GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung: Eine (fast) wirkungslose Bestimmung?

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Die Erklärung der Schlusszahlung bedarf keiner Begründung. Doch muss der Auftragnehmer in der Lage sein, sie dem Vertragswerk und den entsprechenden Rechnungen einwandfrei zuzuordnen. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft

In meiner langjährigen Praxis als Rechtsanwalt habe ich es nicht erlebt, dass ein Auftragnehmer einen Rechtsstreit endgültig verloren hat, nur weil er auf eine Schlusszahlung des Auftraggebers keinen Vorbehalt erklärt hat. Die in § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B enthaltene Regelung erwies sich letztendlich immer als zahnloser Tiger und war - wenn überhaupt - maximal dazu geeignet, die Parteien einem ausgewogenen Vergleich ein Stück näher zu bringen.

Da sich häufig Auftraggeber zu Unrecht auf die Ausschlusswirkung einer vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B berufen, sei hier geschildert, weshalb die Bestimmung in der Praxis zugunsten der Auftraggeber kaum greift.

Die Wirkung der Schlusszahlung

Bei den Bestimmungen nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 6 VOB/B handelt es sich um Regelungen, die einschneidende Wirkungen zu Lasten des Auftragnehmers vorsehen, in dem selbst absolut berechtigte Vergütungsforderungen des Auftragnehmers endgültig nicht mehr durchsetzbar sein sollen, nur weil der Auftragnehmer auf eine Schlusszahlung oder schlusszahlungsgleiche Erklärung des Auftraggebers geschwiegen, d. h. keinen Vorbehalt erklärt hat. Der Anwendungsbereich der Bestimmung ist allerdings weit geringer als viele denken. Hinzu kommt noch die recht restriktive höchstrichterliche Rechtsprechung.

Die VOB als Allgemeine Geschäftsbedingung

Allzu oft wird von den Vertragsparteien übersehen, dass es sich bei der VOB weder um ein Gesetz noch eine Verordnung noch eine kraft Handelsbrauchs allgemein wirksame Vorschrift handelt. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass die VOB nichts anderes darstellt als eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Beteiligten von einem DIN-Normenausschuss zur Verfügung gestellt wurde, mehr aber auch nicht. Der Auftraggeber als Verwender eines Vertragstextes muss sich bei einer Mehrfachverwendung eine AGB-rechtliche Überprüfung der von ihm in das Vertragswerk eingebrachten Klauseln, also auch der VOB, gefallen lassen, was häufig dazu führt, dass die betreffenden Klauseln einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten und damit nicht wirksam zu Lasten des Auftragnehmers vereinbart sind. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass nicht Auftraggeber, sondern Auftragnehmer die VOB zum Vertragsinhalt gemacht haben und damit Verwender im AGB-rechtlichen Sinne sind. In einem solchen Fall, bei dem der Auftragnehmer als Verwender der VOB anzusehen ist, muss er § 16 Abs. 3 Nr. 2 ff. VOB/B mit allen negativen Folgen gegen sich gelten lassen. Selbstverständlich gilt dies nur dann, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 VOB/B erfüllt sind.

Keine Schlusszahlung ohne Schlussrechnung

Eine Schlusszahlung setzt zwingend die Erteilung einer Schlussrechnung durch den Auftragnehmer voraus. Es ist dabei nicht erforderlich, die Rechnung als Schlussrechnung ausdrücklich zu bezeichnen. Eine erkennbar abschließende Abrechnung sämtlicher übernommener und ausgeführter Arbeiten seitens des Auftragnehmers reicht aus. Ohne Vorlage einer Schlussrechnung durch den Auftragnehmer kann ein Auftraggeber keine Ausschlusswirkung mittels Schlusszahlung herbeiführen. Auch Teilschlussrechnungen im Sinne von § 16 Abs. 4 VOB/B sind für Schlusszahlungen und deren Ausschlusswirkung geeignet. Die Ausschlusswirkung kann dann aber nur den entsprechend abgerechneten Bereich und nicht den Gesamtauftrag betreffen.

Die Schlusszahlungserklärung des Auftraggebers

Seitens des Auftraggebers ist eine eindeutige sich auf eine Schlussrechnung beziehende Erklärung erforderlich, die zum Ausdruck bringen muss, dass die Zahlung des Auftraggebers auf die Schlussrechnung geleistet wird und abschließend sein soll. Diese Mitteilung bedarf stets der Schriftform. Sie ist unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Erklärung der Schlusszahlung bedarf keinerlei Begründung, weshalb man eine Schlusszahlung vornimmt. Der Auftragnehmer muss lediglich in der Lage sein, aufgrund der Schlusszahlung des Auftraggebers diese dem Vertragswerk und den entsprechenden Rechnungen einwandfrei zuordnen zu können.

Schriftlicher Hinweis der Ausschlusswirkung

Der schriftliche Hinweis des Auftraggebers auf die Ausschlusswirkung muss für den Auftragnehmer eindeutig erkennbar sein. Der bloße Hinweis auf die Vorschrift des § 16 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 6 VOB/B reicht nicht aus. Vielmehr ist im Zweifel ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Ausschlusswirkung eintritt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von 28 Tagen (= Kalendertage) nach Zugang der Mitteilung einen Vorbehalt erklärt und dass dieser wieder hinfällig wird, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von weiteren 28 Tagen eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen vorlegt oder diesen Vorbehalt eingehend anderweitig begründet.

