11. Dresdner Stadtbaumtage in Tharandt

Von Ingenieurbiologie über Alleen-Expertise bis Nadelbaum-Revival

Im März kamen Deutschlands Baumexperten zum elften Mal bei den Dresdner Stadtbaumtagen zusammen, um sich auszutauschen. Vor der idyllischen Kulisse der Forststadt Tharandt, die sich mit der sächsischen Landeshauptstadt im Zwei-Jahres-Rhythmus als Austragungsort abwechselt, tagten Wissenschaftler und Praktiker zwei Tage lang. Gastgeber war das zur Technischen Universität Dresden gehörende Institut für Dendrochronologie, Baumpflege und Gehölzmanagement.

Kaderschmiede von Tharandt

Prof. Dr. Andreas Roloff, seit 1994 Lehrstuhlinhaber in Tharandt, eröffnete die Tagung und stellte heraus, dass der familiäre Charakter der Veranstaltung - 150 war die Obergrenze der Teilnehmerzahl - gewünscht sei und auch in Zukunft erhalten bleiben solle. Schnell zeigte sich, wieso: In dem überschaubaren Kreis gab es von Zuhörerseite aus keinerlei Hemmungen, nach Vorträgen das Wort zu ergreifen und unmittelbar in einen Diskurs zu treten. Die Atmosphäre kam nicht nur durch den relativ kleinen Teilnehmerkreis und die Idylle des Tagungsorts zustande. Auch die Beziehungen von Referenten zueinander trugen dazu bei, dass die Stadtbaumtage manchmal wie ein Klassentreffen wirkten. So waren mit Katrin Dachsel ("Stadtgrün durch Ingenieurbiologie?"), Dr. Jörg Schumacher ("Desinfektion in der Baumpflege") und Henrik Weiß ("Ulmen und ihre Risiken in der Stadt"), drei Absolventen aus Tharandt als Referenten am ersten Veranstaltungstag dabei. Roloff stellte nicht ohne Stolz fest, dass sich seine Studenten "erfolgreich über ganz Deutschland verteilt und Karriere gemacht" hätten.

Nadelbäume im Stadtbild

Den Tagungsteilnehmern wurde ein dicht gestaffeltes Programm geboten, dessen Inhalt thematisch vielfältig war. Katrin Dachsel, die ingenieurbiologische Projektberichte aus Dresden und Umgebung - etwa Renaturierungsmaßnahmen an Flüssen - vorstellte, merkte an, dass ihr Tätigkeitsfeld den Siegeszug des Betons als Baustoff Nummer eins hierzulande beendet habe. Das sei allerdings nur durch das steigende Umweltbewusstsein der Deutschen möglich geworden. Dr. Ulrich Pietzarka vom Forstbotanischen Garten Tharandt nahm sich in seinem Vortrag der Frage an, warum es so wenige Nadelbäume in der Stadt gibt. Darauf war er jedoch nicht beim Philosophieren im stillen Kämmerlein gekommen - ein Teilnehmer hatte bei der Tagung im Vorjahr die Frage in den Evaluationsbogen geschrieben. Abschließend klären konnte Pietzarka den Sachverhalt nicht, doch viele Denkanstöße, wie wir unsere Stadtbäume wahrnehmen, lieferte er in seinem launigen Vortrag allemal. Seine These: Eine Dominanz von Nadelbäumen führe zu einem düsteren und weniger dynamischen, da um fallendes Herbstlaub beraubten Stadtbild. Damit erntete er manch zustimmendes Nicken im Auditorium. Dennoch sah Pietzarka, der begeistert und nahezu zärtlich über Nadelbäume sprach, es als geboten an, mehr von ihnen in den Stadtbaumbestand auf Deutschlands Straßen zu integrieren. Durch eine Liaison von Nadelbäumen und Laubbäumen würden unsere Städte "spannend, vielfältig und schön".

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Bauleitung (a) im Bereich Grünplanung, Freiburg  ansehen
eine*n Landschaftsarchitekt*in/-planer*in, Schwerte  ansehen
Gärtner:in mit Funktion Vorarbeiter:in (w/m/d) -..., Bremen  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Alleen-Expertise und eine Weltpremiere

Ästhetische Schönheit war ein Kernpunkt von Wolf-Peter Polzins Vortrag, in dem es um "Lückenbepflanzung in Alleen" ging. "Wenn Sie Lückenbepflanzungen ausführen, lassen Sie es nicht wie einen Akt der Verzweiflung aussehen", sagte der Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde Rostock. Bilderserien von missglückten Lückenbepflanzungen veranschaulichten, warum Verantwortliche die Konkurrenz der Bäume untereinander um Licht, Wasser und Nährstoffe berücksichtigen müssen, ehe man Neupflanzungen ansetzt - gerade in einem so artifiziellen und symmetrischen Werk wie einer Allee. Besonders die Kronenscheue der Bäume führe bei nachlässig vorgenommenen Neupflanzungen zu grotesk anmutendem Kronenwuchs bei Allee-Neulingen. Für Eindrücke aus der Praxis hatte Polzin einen Ratschlag parat: Die größte Alleenvielfalt gebe es in seiner mecklenburgischen Heimat, auf der Insel Rügen.

Den Reigen der Referenten beschloss am späten Vormittag des zweiten Veranstaltungstages Andreas Roloff mit einem Vortrag, der als Fortsetzung des "Arboristenstreits" mit Professor Ulrich Weihs (Pro Baum 4/2016) gelten kann. Roloffs "Interpretation der Vitalitätserhebung" war in Tharandt eine Weltpremiere und liegt in dieser Ausgabe erstmals schriftlich vor.

Hendrik Behnisch

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen