TU Berlin: Bilanz zum Parkschadensbericht vorgelegt

Bäume in historischen Parks leiden massiv unter Klimastress

Den Bäumen in Deutschlands historischen Parks und Gärten geht es immer schlechter: Nur noch etwa 41 Prozent der Bäume in den untersuchten Anlagen sind gesund, in allen Anlagen nahm die Gesundheit der Pflanzen ab.
Pflanzengesundheit Parkbäume
Gekürzte Kronen im Berliner Schlosspark Schönhausen 2023. Foto: Technische Universität Berlin

So lautet die erschreckende Bilanz der Forscher um Prof. Dr. Norbert Kühn von der Technischen Universität Berlin. Kühn und sein Team legten Anfang des Jahres den vollständigen Parkschadensbericht vor. Sie lieferten damit die erste umfassende Datengrundlage, um zielführend an einer interdisziplinären Strategie zur Erhaltung dieses wichtigen Kulturgutes arbeiten zu können. Die Studie sowie Teilergebnisse hatte Kühn bereits in der Pro Baum 03/2023 vorgestellt.

62 Parkanlagen aus elf Bundesländern untersucht

Infolge der extremen Wetterphänomene der Jahre 2017, 2018 und 2019 kam es zu massiven Schädigungen in den historischen Parks und Gärten Deutschlands. Vielfach betroffen waren wertvolle alte Gehölze: Es kam zu Astbrüchen, Zusammenbrüchen und Entwurzlungen von Einzelbäumen, aber auch ein Absterben ganzer Baumgruppen und Baumbestände wurde beobachtet. Die Forscher haben Datensätze von 62 Parkanlagen aus elf Bundesländern ausgewertet, dazu gehören unter anderem der Park von Sanssouci, der Park von Schwetzingen und der Englische Garten in München. Dabei griffen sie auf digitalisierte Katasterdaten zurück, die für die Verkehrssicherheit der Parks (Einschätzung der Bruchgefährdung und Vitalität der Bäume) notwendig sind. Weil eine konsistente digitale Datenpflege manche Verwaltungen überfordert, konnten nicht alle historisch bedeutsamen Parkanlagen in Deutschland einbezogen werden.

"Wir konnten eindeutig eine Verschlechterung der Situation bei den Bäumen in den vergangenen Jahren feststellen. Dabei waren die Auswirkungen aber auch individuell, d. h. vor allem lokal sehr unterschiedlich bei unterschiedlichen Anlagen. Auch hier zeigt sich wieder, dass man den Klimawandel ernst nehmen muss, sich aber davor hüten sollte, generalisierend überall die gleichen Probleme zu erwarten", erklärte Studienleiter Kühn bei der Vorstellung der Abschlussdaten.

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Pflanzengesundheit Parkbäume
Abgestorbene Bäume im Schlosspark Schwetzingen im Frühjahr 2022. Foto: Technische Universität Berlin

Zukunftsbaumarten halten besser Stand

Die errechneten klimatischen Wasserbilanzen zeichnen ein besorgniserregendes Bild, so gab es von 2018 bis 2020 ein Minus von 1057,5 Millimeter in Baden-Baden, 985,8 Millimeter im Park von Schloss Dyck und 985,8 Millimeter in Moritzburg (höchste Werte). Keinen Verlust dagegen hatten die Parks in München (+260,7 mm), Linderhof (+181,5 mm) und Feldafing am Starnberger See (+209,7 mm) zu verzeichnen. Die Forscher erfassten auch die Vitalität von 157 323 Bäumen. Circa 41 Prozent der Bäume waren vital und kaum beeinträchtigt, rund 50 Prozent waren leicht bis mittelstark beeinträchtigt und 9 Prozent waren schwer beeinträchtigt bis tot. Das bedeutet: 59 Prozent aller Bäume in diesen historischen Parkanlagen zeigten 2022 Beeinträchtigungen. Die Anzahl der geschädigten Bäume schwankte stark, je nach Parkanlage. Besonders viele geschädigte Bäume (90 bis 100 Prozent) weisen die Anlagen in Liebenstein, Wiesbaden, Lichtenwalde, Hamburg Jenischpark und Kassel Schönfeld Park auf. Besonders gering geschädigte Bestände (5 bis 25 Prozent) finden sich in Pillnitz, Bad Mergentheim, Großsedlitz bei Dresden, im Stuttgarter Schlossgarten und in Rastatt. Die Wasserversorgung in den historischen Anlagen sei das Zukunftsthema, denn hier stehe man ganz am Anfang. Die Bewässerung müsse umfassend ausgebaut werden. Dabei sei auch an eine Wasserwiedergewinnung zu denken, so Kühn. Dafür brauche man unbedingt weitere finanzielle Mittel.

Auch die einzelnen Baumarten waren verschieden stark geschädigt. Bei den Eichen ging es beispielsweise den fremdländischen Arten in der Regel besser (48 bis 58 Prozent ungeschädigt) als den beiden heimischen Arten (14 bzw. 28 Prozent ungeschädigt). Auffallend für die Forscher war, dass die fremdländischen Zukunftsbaumarten, also Arten, die für den Klimawandel in Deutschland favorisiert werden, in der Regel besser abschneiden als heimische Arten. Zu den Baumarten, die Hitzestress und Trockenheit besser vertragen, gehören unter anderem die Flaum- und Zerr-Eiche sowie die Hopfenbuche oder die Silber-Linde. In Bezug auf die Bäume in den Parkanlagen der Zukunft, gab der Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) Prof. Dr. Micheal Rohde die Empfehlung zum Austausch und interdisziplinärer Forschung. "Historische Gärten sollten ihre eigenen Baumschulen haben", riet Rohde, der bei der Präsentation des Parkschadensberichts dabei war. Unter seiner Führung werden in Sanssouci bereits in einer eigenen Baumschule junge Bäume vor Ort aus altem Saatgut gezogen. In großem Stil wird das zukünftig auch die Branitzer Baumuniversität machen und so die Forschung für Parks in der Klimakrise vorantreiben.

Ausbau der Wasserversorgung unumgänglich

"Die historischen Gartenanlagen sind teils über Jahrhunderte liebevoll gepflegt worden. In ihnen haben sich Lebensgemeinschaften bewahrt, die in der umgebenden, intensivierten Landschaft ausgestorben sind. Ihre Bäume binden CO2 und spenden bei Hitze Schatten. Historische Gärten vereinen also all das, was wir für unsere Zukunft brauchen. Es sollte daher eine gesellschaftliche Aufgabe sein, sie auch in Zeiten des Klimawandels für uns alle zu erhalten", ermahnte Kühn. Zudem wies er darauf hin, dass die historischen Parks und Gärten ein Hotspot der biologischen Vielfalt sind. 543 verschiedene Baumarten beziehungsweise Hybriden und 602 Sorten finden sich in den Katasterdaten der 62 untersuchten Anlagen. Zum Vergleich: In ganz Deutschland gibt es nur 92 heimische Baumarten. Kühn empfahl dringend, eine stärkere finanzielle Förderung in den Blick zu nehmen. Regelmäßiges Monitoring, intensivere Pflege, Baumverjüngung, eigene Baumschulen und ein spezielles Wassermanagement seien nur mit mehr Personal und weiterer finanzieller Unterstützung leistbar, so Kühn. ILa

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