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Oft wird übersehen, dass es sich bei der VOB weder um ein Gesetz noch eine Verordnung noch eine kraft Handelsbrauchs allgemein wirksame Vorschrift handelt. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass die VOB nichts anderes darstellt als eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Foto: Thorben Wengert/pixelio.de
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Die Schlusszahlungserklärung des Auftraggebers bedarf stets der Schriftform. Foto: Rolf-van-Melis/pixelio.de
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Eine Schlusszahlung setzt zwingend die Erteilung einer Schlussrechnung durch den Auftragnehmer voraus. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft

Annahme der Schlusszahlung

Immer wieder kommt es vor, dass Auftraggeber schriftlich über die Folgen einer Schlusszahlung bestimmungsgemäß belehren, aber die Zahlung selbst nicht oder erst viel später leisten. Voraussetzung für die vom Auftraggeber gewünschte Ausschlusswirkung ist allerdings der tatsächliche Zugang der Schlusszahlung. Der Auftragnehmer muss die Zahlung tatsächlich entgegengenommen haben, wobei für die Annahme auch die Entgegennahme eines Schecks oder der Erhalt eines Auszugs der Bank ausreicht. Erst die Kombination aus dem Erhalt der Schlusszahlung und der schriftlichen Belehrung über die Ausschlusswirkung führt dazu, dass überhaupt die Ausschlusswirkung einer Schlusszahlung nach den Bestimmungen der VOB eintreten kann. In vielen Fällen scheitert deshalb schon die Anwendung des § 16 Abs. 3 VOB/B.

Die Ablehnung weiterer Zahlungen

Am wenigsten ist in Auftragnehmerkreisen die Vorschrift des § 16 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B bekannt. Nach der Bestimmung steht es einer Schlusszahlung gleich, wenn der Auftraggeber unter Hinweis auf früher geleistete Zahlungen weitere Zahlungen endgültig schriftlich ablehnt (so genannte schlusszahlungsgleiche Erklärung). Um eine Gleichstellung mit einer eigentlichen Schlusszahlung nach der Bestimmung zu erreichen, muss der Auftraggeber eine eindeutige, inhaltlich ganz zweifelsfreie Erklärung abgeben, dass bereits eine Überzahlung vorliegt bzw. keine offenen Werklohnforderungen bestehen. Es muss ausdrücklich auf geleistete Zahlungen hingewiesen werden. Zahlungen gleichgestellt werden so genannte Erfüllungssurrogate wie eine Aufrechnung mit Gegenforderungen, eine Verrechnung etc. Unerheblich ist es dabei, ob die Aufrechnung, Verrechnung etc. tatsächlich zu Recht erfolgt ist oder nicht. Auch hier gilt stets der schriftliche Hinweis der Ausschlusswirkung durch den Auftraggeber.

Die Ausschlusswirkung der Schlusszahlung

Mit der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung ist der Auftragnehmer mit seinen weiteren Forderungen aus dem Vertragsverhältnis (soweit diese fällig sind) ausgeschlossen. Bereits früher einmal bereits vor der Erteilung der Schlussrechnung vom Auftraggeber nicht anerkannte Forderungen, die sich der Auftragnehmer einmal vorbehalten hatte, müssen im Zusammenhang mit der Schlusszahlung nochmals vorbehalten werden. Es reicht nicht aus, wenn ein Vorbehalt zu irgendeinem Zeitpunkt früher schon einmal erklärt worden war. Die Ausschlusswirkung geht so weit, dass auch alle Forderungen des Auftragnehmers aus dem Werkvertrag mit erfasst sind, die dieser noch zu keinem Zeitpunkt zuvor gestellt hat und die er in der Schlussrechnung hätte stellen können.

Nicht erfasst von der Schlusszahlung ist dann ein vereinbarter Gewährleistungseinbehalt, wenn der Auftragnehmer diesen zum Zeitpunkt der Schlusszahlung noch nicht durch eine Bankbürgschaft abgelöst hat, das heißt der Auftragnehmer kann nach entsprechender Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch eine Bürgschaft eines Kreditinstituts im Nachhinein noch die Fälligkeit des Sicherheitseinbehalts herbeiführen, ohne die Schlusszahlungswirkung zu fürchten. Auch kann der Auftragnehmer während der Gewährleistungszeit den Sicherheitseinbehalt beim Auftraggeber stehen lassen und erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist geltend machen. Dieser erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist geltend gemachte Anspruch des Auftragnehmers ist selbstverständlich von der Ausschlusswirkung des § 16 Abs. 3 VOB/B nicht erfasst.

Vorbehaltsbegründung

Die VOB geht von der Erforderlichkeit eines zweistufigen Tätigwerdens des Auftragnehmers aus. Zum einen muss innerhalb von 28 Tagen gegen eine Schlusszahlung ein Vorbehalt erklärt werden und nach weiteren 28 Tagen ist dieser Vorbehalt zu begründen. Oft wird der Vorbehalt zwar rechtzeitig erklärt, es fehlt aber sodann häufig an der zweiten Stufe, der Vorbehaltsbegründung. Hier ist die Rechtsprechung den Auftragnehmern weitgehend entgegengekommen. Verlangt der Auftragnehmer vom Auftraggeber lediglich die Vergütungsforderung, die er mit der Schlussrechnung bereits prüfbar abgerechnet hat, bedarf es keiner Vorbehaltsbegründung mehr, wenn der Auftragnehmer lediglich Forderungen geltend machen oder retten will, die bereits prüfbar in der Schlussrechnung enthalten sind. Lediglich solche Forderungen, die über die Schlussrechnung hinausgehen, müssen speziell begründet werden.

Fazit

Für Auftraggeber ist es gar nicht so leicht, die Ausschlusswirkung einer Schlusszahlung herbeizuführen. Nahezu jedem kundigen Auftragnehmer gelingt es, selbst bei unterlassenem Vorbehalt noch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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