Schiefstand, Kümmerwuchs oder Absterben

Während die Politik umfangreiche Programme zur Anpassung des deutschen Waldes an den Klimawandel diskutiert, haben Städte und Gemeinden das Thema Klima bei der Auswahl und Pflanzung von Straßenbäumen längst angepackt. Leipzig hat gerade ein Straßenbaumkonzept bis 2030 vorgelegt. Besonders berücksichtigt werden dabei neue Baumarten, die langanhaltende Trockenheit und Hitze vertragen. Wolfsburg pflanzt in seinen Straßen bereits seit Herbst 2018 zu zwei Dritteln Klimabäume nach. Alzenau in Unterfranken plant an einer beliebten Verbindungsstraße eine Klimabaum-Allee. Auch die BUGA-Stadt Heilbronn hat für seinen Stadtgarten an der Harmonie entschieden, bei Neupflanzungen ausschließlich auf Klimabäume zu setzen.

Mit der Schattentoleranz von Straßenbäumen beschäftigt sich Prof. Dr. Andreas Roloff von der TU Dresden. Nicht jede Baumart kommt dauerhaft mit wenig Licht zurecht. Am besten schaffen es Eibe und Rot-Buche, am schlechtesten Birke und Kiefer. Um in Straßenschluchten und alten Parkanlagen Schiefstand, Kümmerwuchs oder Absterben zu verhindern, tut eine informierte Baumartenwahl Not. Es gilt jedoch auch: An tief schattigen Standorten kann schon eine Sonnenbestrahlung der Bäume von wenigen Stunden täglich die Energieverluste des restlichen Tages ausgleichen.

Prof. Dr. Sonja Dümpelmann von der University of Pennsylvania wirft einen Blick auf die Geschichte der systematischen Bepflanzung von Stadtstraßen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Exemplarisch stellt sie New York und Berlin in den Mittelpunkt. Die Reichshauptstadt galt Amerikanern lange als Muster für Straßenbaumpflanzungen. Die Lindenreihen des Berliner Prachtboulevards waren Vorbild für New York und Washington D.C. Bäume bilden für die Städte bis heute zentrale Bezugspunkte. In Notzeiten dienten sie als Brennholz, in Umbruchphasen riefen sie Aktivisten auf den Plan. Im Klimawandel wird besonders ihr kühlender Effekt hervorgehoben.

Ihr Christian Münter