GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Zwei neue Gerichtsurteile, die den GaLaBau betreffen

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Ansprüche wegen verspätet abgerufener Leistungen: Das Oberlandesgerichts Hamburg hat dazu ein wichtiges Urteil (vom 27.11.2020, Az.: 8 U 7/20) gefällt. Dieses Urteil entspricht im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Foto: CC1.0, Public Domain Dedication

Auch in den letzten Monaten sind wieder höchstrichterliche Urteile ergangen, die die Geschäftsleitung eines GaLaBau-Betriebes kennen sollte. Zwei von ihnen habe ich für meinen neuen Beitrag ausgewählt.

1. Urteil: Ansprüche wegen verspätet abgerufener Leistungen

Recht und Gerechtigkeit sind auf den ersten Blick nicht unbedingt deckungsgleich. Dieses Empfinden kann man bei einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 27.11.2020, Az.: 8 U 7/20 durchaus haben. Dennoch entspricht dieses Urteil im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Werkunternehmer und ein Auftraggeber schließen gemeinsam einen VOB-Werkvertrag ab. Als Vergütung haben sie einen pauschalen Werklohn vereinbart. Des Weiteren einigte man sich auch auf einen Zeitpunkt für den Leistungsbeginn des Unternehmers. Zum vereinbarten Zeitpunkt ruft der Auftraggeber die beauftragte Leistung beim Unternehmer nicht ab und begründet dies mit "veränderten Umständen". Später stellte sich heraus, dass der eigentliche Grund für den unterlassenen Leistungsabruf eine nicht fertiggestellte notwendige Vorleistung eines Vorunternehmers war, so dass die Leistung des Unternehmers nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt erbracht werden konnte. Der Abruf der Leistung durch den Auftraggeber erfolgte deshalb erst wesentlich später. Beim Unternehmer sind bis zu Abruf der Leistungen Lohn- sowie Materialmehrkosten angefallen. Diese verlangt der Unternehmer jetzt von seinem Auftraggeber als Schadenersatz.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg

Über diesen Schadenersatzanspruch stritten die Parteien zweitinstanzlich vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob dem Unternehmer gegen den Auftraggeber ein Schadenersatzanspruch zusteht oder nicht. Zur Verwunderung des Unternehmers wurde ihm vom Gericht kein Schadenersatz zugesprochen. Aufgrund des verlorenen Rechtsstreits hatte der Unternehmer noch dazu die nicht unerheblichen Kosten des Verfahrens für Gericht und die von beiden Parteien beauftragten Rechtsanwälte zu tragen.

Die Urteilsgründe der Entscheidung

Weshalb der Unternehmer beim Oberlandesgericht Hamburg endgültig unterlegen ist, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils. Der verspätete Abruf der Leistung durch den Auftraggeber sei keine Vertragsänderung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B. Insbesondere sei das Unterlassen des Leistungsabrufes durch den Auftraggeber keine rechtsgeschäftliche Anordnung des Auftraggebers, sondern lediglich eine vertragswidrige Behinderung der Ausführung und falle dementsprechend unter § 6 VOB/B. Die Bestimmung des § 6 VOB/B sieht in § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B durchaus einen Schadenersatzanspruch vor. Einen solchen müsse der Auftraggeber allerdings nur leisten, wenn er die Behinderung "zu vertreten" hätte, d. h. der Auftraggeber muss schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) gehandelt haben.

Das Oberlandesgericht Hamburg kommt in seinem Urteil zu dem Schluss, der Auftraggeber hätte zwar die Vertragsleistung beim Unternehmer rechtzeitig abrufen müssen. Ein schuldhaftes Verhalten des Auftraggebers läge aber dennoch nicht vor. Der Auftraggeber hafte nicht für das Verschulden des mit seiner Leistung zu späten Vorunternehmers. Dieser sei nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Sinne von § 278 BGB. Nur in einem solchen Fall würde der Auftraggeber auf Schadenersatz haften. Wenn man der Meinung ist, den Auftraggeber treffe hinsichtlich des Abrufes der Leistungen beim Unternehmer kein Verschulden, so ist dieses Urteil richtig und entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Wichtig ist die Feststellung des Gerichts, dass ein Vorunternehmer kein Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers und sein Verschulden nicht maßgeblich ist.

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Manchmal ist es besser, selbständig und unkompliziert Mängeln zu beseitigen, als eine Schadenersatzforderung zu erhalten. Foto: Marina Lohrbach, Adobe Stock


Wäre dieses Ergebnis zu vermeiden gewesen?

