GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Werkunternehmer oder Scheinselbständige? Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts

von:

Mit dem 01.01.2014 sind für rumänische und bulgarische Staatsangehörige zwar erhebliche arbeitsrechtliche Schranken gefallen, so dass man auf positive Entwicklungen für die am Bau tätigen Personengruppen dieser Nationalitäten hoffen kann. Von der norddeutschen Fleischindustrie, bei der viele polnische Staatsbürger tätig sind, die eigentlich schon länger die Freizügigkeit des Arbeitsplatzes kennen, werden nach wie vor Einzelpersonen als Werkunternehmer zu zum Teil extremen Konditionen beschäftigt, so dass auch am Bau die Gefahr besteht, dass sich die Verhältnisse so schnell nicht ändern werden.

Werkunternehmerverträge mit Einzelpersonen

So werden am Bau immer noch mit zahlreichen ausländischen Einzelpersonen Verträge geschlossen, die sie als selbständige Werkunternehmer ausweisen, ohne dass sich die Beteiligten über die Situation und die Konsequenzen im Einzelnen im Klaren sind. In meiner Anwaltspraxis hatte ich es mit einem Bauunfall zu tun, bei dem auf der Baustelle ca. 20 Personen für eine Firma arbeiteten, die sämtlich einzelne Werkunternehmer gewesen sein sollen. Wie die Ermittlungen ergaben, waren alle mit ihrem Gewerbe einheitlich als Selbständige in einer einzigen Drei-Zimmer-Wohnung einer Stadt gemeldet. Bei den angeblichen Werkunternehmern handelt es sich in Wahrheit fast immer um Hilfsarbeiter, bei denen man sich schon aufgrund ihres Bildungsstandes kaum vorstellen kann, dass sie selbständiger Unternehmer sind, die in der Lage sind, die notwendigen Erklärungen gegenüber Behörden und Versicherungen abgeben zu können. In einer neuen, vor kurzem erst veröffentlichten Entscheidung vom 25.09.2013 (Az. 10 AZR 282/12) versucht nun das Bundesarbeitsgericht dem Missbrauch des "Werkunternehmertums" durch klarere Abgrenzungskriterien einen Riegel vorzuschieben.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Projektleiter*in (m/w/d) gesucht!, Gronau-Epe  ansehen
Mitarbeiter/in (m/w/d) für den Friedhofsbereich, Winnenden  ansehen
Gärtner:in mit Funktion Vorarbeiter:in (w/m/d) -..., Bremen  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Nicht zuletzt wegen der Bedeutung der Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht folgende Leit- und Orientierungssätze veröffentlicht.

Leitsatz:

Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BdGB). Fehlt es an einem vertraglich festgelegten abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der "Auftraggeber" dann durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom "Auftragnehmer" zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss.

Orientierungssatz:

  • Ein Werkunternehmer ist selbständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich.
  • Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben.
  • Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, etwa wenn mit der Bestimmung von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird. Wesentlich ist, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist.

Bei Beachtung der vorstehenden vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze wird es eigentlich am Bau in den allerwenigsten Fällen noch selbständige Werkunternehmen geben können. Jedem Unternehmer, der Werkunternehmer als Subunternehmer beschäftigt, sei dringend angeraten, die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Kriterien genauestens zu beachten.

Keine Abnahme der Leistungen - keine Gewährleistung

Die "Einzelunternehmer" sind in Wirklichkeit fast immer in das Baugeschehen integriert, ohne dass auch nur im Geringsten eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Leistungen erfolgen kann und auch nicht beabsichtigt ist. Letztendlich werden sie an der Baustelle wie Leiharbeiter angesehen und behandelt. Niemand kommt deshalb auch auf die Idee, die Leistungen solcher "Einzelunternehmer" nach Werkvertragsrecht abzunehmen. Wer die Baupraxis kennt, weiß, dass man als Auftraggeber derartiger ausländischer Einzelunternehmer von diesen keine Gewährleistung für ihre Arbeiten verlangen kann, da deren Leistungen an einer Baustelle in den allerseltensten Fällen überhaupt abgrenzbar sind und es auch an dem Willen dieser Unternehmer fehlt, für ihre Leistungen im Rahmen einer vertraglich übernommenen Gewährleistung einstehen zu wollen.

Gefahr der Scheinselbständigkeit

Nachdem das Bundesarbeitsgericht jetzt so klar die Kriterien für Einzelunternehmer gegenüber den echten Selbständigen abgegrenzt hat, wird man als Auftraggeber beziehungsweise Arbeitgeber sich so leicht auch nicht mehr auf Unkenntnis berufen können. Die Folgen können gewaltig sein. Bei Nichteinhaltung der vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung aufgestellten Kriterien, droht stets die Haftung für alle öffentlichen Abgaben wie insbesondere Lohnsteuer, Kranken- und Rentenversicherung oder Berufsgenossenschaft.

Ausblick

Trotz der Freizügigkeit, die ab dem 01.01.2014 bulgarische und rumänische Staatsangehörige genießen, wird sich nach Auffassung des Verfassers so schnell an der bisherigen Situation nichts ändern, zumal die Politik einen Mindestlohn einführen will. Es gibt immer noch die mit Sicherheit unzutreffende Meinung, dass man mit einem Werkunternehmer eine Vergütung frei vereinbaren kann. Dies ist zwar zutreffend, wenn es sich um echte Werkunternehmer handelt, die über einen eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügen und die mit ihrer Tätigkeit die Kriterien des Bundesarbeitsgerichts als Werkunternehmer erfüllen. Dies wird jedoch bei Einzelunternehmern, die man voll und ganz in das Baugeschehen wie Arbeitnehmer integriert, jedoch regelmäßig nicht der Fall sein.

Jeder Unternehmer, der sich als Subunternehmer Einzelpersonen als Werkunternehmer bedient, sollte sich des hohen Risikos einer Haftung bewusst sein. Dies gilt in den meisten Fällen auch dann, wenn bewusst noch eine Firma dazwischengeschaltet wurde und von dieser nichts mehr zu erlangen ist. Jedem Unternehmer sei aus Haftungsgründen höchste Vorsicht angeraten.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen