GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Vorsicht: Der Architekt hat oft weniger Vollmacht als gedacht

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GaLaBau und Recht Vergaberecht
Leider gibt es immer wieder Missverständnisse, was ein Architekt bei der Abwicklung eines Vertrages darf und was nicht. Foto: moodboard, Adobe Stock

Gerade bei etwas größeren Aufträgen bedienen sich Auftraggeber auch im GaLaBau-Bereich den Diensten von Architekten. Den Unternehmern sollte dies eigentlich recht sein, weil sie damit zumeist einen Ansprechpartner haben, der von der Sache etwas versteht oder zumindest verstehen sollte.

Leider gibt es immer wieder Missverständnisse, was ein Architekt bei der Abwicklung eines Vertrages darf und was nicht. Bedient sich der Auftraggeber eines Architekten, so hat dieser gegenüber seinem Auftraggeber zahlreiche Pflichten. Seine Aufgabe ist es unter anderem, die erforderlichen Arbeiten zu ermitteln, Aufträge auszuschreiben, den Auftraggeber bei der Auswahl des zu beauftragenden Unternehmers zu beraten, später die Ausführung der Arbeiten zu überwachen, die Rechnungen zu prüfen und den Bauherrn bei vertraglichen Abweichungen vom Leistungssoll und bei der Geltendmachung von Mängeln zu beraten.

Schriftlicher Vertrag

Jedem GaLaBau-Unternehmer sei zur Vermeidung von unnötigen Streitigkeiten dringend angeraten, schriftliche Verträge mit den Auftraggebern abzuschließen. Hierbei wird leider oft übersehen, dass sich dort selten eine Regelung findet, was der Architekt gegenüber dem Unternehmer darf und was dem Auftraggeber vorbehalten bleiben soll. Die unterschiedlichsten Auffassungen über die Befugnisse des Architekten treten zumeist erst zu Tage, wenn es um die Bezahlung der Schlussrechnung geht. In ihr werden oft Leistungen abgerechnet, mit deren Inrechnungstellung der Auftraggeber nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe gerechnet hat. Jedem Unternehmer ist deshalb anzuraten, jegliche zusätzliche Leistung, die über den Auftragsumfang und dessen Wert hinausgeht, sich vor Ausführung vom Auftraggeber als Nachtrag schriftlich bestätigen zu lassen. Nur so kann man halbwegs sicher sein, mit dem Auftraggeber über die Vergütung der Leistungen nicht in Streit und schon gar nicht in einen Rechtsstreit zu geraten (Prozess ist ein Unglücksfall!).

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GaLaBau-Unternehmer sollen schriftliche Verträge mit den Auftraggebern abschließen, um unnötige Streitigkeiten zu vermeiden. Foto: Sascha Sebastian, pixelio.de

Architekt als Bevollmächtigter des Auftraggebers

Wenn sich nicht aus vertraglichen Unterlagen oder aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt, ist der Architekt zumeist zu weniger berechtigt, als der Auftragnehmer meint. Der Architekt ist eigentlich nur der "technische Vertreter" des Auftraggebers. In rechtsgeschäftlicher Hinsicht - insbesondere wenn es um finanzielle Belange des Auftraggebers geht - verfügt der Architekt nur in sehr begrenztem Umfang über eine Vertretungsmacht für den Auftraggeber. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Architekt nicht in das Portemonnaie des Auftraggebers hineinregieren und ihn zur Vergütung zusätzlicher Aufträge verpflichten. Hierzu bedarf es einer Bevollmächtigung durch den Auftraggeber. Allenfalls ist der Architekt berechtigt, kleine notwendige Zusatzaufträge zu erteilen. Seine Weisungen auf der Baustelle dürfen insbesondere nicht zu größeren Mehrkosten oder Umplanungen führen. Anzeigen über auftragslos erbrachte Leistungen (§ 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B) kann der Architekt zwar entgegennehmen. Daran eventuell geknüpfte Rechtsfolgen treten aber allenfalls ein, wenn diese Anzeigen vom Architekten an den Auftraggeber weitergeleitet wurden und dieser nicht widersprochen hat. Auch ist der Architekt nicht berechtigt, zusätzliche Tagelohnarbeiten zu beauftragen, es sei denn es geht ausnahmsweise einmal nur um Bagatellbeträge. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte bietet für den Auftraggeber einen gewissen Schutz.

