Urbane Biodiversitaet – Blueten fuer Bestaeuber im urbanen Raum

Kathrin Scharsich, Manuel Treder, Michael Glück, Vera Joedecke, Kirsten Traynor, Ute Ruttensperger I Bestäuberinsekten sind von großer Bedeutung für die Aufrechterhaltung unserer Ökosysteme. Jedoch wird ein anhaltend starker Artenrückgang verzeichnet. Hauptursache ist dabei die Zerstörung sowie Verschlechterung der Lebensräume. Siedlungsräume können wertvolle Lebensräume für Wildbienen und andere Bestäuber darstellen, indem attraktive Blüh- und Nistflächen geschaffen werden (Braman et al., 2022, Marquardt et al., 2021, Treder et al., 2024).
Bestäuberinsekten sind von großer Bedeutung für die Aufrechterhaltung unserer Ökosysteme. Abbildungen, Fotos: LVG Heidelberg

Deshalb hat unser Projekt "Urbane Biodiversität – Sicherung und Förderung der Artenvielfalt und Biodiversität im urbanen Raum" zum Ziel, Konzepte zur Förderung urbaner Bestäuber zu entwickeln und dadurch dazu beizutragen, Lebensräume für Bestäuberinsekten im urbanen Raum zu schaffen. Dabei werden in unterschiedlichen Versuchsteilen relevante Fragestellungen bearbeitet. Es wurden unter anderem urbane Pflanzflächen auf ihren Bestäuberzuflug hin untersucht und somit besonders attraktive Pflanzen für Bestäuber identifiziert. Da unter diesen besonders attraktiven Pflanzen sowohl heimische als auch nicht-heimische Pflanzen waren, wird weitergehend untersucht, ob heimische Wildstauden oder deren Kulturformen stärker von Bestäubern beflogen werden. Neben dem Nahrungsangebot ist das Vorhandensein von geeigneten Nistplätzen essentiell, um den urbanen Raum zu einem attraktiven Lebensraum für Bestäuber zu machen. Da viele Wildbienen und Wespenarten im Boden nisten, werden aktuell unterschiedliche Materialien auf ihre Eignung als Nistmaterial hin untersucht. Zudem wird der Einfluss verschiedener Mulchmaterialien auf bodenlebende und bodennistende Tiere betrachtet. Hinsichtlich des Flächenmangels in urbanen Gebieten befasst sich außerdem ein weiterer Versuchsteil mit der Eignung vertikaler Fassadenbegrünungssysteme als Lebensraum für Bestäuber. Die Ergebnisse dieser und weiterer Versuchsteile des Projekts sollen dazu beitragen wertvolle Lebensräume für Bestäuberinsekten im urbanen Raum zu schaffen. Das Projekt wird im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.

Das Projekt "Urbane Biodiversität"

Attraktive Blühpflanzen für urbane Bestäuber

Im Rahmen des Vorgängerprojektes "Schutz und Förderung der biologischen Vielfalt in der Stadt und in den Gemeinden" wurden bereits urbane Pflanzflächen auf ihren Bestäuberzuflug hin untersucht. Die Erfassungen fanden über die Jahre 2020 und 2021 regelmäßig zwischen März und September statt. Um die Gesamtpflanzung abzudecken, wurden definierte Ausschnitte (je 1,44 m²) für jeweils 15 Minuten beobachtet und die Bestäuberinsekten auf den Blüten erfasst. Zudem wurden stichprobenartig Wildbienen gefangen und auf Artebene bestimmt. Durch diese Erfassungen konnte der Bestäuberbeflug unterschiedlichster Pflanzen ermittelt werden und ist im LVG-Zuflugsfinder (lvg-zuflugsfinder.de) sowie im Handlungsleitfaden "Bestäuberfreundliche Staudenpflanzungen im Siedlungsraum" (biova-leitfaden.de) online abrufbar. Die Erfassungen zeigten, dass der Bestäuberzuflug an den einzelnen Pflanzen sehr unterschiedlich war. Auch variierte die Zusammensetzung der Bestäuber deutlich, was zeigt, dass die untersuchten Pflanzen für verschiedene Bestäubergruppen unterschiedlich attraktiv waren. Die 20 am besten beflogenen Pflanzen und deren Beflugswerte sind in Abbildung 1 dargestellt.

Betrachtet man die ermittelten Top 20 Pflanzen, fällt auf, dass sowohl heimische, als auch nicht-heimische Pflanzen darunter sind. Diese Erkenntnis führte zu weiterführenden Untersuchungen in diesem Bereich.

