Trotz deutlicher Absatzsteigerung von Akku-Produkten

Benziner behaupten Schlüsselposition im Stihl-Portfolio

Die diesjährige Stihl-Pressekonferenz im schwäbischen Waiblingen nutzte der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Dr. Bertram Kandziora, für ein Treuebekenntnis gegenüber benzinbetriebenen Geräten: "Wir lassen bei der Entwicklung von Benzin-Geräten keinen Millimeter nach und geben gleichzeitig Gas bei Akku-Produkten", erklärte er gegenüber den knapp einhundert Journalisten, die einmal mehr aus aller Herren Länder angereist waren.

Das war durchaus ein Statement: Einerseits, weil Kandziora so den "zero emission"-Zeitgeist relativierte - und andererseits, weil die jüngste Absatzentwicklung im Hause Stihl einen stärkeren Akku-Fokus nahegelegt hätte. So habe man den Absatz der Akkugeräte zweistellig steigern können, während die Nachfrage bei Benzin-Produkten leicht zurückgegangen sei.

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Globale Doppelstrategie

Als Grund für die unverändert zweigleisige Entwicklungsstrategie führte Kandziora die "vielschichtigen Bedürfnisse" der Kunden an, die Stihl so "bestmöglich erfüllen" könne. Damit sind allerdings nicht nur unterschiedliche Nutzergruppen im deutschsprachigen Raum gemeint. Da Stihl weltweit operiert, ist die Perspektive auf Benzin- und Akkumärkte global, wie Norbert Pick, Vorstand Marketing und Vertrieb, näher erläuterte: "Die Hauptabsatzmärkte für unsere Akku-Geräte sind Deutschland, Frankreich und die USA. Allerdings gibt es in Ozeanien, Russland und Lateinamerika einen sehr viel stärkeren Fokus auf Benzin." Grund dafür sei die geringere Kaufkraft in diesen Erdteilen. Und auch wenn Pick prognostizierte, dass in den Akku-affinen Staaten des Westens "in den nächsten fünf bis zehn Jahren bis zu 50 Prozent" der verkauften Geräte batteriebetrieben sein werden, wolle man die Benzinmärkte keinesfalls vernachlässigen.

Die globale, auf den jeweiligen Erdteil zugeschnittene Doppelstrategie mit Benzin- und Akku-Produkten kann auch als Maßnahme für weitere Absatzstabilität gedeutet werden - schließlich ist Stihls starker Wachstumskurs zuletzt gebremst worden. Zwar konnte das Unternehmen mit einem Umsatz von 2,8 Mrd. Euro erneut ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr verbuchen. Doch Worte der Begeisterung hatte der Kandziora für die daraus resultierenden 6,1 Prozent Wachstum nicht übrig. Der Vorstandsvorsitzende benannte "die schwächelnde Weltkonjunktur, zunehmende Handelsschranken und nach wie vor unklare Brexit-Regelungen" als jüngste Umsatzdämpfer.

Ein weiteres Hemmnis für stärkeres Wachstum seien "ungünstige Witterungsbedingungen in einigen Schlüsselregionen mit starker Hitze und wenig Regen" gewesen. Oder wie Pick es formulierte: "2018 war ein wunderbarer Sommer, aber nicht für uns." Der Vertriebs-Vorstand ergänzte, dass insbesondere Freischneider und Rasenmäher sich wegen der Trockenheit schlecht verkauft hätten und daher viele Fachhändler höhere Vorjahres-Lagerbestände als üblich verzeichneten. Kandziora gab sich angesichts dessen jedoch kämpferisch: "Wir sind für den Herbst zuversichtlich, bei günstiger Witterung und mit attraktiven Kampagnen weiter zu wachsen."

Online-Shop für Direktbestellungen kommt 2020

Eine entscheidende Rolle in dem angestrebten Wachstums-Szenario spielt der neue Online-Shop, der ab 2020 unter www.stihl.de verfügbar sein soll. Dessen Aufbau sei zwar "arbeits- und kostenintensiv", wie Pick betonte, doch letztlich ganz wesentlich, um den Kundennutzen zu optimieren. Auf dem deutschen Markt wird es dann möglich sein, Stihl-Geräte bequem von zu Hause aus direkt beim Unternehmen zu bestellen. Dass dadurch die Fachhändler obsolet werden, steht indes nicht zu befürchten. Wie Pick klarstellte, haben sie in der Online-Shop-Strategie des Unternehmens einen festen Platz. Wenn Stihl die Produkte direkt zum Kunden nach Hause schickt, werde der Fachhändler in dessen Nähe über eine Provision in den Verkauf eingebunden. Dafür stehe er dem Kunden auch weiterhin als Instanz für persönliche Beratung, Einweisung und Service zur Verfügung. Alternativ werde es auch die Möglichkeit geben, sich seine bestellten Geräte zum Händler in der Nähe schicken und dort von ihm in deren Handhabung einweisen zu lassen.

Stichwort Geräte-Handhabung: Diese konnte die schreibende Zunft auch in diesem Jahr wieder testen. Wie beim Internationalen Stihl Medientag üblich, hatte das Unternehmen im Vorfeld einen Vorführungs- und Test-Parcours mit seinen Produktneuheiten errichtet, den alle anwesenden Journalisten durchliefen. Besonderen Eindruck machte dabei die Benzin-Motorsäge MS 261 C-M, deren Markteinführung Anfang 2020 erfolgen wird: Sie wiegt weniger als ihr Vorgängermodell bei zugleich 20 Prozent höherer Leistung. Der Motor dieser Maschine der dritten Generation ist weiter optimiert worden, und eine neue Schneidgarnitur rundet die Vorzüge der MS 261 C-M ab. Ihre Neuheiten-Entsprechung auf Seiten der Akku-Geräte heißt MSA 220 C-B und stellt in diesem Sortiment das bislang leistungsstärkste Modell dar.

Als die beiden Motorsägen nacheinander demonstriert wurden, trat deren Lautstärke-Unterschied deutlich zutage. Die Reaktion der Journalisten sprach für sich: Während manche von ihnen fast fluchtartig vor der rigoros sägenden MS 261 C-M zurückwichen, störte sich niemand am Geräuschpegel der MSA 220 C-B. Als "neues Flaggschiff" unter den Benzin-Blasgeräten wurde das Stihl BR 800 C-E angekündigt, das beim Praxis-Test ebenfalls zu gefallen wusste. Die neue Seitenstart-Funktion steigert den Arbeitsfluss merklich: Wenn man das Laubblasen kurz unterbricht, muss man das Gerät nicht absetzen, um es erneut zu starten. Diese Arbeitserleichterung in Kombination mit einer Blaskraft von 41 N dürften herbstliche Pflegeeinsätze deutlich zeitsparender gestalten. Auch bei den Neuzugängen in der Blasgeräte-Flotte kommt Stihls Doppelstrategie zum Tragen: Die Einführung der BR 800 C-E wird durch die zweier batteriebetriebener Blasgeräte - BGA 200 und BGA 86 - flankiert. Die Blaskraft des neuen Flaggschiffs erreichen sie zwar nicht, trumpfen dafür aber als nervenschonende Alternative in lärmsensiblen Bereichen auf.

Hendrik Behnisch

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