GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Wichtige Entscheidungen für den GaLaBau

von:
Baurecht GaLaBau
Leider keine Seltenheit im Arbeitsalltag: Werden nach Abschluss des Vertrages an den beauftragten Bauleistungen Änderungen vorgenommen, sind Ärger und Probleme fast vorprogrammiert. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Für die Vertragsparteien ist es eine Erleichterung, wenn man für die Schlussrechnung kein Aufmaß fertigen beziehungsweise überprüfen muss und nur der Pauschalpreis zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer abzurechnen ist.

1. Anpassung des Pauschalpreises, gibt es feste Prozentsätze?

  • Mengenänderungen bei einzelnen Positionen des dem Pauschalpreis zugrundeliegenden Leistungsverzeichnisses (LV);
  • Wegfall ganzer Bauleistungen (Positionen);
  • Zusätzliche Bauleistungen.

Zu Problemen kommt es in der Praxis allerdings häufig, wenn nach Abschluss des Vertrages an den beauftragten Bauleistungen Änderungen vorgenommen werden. Es gibt hierbei insbesondere drei Fallgestaltungen, die im Baubereich am häufigsten vorkommen:

Zu unterscheiden von den drei vorgenannten Fällen ist die Alternative, bei der sich eigentlich nichts ändert aber die dem Pauschalpreis zugrundeliegenden LV-Positionen so ungenau ermittelt wurden, dass es zu erheblichen Massenabweichungen (insbesondere zum Nachteil des Auftragnehmers) kommt. Im letzteren Fall ist guter Rat im Wortsinn für den Auftragnehmer oft teuer. Kann man dem Auftraggeber oder seinem als Erfüllungsgehilfen agierenden Architekten nicht ein vorwerfbares Verhalten zu Lasten des Auftragnehmers nachweisen, bleibt der Auftragnehmer zumeist auf seinen Mehrkosten sitzen. Oft ist aus dem im LV beigefügten Plänen mehr ersichtlich, als das LV selbst aussagt. Jedem Auftragnehmer ist deshalb dringend angeraten, alle vorhandenen Unterlagen zu überprüfen und zu vergleichen, ehe man das Risiko eines Pauschalpreises eingeht.

Grundsätzlich ist ein Pauschalpreis eigentlich unabänderlich. Bei dem Vertragstyp gehen beide Vertragspartner bewusst Risiken bezüglich der Erfassung des Umfangs der Bauleistung ein. Der Auftraggeber übernimmt das Risiko von Minderleistungen wohingegen der Auftragnehmer das der Mehrleistungen eingeht. Mit der Vereinbarung des Pauschalpreises trägt der Unternehmer sowohl beim BGB- als auch beim VOB-Vertrag das Risiko vom Materialpreiserhöhungen, Lohnsteigerungen, Erhöhungen öffentlicher Lasten, Steuern- und Versicherungsbeträge, es sei denn, es wurden Gleitklauseln vereinbart. Das kann bis an die Grenze der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehen.

Liegt ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wegen deutlicher Mengensteigerungen vor, wird oft eine Risikogrenze für den Auftragnehmer von 20 Prozent der Gesamtvergütung ins Spiel gebracht. Eine derartige starre Grenze gibt es beim besten Willen nicht. Wie der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht hat, kommt es ganz entscheidend auf den Einzelfall an. Eine starre 20-Prozent-Grenze ist vom Bundesgerichtshof noch nie vertreten worden und wird in vielen Fällen auch den Gegebenheiten nicht gerecht.

Anders ist die Situation dann, wenn der Auftraggeber nach Vertragsschluss bewusst eine andere Leistung (Mehr- oder Minderleistung) verlangt, die den Vertragsinhalt ändert. Es dürfte für jeden ersichtlich sein, dass in einem im Wettbewerb erhaltenen Auftrag normalerweise keine Gewinnmarge von 10 oder 20 Prozent enthalten ist. Sobald der Auftraggeber nach Vertragsschluss Änderungen vornimmt, kann dies auch zu einer Anpassung des Preises führen. Verlangt ein Auftraggeber bei einem Einfamilienhausbau drei weitere Heizkörper, so sind diese unabhängig davon, ob wir es mit einem Einheitspreis- oder einem Pauschalpreisvertrag zu tun haben, dem Auftragnehmer zu vergüten.