Wie hat es der Baulöwe Dr. Schneider gemacht?

Der zumindest noch älteren Lesern hinlänglich bekannte Pleite gegangene Baulöwe Dr. Schneider, hat aus Angst oder Vorsicht vor nachträglichen Vergütungsforderungen seiner Auftragnehmer in seine Verträge eine Klarstellung folgender Art (sinngemäß) aufgenommen: "Der Architekt ist nicht berechtigt, den Auftraggeber zu verpflichten, wenn dies mit Mehrforderungen des Auftragnehmers verbunden ist. Insbesondere hat der Architekt keine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht". Über den letzten Satz lässt sich trefflich streiten, ob er juristisch korrekt ist. Die Gerichte gaben aber Dr. Schneider in mehreren Prozessen Recht, als er von Unternehmern nachträglich vom Architekten angewiesene Zusatzaufträge nicht bezahlen wollte. Auch die Versuche der Unternehmer beim damals zuständigen Landgericht Baden-Baden den Architekten persönlich in Anspruch zu nehmen scheiterten. Das Gericht wies die Klagen der Unternehmer gegen den Architekten mit der Begründung ab, aus dem Werkvertrag mit Dr. Schneider müssten die Unternehmer aufgrund des dortigen eindeutigen Hinweises gewusst haben, dass der Architekt für Dr. Schneider keine Vollmacht besitze und dieser auch keinen Auftrag in eigenem Namen erteilt habe. Ob jeder Jurist die damalige Ansicht des Landgerichts Baden-Baden teilt, sei dahingestellt. Das damalige Ergebnis zeigt aber, wie weit der Schutz des Auftraggebers gehen kann, sich vor zusätzlichen Vergütungsforderungen zu schützen, die der Architekt veranlasst hat.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf der Architekt den Auftraggeber nicht zur Vergütung zusätzlicher Aufträge verpflichten. Foto: H. D. Volz, pixelio.de

Was darf der Architekt und was nicht?

Er kann Weisungen auf der Baustelle bezüglich der Leistungen des Auftragnehmers erteilen, soweit hierdurch keine großen Mehrkosten entstehen oder auch geringfügige Umplanungen vornehmen. Er kann ein Aufmaß (ggf. mit dem Auftragnehmer) durchführen, Rechnungen prüfen, Stundenlohnzettel entgegennehmen etc. Ohne besondere Vollmacht darf der Architekt keine Abnahmen durchführen, keine Zusatzleistungen vergeben, keine kostenpflichtigen Änderungen Anordnungen treffen. Gewarnt sei vor der Formulierung in Verträgen mit dem Auftragnehmer wenn es dort heißt: "Die Vertretung des Auftraggebers obliegt dem Architekten". Dieser Satz soll nach Meinung vieler Juristen noch keine Bevollmächtigung darstellen, die über das übliche Maß einer Architektenvollmacht hinausgeht. Der Verfasser dieses Beitrages teilt diese Meinung nicht uneingeschränkt.

Stillschweigende Vollmachtserteilung an den Architekten

Hat der Architekt maßgebliche Zusatzaufträge erteilt, ohne über die erforderliche Vollmacht zu verfügen, ist jedem Auftragnehmer anzuraten, diese Zusatzaufträge möglichst zeitnah in entsprechende Abschlagsrechnungen aufzunehmen. Werden diese zusätzlich durchgeführten Arbeiten sodann vom Auftraggeber bezahlt, gehen Gerichte immer wieder davon aus, dass der Auftraggeber für diese Leistungen nachträglich dem Architekten stillschweigend eine Vollmacht zur Vergabe der Zusatzleistungen erteilt hat (so z. B. Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 29.09.1995). Aufgrund dieser Rechtsprechung empfiehlt es sich, für den Auftragnehmer zeitnah die Zusatzleistungen abzurechnen, um damit Klarheit zu verschaffen, wie sich der Auftragnehmer gegenüber den abgerechneten Zusatzarbeiten verhält.