Für einen Außenstehenden, der nicht am Prozess beteiligt war, ist es immer schwer, die Parteien und deren Prozessbevollmächtigte im Nachhinein zu kritisieren. Da es in der Vergangenheit bereits eine ganze Reihe vergleichbarer Urteile mit der Begründung eines fehlenden Verschuldens des Auftraggebers gegeben hat, sollte ein auf Schadenersatz klagender Unternehmer stets in dem Rechtsstreit vortragen, dass der Auftraggeber nicht rechtzeitig alle Mittel ausgeschöpft hat, um den säumigen Vorunternehmer abzumahnen oder in Verzug zu setzen. Hat er dies unterlassen, könnte hierin ein Verschulden gesehen werden und Grund für einen Schadenersatzanspruch sein. Kommt man allerdings, wie im vorliegenden Urteil zu dem Ergebnis, dass man dem Auftraggeber kein schuldhaftes Verhalten nachweisen kann, so ist man als sorgfältig für seine Partei arbeitender Rechtsanwalt eigentlich noch nicht mit seinem Latein am Ende.

Bei schuldlosem "Annahmeverzug" des Auftraggebers gibt es nach § 642 BGB auch beim VOB-Vertrag die Möglichkeit, eine Entschädigung zu verlangen. Hierzu bedarf es allerdings entsprechenden schriftsätzlichen Vortrags durch die Unternehmerseite. Eine Entschädigung ist zwar regelmäßig weniger als der Ersatz des vollen Schadens. Aber immerhin geht der Unternehmer als Anspruchsteller nicht gänzlich leer aus, wenn er hilfsweise seinen Anspruch statt auf Schadenersatz auf Entschädigung geltend macht. Mit dieser alternativen Begründung kann man häufig den vollständigen Prozessverlust vermeiden. Zu spät mit ihrer Leistung fertigwerdende Vorunternehmer sind leider am Bau häufig anzutreffen, so dass man den übrigen Beteiligten nur anraten kann, dem verspäteten Vorunternehmer möglichst Druck zu machen, um die Schäden so gering wie möglich zu halten.

2. Urteil: Verlust von Mängelrechten des Auftraggebers wegen vorbehaltloser Abnahme

Immer wieder müssen sich Auftraggeber von Unternehmern sagen lassen, sie hätten keine Mängelrechte mehr, weil sie die Leistung des Unternehmers in Kenntnis der Mängel abgenommen hätten. Während eines Baurechtsstreits hatte das Oberlandesgericht Köln sich im Rahmen eines Berufungsverfahrens mit der Frage zu befassen, ob der Auftraggeber wirklich alle Mängelrechte gegen den Werkunternehmer wegen vorbehaltloser Abnahme bekannter Mängel verloren hat.

In seiner Entscheidung vom 1.12. 2021, Az.: 16 U 115/21 kam das Gericht zu folgendem Ergebnis. Das Gericht beruft sich in seiner Entscheidung auf § 640 Abs. 3 BGB. Die Vorschrift lautet:

"Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gem. Abs. 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 - 3 BGB bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen der Mängel bei der Abnahme vorbehält."

Die in der Vorschrift genannten Rechte aus § 634 BGB sind unter anderem Nacherfüllung, Aufwendungsersatz, Minderung oder Rücktritt vom Vertrag. Bei genauerem Hinsehen erkennt man allerdings, dass § 640 BGB nur Bezug nimmt auf § 634 Nr. 1 - 3 BGB, nicht jedoch auf § 634 Nr. 4 BGB. Dort wird unter anderem das Recht des Auftraggebers auf Schadenersatz geregelt. Der Auftraggeber ist trotz Kenntnis der Mängel bei Abnahme mit den meisten seiner Rechte ausgeschlossen. Ihm verbleibt jedoch der in § 634 Nr. 4 BGB geregelte Schadenersatzanspruch, der vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgenommen wurde. Wenn auch der Auftraggeber mit seinem Recht, Nachbesserung zu verlangen wegen Kenntnis der Mängel bei Abnahme ausgeschlossen ist, so bleiben ihm dennoch trotz Kenntnis der Mängel Schadenersatzansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungskosten.

Dieser Schadenersatzanspruch besteht allerdings nur dann, wenn der Mangel vom Auftragnehmer schuldhaft verursacht wurde, d. h. vorsätzlich oder zumindest fahrlässig. Ein fahrlässiges Verschulden lässt sich in der Praxis oft nachweisen, da fast jede mangelhafte Leistung eines Unternehmers darin begründet ist, dass er nicht mit der notwendigen Sorgfalt seine Leistungen erbracht oder nicht die anerkannten Regeln der Technik ausreichend beachtet hat.

Ein Unternehmer sollte sich im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln genau überlegen, ob er mit der Begründung nicht mehr weiter tätig wird, der Auftraggeber habe die Leistung in Kenntnis der Mängel abgenommen und damit seine Rechte verloren. Ein Schadenersatzanspruch kann den Unternehmer deutlich härter treffen, als wenn er stattdessen lieber den Mangel selbst beseitigt und es damit auch in der Hand hat, dass nicht mehr nachgebessert wird, weil es unbedingt erforderlich ist. Jeder weiß, dass eine Nachbesserung durch einen Drittunternehmer teurer ist und damit der Schadensersatzanspruch höher ist, als die Kosten, die bei einer Eigennachbesserung anfallen. Wer meint, seine Rechtsposition voll ausreizen zu müssen, kann als Unternehmer leicht den Kürzeren ziehen und höheren Schadenersatz leisten müssen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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