GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Wichtige Gesetzesänderungen beim Verbraucherschutz oder viel Lärm um nichts?

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Ein besonders beliebtes Thema der Politiker in ganz Europa ist der Verbraucherschutz, wobei dieser in den einzelnen Ländern der EU zum Teil noch immer sehr unterschiedlich geregelt ist.

Mit der neuen EU-Verbraucherrichtlinie, die am 13.06.2014 in Kraft getreten ist und vom deutschen Gesetzgeber rechtzeitig in nationales Recht umgesetzt wurde, werden insbesondere bei Vertragsabschlüssen die Rechte der Verbraucher umfassender geregelt. Dies gilt nicht nur gegenüber Versandhändlern und Online-Shop-Betreibern, wie man es aufgrund der Pressemitteilungen beinahe schon hätte vermuten können.

Die Rechte der Verbraucher (siehe § 13 BGB) wurden mit der neuen gesetzlichen Regelung allgemein weiter gestärkt und nur in äußerst geringem Umfang auch leicht geschwächt. Soweit die neuen Bestimmungen im Versandgeschäft Nachteile für den Verbraucher mit sich bringen können, haben allerdings führende betroffene Händler wie Amazon, Otto, Zalando etc. bereits in Presseerklärungen bekannt gegeben, dass sie es bei der alten für die Verbraucher günstigen Regelungen (erst einmal?) belassen wollen. Kleineren Konkurrenten wird demnach wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich an den Gegebenheiten des Marktes zu orientieren und sich der Handhabung der Großen anzuschließen.

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Was hat sich zum 13.06.2014 geändert?

Kern der Rechtsänderung bildet die neue Ordnung der Regelungen über die besonderen Vertriebsformen gegenüber Verbrauchern, besser bekannt unter den Begriffen Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge. Durch die Neuformulierung des Gesetzes fallen allerdings auch Kauf- und Werkverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern mit der Konsequenz, dass den Verbrauchern in bestimmten Fällen sogar bei einem Werkvertrag jetzt ein Widerrufsrecht zusteht, das es in der Vergangenheit so nicht gab.

Die neuen Formulierungen bringen eine Fülle von Zweifelsfragen mit sich, so dass sich die Rechtsprechung wahrscheinlich Jahre lang mit der Materie wird befassen müssen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil nach dem Wortlaut des jetzt geltenden Gesetzes wesentlich mehr Verträge als bisher unter den Verbraucherschutz fallen werden. Im Übrigen hat der deutsche Gesetzgeber die EU-Richtlinie dazu genutzt, die Vorschriften zum Widerrufsrecht der Verbraucher generell zu regeln. Diese Neuregelungen finden sich im BGB als §§ 312 bis 312 k und §§ 355 bis 357 sowie als § 361 BGB.

Definition des Verbrauchervertrages

Auf den ersten Blick erscheint es erfreulich, dass auf die in § 310 Abs. 3 BGB enthaltene Definition des Verbrauchervertrages Bezug genommen und damit klargestellt wurde, dass nur solche Verträge unter die gesetzliche Regelung fallen, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, d. h. der Verbraucher muss für die Leistung des Unternehmers etwas zu zahlen haben. Da mit der Gesetzesänderung der Anwendungsbereich der Vorschriften maßgeblich erweitert wurde, ist deshalb auch der alte Begriff des Haustürgeschäfts nicht mehr im Gesetzestext enthalten. Das Gesetz spricht jetzt von "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen". In der Literatur wird auch der Begriff des "Außergeschäftsraumvertrages" verwandt.

Zusätzlich neuer Anwendungsbereich

Der neue Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst alle Verbraucherverträge, wenn der Vertragsabschluss an einem Ort stattgefunden hat, der nicht der Geschäftsraum des Unternehmers darstellt (§ 312 b Abs. 2 BGB). Haustürgeschäfte im Sinne der alten gesetzlichen Vorschriften fallen deshalb vollständig unter die Neuregelung des Gesetzes. Was im Einzelnen unter Verträgen außerhalb der Geschäftsräume zu verstehen sein soll, ist sprachlich so kompliziert im Gesetz geregelt, dass ein Normalbürger es schwer hat, den Text zu verstehen, geschweige denn zutreffend zu interpretieren. Deshalb sei dem Verfasser gestattet, den Gesetzestext des § 312 b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB zu zitieren:

"(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1. die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,

2. für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,

3. die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde"

Die für den Normalbürger wenig verständliche gesetzliche Definition wird ausreichenden Anlass für die Heerschar der Juristen sein, um sich über alle Textauslegungsmöglichkeiten trefflich über die Instanzen bei Gericht zu streiten. Schon die ersten einschlägigen Veröffentlichungen zu dem Thema dokumentieren bereits die unterschiedlichsten Auffassungen der Beteiligten, wobei durchaus zum Teil Wunschdenken der Interessenvertreter Vater der Gedanken ist.

