Ausgegraben
Wir reden ständig über Digitalisierung
von: Christian MünterFür manche ist sie eine Revolution. Das Smartphone hat gerade einmal zehn Jahre von seiner Erfindung bis zur Nutzung durch die Hälfte der Menschheit gebraucht. Wir vernetzen uns täglich mehr, tauschen Erfahrungen und Meinungen in Sekundenschnelle aus. Mit jeder neuen App können wir den Alltag bequemer organisieren. Firmenzentralen und Mitarbeiter draußen greifen gemeinsam auf wichtige Daten zu. Baustoffe werden so optimal genutzt, Engpässe vermieden. Künstliche Intelligenz ist dabei, auch intelligentes Verhalten zu automatisieren.
Und doch: Digital Natives, die bereits eine Schülerfirma gegründet haben, räumen nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft analogen Geschäftsmodellen mehrheitlich einen ebenso hohen Stellenwert ein wie digitalen. Die analogen Modelle haben in ihren Augen nicht nur den Bonus einer "breiten Erreichbarkeit in der Gesellschaft", sondern auch, dass sie ein "physisches Produkt" anbieten, auf "persönlichen Kontakt" bauen und "praktikabel" sind.
Vielleicht haben sie intuitiv erfasst, dass nicht jeder Hype eine Innovation ist. Oder ist es normal, wenn Familien beim gemeinsamen Abendessen ihre Smartphones streicheln, zweijährige Kinder iPads benutzen und Menschen ihr Dating wie einen Autokauf behandeln? Forscher haben festgestellt, dass der ständige Konsum von Smartphones depressiv macht und die Hirnchemie destabilisiert. Vielleicht sollten wir, statt ständig nur über Digitalisierung zu reden, es einmal mit der Analogisierung unseres Alltags versuchen.
Christian Münter
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