Mediterrane Gärten weltweit
von: Dipl.-Ing. Maria Sansoni-Köchel"Die Deutschen bauen ihre Gärten, die Briten pflanzen ihre Gärten und die Spanier schneiden ihre Gärten!" An diesem Bonmot ist viel Wahres: Mediterrane Gärten rund um die Welt verraten meist ihre Erbauer. Gehören sie Briten, finden sich gepflanzte Gartenzimmer, mit Hecken abgetrennt. Eine Fülle verschiedenster Spezies zeugt von deren Pflanzenliebe. Die Gärten deutscher Feriendomizile hingegen sind vonvoluminösen Steinarbeiten dominiert.
Mediterrane Europäer wiederum verfallen der alten Tradition, alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist, zu schneiden. Egal, ob das eigentlich blühende Duranta oder Teucrium sind oder die Klassiker Buchs & Liguster. In der neuen Welt - sei es Australien oder Kalifornien - erkennt man an den Gärten entweder die Wurzeln der Auswanderer, oder es finden sich atemberaubend moderne Kreationen, die uns viele Inspirationen geben können.
Was macht einen mediterranen Garten aus?
Anders als in vielen deutschen Gärten spielt nicht der Sichtschutz die Hauptrolle - die Gabionenhersteller müssten sich dort die Haare raufen. Vielmehr ist es der Schatten. Im Zentrum des Innenhofes steht deshalb der Hausbaum, bevorzugt ein im Winter laubloses Gehölz wie die Feige oder die Maulbeere. Denn man darf nicht vergessen, dass die meisten mediterranen Gegenden Winterregengebiete sind, in denen die Winter kühl, nass und ungemütlich sein können. Das Licht soll dann bis zum Boden fallen können. Im Sommer sollte der Schatten tief und möglichst lückenlos sein, eine grazile Gleditsia wäre also nicht erste Wahl. In ständig heißen Ländern werden dagegen immergrüne Ficus als Schattenbaum bevorzugt. In nahezu allen Gärten findet sich ein Laubengang, in großen Parkanlagen oft über 100 m lang, um darunter im Schatten zu wandeln. Oft wird auch der Weg vom Parkplatz zum Haus schattiert, die Metallgestelle überwuchert mit einer Vielzahl von Kletterpflanzen, allen voran Bougainvillea, Sternjasmin oder Laubenwein.
Und dann die Hitze
Kühlend wirkt natürlich nicht nur der Schatten, sondern auch das Wasser. Wasser ist nun von zwei Seiten zu beleuchten: Zur Kühlung und zur Bewässerung. Zum einen wirkt Wasser als kühlendes Stilelement in Form von ruhigen Teichen oder Wasserbändern. In maurischen Gärten sollten die klaren Wasseroberflächen auch als Spiegel dienen, um mögliche Feinde rasch zu erkennen. Zum anderen zählt natürlich auch das entspannende Geräusch bei plätschernden Brunnen oder Wasserfällen.
Selbstverständlich findet sich in über 90 Prozent aller mediterranen Gärten ein Pool. Schon längst ist man im gehobenen Segment von den quietschblauen Farbtönen abgekommen, vielmehr erwecken dunkle Braun- beziehungsweise Graublautöne in geflammten Glasuren den Eindruck natürlichen Wassers. In nicht seltenen Fällen kann das Wasser gekühlt werden. Wer je in einem zu warmen Pool erschöpft hin und her paddelte, versteht, welcher Luxus das sein kann.
Wasser darf nicht nur als Spielerei gesehen werden, sondern als Lebenselixier. Die Briten verhielten sich in alten Kolonialzeiten wie Trampeltiere und bewässerten, was das Zeug hielt. So entstanden saftig grüne Oasen inmitten von ägyptischem Wüstenstaub - ähnlich bizarr wie die kreisrunden Äcker in den Arabischen Emiraten. Heute wird viel kritischer auf den Wasserverbrauch geachtet, das "Dry-Garden-Concept" immer wichtiger. Sehr erfahrene Protagonisten sind Olivier und Clara Filippi, die in ihrer Gärtnerei bei Montpellier viele Testflächen haben, in denen nur im Jahr der Pflanzung gewässert wird. Sie probieren viele Rasenersatzpflanzen aus, um auch in trockenen Gegenden das gestalterische Element des "Rasens", beziehungsweise einer grünen, flach bewachsenen Fläche, zu erhalten.
Die Pflanzenkenntnis und -auswahl spielt bei diesem Dry-Garden-Concept die Hauptrolle. Nun ist das Überleben dieser oder jener Art nicht rund ums Mittelmeer gleich, es bedarf also einer Vielzahl von Erfahrungen, welche Arten gelingen. Freilich gibt es einige Allrounder wie den kriechenden Rosmarin, die fast immer überleben und gut gedeihen.