Abnahme der Leistungen durch den Architekten

Wie bereits oben angeführt, deckt die Architektenvollmacht nicht die Befugnis zur Abnahme der ausgeführten Unternehmerleistung. Erklärt der Architekt die Abnahme der Leistung ohne dazu bevollmächtigt zu sein, stellt dies keine wirksame Abnahme dar. Dem Auftragnehmer ist deshalb anzuraten, beim Auftraggeber selbst die förmliche Abnahme der Leistungen zu verlangen. Schickt der Auftraggeber zum Abnahmetermin dann den Architekten, so gilt dieser als vom Auftraggeber bevollmächtigt. Erfolgt im Termin sodann durch den Architekten die Abnahme, kann sich der Auftraggeber nicht mehr darauf berufen, den Architekten nicht bevollmächtigt zu haben.

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Werden zusätzlich durchgeführten Arbeiten vom Auftraggeber bezahlt, gehen Gerichte immer wieder davon aus, dass der Auftraggeber für diese Leistungen nachträglich dem Architekten stillschweigend eine Vollmacht zur Vergabe der Zusatzleistungen erteilt hat. Foto: coolhand1180, Adobe Stock

Anordnungen des Architekten, die zu keinen Mehrkosten führen

Selbst wenn Anordnungen des Architekten für den Auftraggeber keine Mehrkosten verursachen, kann man sich als Auftragnehmer nicht darauf verlassen, dass der Architekt zu solchen Anordnungen berechtigt war. Weist zum Beispiel der Architekt den Auftragnehmer an, bei einem Bauvorhaben die Kellersohle wegen hohen Grundwassers um 1 m höher zu legen als geplant war, fallen hierdurch zwar keine Mehrkosten an, der Auftraggeber muss dies aber aus ästhetischen Gründen nicht akzeptieren.

Bei wesentlichen Änderungen - auch wenn sie nur gestalterischer Art sind - wird eine Vollmacht des Architekten stets verneint. Im Zweifel sollte deshalb der Auftragnehmer lieber einmal mehr beim Auftraggeber direkt Rücksprache halten, als das Risiko einzugehen, eine nicht gewollte Leistung auszuführen.

Besondere Vorsicht bei Verträgen mit öffentlichen Auftraggebern

Es dürfte bekannt sein, dass es bei öffentlichen Auftraggebern zum Teil besondere Vorschriften gibt, wie es um die Vertretung der öffentlichen Hand bestellt ist. Ein Auftragnehmer sollte sich auf alle Fälle über die Bestimmungen der entsprechenden Gemeinde- beziehungsweise Landkreisordnungen der jeweiligen Bundesländer informieren. Mündliche Vereinbarungen sind grundsätzlich nicht wirksam.

Ein Vertrauensschutz ist selbst dann nicht gegeben, wenn ein Bürgermeister vollmundig auf der Baustelle Aufträge erteilt. Die Rechtsprechung nimmt zugunsten des Unternehmers dann auch zumeist keinen Vertrauensschutz an, wenn die von den Bestimmungen vorgesehenen Förmlichkeiten nicht eingehalten werden. Hieran ist auch der Architekt gebunden, wenn er als Vertreter der öffentlichen Hand auftritt. Zumeist darf er dann noch weniger, als bei der Vertretung eines privaten Auftraggebers. Es sei deshalb dringend Auftragnehmern angeraten, sich sowohl über den Vertragsschluss selbst als auch für spätere Zusatzarbeiten über die zwingenden formellen Voraussetzungen bei öffentlichen Auftraggebern zu informieren. Auf irgendwelche Zusicherungen von Architekten sollte man sich auf keinen Fall verlassen, ansonsten ist man als Unternehmer bei der Geltendmachung von Vergütungsforderungen verlassen.

Fazit

Ein Auftragnehmer sollte sich vor Beginn seiner Arbeiten darum kümmern, wie es mit der Vollmacht des Architekten bestellt ist. Längst nicht alles was er kann darf er auch.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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