühlt", so Schneider.

Weiterhin kann dem Strafrechtler zufolge Geldknappheit aufgrund einer persönlichen Lebenskrise wie einer Scheidung oder ein zu aufwändiger Lebensstil ein Katalysator sein. "Wenn diese Täter eine Gelegenheit sehen, mit wenig Aufwand viel Geld in die eigenen Taschen zu lenken und dabei zumindest kurzfristig nicht erwischt zu werden, schlagen sie zu", sagt Schneider.

Täter in der Regel Männer über 40

Laut seinen Studien sind die Täter in der Regel über 40 Jahre alte Männer deutscher Staatsangehörigkeit mit überdurchschnittlicher Bildung. Sie sind zumeist schon längere Zeit in ihrem Unternehmen beschäftigt und bekleiden häufig verantwortliche Positionen. Schneider unterscheidet vier Typen von Tätern: Der Täter mit einem wirtschaftskriminologischen Belastungssyndrom (20 % aller Täter) vereint gleich mehrere Risikofaktoren: Er sucht aktiv nach einer Tatgelegenheit oder schafft sie selbst. Er ist häufig ein Quereinsteiger mit gebrochener Erwerbsbiografie und verfügt über einen schillernden Lebenslauf. Oft fehlt ihm eine Kontrolle durch ein persönliches Umfeld.

Der Krisentäter (40 % der Täter) nutzt vorhandene Gelegenheiten oder sucht sie aktiv. Oft handelt es sich um aufstiegsorientierte Männer. Die Tat wird häufig durch krisenhafte Ereignisse im Privat- oder Berufsleben ausgelöst, die den bisherigen Status oder Lebensstil bedrohen. Weil der Täter überhöhte Ansprüche hat, die er aber als legitim betrachtet, sieht er seine Taten als gerechtfertigt.

Vier-Augen-Prinzip bei Zahlungen

Der abhängige Täter (15 % der Täter) nutzt Gelegenheiten. Er ist hierarchisch in aller Regel einem Haupttäter untergeordnet oder schuldet dem Haupttäter einen Gefallen. Im Fall einer Gefolgschaftsverweigerung fürchtet er Repressionen. Er hat einen starken Bezug zu arbeitsplatzbezogenen Subkulturen.

Das Vorgehen allgemein unauffälliger Täter (25 % der Täter) erklärt sich nur aus einer sich bietenden Gelegenheit. Der Betreffende ist sozial unauffällig. Bis auf eine Konsumneigung sind in der Regel keine Risikofaktoren erkennbar.

Um sich wirksam zu schützen, sollten Unternehmen effektive und wirksame Kontrollsysteme aufbauen und sensible Bereiche doppelt absichern, empfiehlt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Dafür geeignet wären unter anderem die Benennung eines Compliance-Beauftragten, der Aufbau eines Hinweisgeber-Systems, die Verabschiedung eines verbindlichen Verhaltenskodexes, eine regelmäßige Schulung der Mitarbeiter und ein striktes Vier-Augen-Prinzip bei Zahlungen.

Compliance-Management schützt

Müssen besonders exponierte Stellen besetzt werden, sollten Unternehmen ein polizeiliches Führungszeugnis anfordern. Wird eine Straftat entdeckt, sollte das Vergehen konsequent geahndet werden.

Ein funktionierendes Compliance-Management biete Unternehmen doppelten Schutz, erläutert der auf Wirtschaftsstrafsachen spezialisierte Rechtsanwalt Jesko Trahms von BDO Legal: "Zum einen werden kriminelle Machenschaften erschwert, im Zweifel schneller entdeckt und damit insgesamt seltener." Zum anderen entlaste es Geschäftsführer und Vorstände von etwaigen Haftungsansprüchen, wenn doch etwas passiert. "Sie können dann belegen, dass sie keineswegs fahrlässig gehandelt, sondern es dem Täter so schwer wie möglich gemacht haben", so der Jurist.


cm/GDV

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Aufsichtsperson I zur Ausbildung als Technische/r..., Niedersachsen Mitte  ansehen
Forstwirt*in (m/w/d), Stuttgart  ansehen
Bezirksleitung Pflegebezirk für das Garten-,..., Düsseldorf  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen