Geklärt: Regenabfluss von Verkehrsflächen

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Umweltschutz
Bernd Kiffmeyer (links), Carsten Dierkes (mitte), Klaus W. König. Foto: Göller, fbr
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Anwendungsbeispiel Firmenparkplatz.

Wasserdurchlässig befestigte Flächen gibt es seit den 1980er Jahren. Lange wurden sie mit großer Skepsis beobachtet. Setzen sie sich nach Jahren intensiver Nutzung zu und können sie dann wieder regeneriert werden? Ein weiterer Aspekt kam hinzu: Öffnen solche Beläge den Schadstoffen den Weg ins Grundwasser? Die nächste, jetzt verfügbare Generation wasserdurchlässiger Flächenbeläge bringt Antworten auf diese Fragen. Straßen, Parkplätze, Lagerflächen und Gewerbeareale können nun in großem Stil zur Versickerung herangezogen werden - und müssen es nach aktueller Gesetzeslage auch! Geprüfte Belagsysteme helfen, lokale Überflutungen zu vermeiden und schützen das Grundwasser, indem sie Schadstoffe zurückhalten.

Hohe Infiltrationsleistungen waren in den 80ern und Anfang der 1990er Jahre das entscheidende Qualitätskriterium für wasserdurchlässige Flächenbeläge. Die damals verfügbaren ökologischen Pflastersysteme erfüllten die Anforderungen weit über die Versickerungsfähigkeit hinaus, die in unseren Breitengraden erforderlich wäre. Die dauerhafte Funktion oder auch die Qualität des versickernden Niederschlagswassers fanden damals weniger Beachtung.

Historie

In den 90ern wurden am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Universität Essen unter anderem umfangreiche Untersuchungen über das Rückhaltevermögen von wasserdurchlässigen Verkehrsflächen gegenüber verkehrsbedingten Verunreinigungen aus dem Regenabfluss durchgeführt. Schwerpunkt hierbei war die Wirkungsweise von Oberbauten (Pflasterdecken und Tragschichten) bei Verwendung von Mineralstoffen unterschiedlichen geologischen Ursprungs wie zum Beispiel Tragschichten aus Kalkstein, Basalt, Grauwacke und Kies. Eine Kooperation der Betonwarenhersteller Klostermann und Godelmann beteiligte sich am Forschungsprojekt, brachte ihre Erfahrungen ein und entwickelte die Produkte qualitativ weiter. Im Modellversuch wurde die "Schadstoffbelastung" eines Beaufschlagungszeitraumes von 50 Jahren simuliert. Das führte 2006 zur ersten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) eines wasserdurchlässigen Flächenbelags mit Schadstoffrückhalt, ausgestellt durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin.

Aktuelles

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG 2009) gilt in Deutschland seit 01.03.2010. Es verpflichtet Behörden, Planer und Bauinvestoren, umzudenken und bisherige Entscheidungspfade zu verlassen. Hinter dieser Gesetzesnovelle steht unter anderem die Absicht, die Wasserbilanz auch in Siedlungsgebieten den natürlichen Verhältnissen wieder anzunähern. Konkrret bedeutet das, durch Versickerung von Regenwasser das Absinken des Grundwasserspiegels zu vermeiden. Auch soll durch Verdunsten der Niederschläge der Aufheizung in Städten begegnet werden. Zudem müssen wir uns den Gefahren von Starkregen, Überflutung und Klimaveränderung stellen. Das WHG nennt dazu zwei wesentliche Ziele:

- Niederschlagswasser darf nicht mehr mit Schmutzwasser vermischt, sondern muss ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden (§ 55, 2).

- Dabei muss die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten werden, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist, um den Schutz der Gewässer zu gewährleisten (§ 57, 1).