In der Tradition der alten maurischen Gärten darf der Duft niemals fehlen. In die vormals klassisch viergeteilten Gärten mussten immer auch verschiedene Citrus gepflanzt werden, an den Laubengängen rankten duftende Geißblatt oder Jasmin-Arten. Lange habe ich sinniert, warum der Duft in den mediterranen Gärten eine so viel größere Rolle spielt als in unseren mitteleuropäischen. Nach vielen im Süden verbrachten Tagen und vor allem Nächten weiß ich es: Dort spielt sich das Leben draußen vor allem in den Abend- und frühen Nachtstunden ab. Und da verblassen alle Farben, nur Weiß strahlt noch in der Nacht. Der Duft hingegen durchweht weite Gartenteile. Daher spielen nachts duftende Pflanzen aus der Familie der Nachschattengewächse die Hauptrolle: der Galan der Nacht (Cestrum nocturnum), die Engelstrompete (Brugmansia) oder Brunfelsia. Alles auch schattenertragende Arten, die im dunkleren Innenhof gedeihen können.
Zwischen den drei Eckpunkten Schatten-Wasser-Duft spielt sich in allen Facetten die Gestaltung mediterraner Gärten ab. Charmant altmodische Gärten im englischen Stil stehen neben hypermodernen Kreationen mit Cortenstahl.
Um eine südliche Stimmung zu erzeugen, muss die Pflanzenauswahl nicht zwingend Palmen einschließen. Schließlich sind rund um das Mittelmeer nur zwei Arten heimisch, die Zwergpalme Chamaerops humilis und Phoenix theophrastii. Alle anderen Palmen sind vom Menschen eingeführt. Zurzeit geht wie eine tödliche Seuche der Palmenrüsselkäfer um, einmal befallene Exemplare sterben unweigerlich ab. Wer nicht intensiv chemischen Pflanzenschutz betreibt, muss mit Totalausfall rechnen. Ein kleiner Trost ist also die Vorstellung, dass in grauer Vorzeit kaum Palmen die Ufer rund um das Mittelmeer schmückten. Vielmehr waren es Pinien, Zypressen, Tamarisken und andere.
Interessanterweise gibt es viele auch bei uns winterharte Pflanzen, die das Bild in mediterranen Gärten bestimmen, man denke nur an Hortensien oder Hosta in den schattigeren Bereichen, viele Stauden wie Stachys oder Ziergräser. Für einige markante Gesellen finden sich Doubles, da kann eine Pyrus salicifolius Pendula eine Olive verkörpern. Gleditsia triacanthos steht für Acacia ("Mimosen") und Broussonetia erinnert an eine Feige. Nur Palmen lassen sich nicht ersetzen, und wenn noch so oft im Internet von "winterharten Palmen" die Rede ist, das gilt nicht für normale mitteleuropäische Winter.
Entscheidend für eine mediterrane Ausstrahlung sind neben der Pflanzenauswahl natürlich die Steinarbeiten. Platten in warmen Erdfarben wie Travertin spielen dem Gestalter in die Hände. Eine Ausführung dieses Themas ergäbe jedoch einen eigenen Artikel. Und nicht vergessen: Es muss nicht immer perfekt sein. Gerade der morbide Charme abbröckelnder Mauern weckt mediterrane Assoziationen.
NL-Stellenmarkt
Meine Favoriten unter den mediterranen Gärten
An der Seite britischer Gartenfreunde bin ich vor allem mit der Mediterranean Garden Society (MGS) durch die halbe Welt gereist. Die MGS ist ein lockerer Zusammenschluss von Pflanzenfreunden, Liebhaber oder Fachleute, die meist ein Domizil in mediterranen Ländern besitzen. Sie eint das Interesse, wie Gärten in diesem Klima funktionieren, und aus den Fehlern der anderen lässt sich bekanntlich am besten lernen. Mediterrane Gärten aller Couleur werden besichtigt, die Türen sonst verschlossener Paradiese öffnen sich. Der Spannungsbogen reicht von einem riesigen Garten mit 45 ha auf Mallorca bis zu einem winzigen Troggarten rund um ein Ferienhaus auf Kreta. Ein üppig bewässerter Garten, der die britische Vorliebe für grünen Rasen widerspiegelt, steht der streng nach dem "Dry Garden Concept" entworfenen Anlage mit einheimischen Pflanzen gegenüber. Dieses Konzept geht davon aus, dass nur im Jahr nach der Pflanzung gegossen wird. Dann nicht mehr, egal wie gnadenlos sengend die südliche Sonne ist. Gepflanzt wird im mediterranen Klima in aller Regel im Herbst, um die dann folgenden Winterregen zu nutzen. Dicke Mulchschichten, beispielsweise mit zehn Zentimeter Kalkschotter, unterbinden die Verdunstung aus dem offenen Boden. Viele der Privatgärten dürfen nicht fotografiert und geschweige denn veröffentlich werden. Die folgende Auswahl meiner Favoriten ist deshalb unvollständig, viele bewunderte und geliebte Privatgärten sind "top secret" und müssen außen vor bleiben.
