GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Warum lassen sich die Unternehmen bloß soviel Zeit für die Rechnungsstellung?

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Viele Unternehmer lassen sich viel Zeit bei der Rechnungsstellung und -verfolgung. Foto: torwaiphoto, Adobe Stock

Zum Jahresende konnten wieder zahlreiche Schuldner die Sektkorken knallen lassen. Die gegen sie bestehenden Werklohnforderungen waren am 1. Januar dieses Jahres verjährt. Der Eintritt der Verjährung kommt leider häufiger vor, als man es glaubt.

In einer Kleinstadt südlich von Frankfurt am Main hat zum Beispiel ein Maler- und Verputzergeschäft die Vergütungsforderung für die komplette Neuherrichtung der Außenfassade eines Einfamilienhauses verjähren lassen oder ein Steinmetzbetrieb aus einer Stadt am Main hat für die nach Maß gefertigten Natursteinfensterbänke nie eine Rechnung gestellt. Wann Vergütungsforderungen nach Werk- oder Kaufrecht verjähren, hatten wir zum Jahresende in unserer Dezemberausgabe der Neuen Landschaft im Einzelnen erläutert. Als Rechtsanwalt muss ich immer wieder feststellen, dass manche Unternehmer sich mit der Stellung ihrer Schlussrechnung viel zu viel Zeit lassen. Allzu leicht vergessen sie über ihrer täglichen Arbeit, Leistungen überhaupt abzurechnen. Auch im letzten Dezember musste ich kurz vor Jahresende für Mandanten wieder Maßnahmen ergreifen, um Forderungen vor der Verjährung zu retten. Das geschah durch Mahnbescheids-Anträge beziehungsweise Klageerhebung. Man bedenke, diese Forderungen waren mindestens drei Jahre und höchstens drei Jahre und 364 Tage alt.

Was sagt die VOB zur Rechnungsstellung?

Unabhängig von den gesetzlichen Bestimmungen über die erforderliche zeitnahe Rechnungsstellung gibt es in § 14 VOB/B eine besondere Regelung. Weil man möglichst jeden Streit zwischen den Vertragsparteien vermeiden will, geht die VOB davon aus, dass Feststellungen für Abschlags- oder auch Schlussrechnungen zwischen den Parteien möglichst gemeinsam getroffen werden sollen. Der Unternehmer, der seine Feststellungen für seine Rechnung ohne den Auftraggeber trifft, muss nach der VOB keine Rechtsfolgen fürchten. Dennoch ist es stets ratsam, die für die Rechnung notwendigen Feststellungen möglichst gemeinsam zu treffen, weil dann der Auftragnehmer weniger oder gar keine Einwände des Auftraggebers gegen die Rechnung befürchten muss.

Bis wann ist nach der VOB eine Rechnung zu stellen?

Sobald der Auftragnehmer seine Leistung fertiggestellt, d. h. den Vertrag im Wesentlichen erfüllt hat, ist der Auftragnehmer verpflichtet, seine Schlussrechnung zu stellen. Die von der VOB für die Rechnungsstellung in § 14 Abs. 3 VOB/B vorgesehene Frist ist recht knapp bemessen. Die Bestimmung lautet: "Die Schlussrechnung muss bei Leistungen mit einer vertraglichen Ausführungsfrist von höchstens drei Monaten spätestens zwölf Werktage nach Fertigstellung eingereicht werden, wenn nichts anderes vereinbart ist; diese Frist wird um je sechs Werktage für je weitere drei Monate Ausführungsfrist verlängert."

In meiner Baurechtspraxis muss ich immer wieder feststellen, dass Auftragnehmer die von der VOB vorgesehene Frist zur Schlussrechnungsstellung nicht einhalten. Vielleicht liegt es auch daran, dass § 14 VOB/B bei Nichteinhaltung der Frist keine gravierenden Folgen für den Auftragnehmer vorsieht. Auch wenn sich der Auftraggeber häufig freuen kann, wenn der Auftragnehmer seine Schlussrechnung verspätet stellt (es kann keinen Verzug und damit auch keine erheblichen Verzugszinsen geben), gibt es immer wieder Fälle, bei denen der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse an dem baldigen Erhalt einer Schlussrechnung hat (z. B. wenn der Auftraggeber die Leistungen zumindest teilweise weiterberechnen kann). Einer meiner Mandanten berechnet seinen Kunden fast seine gesamten erbrachten Leistungen schon mit seinen Abschlagsrechnungen, so dass er kein allzu großes Interesse mehr an der Stellung der Schlussrechnung hat. Dementsprechend spät wird dann erst die Schlussrechnung erstellt, deren Aufstellung von den Mandanten als lästige Pflicht angesehen wird.

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Weil man möglichst jeden Streit zwischen den Vertragsparteien vermeiden will, geht die VOB davon aus, dass Feststellungen für Abschlags- oder auch Schlussrechnungen zwischen den Parteien möglichst gemeinsam getroffen werden sollen. Foto: auremar, Adobe Stock

Die Regelung des § 14 Abs. 4 VOB/B

Praktisch jedes Jahr kommt es vor, dass Auftraggeber sich veranlasst sehen, von dem Auftragnehmer endlich die benötigte Schlussrechnung zu fordern. Bei einem VOB-Vertrag kann sich ein Auftraggeber auf § 14 Abs. 4 VOB/B berufen. Die Bestimmung beinhaltet praktisch für den Auftraggeber ein gewisses Selbsthilferecht. Erteilt der Auftragnehmer keine Schlussrechnung, so kann ihm der Auftraggeber nach § 14 Abs. 4 VOB/B eine angemessene Frist für die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung setzen. Die Frist muss auf keinen Fall länger sein, als die Fristen, die in dem oben bereits zitierten § 14 Abs. 3 VOB/B genannt sind, d. h. die angemessene Frist ist dementsprechend nicht allzu lang. Nach Fristablauf ist sodann der Auftraggeber berechtigt, selbst auf Kosten des Auftragnehmers eine Schlussrechnung aufzustellen. Da die wenigsten Auftraggeber weder Willens noch in der Lage sind, selbst für den Auftragnehmer eine Schlussrechnung zu erstellen, wird hier fast immer ein Sachverständiger zu Rate gezogen, der sodann die Schlussrechnung aufstellt. Die Kosten für eine Rechnungsaufstellung können ganz erheblich sein, wenn der Sachverständige Leistungen abrechnen muss, dessen Massen er nur schwer ermitteln kann (z. B. verdeckte Elektroleitungen etc.). So verwundert es nicht, dass die Kosten einer Schlussrechnungsaufstellung höher sein können, als die Restforderung, die der Auftragnehmer noch unter Berücksichtigung von geleisteten Abschlagszahlungen verlangen kann. Der Auftragnehmer muss im Übrigen auch damit rechnen, dass die vom Sachverständigen ermittelten Werte niedriger sein können, als die Abrechnung, die der Auftragnehmer aufgrund seiner örtlichen Kenntnisse selbst hätte machen können.

Klage auf Rechnungslegung

Um Gewissheit zu bekommen, wie hoch sich die Werklohnforderung des Auftragnehmers beläuft, muss der Auftraggeber nicht unbedingt eine Eigenabrechnung nach § 14 Abs. 4 VOB/B vornehmen. Prinzipiell hat der Auftragnehmer die Pflicht, seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Verletzt der Auftragnehmer diese Pflicht, hat der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer einen einklagbaren Erfüllungsanspruch auf Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung. Nach herrschender Meinung kann der Auftraggeber dementsprechend auch eine Klage auf Erteilung einer Schlussrechnung erheben. Dies hat für den Auftraggeber den Vorteil, nicht für die Aufstellung der Schlussrechnung in Vorlage für einen Sachverständigen treten zu müssen.

Die Klage auf Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung ist unter Umständen der für den Auftraggeber wirtschaftlichere Weg. Wenn ein Auftragnehmer verklagt wird, die prüfbare Schlussrechnung zu erteilen, wird er wegen des erheblichen Prozess- und Kostenrisikos eines solchen Rechtsstreits wahrscheinlich bereit sein, doch noch die prüfbare Schlussrechnung zu erstellen.

Folge einer Rechnungs-aufstellung durch den Auftraggeber nach § 14 Abs. 4 VOB/B

Hat der Auftraggeber im Wege der Ersatzvornahme gem. § 14 Abs. 4 VOB/B seinerseits eine prüfbare Rechnung aufgestellt beziehungsweise aufstellen lassen, so hat diese Rechnung dieselben Wirkungen, als hätte sie der Auftragnehmer aufgestellt. D. h. mit der aufgestellten Rechnung beginnt für die Forderung der Lauf der Verjährungsfrist, wobei die Fälligkeit der Schlusszahlung im Falle der Erstellung der Rechnung durch den Auftraggeber nicht erst mit Ablauf der Frist von § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B gegeben ist. Die Frist dieser Vorschrift soll eigentlich nur die Prüfung der Rechnung durch den Auftraggeber ermöglichen. Da nach § 14 Abs. 4 VOB/B die Rechnung durch den Auftraggeber selbst erstellt wurde, bedarf es einer solchen Prüfungsmöglichkeit nicht mehr. Nach herrschender Meinung wird bei einer vom Auftraggeber aufgestellten Schlussrechnung die Schlusszahlung vielmehr mit Zugang der vom Auftraggeber erstellten Schlussrechnung beim Unternehmer fällig (vgl. BGH Baurecht 2002, Seite 313).

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Sobald der Auftragnehmer seine Leistung fertiggestellt, ist der Auftragnehmer verpflichtet, seine Schlussrechnung zu stellen. Foto: juefraphoto, Adobe Stock

Zahlung auf eine vom Auftraggeber erstellte Rechnung gem. § 14 Abs. 4 VOB/B

Da eine vom Auftraggeber nach § 14 Abs. 4 VOB/B erstellte prüfbare Schlussrechnung die Voraussetzungen einer voll gültigen Schlussrechnung erfüllt, ist diese Rechnung auch als Voraussetzung für eine vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung geeignet. D. h. leistet der Auftraggeber auf die von ihm aufgestellte Schlussrechnung eine Schlusszahlung, kann eine vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung mit dem Ausschluss von Nachforderungen gegeben sein, wenn der Auftragnehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet hat und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde (vgl. § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B). Da es sich bei der VOB weder um ein Gesetz noch um eine Verordnung sondern nur um eine spezielle allgemeine Geschäftsbedingung handelt, stellt sich wie bei allen allgemeinen Geschäftsbedingungen auch hier die Frage, ob § 14 Abs. 4 VOB/B einer isolierten AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhält oder nicht. AGB-rechtliche Bedenken bestehen nach herrschender Meinung nicht, da es sich bei dem Recht zur Selbstaufstellung der Schlussrechnung durch den Auftraggeber, um eine Konsequenz aus der Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht des Unternehmers auf Erteilung einer Schlussrechnung handelt.

Für einen Unternehmer dürfte es immer günstiger sein, eine prüfbare Schlussrechnung selbst aufzustellen, als sich eine solche vom Auftraggeber vorlegen zu lassen. Mit einer Klage auf Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung macht der Auftraggeber nur von seinem Recht gegen den Auftragnehmer Gebrauch, dass dieser eigentlich seine Leistungen gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/B prüfbar abzurechnen hat.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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