Wie hoch die Vergütung im Einzelnen zu bemessen ist, steht dabei allerdings auf einem anderen Blatt. Ebenso verhält es sich, wenn der Auftraggeber nachträglich erhebliche Leistungen nicht mehr haben will. Auch hier hat eine Anpassung des Pauschalpreises zu erfolgen, wobei allerdings zumeist von einer Teilkündigung auszugehen sein wird, d. h. der Auftragnehmer verliert normalerweise dabei nicht seinen für die weggefallene Leistung kalkulierten Gewinn.

Zu Recht hat der Bundesgerichtshof bereits vor fast 20 Jahren entschieden (BGH IBR 2002, Seite 655), dass ein Pauschalpreis kein "Preispolster" für geringfügige Leistungen oder Zusatzleistungen sein soll. Der Bundesgerichtshof lässt insbesondere keinen Zweifel daran, dass Auftragsänderungen durch den Auftraggeber nicht dazu führen dürfen, dass der Gewinn des Unternehmers aufgezehrt wird und möglicherweise sogar zu einem Verlust führen. Völlig neben der Sache liegt der Leitsatz eines Beschlusses des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21.09.2020, Az. 3 U 490/20. Dieser lautet:

"Spätere wesentliche Änderungen in der Bauausführung können Preisanpassungen rechtfertigen. Regelmäßig führt aber erst eine über 10 Prozent hinausgehende Überschreitung zu einem berechtigten Verlangen auf Neufestsetzung eines Preises."

Eine derartige 10-prozentige Hürde für einen Preisanpassungsanspruch gibt es weder im VOB- noch im BGB-Vertrag und wird in der Form auch kaum von Oberlandesgerichten und schon gar nicht vom Bundesgerichtshof vertreten. Wenn ein Auftraggeber durch Änderung des Vertrages Mehrleistungen verlangt, müssen diese auch entsprechend vergütet werden. Würde man eine über 10 Prozent hinausgehende Überschreitung als rechtens ansehen, wären die meisten Pauschalverträge, bei denen Auftraggeber die kaum ausbleibenden Änderungen vornehmen, fast immer Verlustbringer. Beim Baugewerbe sind Gewinnmargen von 10 Prozent die Ausnahme. Es bleibt abzuwarten, ob man sich nach Veröffentlichung der neuen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Koblenz vermehrt auf die 10-Prozent-Hürde berufen wird.

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2. Bindung an benanntes Fabrikat (Entscheidung der Vergabekammer Sachsen)

Es ist in Literatur- und Rechtsprechung streitig, ob ein Auftraggeber bei einer Ausschreibung ein sogenanntes Leitfabrikat nennen darf. Der Verfasser ist wegen des eigentlich geltenden Gebots einer produktneutralen Leistungsbeschreibung im Rahmen eines fairen Wettbewerbs gegen die Nennung von Leitfabrikaten (siehe auch § 7 Abs. 2 VOB/A).

Es bleibt allerdings dem Auftraggeber nach Angebotsabgabe und Submission unbenommen, im Rahmen eines zulässigen Aufklärungsbegehrens den Bieter aufzufordern, sich die vorgesehenen Fabrikate und Typen benennen zu lassen (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.04.2014, Az. Verg 1/2014). Hat der Bieter im Rahmen der Aufklärung die Produkte der einzelnen von ihm vorgesehenen Fabrikate benannt, so ist diese Benennung für ihn verbindlich und kann nicht mehr einseitig geändert werden. Hat der Bieter im Rahmen einer zulässigen Aufklärung nach § 15 VOB/A bestimmte Materialien, Produkte oder Typen mitgeteilt, die den Vorgaben der Ausschreibungen nicht entsprechen, soll nach vorherrschender Meinung ein derartiges Angebot ausgeschlossen und dem Bieter nicht die Möglichkeit der Nachbesserung seines Angebotes gegeben werden.

Die Rechtsmeinung ist das eine. In der Praxis wird aber oft anders verfahren. Ich stelle immer wieder fest, dass man dem Bieter im Rahmen der Erläuterung seines Angebots sehr weit entgegenkommt. Dies insbesondere dann, wenn der Bieter mit seinem Angebot preislich an erster Stelle liegt und man als Auftraggeber ein Interesse an dem preisgünstigen Angebot hat. Wird von einem Wettbewerber allerdings wegen dieser Praxis die zuständige Vergabekammer angerufen, ist damit zu rechnen, dass es zu einem Ausschluss des Angebots kommt (vgl. Beschluss vom 17.03.2021 der Vergabekammer des Landes Sachsen, Az. 1/SVK/031-20).

Wie die zitierten Entscheidungen zeigen, tut ein Bieter gut daran, sich genau zu überlegen, welche Produkte und Fabrikate er im Rahmen eines Aufklärungsgespräches benennt. Das gilt insbesondere in der heutigen Zeit, da Lieferengpässe im Baubereich bestehen. Ein Auftragnehmer sollte sich deshalb erst rückversichern, ob er die Produkte von seinen Lieferanten rechtzeitig erhalten kann oder ob er mangels vorhersehbarer, verspäteter Lieferung in die Gefahr eines Verzuges gerät. Es ist unbedingt zu empfehlen, im Rahmen von Aufklärungsgesprächen mit der Benennung von Fabrikaten nicht leichtfertig umzugehen.

3. Vorsicht bei nachträglicher Nachunternehmerbenennung

Bei einer Ausschreibung hat ein Bieter verbindlich zu erklären, welche Teilleistungen er selbst und welche er an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigt. Nach Submission und vor Auftragserteilung teilt ein Bieter dem Auftraggeber mit, dass er weitere Positionen des Leistungsverzeichnisses an Subunternehmer vergeben will. Daraufhin schloss der Auftraggeber den Bieter von der Vergabe aus. Das Nachschieben von Nachunternehmerleistungen kommt einer Änderung des Angebots gleich und führt zum Ausschluss aus der Wertung.

Der Auftraggeber beruft sich bei seiner Entscheidung auf § 13 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 Nr. 2 VOB/A. Die nachträgliche Benennung von Leistungen, die man durch einen Subunternehmer auszuführen gedenkt, ist ein erhebliches Risiko für den Bieter. Im Zweifel kann es wie im vorliegenden Fall geschehen, dass es zu einem Ausschluss aus der Wertung kommt. So hat die Vergabekammer des Landes Sachsen durch Beschluss vom 30.10.2020 (Az. 1/SVK/028-20) entschieden, da eine Nachbenennung von Subunternehmern eine inhaltliche Änderung des Angebots des Bieters darstellen würde. Jedem Bieter ist dringend anzuraten, nachträglich keine Änderung bezüglich der Subunternehmerangaben zu machen, so lange man nicht den Auftrag definitiv erhalten hat.Anders ist die Situation, wenn man bereits den Zuschlag erhalten hat und damit wirksam ein Vertrag zustande gekommen ist. Wenn dann anschließend der Bieter, der durch die Auftragserteilung zum Auftragnehmer geworden ist, anführt, weitere Leistungen durch Subunternehmer ausführen zu lassen, da man auf die Ausführungen von Teilleistungen nicht -+eingerichtet sei, hat dies für den Auftragnehmer zumeist keine negativen Folgen. Der Auftragnehmer hat in einem solchen Fall sogar eine recht gute Position, da er sich dann auf § 4 Abs. 8 Nr. 1 Satz 3 VOB/B berufen kann. Jedem Bieter ist dringend anzuraten, nach der Submission keinerlei Änderungen oder Ergänzungen beziehungsweise Klarstellungen zum abgegebenen Angebot zu machen, wenn man nicht seitens des Auftraggebers hierzu ausdrücklich aufgefordert worden ist.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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