Ein kalifornisches Kleinod
Gefragt nach meinem allerschönsten Garten, muss ich einen Platz nennen, der auf den ersten Blick gar nicht spektakulär angelegt und bepflanzt ist. Vielmehr fügt er sich in souveräner Bescheidenheit in die Umgebung - ein phantastischer Blick auf die Küste vor Carmel, unter windgebeugten Cupressus macrocarpus. Der australische Landschaftsarchitekt Bernard Trainor versteht es meisterlich, den Spirit der Location auf sich wirken und dann zur Geltung kommen zu lassen. Das ist GartenKUNST und LandART. In diesem Garten hatte ich das Gefühl, angekommen zu sein und nie wieder weg zu wollen. Die Bepflanzung war sparsam, völlig den dominanten Zypressen untergeordnet, mit salzverträglichen Gräsern, Sukkulenten und Blütenstauden, die die Gischt ertragen. Stilbildend ist ein Staketenzaun aus Kastanienhölzern, dicht an dicht gesteckt, mit unregelmäßiger Kante. Ein Kunstwerk für sich.
In den Bergen über Santa Cruz
Mein zweiter Favorit ist nicht weit davon entfernt, oberhalb der Monterey Bay in den Bergen Nordkaliforniens gelegen. Am Rande einer Stierfarm baute sich das Ehepaar, gut situierte Landwirte, hier im Lauf der Jahre am Rande ihrer Besitzungen ein Refugium. Grund und Boden standen beliebig zur Verfügung, einzig das Wasser ist und bleibt immer knapp. Einige Landschaftsarchitekten durften hier peu à peu ein Gartenzimmer nach dem anderen hinzufügen. So entstand beispielsweise neben einem grau-weiß-silbern gehaltenen Mondgarten ein Indianergarten mit Trauerweide, Tipi und Teich. Ein in Rosttönen gehaltener Bereich ist mit seltenen urtümlichen Restio-Gräsern bestückt. Sie erinnern an Schachtelhalm oder Bambus oder Sauergräser, je nach Art, und brauchen zur Keimung Feuer. Natürlich darf der Pool nicht fehlen, hier spart selten ein Bauherr am Wasser.
Hypermodernes Australien
Pardon, kein Privatgarten, aber dennoch unglaublich bereichernd, lehrreich und staunenswert: Der Botanische Garten von Cranbourne, in den Außenbezirken von Melbourne gelegen und erst vor wenigen Jahren neu eröffnet. Hier vereint sich perfekte, mutige Landschaftsarchitektur mit einer phantastischen Sammlung seltener Pflanzen, gestalterische Elemente werden ebenso getestet wie verschiedene Mulchmaterialien oder Bodendecker. Die Wappenblume von New South Wales, Swainsona formosa, wird auf ockerrotem Boden quasi wie eine Diva in Szene gesetzt. Ich selber plagte mich viele Jahre mit der Kultur dieser bei uns kurzlebigen Rarität, hier legte sie vor den Augen der Besucher unterhalb der Balustrade aus Edelstahl ein Solo auf das Parkett, das jedem Künstler und jedem Botaniker die Freudentränen in die Augen trieb.
Ein Garten mit "Eingeborenen"
Die Australier sind Innnovationen gegenüber nie abgeneigt. Und so generierten sie einen Preis für den schönsten Garten mit einheimischen Pflanzen, den jährlich verliehenen "Nature Garden Award". So verbindet sich die Liebe zur heimischen Pflanze mit gekonnter Gestaltung. Ein sehr liebenswertes, fast schon ein bisschen altmodisch anmutendes Beispiel für einen Garten mit ausschließlich australischen Pflanzen fand ich in den Dandenong Bergen. Trotz vieler Notizen konnte ich mir nicht alle gepflanzten Arten einprägen, zumal wir kurz vorher noch bei einer phantastisch sortierten Native Plant Nursery waren. Auch verzichtet die Inhaberin aus ästhetischen Gründen auf Schilder. So bleiben also nur ein paar Eyecatcher im Gedächtnis - genug Eindruck, um diese Idee zu unterstützen.
