Was ist wichtig aus Sicht von Betreibern und Fahrern?
Fahrzeugeffizienz im Bauge
von: Dipl.-Betriebswirt (DH) Andreas GrönerWie vielfältig das Baugewerbe sein kann, zeigt sich im Landschafts-, Straßen-, Erd-, Tunnel-, Kanal-, Berg- oder Untertagebau. Diese Einsatzprofile stellen unterschiedliche Anforderungen an die Anwendungstauglichkeit von Baufahrzeugen und Personal. Die Fahrzeug- und Aufbau-Hersteller reagieren darauf mit einer Fülle an Transportlösungen.
Baufahrzeuge sind jedoch bei Fuhrparkbetreibern größtenteils als reine "Allrounder", also als Multifunktionsfahrzeuge im Einsatz. So hat der klassische Kipper die Aufgabe, den Abtransport von Erde zu meistern, die Beförderung von Kies oder Sand zur Baugrube zu erledigen, Baumaschinen mit Anhängern zu transportieren oder auch einfach nur palettierte Baustoffware zum Einsatzort zu bringen.
Die Baustelle an sich ist meistens gekennzeichnet durch regionale Besonderheiten, durch ein anspruchsvolles Gelände, durch Schlaglöcher, durch widrige Wetterbedingungen und durch unterschiedlich tragfähige Untergründe. Bei solchen Gegebenheiten muss sich der Fahrer auf das Fahrzeug verlassen können, auch abseits der Straße. Dies erfordert Fahrzeugeigenschaften, die dem Anspruch der Fuhrparkbetreiber sowie dem Fahrer gerecht werden. Für den harten Einsatz sind: Robustheit, Nutzlast, Zuverlässigkeit, Leistung und Kraftstoffeffizienz, zentrale Kriterien.
Bei einer ganzheitlichen Betrachtung stehen drei Themenbereiche im Fokus: die Konfiguration des Fahrzeugs, der Fahrer und die Kosten-Transparenz. Die Fahrzeugeffizienz beginnt bei der richtigen Konfiguration des Fahrzeugs. Was der Kunde aus dem Baugewerbe und Handwerk wirklich braucht, um seine Transportaufgabe erfolgreich und zuverlässig zu bewältigen, bekommt er von den Fahrzeugherstellern direkt ab Werk.
Die Baustellen- und Spezialfahrzeuge werden bei MAN aus München, über ganze vier Baureihen abgedeckt: Der Transporter MAN TGE, von 3 t-5,5 t Gesamtgewicht, der Leicht-Lkw MAN TGL, von 7,49 t-12 t Gesamtgewicht, der mittelschwere MAN TGM, von 18 t-26 t Gesamtgewicht und der schwere MAN TGS, ab 18 t Gesamtgewicht.
NL-Stellenmarkt
Die Besonderheit bei schwereren Nutzfahrzeugen besteht darin, dass alle denkbaren Antriebsformeln, mit Außenplanet- oder leichteren Hypoid-Achsen, spezielle Bereifungen, Motorleistungsstufen von 160 PS bis 640 PS, nutzlastoptimierte Fahrgestelle, mehr als fünf verschiedene Fahrerhausvarianten und noch viele weitere technische Innovationen zu bekommen sind. Erweitert wird das Angebot durch Fahrzeugvarianten aus dem Standardprogramm, die sich ebenfalls für den Baustellenverkehr eignen, aber einen größeren Straßenanteil aufweisen. Diese "Allrounder" können ein fernverkehrstauglicher Straßenspezialist sein, der gezielt für den Geländeeinsatz verstärkt wurde. Bei Mercedes-Benz entspricht genau der straßenoptimierte Kippsattel Actros, diesen Anforderungen.
Um nun herauszufinden, welche Fahrzeuglösung zu der geforderten Transportaufgabe am besten passt, sind noch ergänzende Fragestellungen rund um An- und Aufbauten, zu den Einsatzbedingungen auf der Baustelle, zur Betriebsart, zu Betriebskosten und zur Optimierung der Fahrzeugverfügbarkeit zu analysieren. Im Baustellenverkehr mit On- und Offroad-Einsatz, ist aber die Traktionskompetenz des Fahrzeugs von besonderer Bedeutung.
Sie hat einen wesentlichen Einfluss auf die gesamte Fahrzeugeffizienz. Es muss definiert werden, wie viele Achsen benötigt werden und wie viele davon angetrieben und gelenkt sind.
Dabei gibt es viele Details zu bewerten, wie beispielsweise. Im Bauprogramm des schwedischen Herstellers Volvo. Eine Konfigurationsoption erlaubt eine Hinterachse mit Tandem-Achslift. Hier lässt sich eine der Antriebsachsen auskuppeln und anheben, was zu einem kleineren Wendekreis führt und eine deutlich bessere Manövrierbarkeit bedeutet.
Diese Innovation bietet für den Fahrzeugbetreiber zusätzlich den Vorteil, dass der Kraftstoffverbrauch um bis zu 3 Prozent gesenkt werden kann. So ist für viele Bauunternehmer und Handwerker der 3-Achser der beste Kompromiss zwischen Wendigkeit und Tragfähigkeit.
