Shanghai-Exkursion der Hochschule Osnabrück
Faszinierend anders: Landschaftsbau im Reich der Mitte
Auf Einladung der Nürnberg Messe flogen 17 Studierende und zwei Betreuer der Hochschule Osnabrück Ende Mai zur internationalen Landschaftsbaumesse nach Shanghai. Neben dem Besuch der Messe "Greenery & Landscaping China Trade Fair" stand die Besichtigung von Baustellen, Büros und Gärten auf dem Programm. Eine Reise ins Reich der Mitte, wie sie eindrucksvoller kaum hätte sein können.
Messe GaLaBau China, wie in Nürnberg - nur kleiner
Die internationale Garten- und Landschaftsbaumesse Greenery & Landscaping China, kurz GLC, fand auf dem Gelände der ehemaligen Weltausstellung Green Expo 2010 statt, die großen Einfluss auf Infrastruktur und Ausweitung der Stadt hatte. Die Metro wurde von zwei auf 13 Linien erweitert und heute befinden sich auf dem ehemaligen Expo Gelände ein Park entlang des Huangpu-Flusses, weiterhin Messen und Ausstellungshallen und einige der westlich aussehenden Shopping-Malls, die überall in der Stadt zu finden sind.
Die GLC selbst konnte nicht durch Größe überzeugen, und ihr Besuch war daher recht ernüchternd. Im Eingangsbereich präsentierten sich international bekannte Marken wie Husqvarna, Stihl oder Makita mit ungewöhnlichen Produkten wie einer klimatisierten Jacke, die bei den heißen Temperaturen in China die Arbeit erleichtern soll. Im hinteren Bereich wurde es immer schwieriger herauszufinden, welche Marken und Produkte sich präsentierten, da statt wie von einer internationalen Messe erwartet nicht auf Englisch, sondern überwiegend auf Mandarin kommuniziert wurde. Es fanden sich Baumschulen, die sich auf die Produktion von Magnolien konzentrierten, Firmen, die Holzlack aus Deutschland anboten und "Produktneuheiten" wie farbige Deckschichten für Pflaster oder fluoreszierender Asphalt, die den meisten Studierenden bereits aus Deutschland bekannt waren.
NL-Stellenmarkt
Ein kurzer Einblick in das Vortragsprogramm der GLC zeigte, dass in China das Nachdenken über Themen wie Nachhaltigkeit in der Stadt und Dachbegrünung gerade erst anfängt.
Bauprojektmanagement in Fernost
Das Projekt Shanghai Yangpu French and German School bestand aus einem französischen und einem deutschen Schulgebäude für insgesamt 1400 Schüler, die einen gemeinsamen Schulhof mit Sport-, Aufenthalts- und Veranstaltungsmöglichkeiten teilen. Projektmanager Stephan Gaida von BSInprocon Engineering Consulting (Shanghai) Co., Ltd. führte über die Baustelle, auf der die Arbeiten stillstanden, da "mit Abschluss des Vertrags die Verhandlungen beginnen" und der Unternehmer aufgrund von Diskrepanzen mit dem Bauherrn seine Arbeitskräfte abgezogen hatte. Die Arbeitskräfte, von denen üblicherweise 400 bis 600 auf der Baustelle tätig sind, kommen meist als Wanderarbeiter aus kleineren Städten um Shanghai. Sie arbeiten sechs bis sieben Tage in der Woche und erhalten für eine Schicht von 6 bis 22Uhr 200 RMB, was etwa 25Euro entspricht. Es gibt kein Ausbildungssystem in China, sodass die Jüngsten nach zwölf Schuljahren mit etwa 20 Jahren ohne Vorwissen auf der Baustelle anfangen. Sie werden direkt auf der Baustelle von erfahrenen Arbeitern, die die Position eines Vorarbeiters einnehmen, in Schichten eingeteilt und eingearbeitet. Auffallend war die Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit, die mit einem leuchtend roten, aber wenig nützlichem "Sicherheitsschrank" gefüllt mit Eimern und Schaufeln abgedeckt sein sollte. Trotz des Ausfalls der Bautätigkeiten ließen sich Unterschiede im Bauablauf im Vergleich zu Deutschland feststellen. Vieles wird per Hand gemacht, so zum Beispiel das Abladen von Steinen, da Paletten nur in der Produktion des Materials zur Verfügung stehen. Als Baustellensicherung im schlammigen Boden Shanghais wurden überschnittene Bohrpfahlwände eingebaut, die anschließend dauerhaft existent bleiben. Schalelemente für die Bewehrung gab es nicht, die Stangen werden in einer Länge zur Baustelle geliefert und vor Ort manuell geschnitten und jedes Element in Maßarbeit gefertigt. Durch die salzige Luft darf das Material maximal zwei Wochen liegen, sonst ist eine Bürstenreinigung vor der weiteren Verarbeitung erforderlich. Für die Vorbereitung der Schalung sind allein 100 Arbeitskräfte zuständig.
Die Qualitätskontrolle und -sicherung übernahm ein Team aus sechs bis sieben Leuten, die den Projektablauf und seine Meilensteine täglich vor Ort überprüfen und planen. Als Projektmanager, was dem deutschen Projektsteuerer entspricht, arbeitet Stephan Gaida somit vergleichsweise unmittelbar an der Baustelle und bekommt gesetzte Meilensteine wie Lieferungen direkt mit. Die Schule hat sich als Ziel gesetzt, die höchste Zertifizierung des amerikanischen "Leadership in Energy and Environmental Design"-Systems (LEED) zu erhalten. So soll das warme Duschwasser mit Photovoltaik betrieben werden, Energie durch Erdwärme und nachhaltige Dachbegrünungen und Bepflanzungen entstehen. Ob der bereits nach hinten verschobene Termin der Fertigstellung im August 2019 bei den vorgefundenen Bedingungen eingehalten werden kann, stellt sich im Laufe des nächsten Jahres heraus.
Deutsche Ingenieurleistung ist für schwierige Aufgaben gefragt
Den fachlichen Abschluss der Exkursion stellte eine Besichtigung des Planungsbüros Obermeyer mit seiner Filiale in Shanghai dar. Die Gruppe erhielt einen Einblick in ein weltweit agierendes Planungsbüro, welches für Deutschland noch unvorstellbare Projekte wie eine underground city in Guangzhou plante. Der bildlich beeindruckende Vortrag des stellvertretenden Geschäftsführers Christopher Knabe zeigte, dass deutsche Ingenieursleistung sehr gefragt ist und das Büro "nur noch für die schwierigen Dinge angefragt" wird. Einen weiteren Einblick in Abläufe und Formalien des Projektmanagements lieferte Yang Hongjun, der leitende Ingenieur der Projektmanagementabteilung des Büros.
Den Studierenden und hoffentlich auch den Betreuern bleibt eine Exkursion mit spannenden, ungewohnten, überraschenden Eindrücken im Gedächtnis, die bei den Einen Lust auf mehr macht und bei den Anderen bestätigt, das Fremde, Unbekannte nur in kleinen Dosen genießen zu wollen.
Am Ende stellt sich die Frage, wie und in welchem Zeitraum Shanghai es schaffen kann, die Stadt nachhaltig in Einklang mit den Bedürfnissen der wachsenden, kulturell vielfältigen Bevölkerung zu bringen, ohne dabei "ihr Gesicht zu verlieren", wie der Chinese sagt.
Laura Baumert/hb