Sichtfeldnorm für Erdbaumaschinen ist nicht sicher genug

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Bagger mit Seitenkamera, Seitenansicht: Hier ist zu vermuten, dass die fünf ADCO-Kriterien eingehalten wurden. Foto: BG BAU

Anfahren, Überfahren und zum Beispiel bei Baggern zusätzlich das Anschwenken von Personen gehört zu den Hauptunfallschwerpunkten beim Betrieb von Erdbaumaschinen. Vor diesem Hintergrund wurden mit dem Durchführungsbeschluss 2015/27 der EU-Kommission vom 7. Januar 2015 die in der harmonisierten Norm EN 474-1:2006+A4:2013 "Erdbaumaschinen - Sicherheit - Teil 1: Allgemeine Anforderungen" beschriebenen Anforderungen an das Sichtfeld von Erdbaumaschinen als nicht ausreichend sicher beurteilt.

Die Kommission kam nach entsprechender Prüfung zu dem Schluss, dass die nach dieser Norm entwickelten und hergestellten Maschinen dem Fahrer keine ausreichende Sicht ermöglichen, um die Maschine ohne Gefährdung des Fahrers oder Dritter zu betreiben. Diese Maschinen erfüllen deshalb nach Auffassung der Kommission nicht die grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen von Anhang I der Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG). Dieser Beschluss trat am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Die Veröffentlichung erfolgte am 08.01.2015. Somit ist der Beschluss seit dem 28. Januar 2015 in Kraft. Neben der EN 474-1:2006+A4:2013 ist hiervon auch die Norm ISO 5006:2006 (Earth-moving machinery - Operator's field of view - Test method and performance criteria) betroffen. Die ISO 5006 wurde zwischenzeitlich überarbeitet und verbessert. Sie gewährleistet aber aus Sicht europäischer Arbeitsschützer noch keine ausreichende Sicht für mittlere und größere Bagger. Die EN 474 befindet sich in der Überarbeitung mit dem Ziel, möglichst zeitnah neue Kriterien für das Sichtfeld von Erdbaumaschinen zu entwickeln. Hierdurch soll zukünftig für alle Erdbaumaschinen ausreichende Sicht ermöglicht werden, um diese ohne Gefährdung des Fahrers oder Dritter zu betreiben.

Die Koordinierungsgruppe der europäischen Marktüberwachungsbehörden (ADCO) hat den Normungsgremien fünf Punkte genannt, die in einem ersten Schritt in die Norm eingeführt werden sollten:

- Direktsicht muss immer Priorität haben,

- die Sicht im Nahfeld muss durch die Reduktion der Höhe des Messkörpers von 1,5 m auf 1,0 m verbessert werden,

- Sichthilfsmittel wie Kamera-Monitor-Systeme oder Spiegel müssen in Vorwärtsrichtung angebracht sein,

- Sichthilfsmittel dürfen nicht durch bewegliche Teile der Maschine, zum Beispiel Baggerarm, beeinträchtigt werden,

- Spiegel-zu-Spiegel-Systeme sind nicht zulässig.

Inwieweit diese Punkte für alle Maschinenarten und -größen eins zu eins umsetzbar sind, ist zurzeit noch nicht geklärt. In den zuständigen Normungsgremien wird daran gearbeitet, eine sichere und auch von der ADCO akzeptierte Lösung zu erarbeiten. Es ist damit zu rechnen, dass dies bis Ende 2017 dauern wird.

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Bagger mit Rückkamera, Ansicht von hinten. Foto: BG BAU

Auswirkungen für Käufer neuer Erdbaumaschinen

Da nach Auffassung der EU-Kommission die Sichtfeldanforderungen der EN 474-1:2006+A4:2013 nicht ausreichen, um alle hiernach gebauten Maschinen ohne Gefährdung von Personen zu betreiben, muss der Hersteller seit dem 28.01.2015 im Rahmen seiner Risikoanalyse auf der Basis des Anhangs I der Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG) die Sichtverhältnisse seiner Maschine überprüfen und diese so konstruieren, dass die Maschine ohne Gefährdung des Fahrers oder Dritter betrieben werden kann. Eine Möglichkeit für ihn ist zum Beispiel sich bereits jetzt an den fünf Punkten der ADCO zu orientieren. Als Käufer einer neuen Erdbaumaschine sollte man einen Nachweis darüber verlangen, wie der Durchführungsbeschluss 2015/27 der EU-Kommission vom 7.Januar 2015 vom Hersteller berücksichtigt wurde. Auch hier bietet sich die Möglichkeit, sich an den fünf Punkten der ADCO zu orientieren.

Auswirkungen für Betreiber von Bestandsmaschinen

Ist die Kommission wie in diesem Fall zu der Auffassung gelangt, dass eine harmonisierte Norm den von ihr erfassten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen des Anhangs I nicht vollständig entspricht, so kann sie nach einem diesbezüglichen Beschluss zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Personen veranlassen, dass Maschinen, die nach der mangelhaften Norm entwickelt wurden, bestimmten Einschränkungen unterliegen. Von dieser Möglichkeit hat die Kommission in diesem Fall keinen Gebrauch gemacht.

Unabhängig hiervon muss der Betreiber einer Erdbaumaschine in seiner Gefährdungsbeurteilung auch die Sichtverhältnisse des Fahrers auf den Fahr- und Arbeitsbereich und auf die Randbedingungen des Einsatzortes berücksichtigen und Schutzmaßnahmen festlegen, die dem Stand der Technik entsprechen. Die Informationen über den EU-Beschluss geben ihm weitere Hinweise für seine Gefährdungsbeurteilung.

Das Sachgebiet Tiefbau im Fachbereich Bauwesen der DGUV hat auf seiner Sitzung am 26.03.2015 eine Empfehlung beschlossen, um den Betreibern von Erdbaumaschinen eine praxisorientierte Hilfe bei der Gefährdungsbeurteilung anzubieten.

Literatur

Diese Empfehlung kann unter folgendem Link eingesehen werden: www.dguv.de/fb-bauwesen/ sachgebiete/tiefbau/erdbau/sicht-beim-einsatz-von-erdbaumaschinen-und-walzen/index.jsp

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