Stand der Technik ist mittlerweile Flächenbeläge aus Beton als wasserdurchlässige Verkehrsflächen herzustellen, mit der erforderlichen Versickerungsleistung und zugleich mit der Filterfunktion, um Schadstoffe aus dem Oberflächenabfluss dauerhaft zurückzuhalten. Möglicherweise ist das allein mit technischem Vorstellungsvermögen schwer zu erfassen. Jedoch wird die Tauglichkeit durch die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung bescheinigt. Sie stammt vom Sachverständigenausschuss des DIBt, in dem neben technisch versierten Mitgliedern auch erfahrene Wissenschaftler, Forscher und Behördenvertreter tätig sind. Die Flächenbeläge der nächsten Generation sind vollkommen regelwerkskonform. Das heißt, es handelt sich nicht um eine Sonderbauweise. Alle geltenden deutschen Regelwerke werden nach dem Stand der Technik eingehalten. Somit gehen Planer kein Risiko ein, was die Bauweise angeht.

Im Kostenvergleich mit anderen dezentralen Entwässerungsvarianten wie Filterrinne oder Filterschacht schneiden Flächenbeläge, die das Regenwasser vor der Versickerung qualitativ entsprechend behandeln, bestens ab. Dennoch geschieht die Umsetzung noch zögernd. Ursachen dafür, Hindernisse bei Planung und Vergabe sowie Vorbehalte bei Fachbehörden sollen in diesem Beitrag aufgespürt werden.

Die Thematik nahm ich mit auf die Messe ISH, Anfang März in Frankfurt/Main, zum Stand der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr) und befragte Dr. Carsten Dierkes, Professor für Wasserwirtschaft, Schwerpunkt Abwasser, an der Frankfurt University of Applied Sciences sowie Mitglied im Sachverständigenausschuss "Bauprodukte und Bauarten zur Behandlung und Versickerung von mineralölhaltigen Niederschlagsabflüssen" am DIBt, und Bernd Kiffmeyer, technischer Sprecher der Initiative "Ecosave protect" der Betonsteinhersteller Klostermann und Godelmann, in einem Interview.

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Technische Regeln für die Planung, Bemessung und Herstellung von Flächenbelägen

– Arbeitsblatt DWA-A 138 Planung, Bau und Betrieb vonAnlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser, Ausgabe 2005, Deutsche Vereinigung fü?r Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)

– Merkblatt DWA-M 153 Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser, Ausgabe 2007, DWA

– RStO 12 Richtlinien fü?r die Standardisierung desOberbaus von Verkehrsflächen, Ausgabe 2012, Forschungsgesellschaft fürStraßen und Verkehrswesen (FGSV)

– TL Pflaster-StB 06 Technische Lieferbedingungenfü?r Bauprodukte zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen undEinfassungen, Ausgabe 2006, FGSV

– ZTV Pflaster-StB 06 Zusätzliche TechnischeVertragsbedingungen und Richtlinien fü?r den Bau von Pflasterdecken,Plattenbelägen und Einfassungen, Ausgabe 2006, FGSV

– RAS-Ew Richtlinien fü?r die Anlage von Straßen (RAS), Teil Entwässerung (RASEw), Ausgabe 2005, FGSV

– TL SoB-StB 04 Technische Lieferbedingungen fü?rBaustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohneBindemittel im Straßenbau, Ausgabe 2004, FGSV

– Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbelägen,Teil 1: Regelbauweise (ungebundene Ausführung), Ausgabe 2003, FGSV

– Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen M VV R2, Ausgabe 2013, FGSV

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Die wasserdurchlässigen Flächenbeläge können dauerhaft mehr Niederschlagsmenge als den Bemessungsregen versickern.
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Bei DIBt-geprüften Systemen werden die Schadstoffe zurückgehalten. Entscheidend dafür sind das Material und die Abmessungen von Fuge und Bettung.

Interview

König: Herr Dr. Dierkes, Sie unterrichten Siedlungsentwässerung und Regenwasserbewirtschaftung. Ihre Hochschule ist die Frankfurt University of Applied Sciences. Um an diese englischen Begriffe anzuknüpfen: Die bisherige Strategie der Siedlungsentwässerung nennt man "End-of-Pipe". Die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung ist praktisch das Gegenteil "Source-Control". Handelt es sich hier um ein neues Prinzip oder die logische Fortsetzung bisheriger Maßnahmen?

Dierkes: Die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung stellt einen Paradigmenwechsel in der Stadtentwässerung dar, ist aber nicht ganz neu. Im Prinzip nähert sich die Regenentwässerung mehr den natürlichen Verhältnissen des Wasserkreislaufs an. Das alte Ableitungsprinzip, bei dem das Regenwasser gesammelt und schnellstmöglich in einer Kanalisation aus der Stadt geleitet wird, stößt an seine Grenzen. Schadstoffe können nicht ausreichend kontrolliert werden und gefährden die Gewässer. Die Klimaveränderung führt zu Überflutungen, die von zentralen Kanalsystemen nicht mehr kontrolliert werden können. In Zukunft heißt es Versickern und Verdunsten statt Ableiten, auch und gerade in Stadtzentren und von Verkehrsflächen.

König: Herr Kiffmeyer, Sie sind bei dem Betonsteinhersteller Klostermann in der Objektberatung und Anwendungstechnik tätig. Ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit ist die sickerfähige Pflasterbauweise. Aus der langjährigen Arbeit konstituierte sich nun die gemeinsame Initiative "Ecosave protect - für die nächste Generation wasserdurchlässiger Flächenbeläge". Es handelt sich um Belagssysteme, die Regenwasser versickern und gleichzeitig Schadstoffe zurückhalten und so das Grundwasser schützen. Beschreiben Sie uns die Möglichkeiten und Grenzen bei der Anwendung dieser Flächenbeläge?

Kiffmeyer: In den 1980er Jahren drehte sich bei wasserdurchlässigen Flächenbelägen eigentlich alles nur darum, wie viel Wasser der Stein beziehungsweise das Belagssystem versickert. Es zählten allein die quantitativen Aspekte, also hohe Infiltrationsleistung. Auch wir hatten bereits 1984 die ersten Ökobeläge im Programm, die aufgrund der landesweiten Förderung in Nordrhein-Westfalen stark nachgefragt wurden. In Zusammenarbeit mit namhaften Instituten und Universitäten verstärkten die Unternehmen ihre Kompetenz in qualitativer Hinsicht. Seit diesem Zeitpunkt war nicht mehr alleine die Sickerleistung entscheidend. Der Schadstoff- rückhalt aus dem Abfluss und die dauerhafte Funktionstüchtigkeit des Systems standen jetzt im Mittelpunkt. Laboruntersuchungen und Gutachten erbringen heutzutage den Nachweis, dass ein Flächen-belag, bestehend aus Bettungs-, Fugenmaterial und Pflasterstein, Schadstoffe wie beispielsweise Schwermetalle und Mineralölkohlenwasserstoffe zurückhalten kann. Um dies dauerhaft zu gewährleisten, lässt sich das Belagssystem mit einem speziellen Reinigungsverfahrens regenerieren. So wurde 2006 der erste Antrag auf Erteilung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin gestellt.

König: Die Produkte sind seit geraumer Zeit vorhanden. Wie steht es um die Normen? Sind dauerhaft wasserdurchlässig befestigte Flächen mit Schadstoffrückhalt in den technischen Regeln bereits vorgesehen?

Kiffmeyer: Sowohl die alte Fassung aus dem Jahr 1998 als auch die 2013 aktualisierte Fassung des FGSV-Merkblattes für Versickerungsfähige Verkehrsflächen MVV berücksichtigen die neue Generation ökologischer Flächenbeläge mit abZ noch nicht ausreichend. Zumindest nach dem neuen M VV kann ein geringerer Abflussbeiwert in Ansatz gebracht werden, sofern entsprechende Erfahrungen (zum Beispiel: wissenschaftliche Untersuchungen oder unabhängige, gutachterliche Stellungnahmen) vorliegen. Auf die erweiterten Einsatzmöglichkeiten in Hinblick auf die verschmutzungsrelevanten Flächentypen nach Merkblatt DWA-M 153, die erhöhten Belastungsklassen bis Bk3,2 nach RStO 12 und einem reduzierten Grundwasserabstand von ? 1 m, wird im M VV bisher nicht eingegangen. Wasserdurchlässige Flächenbeläge mit abZ des DIBt sind ohne zusätzliche Entwässerung möglich und auch dort einsetzbar, wo herkömmliche Sickerpflastersysteme heute nicht mehr gestattet sind.

König: Neben der Versickerungsleistung von Flächenbelägen ist gerade in Stadtzentren die Verschmutzung des Oberflächenwassers ein heikles Thema. Deshalb musste früher das abfließende Regenwasser, insbesondere von Verkehrsflächen, zur Reinigung in die Kläranlage. Wie wir von Herrn Kiffmeyer bereits wissen, sind die Produkte nach dem Stand der Technik in der Lage, den Rückhalt der Schadstoffe aus dem Niederschlagswassers zu übernehmen. Erfahrungsgemäß hat die Wissenschaft Ideen und Lösungen, die noch darüber hinausgehen. Wie ist der Schadstoffrückhalt eines vollständig wasserdurchlässigen Pflasterbelags bei guten Produkten heute und wie wird er in der Zukunft sein?

Dierkes: Heute ist bekannt, dass gerade die Regenabflüsse von Verkehrsflächen die Gewässer am stärksten belasten. Abrieb von Bremsen und Reifen sowie Feinstaub und Tropfverluste verschmutzen das Niederschlagswasser. Bei der natürlichen Versickerung über einen belebten, bewachsenen Oberboden werden diese Stoffe gut zurückgehalten, so dass das Grundwasser nicht in Gefahr ist. Ähnliche Wirkmechanismen finden auch in einem auf den Schadstoffrückhalt optimierten wasserdurchlässigen Flächenbelag statt. Beton hat zum Beispiel eine anziehende Wirkung auf Kohlenwasserstoffe, spezielle Inhaltsstoffe in den Fugen sind auf den Rückhalt von Schwermetallen ausgelegt. Das gesamte Gefüge filtert auch feinste Partikel aus dem Wasser, und zwar in den obersten 2 cm, so dass sie wieder abgesaugt werden können. Hinzu kommt das ideale Anschlussverhältnis. Während in 1m2 Versickerungsmulde der Abfluss von mehreren Quadratmetern undurchlässiger Fläche zusammenfließt und die Schadstoffe konzentriert werden, ist das Verhältnis beim wasserdurchlässigen Belag lediglich 1:1. Allerdings gilt der Schadstoffrückhalt nicht für alle Aufbauten und Produkte. Viele Bauweisen waren früher lediglich auf ein möglichst hohes Schluckvermögen für das Wasser ausgelegt, darunter leidet der Schadstoffrückhalt. Bauaufsichtliche Zulassungen, die es seit dem Jahr 2006 gibt, ermöglichen den Planern und Behörden, die richtigen Produkte und Bauweisen einzufordern, um das Schutzgut Grundwasser nicht zu gefährden.

König: Starkregen ist in aller Munde, die Intensität der Niederschläge nimmt zu. Daraus ergeben sich unter Umständen sogar konkrete Gefahren für Objekte und eventuell auch für Personen. Wie ist es um die hydraulische Sicherheit bestellt, wenn bei entsprechendem Nachweis gemäß FGSV M VV keine zusätzliche Oberflächenentwässerung mehr erforderlich ist?

Kiffmeyer: Ökologische Flächenbeläge mit abZ müssen dauerhaft eine Sickerleistung von 270 l(sxha) nachweisen. Im Neuzustand leisten die Systeme ein Vielfaches der Anforderung. Liegt der Wert nach einigen Jahren unter den geforderten 270l(sxha), muss die Anlage regeneriert werden. Damit sind die Anforderungen weit höher als bei einer herkömmlichen Entwässerung über Abläufe und Kanalleitungen. Kann der Kanal bei Starkregen schon kein Wasser mehr aufnehmen, läuft von den wasserdurchlässigen Flächenbelägen mit abZ noch kein Tropfen Wasser ab. Dieser Rückhalt, insbesondere bei Starkregenereignissen, kann sogar noch durch eine geschickte Gefälleplanung (bei sickerfähigen Flächen ? 1 r) optimiert werden. Ein Belag, gefällemäßig als Wanne ausgebildet, hält Wasser bei Starkregen auf der Fläche zurück und versickert es zeitverzögert. Das kann auch bei Berechnung von Überflutungsnachweisen laut DIN 1986-100 für zu entwässernde Grundstücke von mehr als 800 m2 abflusswirksame Fläche Berücksichtigung finden. Die Leistungsfähigkeit der neuen Sickerbeläge bietet eine hohe Sicherheit und entlastet das bestehende Kanalsystem.

König: Üblicherweise sind Hochschulen und Institute mit neuartigen Verfahren mindestens ein Jahrzehnt gegenüber der Ausführung von Baumaßnahmen voraus. Denken Sie in der Forschung bereits an neue Möglichkeiten, wie wir die Siedlungsentwässerung effektiver und kostengünstiger realisieren können?

Dierkes: Die Zunahme des jährlichen Flächenverbrauchs beschäftigt die Wissenschaft und mittlerweile auch die Politik. Sicherlich können wir das Rad nicht zurückdrehen, aber, wie in vielen realisierten Projekten gezeigt, bedeutet eine Befestigung von Flächen nicht automatisch eine Versiegelung. Insofern wird die Mehrfachnutzung von Flächen immer wichtiger. Straßen und Parkplätze können zugleich Flächen sein, auf denen Regenwasser in der Stadt von Schadstoffen befreit und versickert wird. Weitere Anforderungen benennt das in Kürze erscheinende Regelwerk DWA-A 102, das unter anderem aus dem DWA-M 153 hervorgehen wird. Hier spielt vor allem die Verdunstung des Regenwassers eine wichtige Rolle, da in einem natürlichen Ökosystem in Deutschland zwischen 40 und 80 Prozent des Regenwassers verdunsten und nicht in Richtung des Grundwassers oder Oberflächengewässers abfließen. Und genau damit befasst sich auch die Forschung. Die Verdunstungsfähigkeit der Beläge wird in Zukunft immer mehr in den Fokus gelangen. Gleichzeitig bewirkt eine stärkere Verdunstung aber auch eine Zunahme der Luftfeuchtigkeit und verhindert die Überhitzung der Stadtzentren. Und sie hilft, die Feinstaubkonzentrationen zu senken. Der Betonstein entwickelt sich vom Entwässerungsstein zum Klimastein und hilft, die Lebensbedingungen in den Ballungsgebieten zu verbessern.

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Regenerieren der Belagsfläche durch eine spezielle Spül-Saug-Einheit, die den Schmutz durch rotierende Bewegungen aufweicht und aufsaugt.
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Wasserdurchlässige Flächenbeläge mit Schadstoffrückhalt bestehen als DIBt-geprüfte Systeme aus Stein, Bettung und Fuge. Fotos: Ecosave protect

König: Ideal wäre, wenn Sickerbeläge in Zukunft die Wassermassen von Starkregen komplett aufnähmen, die unerwünschten Schadstoffe zurückhielten und gleichzeitig keine Mehrkosten verursachten. Ist Wirtschaftlichkeit ein Argument für diese neue Generation von Pflasterbelägen? Oder konzentrieren sich die Hersteller nur auf die technischen Aspekte wie Wasserdurchlässigkeit und Schadstoffbindung?

Kiffmeyer: Sie dürfen nicht vergessen, dass die neue Generation der wasserdurchlässigen Flächenbeläge, wie wir sie aktuell anbieten, bereits andere Entwässerungssysteme wie Rinnen und Rohre ersetzen und sogar einen Teil der Aufgaben einer Kläranlage übernehmen. Insofern sind diese Entwässerungsbeläge sogar günstiger als die frühere Lösung nach dem Prinzip End-of-Pipe.

Dierkes: Die Wirtschaftlichkeit aller Maßnahmen der Siedlungsentwässerung ist ein extrem wichtiges Thema. Hierbei werden die Kosten für den gesamten Lebenszyklus der Systeme betrachtet, da vor allem die Wartung und der Betrieb von Entwässerungsanlagen kostspielig sind. Beim Neubau von Außenanlagen und Verkehrsflächen ist das wasserdurchlässige Pflaster im Kosten/Nutzen-Aspekt unschlagbar. Hierzu gibt es geprüfte Berechnungen und Nachweise. Im Bestand wird man oftmals zur Reinigung von belastetem Niederschlagswasser den Oberflächenabfluss in Substratmulden, Substratrinnen und Filterschächten vor der Versickerung filtern müssen. Das gilt auch für Flächen mit einer zu hohen Verkehrsbelastung. Eine Lösung für alle Anwendungsfälle sind die Pflaster daher sicher nicht, aber ein sehr großer Teil der Verkehrsflächen ließe sich so ausgestalten.

König: Bei technischen Neuerungen müssen oftmals Vorbehalte und Vorurteile ausgeräumt werden. Stehen bei den neuen Pflasterbelägen, die gleichzeitig versickern und Schadstoffe zurückhalten können, eher die Investoren, die Planer oder die Ausführungsbetriebe auf der Bremse?

Dierkes: Auftraggeber bei Kommunen müssen im öffentlichen Interesse viel Verantwortung übernehmen. Sie sind deshalb verständlicherweise vorsichtig, aber auf jeden Fall begeisterungsfähig für den Stand der Technik, so lange die Genehmigungsbehörden den Rücken stärken. Intensiv vom Straßenverkehr frequentierte, befestigte Flächen müssen auf Dauer und trotz anhaltender Verschmutzung wasserdurchlässig funktionieren. Nun kommt sogar eine weitere Funktion, die Reinigung des Oberflächenabflusses, dazu.

Erfreulicherweise sind weltweit mit entsprechenden Systemen gute Ergebnisse erzielt worden. Positiv ist auch, dass das Regenerieren des Belags mit dem Spül-Saug-Verfahren - im Durchschnitt nach etwa zehn Jahren erforderlich - von einigen spezialisierten Unternehmen seit langem angeboten wird. Die guten Erfahrungen müssen stärker an die Planer und Behörden herangetragen werden, damit der Fuß von der Bremse verschwindet. Deutschland ist ein Land der Innovation, das muss man wieder stärker auch in der Baupraxis spüren. Mit einer bauaufsichtlichen Zulassung erhalten Auftraggeber und Investoren außerdem eine Garantie des Herstellers, ausgestellt vom DIBt, einer neutralen, unabhängigen Instanz. Und diese bezieht sich bei der neuen Generation von wasserdurchlässigen Flächensystemen nicht nur auf die Produkte, sondern auch auf die Planung und die Verarbeitung.

König: Um noch einmal auf die Kosteneinsparung zu sprechen zu kommen, wenn die Ableitung durch Rinnen und Rohre und die Reinigung in der Kläranlage entfallen, müssen einige Teile der kommunalen Infrastruktur nicht oder nicht in der bisherigen Größe vorhanden sein. Welche Entwässerungsmaßnahmen und -einrichtungen für Regenwasser werden durch die neue Generation von wasserdurchlässigen Flächensystemen überflüssig?

Kiffmeyer: Im Bestand werden die vorhandene Kanalisation und Kläranlage weniger stark frequentiert, bei Neubauanlagen kann im Idealfall bei der getrennten Entwässerung auf Regenwasserkanäle ganz verzichtet werden. Regenwasser bleibt beziehungsweise versickert und verdunstet an Ort und Stelle, wobei die erhöhten Verdunstungseigenschaften der Beläge nicht unerheblich die negativen Auswirkungen des Klimawandels in der Stadt verringern.

