Unternehmensführung

Vertragstexte erst prüfen, ehe man sie unterschreibt

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Schon mit dem Vertragsabschluss wird immer wieder der kaum noch änderbare Grundstein gelegt, ob ein Auftrag ein Gewinn- oder Verlustbringer wird. Oft erahnen Auftragnehmer bei Unterschrift unter den Vertragstext nicht im Geringsten, was sie sich und dem Geschäftsergebnis ihres Unternehmens antun.

Leider wird bei Vertragsschluss oft übersehen, dass der Vertragstext sehr wenig Verdächtiges enthält. Das Maßgebliche steht - insbesondere bei größeren Auftraggebern, wie Generalunternehmern und so weiter - oft im so genannten "Verhandlungsprotokoll", das zu Zeiten verfasst wurde, als man noch wild hinter dem Auftrag her war. In dieser Phase vor Auftragsvergabe werden oft Bedingungen akzeptiert, die den Auftragnehmer bei der Abwicklung des Vertrages und der Geltendmachung der Schlussrechnung später reuen.

Überzogene Anforderungen für den Auftragnehmer

Gerade große Auftraggeber, wie beispielsweise Generalunternehmer, versuchen mit ihren Bedingungen für sich völlig auf Nummer sicher zu gehen und bürden ihren Auftragnehmern Anforderungen auf, mit denen diese später überfordert sind und nur schlecht oder gar nicht zu recht kommen. Als eine solche arbeits- und zeitintensive Hürde für Auftragnehmer erweist sich ein Klauselwerk, dass einige namhafte Firmen eines Baukonzerns in das Verhandlungsprotokoll aufnehmen, das später bei endgültiger Auftragserteilung mit Gegenstand des Vertrages wird.

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Völlig unterschätzt wird die in den Verhandlungsprotokollen enthaltene Forderungen nach Vorlage diverser Bescheinigungen von Kranken- und Sozialkassen. Dort werden verlangt:

  • Qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft (fortlaufend nach Ablauf zu aktualisieren).
  • Aktuelle Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialkassen der Bauwirtschaft (SOKA-BAU) oder eine aktuelle Bescheinigung der SOKA-BAU, dass keine Teilnahme am Urlaubskassenverfahren erforderlich ist (Negativbescheinigung).
  • Unbedenklichkeitsbescheinigung der Krankenkassen mit Angabe der Anzahl der versicherten Mitarbeiter, bei denen die auf der Baustelle arbeitenden Arbeitnehmer versichert sind oder ein gleichwertiger Nachweis bei ausländischen Nachunternehmern.
  • Monatlich zu aktualisierende Bestätigung über den Erhalt des Mindestlohnes (unterschrieben vom jeweiligen Mitarbeiter).
  • Liste der vom Auftragnehmer und seinen Nachunternehmern eingesetzten Mitarbeitern mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer und Adresse.

Bei einem Bauvorhaben, bei dem ein Auftragnehmer nur nach Baufortschritt über einen längeren Zeitraum seine Leistungen erbringen kann und mit mehreren Subunternehmern arbeiten muss, erweist sich die Pflicht, Bescheinigungen der geforderten Art beizubringen als äußerst zeitaufwendig und kaum möglich. Schon bei der großen Anzahl am Versicherungsmarkt tätigen Krankenkassen kommt es schnell dazu, dass ein Auftragnehmer Bescheinigungen von zehn und mehr Krankenkassen benötigt und weitere Bescheinigungen noch von seinen Subunternehmerfirmen für deren Mitarbeiter einfordern muss. Dies macht große Schwierigkeiten und gelingt nicht immer. Dies insbesondere, wenn der Auftragnehmer die Pflicht zur Beibringung der Bescheinigungen nicht in die Verträge mit den Subunternehmern durchgestellt hat. Oft sind auch die Bescheinigungen der Krankenkassen unzureichend und werden deshalb vom Auftraggeber zurückgewiesen.

Hintergrund der Forderungen nach Vorlage der Bescheinigungen ist die Befürchtung des Generalunternehmers, für Beitragsverpflichtungen der Subunternehmer für öffentliche Kassen in die Haftung genommen zu werden.

Was sagt die Rechtsprechung?

Nach einer neuen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 19.10.2012 (Az: 19 U 67/12) und zuvor schon einiger anderer Gerichte sollen Vertragsbedingungen, die derartige Bescheinigungen von Sozialkassen fordern, wirksam Vertragsinhalt geworden sein. Da aus dem Verhandlungsprotokoll bereits eindeutig hervorgehe, dass der Generalunternehmer auf die Vorlage der Bescheinigungen besonderen Wert lege, sei die Pflicht, die Bescheinigung beizubringen, keine verzichtbare Neben-, sondern eine Hauptpflicht des Auftragnehmers. Im konkreten Fall der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln stand von der Schlussrechnungssumme über 76 145 Euro noch ein Betrag von 30 473 Euro offen. Der Auftragnehmer legte im konkreten Fall keine Bescheinigungen vor. Auch nach Eintritt des Insolvenzfalls beim Auftragnehmer reichte der zwischenzeitlich bestellte Insolvenzverwalter die vom Generalunternehmer geforderten Bescheinigungen im Prozess nicht nach, so dass das Oberlandesgericht die Klage auf Zahlung des restlichen Werklohns schon aus diesem Grunde in voller Höhe abwies.

Fazit

Jeder Auftragnehmer sollte sich schon im Stadium des Verhandelns mit dem Auftraggeber und vor verbindlicher Unterzeichnung eines Verhandlungsprotokolls gut überlegen, ob er die dort geforderten umfangreichen Nachweise erbringen kann bzw. erbringen will. So wie die geschilderten Klauseln zurzeit von Generalunternehmerseite bei der Abwicklung von Verträgen gehandhabt werden, kommt man als Auftragnehmer insbesondere bei länger andauernden und größeren Bauvorhaben allzu leicht in Schwierigkeiten und muss damit rechnen, den eigentlich mühsam im Wettbewerb verdienten Werklohn nur verspätet oder mangels beigebrachter Bescheinigungen überhaupt nicht zu erhalten. Besonders schwierig wird die Situation bei Arbeiten mit ausländischen Subunternehmern. Als Auftragnehmer sollte man sich bei Abschluss eines Vertrages stets überlegen, ob man das sich aus dem Klauselwerk ergebende Risiko im konkreten Fall eingehen will oder nicht. Nicht jeder Auftrag ist ein guter Auftrag. Die Gefahr, Lehrgeld zu zahlen, ist bei dem geschilderten Klauselwerk recht groß. Der Verzicht auf einen Auftrag kann deshalb unter Umständen die kaufmännisch richtige Entscheidung sein.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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