Da der Verbraucher von den Gerichten immer mehr in den Vordergrund gerückt wird und immer häufiger eine extensive Auslegung zugunsten der Verbraucher erfolgt, teilt der Verfasser auch nicht die Meinung des BGL bzw. mancher GaLaBau-Landesverbände, dass die allermeisten Fälle bei den Mitgliedsbetrieben wegen des angeblich typischen Anbahnungsprozesses vor Vertragsschluss nicht von der EU-Verbraucherrichtlinie oder dem nationalen deutschen Gesetz betroffen sein sollen.

Nach Meinung des Verfassers wird es einem cleveren Rechtsanwalt durchaus gelingen, den Sachverhalt betreffend das Zustandekommen eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem GaLaBau-Unternehmer so darzulegen, dass sich der mit der Sache befasste Richter im Zweifel ernsthaft überlegen wird, durch die verbraucherschützenden Vorschriften anzuwenden.

Worauf kommt es in Zukunft entscheidend an?

Maßgebliches Kriterium wird immer sein, ob ein außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossener Vertrag vorliegt, bei dem der Unternehmer zu erweiterten Informationspflichten gegenüber dem Kunden gesetzlich angehalten ist. Dies gilt insbesondere bezüglich des dem Kunden zustehenden Widerrufsrechts. Zukünftig wird ein Richter immer wieder erst die Frage zu klären haben, ob es bei dem Streit um einen dem Verbraucherschutz unterliegenden Vertrag geht oder nicht.

Er wird deshalb häufig erst einmal klären müssen, wann die Parteien genau zum Vertragsschluss gekommen sind und von wem der Erstkontakt der Vertragsparteien ausgegangen ist. Es wird also zukünftig auch nicht mehr reichen, lediglich von einem Vertragsschluss auszugehen. Um überhaupt in der Sache weiterzukommen, muss das Gericht wohl sich erst einmal mit einer vielleicht aufwendigen Beweisaufnahme bemühen, die Umstände, wann und wie es zum Vertragsschluss gekommen ist, aufzuklären.

Wie sieht es bei GaLaBau-Unternehmen in der Praxis aus?

Üblicherweise spricht ein Kunde den GaLaBau-Betrieb wegen eines Auftrages an; man trifft sich zum Beispiel an der Baustelle, bespricht den Umfang der gewünschten Leistung, ohne dass es schon zu einem Vertragsabschluss gekommen ist. Erst danach übermittelt der Unternehmer dem Kunden ein endgültiges bepreistes Angebot, das von diesem dann (möglichst schriftlich) angenommen wird. Bei dieser Fallgestaltung greifen die Verbraucherschutzbestimmungen nicht ein.

Wäre die erste Kontaktaufnahme von Unternehmerseite ausgegangen, läge ein "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag" vor. Genauso sieht es aus, wenn sich der Kunde und der Unternehmer auf der Baustelle treffen und es bereits dort schon zu einem Vertragsabschluss (zum Beispiel mündlich) kommt. Nach den gesetzlichen Neuregelungen ist den Vertragsparteien noch mehr aus Beweisgründen und zur Verminderung unnötiger Risiken dringend empfohlen, Verträge stets schriftlich und nicht mehr mündlich zu schließen.

Belehrungspflichten des Unternehmers

Wie der Unternehmer den Kunden hinsichtlich eines diesem zustehenden Widerrufsrechts belehren will, bleibt ihm zwar überlassen. Jedem Unternehmer sei aber dringend angeraten, das vom Gesetzgeber vorgeschlagene Musterwiderrufsformular zu verwenden. Der Text kann ohne Probleme aus dem Internet beschafft werden und wird nach diesseitiger Auffassung auch dem zum Teil nicht sehr verständlichen Gesetzestext dennoch gerecht.

Fernabsatzverträge

Die bisherigen Regelungen für Fernabsatzverträge sind auch im neuen Recht weitgehend erhalten geblieben, d. h. nicht jeder Vertrag, der durch eine einmalige Nutzung des Internet-Netzes oder anderer Telekommunikationsmöglichkeiten zustande gekommen ist, fällt unter die Verbraucherschutzregelungen. Hinzu kommen muss vielmehr ein organisiertes Vertriebssystem auf Seiten des Unternehmers. Wann ein solches System angenommen werden kann, lässt der Gesetzgeber allerdings offen und überlässt insoweit den Richtern zukünftig die Entscheidung.

Auf die diversen Ausnahmen, die das Gesetz vorsieht, soll hier nicht näher eingegangen werden. Ich möchte lediglich erwähnen, dass man das Reisevertragsrecht in § 312 Nr. 4 BGB weitgehend ausgenommen hat. Reiseverträge fallen - wie bisher - in den wenigsten Fällen unter den neuen Verbraucherschutz. Auch bei Fernabsatzverträgen wurde das Widerrufsrecht des Verbrauchers neu gestaltet.

Wie nach früherem Recht muss der Verbraucher auch heute den Widerspruch in Textform erklären. Nach altem Recht bestand allerdings auch die Möglichkeit, den Widerruf allein durch kommentarlose Rücksendung der Ware zu erklären. Dies reicht nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB wohl nicht mehr aus. Es muss jeweils noch eine eindeutige Erklärung des Verbrauchers hinzukommen, wobei dies nach Gesetz auch mündlich (zum Beispiel per Telefon) erfolgen kann. Aus Beweisgründen sollte man sich aber auf eine mündliche Erklärung nicht beschränken. Führende Anbieter des Versandhandels haben allerdings bereits erklärt, dass sie auf die ausdrückliche Widerrufserklärung des Verbrauchers keinen Wert legen und bei ihnen abweichend von der gesetzlichen Regelung allein die Rücksendung der Ware als Widerruf ausreichen soll. Zum Teil haben auch Versender freiwillig längere Rücksendefristen in ihren Bedingungen vorgesehen, was für den Verbraucher nur Vorteile, aber keine Nachteile mit sich bringt und dementsprechend zulässig ist.

Widerrufsfrist des Verbrauchers

Prinzipiell steht dem Verbraucher nach den neuen Bestimmungen eine vierzehntägige Widerrufsfrist zu. Ab wann diese bei den einzelnen Vertragstypen zu laufen beginnt, kann hier aus Platzgründen nicht erörtert werden. Es soll lediglich beispielhaft für den Verbrauchsgüterkaufvertrag erwähnt sein, dass die Widerrufsfrist für den Verbraucher in dem Fall drei Voraussetzungen hat:

1. wirksamer Vertragsschluss

2. ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch den Unternehmer

3. Wareneingang beim Verbraucher.

Während nach altem Recht ein nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrter Verbraucher praktisch ein "ewiges Widerrufsrecht" hatte, gilt dieses Recht jetzt nicht mehr bis in alle Ewigkeit. In Umsetzung der Richtlinie der EU erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers auch dann, wenn keine Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Gerechnet vom jeweils maßgeblichen Zeitpunkt des einzelnen Vertragstyps erlischt das Widerrufsrecht nach zwölf Monaten und vierzehn Tagen, es sei dann, dass der Unternehmer den Fristenbeginn zwischenzeitlich durch Nachholung einer ordnungsgemäßen Belehrung früher ausgelöst hat. Dann beginnt die vierzehntätige Widerrufsfrist neu zu laufen.

Rückgewährpflicht der Parteien

Das Gesetz sieht vor, dass die Parteien möglichst unverzüglich die Rückabwicklung untereinander vorzunehmen haben (siehe § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB). Für den Bereich der besonderen Vertriebsformen (zum Beispiel Fernabsatz) wird dies in § 357 Abs. 1 BGB sogar dahingehend konkretisiert, dass die Leistungen jedenfalls nach vierzehn Tagen zurückzugewähren sind. Die vierzehn Tage gelten für den Unternehmer gerechnet ab Zugang des Widerrufs des Verbrauchers, während der Verbraucher die seinerseits bereits empfangene Leistung vierzehn Tage nach Abgabe des Widerrufs zurückgewähren soll. Dabei wahrt der Verbraucher die Frist bereits mit der rechtzeitigen Absendung der Ware.

Fazit

Die neuen rechtlichen Regelungen geben den Verbrauchern viel Macht und zum Teil auch Gelegenheit zum Missbrauch ihrer Macht. Für einen Unternehmer wird es mit diesen Bestimmungen mit Sicherheit zukünftig schwerer sein, Verträge mit Verbrauchern zu schließen und diese ordnungsgemäß abzuwickeln. Es werden sich mit Sicherheit auch ausreichend Juristen finden, die extensiv die neuen Regelungen zugunsten ihrer Mandanten zu nutzen verstehen. Einem Kunden als Verbraucher, den ein Geschäft reut oder der nach Vertragsschluss erfährt, wesentlich günstiger an die Leistung beim Konkurrenten heranzukommen, wird es in vielen Fällen gelingen, sich aus dem für den Unternehmer vermeintlich sicher geglaubten Vertragsverhältnis doch noch zu lösen. Insbesondere bleibt die Entwicklung in der Praxis abzuwarten, wenn sich in Verbraucherkreisen das neue Widerrufsrecht herumgesprochen hat.

Es steht zu befürchten, dass insbesondere kleinere, auf rechtliche Voraussetzungen weniger geschulte GaLaBau-Unternehmer die negativen Folgen des erweiterten Verbraucherschutzes zu spüren bekommen. Zumal der gesetzlich vorgesehene Widerruf durch den Verbraucher auch noch in der Phase der bereits laufenden Vertragsabwicklung möglich ist. Mancher Streit über den Leistungsumfang und über Mängel am Gewerk des GaLaBau-Unternehmers wird durch einen erklärten Widerruf eine neue Dimension erfahren. Es bleibt abzuwarten, ob ein vom Auftraggeber erklärter unwirksamer Widerruf von der Rechtsprechung als freie Auftraggeberkündigung des Vertrages nach § 649 BGB oder § 8 Abs. 1 VOB/B aufgefasst bzw. umgedeutet wird.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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