König: Weitreichende Änderungen der Infrastruktur, wie von Herrn Kiffmeyer oeben geschildert, benötigen ein hohes Maß an Vertrauen, auch weil die Kosten für die Gestaltung von Straßen und Plätzen relativ hoch und die Lebensdauer der Anlagen und Bauteile lang sind. Sollten nicht die bereits erteilten bauaufsichtlichen Zulassungen der geeigneten Pflastersysteme genügend Vertrauen für Genehmigungsbehörden und Auftraggeber bieten, um einen Wandel der Denkprozesse und eingefahrenen Bauweisen in Gang zu setzen?

Dierkes: Die Versickerungsleistung und der Schadstoffrückhalt sind allein mit technischem Vorstellungsvermögen schwer zu erfassen, daher setzt sich der Sachverständigenausschuss des DIBt nicht nur aus technisch versierten Personen, sondern auch aus erfahrenen Wissenschaftlern, Forschern und Behördenvertretern zusammen. Ein solches Gremium in diesem Bereich ist weltweit einmalig. Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, einer so abgesicherten und geprüften Technik nicht zu vertrauen. Diese Flächenbeläge sind im Übrigen vollkommen regelwerkskonform. Es handelt sich nicht um eine Sonderbauweise. Alle geltenden deutschen Regelwerke werden nach dem Stand der Technik eingehalten. Somit geht der Planer kein Risiko ein, was die Bauweise angeht. Überspitzt gesagt, er kann gut schlafen. Währenddessen wird das gereinigte Abwasser, das in Deutschland laut Gesetz nichts anderes ist als gesammeltes Niederschlagswasser, sicher gereinigt. Außerdem füllt es zuverlässig die Grundwasservorräte auf. Auch, wie von der Natur vorgesehen, verdunstet ein Teil in die Atmosphäre. Und das auf Verkehrsflächen, die wir eigentlich umwelttechnisch schon abgeschrieben hatten. Innovationen für eine bessere Umwelt, die Geld sparen, eigentlich ein Idealfall für die Zukunft.

Zusammenfassung

Mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung geprüfte wasserdurchlässige Belagssysteme verhindern lokale Überflutungen, schützen das Grundwasser vor Schadstoffen und sind regenerierbar. Darüber hinaus verbessern derartig gebaute Verkehrsflächen das Stadtklima und sind ein vollständiges, dauerhaft funktionierendes Entwässerungssystem, das dem Stand der Technik entspricht.

Neu in das Bewusstsein rückt die Tatsache, dass nach Niederschlägen von den wasserdurchlässig befestigten Flächen auch Verdunstung stattfindet, sowohl aus dem Pflasterbett, den Fugen und je nach Belagssystem auch aus den Pflastersteinen selbst. Damit erhöht sich in der unmittelbaren Umgebung in erwünschtem Maße die Luftfeuchtigkeit. Gleichzeitig entsteht durch den physikalischen Vorgang der Verdunstung, gerade im Sommer, spürbare Kühlung. Beides dient als Ausgleich für das im Sommer unangenehme trocken-heiße Stadtklima.

Flächenversickerung mit Grundwasserschutz, insbesondere für Stadtzentren und stark frequentierte Verkehrsflächen, ist Stand der Technik. Nicht nachvollziehbar ist die schleppende Umsetzung in der Praxis, obwohl nach wie vor viel gebaut wird und die Klimaveränderung der Gesundheit der Stadtbewohner mehr und mehr zusetzt. Gerade öffentliche Auftraggeber und Genehmigungsbehörden sind gefragt, der nachhaltigen Gestaltung von Verkehrsflächen und der Ausführung befestigter Freiflächen im Sinne des seit mehr als fünf Jahren geltenden Wasserhaushaltsgesetzes zum Durchbruch zu verhelfen. Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) von wasserdurchlässigen Flächenbelägen bestätigt deren Eignung und gibt den Verantwortlichen die notwendige Absicherung. Das in der abZ genannte Wartungsintervall von circa zehn Jahren ist ohne weiteres machbar und finanziell darstellbar. Einer Umsetzung in die Praxis steht also nichts im Wege.

Dipl.-Ing. Klaus W. König
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