GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Wenn Vertragsparteien zu Baustellen- und Jour-Fixe-Protokollen schweigen

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In der Vergangenheit bestand für mich aufgrund der Rechtsprechung schon mehrfach Anlass, auf Baustellenprotokolle und deren Inhalt einzugehen. Insbesondere war der Hinweis erforderlich, dass das Anmelden von Bedenken nach § 4 Abs. 3 VOB/B (zum Beispiel gegen die Art der Ausführung oder gegen die Verwendung gewisser Baustoffe) in Baustellen- oder Jour-Fixe-Protokollen von der Rechtsprechung nicht als ausreichend angesehen wurde.

Zwei neue höchstrichterliche Entscheidungen zum Schweigen auf derartige Protokolle haben in letzter Zeit für großes Aufsehen gesorgt. Die Entscheidungen haben möglicherweise die Bedeutung von Baustellen- oder Jour-Fixe-Protokollen kräftig aufgewertet. Im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2011 (Az. VII ZR 186/09) und des Kammergerichts Berlin vom 18.09.2012 (Az. 7 U 227/11) sei den Parteien der dringende Rat erteilt, auf den Inhalt derartiger Protokolle ganz besonders zu achten und gegebenenfalls unverzüglich nach Erhalt eines solchen Protokolls den dortigen Aussagen und Feststellungen zu widersprechen. Allzu leicht muss man nach der Rechtsprechung ansonsten den überhaupt nicht gewollten beziehungsweise unzutreffenden Inhalt der Protokolle gegen sich gelten lassen.

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Zu dem Urteil des Kammergerichts Berlin

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen den Baubeteiligten (Auftraggeber und Auftragnehmer=Kaufleute) fand am 30. 11. eines Jahres eine Baustellenbesprechung statt. Hierüber erstellte der Auftraggeber ein Baustellenprotokoll, das unter anderem zum Inhalt hat, dass der Auftragnehmer bis zum 7. 12. des Jahres für die beauftragten Natursteinarbeiten eine vollständige Werk- und Montageplanung übergibt. Das Protokoll wird umgehend nach der Baustellenbesprechung allen Beteiligten zugeleitet. Der Auftragnehmer lässt ohne zu liefern den 7. 12. ebenso wie eine gesetzte Nachfrist verstreichen. Daraufhin kündigt der Auftraggeber den Vertrag. Das Kammergericht hat die Kündigung für rechtens angesehen und das Baustellenprotokoll wie ein so genanntes "kaufmännisches Bestätigungsschreiben" behandelt, das heißt der Auftragnehmer hat dem Inhalt durch sein Schweigen zugestimmt.

Rechtliche Voraussetzungen

Nach der Entscheidung des Kammergerichts müssen praktisch folgende Punkte erfüllt sein, um das Schweigen des Auftragnehmers als Zustimmung werten zu können:

  • das Baustellenprotokoll muss ein Besprechungsergebnis wiedergeben;
  • es muss dem Betroffenen zeitnah nach der Besprechung zugegangen sein;
  • der Empfänger darf nicht unverzüglich nach Erhalt des Protokolls widersprochen haben.

Die Meinung des Kammergerichts wird in einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2011 gestützt. Bei der Baustellenbesprechung war dort der Auftragnehmer nicht selbst anwesend, sondern unstreitig nur ein vom Auftragnehmer entsandter vollmachtloser Vertreter. Auch in diesem Fall, bei dem auch die vorgenannten Kriterien der Entscheidung des Kammergerichts erfüllt waren, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens angewandt und ist trotz Verhandlung durch einen vollmachtlosen Vertreter von einer konkludenten nachträglichen Genehmigung des Inhalts des Baustellenprotokolls ausgegangen. Der Inhalt des Protokolls wurde dementsprechend vom Bundesgerichtshof als wirksam angesehen.

Unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehen für die Parteien von Jour-Fixe-Terminen und den hierzu erstellten Protokollen ganz erhebliche Gefahren aus, da üblicherweise die Protokolle nach den Terminen stets an alle Beteiligten verschickt werden, ohne dass hiergegen unverzüglich Widerspruch eingelegt wird.

Wie vermeide ich das Risiko?

Zur Vermeidung unnötiger Risiken sollten die Parteien von Anfang an vereinbaren, dass der Inhalt derartiger Protokolle ausdrücklich zum Beispiel im nächsten Jour-Fixe-Termin genehmigt werden muss. Die Grundsätze der Rechtsprechung gelten zwar in erster Linie für Kaufleute. Sie sollen nach herrschender Meinung aber auch für solche Empfänger anwendbar sein, die zwar keine Kaufmannseigenschaft haben, aber am Geschäftsleben wie ein Kaufmann teilnehmen. Dies war zum Beispiel bei dem Baulöwen Dr. Schneider der Fall, der rechtlich geschickt stets darauf Wert legte, keine Geschäfte als Kaufmann auszuüben, sondern seine Tätigkeit angeblich nur im Rahmen seiner privaten Vermögensvorsorge gesehen haben wollte.

Will eine Partei sich generell vor den Auswirkungen der geschilderten Rechtsprechung schützen, sollte man in den Vertragstext zum Beispiel folgenden Passus aufnehmen:

"Ergibt sich aus einem Verhandlungs- oder Jour-Fixe-Protokoll eine Abweichung vom bisherigen Vertrag oder eine zusätzliche Leistung, so ist der Inhalt des Protokolls nur insoweit wirksam, wie er von den Parteien durch Unterzeichnung des Protokolls ausdrücklich genehmigt wurde."

Aus gutem Grund ist man gerade bei größeren Bauvorhaben auch dazu übergegangen, bei regelmäßig stattfindenden protokollierten Baustellenbesprechungen stets das vorangegangene Protokoll ausdrücklich in der Folgesitzung genehmigen zu lassen. Mit dieser Verfahrensweise werden Parteien vor unliebsamen Überraschungen geschützt.

Rainer Schilling, Frankfurt am Main

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

 Rainer Schilling
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