Eine weitere besondere Anforderung stellt folgende alltägliche Situation dar: Das Ein- und Ausfahren auf unbefestigten Baustellen kann zur besonderen Herausforderung werden, wenn durch Regen der Untergrund aufweicht, das Fahrzeug unbeladen ist und die Hinterachse nicht die volle Traktion aufbauen kann. Wie kann dem Fahrer das "Herausziehen" erspart und dem Kunden die Liefertreue garantiert werden? Ein klassischer zuschaltbarer Allradantrieb wäre notwendig. Doch zahlt sich diese Investition aus und macht es Sinn, Fahrzeuge damit auszurüsten, wenn wiederum der größte Teil der gefahrenen Kilometer auf befestigten Straßen absolviert werden? Fahrzeuge mit einer Antriebsalternative, welche die Vorteile eines Allrad- und eines klassischen Straßenantriebs kombinieren, kommen hier zum Einsatz. Ihr Merkmal ist: Maximaler Antrieb, bei geringem Kraftstoffverbrauch und hoher Nutzlast.
Bei MAN heißt dieser Lösungsansatz "MAN HydroDrive®". Eine Besonderheit liegt darin, dass ein Nutzlastvorteil von bis zu 500 kg gegenüber einem klassischen Allrad-Fahrzeug entstehen kann. Für den Unternehmer sprechen zusätzlich, dass ein bis zu 7 Prozent niedrigerer Kraftstoffverbrauch gegenüber dem zuschaltbaren oder permanenten Allradtrieb, realisiert werden kann. Das Fahrpersonal hingegen wünscht sich nur eine einfache Bedienung des Systems. Diese erfolgt in der Regel über einen intuitiven Schalter und bei einer Geschwindigkeit von über 30 km/h schaltet sich das System selbst aus. Ein ähnliches System bietet auch Volvo Trucks, Renault Trucks und Mercedes-Benz an.
Dass diese komplexe Fahrzeugkonfiguration auch einfacher geht, zeigen die Hersteller von kompakten Kleinlastern (Transportern). Im Mittelpunkt steht dabei, eine "Branchenlösungen aus einer Hand" zu bekommen. Das sind Gesamtfahrzeuge, inklusive An- und Aufbauten, die direkt ab Werk bestellt werden können. Auch Transporter können Lkw-Gene haben. Das zeigt eindrucksvoll MAN mit dem TGE. Der kleine Allrad-Kipper von Typ MAN TGE 6.180, weist bis zu 2 t Nutzlast aus und hat ausreichend Reserven für das Ziehen eines bis zu 3,5 t schweren Anhängers.
Bei all der Technikbegeisterung wird aber auch deutlich, dass die Klimaziele von Städten, die Sicherheitsstandards auf Baustellen, die Digitalisierung von Betriebs- und Logistikprozessen sowie die Aspekte der Fahrermotivation, direkt Einfluss nehmen auf die Fahrzeugeffizienz. Mehr denn je gilt das Motto: "Mehr transportieren, bei minimalen Standzeiten". Die optimale Fahrzeugverfügbarkeit kann nur sichergestellt werden, wenn die Möglichkeiten der Digitalisierung mit einbezogen werden.
Die Konnektivität, also das vernetze Fahrzeug mit Disposition, Werkstatt und Baustelle können Vorteile für Fuhrparkbetreiber und Fahrer bringen. Wie das aktuell in der Praxis aussehen kann, zeigt die neue Transporter-Generation von VW Nutzfahrzeuge, der ID Buzz Cargo. Dieses zukunftsweisende Fahrzeugkonzept verbindet Elektroantrieb mit ausreichend Ladevolumen und Langstreckentauglichkeit. Im Detail heißt das für das Baugewerbe und Handwerk: Ein Laderaum mit Platz für zwei Europaletten, eine Anhängelast von bis zu 1 t sind möglich und über die Option von "Overthe-Air-Updates", ist das Fahrzeug immer auf dem aktuellen Software-Stand.
Motivierte Fahrer steigern den Unternehmenserfolg. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten können Fahrzeugbetriebskosten direkt und indirekt dem Verhalten des Fahrers zugeordnet werden. Des Weiteren sind heutige Baufahrzeuge komplexe "Hightech-Arbeitsgeräte", die umfangreichen Kenntnisse in Bedienung sowie in Wartung und Reparatur benötigen. Vorhandene Einsparpotentiale können nur unter Ausschluss von Bedienfehlern und mit geschultem Fahrpersonal realisiert werden. So können die Fahrer in den unterschiedlichen Fahr- und Spritspar-Trainings der Hersteller, ihre Fahrzeuge in Extremsituationen erleben und wertvolle Erfahrungen für die Praxis sammeln.
