Prof. Dr. Hartmut Balder nimmt die BUGA unter die Lupe

Weißbuch "Stadtgrün" auf der Buga wenig präsent

Mit der Vorlage des Weißbuches "Grün in der Stadt - für eine lebenswerte Zukunft" hat der Bund die Handlungsfelder zur angepassten Begrünung der Stadt der Zukunft beschrieben. Zentraler Aspekt ist die Qualifizierung öffentlicher Räume und ihre multifunktionale Gestaltung, weniger die Masse an Grün gemessen in Zahlen. Im zweiten Kapitel des Weißbuchs werden die Bundesgartenschauen hervorgehoben. Sie eigneten sich, Maßnahmen für die Neuanlage von Stadt- und Landschaftsparks, Wohnumfeldbegrünungen, Grünzugprojekten und Klimaschneisen zu bündeln, Zeit- und Finanzierungsplanungen vorzugeben.

Daraus lässt sich folgern, dass gerade die Akteure im Rahmen einer BUGA unmittelbar nach der öffentlichen Weißbuch-Präsentation diese Chance thematisch nutzen sollten, um dem breiten Publikum, aber auch der Fachöffentlichkeit viele Informationen und Anregungen zur grünen Stadt der Zukunft zu geben. Ein kritischer Blick auf die ersten BUGA-Wochen in Heilbronn zeigt die Realität.

Spezialausrichtung in Heilbronn?

Natürlich ist der Weg von der Projektidee bis hin zur Eröffnung lang, in Heilbronn waren es 16 Jahre. Von daher waren die Projektanten in Heilbronn offensichtlich der Zeit weit voraus, in dem sie zum ersten Mal auf einer BUGA eine Garten- mit einer Stadtausstellung kombinierten, eigentlich ganz im Sinne des Weißbuchprozesses. In den Eröffnungsreden wurde zwar auf den breiten Fachdialog um eine moderne Ausrichtung der Stadtentwicklung eingegangen, aber ein verbaler Bezug zum Weißbuchprozess fehlte überall. Auch auf den Homepages oder den Pressemitteilungen der Akteure findet sich dies nicht wieder. Vor dem Hintergrund der aktuell beklagten Änderungen in der Städtebauförderung sicherlich eine vertane Chance, die Öffentlichkeit und die Politik auf diesen Prozess und ihre Notwendigkeit einzuschwören.

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Dabei werden die aktuellen Themen der modernen Stadtentwicklung auf der BUGA Heilbronn durchaus präsentiert, blickt der Besucher auf die lange Liste der Ausstellungsinhalte. 23 architektonisch anspruchsvolle Gebäude bilden eine Stadtausstellung des zukünftigen Neckarbogens, in der auch das Thema Grün vielfältig vorkommt: Dach- und Fassadenbegrünung, Regenwassermanagement, Hof der Generationen, Hof der Urbanität und viele andere. Als Besucher erlebt man diese wohlklingenden Themen jedoch vorrangig im Modell (Abb. 1) oder soeben erst errichtet (Abb. 2). Der erwünschte "Aha-Effekt" bleibt aufgrund der noch immer üblichen engen Zeitschiene in der Bauphase leider aus. Zu beklagen ist auch, dass das neue Stadtquartier als Ausstellungsbeitrag nur sehr eingeschränkt besichtigt werden kann. Sogar Fotoverbote gibt es und schränken den Ausstellungscharakter deutlich ein.

Altbekannte Themenvielfalt?

Auf dem Rundgang über die 40 ha Ausstellungsfläche stößt der Besucher auf viele Themen, die zur Standardausstattung einer Gartenschau gehören. Als "Blümchenschau" einerseits verschrien, lockt es aber eben genau auch deshalb nach wie vor viele Besucher an. Frühlingsflor, Rosen, Obst- und Gemüsepflanzen, Friedhofsgestaltungen sowie wechselnde Blumenhallenschauen sprechen seit jeher viele Besucher an. So ist es nicht verwunderlich, dass bis Ende Mai 2019 schon fast 500.000 Besucher trotz der hohen Eintrittspreise bei gutem Wetter die Gartenschau besuchten. Die angestrebte Besucherzahl von 2,2 Millionen erscheint daher realistisch. Zum Standard gehören aber auch wenige Themengärten, Info-Pavillons, das Grüne Klassenzimmer, der i-Punkt und berufsständische Darbietungen der grünen Verbände. In der "Schwebenden Baumschule" informiert der Bund deutscher Baumschulen über die Containerproduktion und präsentiert ein großes Gehölzsortiment in guter Qualität, der Fachverband der Landschaftsgärtner präsentiert realisierte Gärten und lädt wieder im Haus der Landschaft zu Veranstaltungen ein. Die Leistungsfähigkeit der Branche wird dem Besucher mehr als deutlich (Abb. 3). Ergänzend kommt der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten hinzu, der einen studentischen Wettbewerb präsentiert. Dieser Beitrag wirkt für die aktuelle landschaftsarchitektonische Entwicklung aufgrund der Gebäudegestaltung etwas nüchtern.