Die sechs Gärten des Pierre Bergé
Im Herzen der Provence gelegen, versteckt, nur mit einem kleinen namenlosen Klingelknopf versehen, mögen diese Gärten stellvertretend für die vielen "Hidden Paradises" stehen, die mich bezaubert haben. Im Laufe der Jahre kaufte Pierre Bergé zusammen mit seinem Lebenspartner Yves Saint Laurent sechs kleine, zusammenhängende Grundstücke und verband sie zu einer bezaubernden Gartenwohnung. Jedes dieser sechs Gartenzimmer wirkt anders, Spiegelfenster in den Hecken vergrößern die optische Wirkung. Allerlei Schnickschnack wie antike Vogelkäfige sind zwar in ihrer Menge an der Grenze des Erträglichen, ich bin mir jedoch sicher, dass sie den Geschmack vieler Zeitgenossen treffen.
Eine Orgie in Weiß
Der Schweizerin Helene Lindgens und ihrem Mann waren bei der Planung ihres mallorquinischen Gartens drei Dinge wichtig: Weiß, weiß, weiß. Die mitplanende Landschaftsarchitektin Andrea Lechte wurde zu manch ungewöhnlicher Stunde angerufen und mit dem entsetzten Aufschrei "Andi, Hilfe, die weißen Zistrosen blühen rosa!" aus dem Bett gescheucht. Wie jedem Pflanzplaner bekannt, stimmen die gelieferten Sorten nicht immer mit den bestellten überein, eigentlich rein weiße Partien weisen dann plötzlich ein rosa Auge auf, auch kommen bunt durchmischte Partien vor oder völlig falsche Farben. Wenn sich beispielsweise die rein weiße Bobby James, eine fast gewalttätig wachsende reinweiße Kletterrose, als namenloses rosa Wunder entpuppt oder in der Mischung von weißem Papaver das komplette Farbenspektrum aufleuchtet. Eigentlich bezaubernd, aber nicht an dieser Stelle.
Der Garten entstand auf einem völlig platten Stück Land, ohne Meerblick, in the middle of nowhere. Dies wirkte auf Bauherrin und Landschaftsarchitektin wie die weiße Leinwand auf einen Maler - Inspiration war angesagt. Es entstand ein streng formaler Garten mit streifig angelegten Bepflanzungen. Im Bereich vor dem Haus spendet ein Altbestand an Bäumen Schatten, neckischerweise lässt sich der Sitzplatz unter diesen Baumriesen nur durch Sprünge über kleine Hecken erreichen. Drückt das aus, wie selten die rastlose Besitzerin dort sitzt oder soll man möglichst lange sitzen bleiben, wenn man denn den Weg dorthin gefunden hat?
Der etwas entfernte, streng formale Pool ist über einen Wandelgang aus geschnittenen Cupressus zu erreichen. Typisch für viele neue Gärten: Ein wohl modulierter Küchengarten, der nicht nach dem Erwerbsgedanken konzipiert ist: Kostbare Cortenstahlbecken ermöglichen ein rückenschonendes Gärtnern und Ernten, die Nähe zum Haus ist einerseits sehr sinnvoll, andererseits erzwingt sie einiges Grübeln - abgeerntete Kohlflächen sehen eben nicht unbedingt dekorativ aus. Diese Küchengärten sind natürlich weit davon entfernt sich zu amortisieren, dennoch befriedigen sie ein tiefes Bedürfnis nach eigenem Obst und Gemüse, nach der einen oder anderen seltenen wohlschmeckenden Tomatenrarität oder phantastischen Kartoffelsorten, die man sonst vielleicht nur in Paris auf dem Großmarkt finden kann.
Ihr Garten hat inzwischen so viele Gartenfreunde begeistert, dass Helene Lindgens nun, in Kooperation mit einer Gartengestaltungsfirma, selbst Gärten plant und anlegt. Ja, und erstaunlicherweise sind es die Klassiker, die anfänglich so bezaubern, die einen aber zunehmend langweilen: Rosen, Rosen, Rosen. Gärten mit lieblichen Rosenbögen, Rosenstämmen, Rosenbeeten.
Erstrecht, wenn man sich viele Jahre mit den Schattenseiten dieser Divenplagen musste, aber auch, weil die ewig gleiche liebliche Wirkung einfach irgendwann fade wird. Eine allseitige Entschuldigung an alle Rosenfreunde, verbunden mit einem: "Und trotzdem liebe ich sie". Man muss jedoch konstatieren, dass Rosen in mediterranen Gebieten wesentlich weniger Krankheiten haben. Pilzliche Erreger spielen wegen des im Sommerhalbjahr fehlenden Regens praktisch keine Rolle.
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