Der richtige Umgang mit der Fahrzeugtechnik macht Weiterbildungsmaßnahmen für den Fahrer unumgänglich. Auch hier hat bereits die Digitalisierung zu einer Erleichterung von Trainings und alltäglichen Tätigkeiten gesorgt. Viele Hersteller bieten für Fahrer und Unternehmer digitale Lösungen in Form von Fahrer beziehungsweise Driver-Apps an. Sie enthalten Funktionen wie Fahrzeugeinweisungen, Werkstatt-Stützpunktsuche, Abfahrtskontrolle, Schadenmeldung, visuelle Symbolerkennung und noch vieles mehr.
Den größten Einfluss auf die Betriebskostenentwicklung nimmt der Fahrer über den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs. Somit ergeben sich große Einsparpotentiale, denn rund 40 Prozent der Betriebskosten entfallen bei schweren Nutzfahrzeugen auf den Kraftstoffverbrauch. Die Fahrpersonalkosten stellen einen weiteren großen Kostenblock dar. Die Reparatur- und Wartungskosten machen hingegen im Durchschnitt nur 8 Prozent aus. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass motivierte Fahrer die Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge, durch regelmäßige Pflege und Wartung steigern. Die Baufahrzeuge sind auch die Visitenkarte des Unternehmens.
Ein unterschätztes Risiko im Baustellenverkehr liegt in den unerwartet auftretenden Reparaturkosten oder Fahrzeugausfällen. Proaktives Wartungsmanagement bedeutet mehr Fahrzeugverfügbarkeit durch vorausschauende Planung und intelligente Bündelung von Wartungsterminen. Über Serviceverträge hat der Fahrzeugbetreiber dann die Möglichkeit, sich mit "Rundum-Sorglos-Paketen" viel Arbeit abnehmen zu lassen und kann sich auch mit einen höheren Wiederverkaufswert des Fahrzeugs rechnen. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung wird klar, dass entsprechende Kostenentwicklungen, im Zusammenhang mit der Betriebsdauer stehen. Wichtig ist hierbei, den optimalen Ersatzzeitpunkt zu ermitteln.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die moderne Fahrzeugtechnik, mehr Zuverlässigkeit und mehr Effizienz bieten. Der Unternehmer muss hierbei den Fahrer miteinbinden, um nachhaltig Betriebskosten zu senken. Der Fahrer muss gleichzeitig verstehen, dass hierdurch sein Arbeitsplatz gesichert wird. Motivation und Weiterbildung sind zwei Schlüsselfaktoren, die auf den ersten Blick Kosten verursachen. Die Praxis spricht aber eine andere Sprache, denn es können Einsparpotentiale von bis zu 15 Prozent realisiert werden. Ohne Kosten-Transparenz, keine Identifikation von Einsparpotentialen.
Erst durch die Digitalisierung von Betriebs- und Logistikprozessen wurde ersichtlich, dass noch eine unbeachtete Herausforderung in der effizienten Steuerung und Verwaltung von Baufahrzeugen liegt. In der Praxis bedeutet dies vor allem: Eine flexible Einsatzplanung von Fahrzeugen zu gewährleisten, Maßnahmen der Leistungssteigerung umzusetzen, die Optimierung von Tankrhythmen zu realisieren, das Verhalten bei Standzeiten zu optimieren sowie die Transparenz auf und um die Baustelle herzustellen. Denn die tägliche Koordination von Fahrzeugen, Baumaschinen und Personal, ist, ohne EDV-Hilfsmittel nicht mehr zu bewältigen. Moderne Telematik- und Fuhrparkverwaltungsprogramme kommen hier zum Einsatz. Fahrzeuge und Maschinen zu managen bedeutet, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen.
Fuhrparkbetreiber und Fahrer müssen ihren Beitrag dazu leisten, dass Risiken und Kosten reduziert und Investitionen neu getätigt werden können. Ohne Leistungs- und Kostentransparenz, keine Identifikation von Einsparpotentialen, keine optimierte Fahrzeugeffizienz und keine Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.Alle Aktivitäten, von der strategischen Ausrichtung, über die Beschaffung, den Betrieb und den Austausch von Fahrzeugen und Maschinen, bis hin zur Analyse der Leistungserbringung, im Blick zu haben. Dies erfordert mehr Transparenz in den eigenen Betriebsprozessen und Kostenstrukturen. Je mehr Wissen über die Fuhrparkabläufe und über die Fahrzeugeffizienz vorliegen, desto entspannter gestalten sich Preisverhandlungen mit Kunden, wenn nicht alle Kosten umgelegt werden können.
Bei dieser ganzheitlichen Betrachtung der Fahrzeugeffizienz im Baugewerbe und Handwerk kann festgehalten werden, dass der Baustellenverkehr sich stetig verändert und die Herausforderung für alle Beteiligte, in Form von Leistungsdruck, Fahrermangel, nachhaltiges Wirtschaften, Erhöhung der Sicherheit, effizienter Transporteinsatz, alternative Antriebe, Elektromobilität, Klimaziele und steigende Kosten zu nehmen. Für diese komplexen Zusammenhänge werden Antworten benötigt, die transparente Leistungs- und Kostenstrukturen in Unternehmen voraussetzen.