Beim weiteren Rundgang finden sich auf den ersten Blick alle weiteren Themen, die von vielen bisherigen Gartenschauen irgendwie bekannt sind: Urbanes Gärtnern, Bienengarten, Dahliengarten, Weltgarten, Baumhoroskop und Ufersteg, um nur einige zu nennen. Man bekommt schon fast den Eindruck, dass in Heilbronn nichts fehlen durfte, um dem Besucher möglichst viel anzubieten. Dadurch bleibt vielleicht zu wenig Zeit, um das Individuelle zu ergründen und das Besondere zu entdecken, was es vorher noch nie gab. So präsentieren sich zentral die sogenannten Rasenwellen, die spannend eine moderne Form der urbanen Landschaftsgestaltung dem Besucher vermitteln wollen. Das regt eine Diskussion um die Zukunft der Stadtbegrünung an - sicherlich ein Pro und Contra der individuellen Sichtweisen. Aber eben das ist auf einer Fachausstellung gewinnbringend.

Spannend ist auch die Darstellung der ökologischen Weinbauverfahren durch Untersaaten, die gerade in Baden-Württemberg eine längere Tradition haben. Vor dem Hintergrund der Qualitätsoffensive im Weinbau, dem Rückgang der Insektenvielfalt sowie Problemen im Pflanzenschutz durch invasive Pflanzen und Schädlinge ein Beitrag, der zur Versachlichung der Diskussion um die Ernährungssicherung der europäischen Gesellschaft große Bedeutung hätte (Abb. 4). Leider wird das dem Besucher durch fehlende Informationen nicht umfassend vermittelt. Produktionsweisen in Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwirtschaft sind auf Gartenschauen traditionell ein Randthema, bieten aber großes Potential.

Im Konzept der BUGA wurden im Vorfeld 249 Bäume im Rahmen der Baumaßnahmen gefällt. Gründe für die Rodung waren:

  • Schaffung eines direkten, barrierefreien Zugangs zum Alt-Neckar
  • Herstellung von Blickbeziehungen zwischen Wasser-, Stadtquartier- und Parkbereichen
  • Freistellung von wertvollen markanten Einzelbäumen
  • Schaffung von technischer Infrastruktur, übergeordneten Rad- und Fußwegeverbindungen
  • Verkehrssicherheit oder schlechter Gesundheitszustand der Bäume

Diese Thematik ist in vielen Städten ein originäres Problem und wird mit der Verdichtung der Städte weiter zunehmen. Für den Besucher wird diese Thematik leider gar nicht sichtbar. Sie wird scheinbar wegen ihrer Unbequemlichkeit von den BUGA-Machern eher ausgeklammert. Dabei hätte es gerade auch in Heilbronn gute Möglichkeiten gegeben (Abb. 5). Die Baumpflege muss für künftige Gartenschauen verstärkt in den Fokus treten.

Was bleibt?

Bei dem großen Angebot an Themen werden viele Besucher erfüllt die Heimreise antreten, die erstmals eine Gartenschau besucht haben. Alles gut soweit. Für Fachleute ist aber ein konstruktiv-kritischer Blick wichtig. Das betrifft unter anderem die vegetationstechnischen Vorgehensweisen, um derartige Großprojekte zu realisieren und bei ihrem angedachten Erhalt nachhaltig zu realisieren. So blieben in Heilbronn nach dem 1. Spatenstich am 3. November 2013 immerhin fünf Jahre, um neben den Wasserlandschaften und neuen Gebäuden auch überzeugende Anpflanzungen zu errichten.

Zwar wurden die ersten Pflanzen - Kiefern, Eichen und Rosen - bereits im Oktober 2015 gepflanzt, aber ihre Erscheinungsbilder hätten im Ausstellungsjahr 2019 überzeugender sei können. Während sich beispielsweise die Rosen wüchsig und in bester Qualität zeigen, haben die 964 neu gepflanzten Gehölze ein unterschiedliches Erscheinungsbild.

Neben Laubbäumen mit guten Kronenbildern (Abb. 6) finden sich auch solche mit Wuchs- und Entwicklungsproblemen (Abb. 7). Viele Kiefern sind nur unzureichend benadelt. Die Erscheinungsbilder lassen leider vermuten, dass letztlich doch nicht alle Potenziale der Pflanzenqualität, Anwuchssicherung und Entwicklungspflege ausgenutzt wurden. Eine Gartenschau als Leistungsschau muss aber eben das vor dem Hintergrund des Weißbuchprozesses leisten.

Hartmut Balder

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