Heimische oder nicht-heimische Pflanzen – worauf fliegen die Bestäuber?

Mit Blick auf eine bestäuberfreundliche Pflanzenwahl wird oftmals diskutiert, ob züchterisch bearbeitete Pflanzen, die definitionsgemäß nicht als einheimisch betrachtet werden (BfN 2021; Essl et al. 2018), für Bestäuber ebenso attraktiv sind, wie die im Handel befindlichen Wildformen einheimischer Pflanzen. Um hierzu datenbasierte Aussagen treffen zu können, wird diese Frage im aktuellen Projekt über mehrere Jahre untersucht (2022 bis 2024).

Dafür wurden elf in Deutschland einheimische Arten ausgewählt, die prinzipiell sowohl in autochthoner Form für das Ursprungsgebiet 9 (Oberrheingraben mit Saarpfälzer Bergland inkl. Heidelberg), in einer Wildform, aber auch in Form von Selektions- und Hybridsorten im Handel erhältlich sind. Von diesen Arten wurden in 2022 je vier beziehungsweise drei, falls keine Selektionssorte verfügbar war, Varianten bezogen: (1) autochthone Art, (2) einheimische Wildform ohne autochthonen Status, (3) Kultursorte basierend auf der Wildform (Selektion) und (4) Hybridsorte, soweit nachvollziehbar aus einheimischer und gebietsfremder Art derselben Gattung (Tabelle 1).

Jede Variante wurde mit drei Individuen pro Kübel ausgepflanzt und das jeweils in drei Wiederholungen. Blühende Pflanzen wurden 2022 und 2023 jeweils zwei Minuten pro Kübel mehrfach über die Saison zu variierenden Tageszeiten auf den Bestäuberzuflug bonitiert und die Blütenzahl wurde erfasst. Zudem werden Wildbienenfänge an den Versuchspflanzen durchgeführt und die Wildbienen werden auf Artebene bestimmt.

Insgesamt wurden in den Jahren 2022 und 2023 bei den Bonituren 2185 Bestäuberinsekten erfasst.

Die statistische Untersuchung des Beflugs der Pflanzenarten, unabhängig von deren Variante, zeigte signifikante Unterschiede im Gesamtbestäuberbeflug (inklusive Honigbienen), im Beflug durch Wildbestäuber sowie Wildbienen und der Honigbiene. Thymus wurde im Schnitt über beide Jahre am meisten durch Bestäuber beflogen, wobei der größte Anteil an Blütenbesuchen auf Wildbienen sowie Honigbienen zurückzuführen war. Je nach Bestäubergruppe zeigten sich spezifische Unterschiede im Beflug der einzelnen Pflanzenarten unabhängig von den Varianten (Abb. 2).

Die Untersuchung des Bestäuberbeflugs auf den unterschiedlichen Varianten über beide Jahre zeigte einen signifikanten Effekt der Variante auf den Gesamtbestäuberbeflug und den Beflug durch Wildbienen. Auf den Honigbienenbeflug hatte die Variante keinen signifikanten Einfluss.

2024 werden erneut über die gesamte Saison hinweg Bestäuberbonituren und Wildbienenfänge an den Versuchspflanzen durchgeführt, um aussagekräftige Ergebnisse zu generieren. Anschließend soll anhand der Ergebnisse der drei Versuchsjahre eine Aussage getroffen werden, ob züchterisch bearbeitete Pflanzen für Bestäuber genauso attraktiv waren wie deren Wildformen. Daraus sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, welche Pflanzen in städtischen Pflanzungen genutzt werden können, um urbane Bestäuber zu fördern.

Neben einem geeigneten Nahrungsangebot ist es für Bestäuberinsekten essenziell auch geeignete Nistplätze zur Verfügung zu haben. Deshalb befasst sich ein weiterer Versuchsteil mit der Eignung gemulchter Flächen als Lebensraum und Nistplatz.

Wie beeinflusst unterschiedliches Mulchmaterial die Besiedlung des Bodens?

Literatur

Ein entscheidender Faktor für das Vorkommen vieler Insekten sowie weiterer Tierarten sind passende Habitatstrukturen. So legen beispielsweise circa 75 Prozent der nestbauenden Bienenarten Deutschlands ihre Nester im Boden an (Westrich et al., 1996). Aber auch für weitere Tiere, wie Grabwespen, Laufkäfer oder aber in der Erde lebende Organismen ist die Ressource Boden essentiell (Antoine et al., 2021). Bisher gibt es allerdings kaum Daten darüber, wie sich verschiedene Mulchmaterialien, wie sie im Gartenbau als Bodenauflage in Pflanzungen gängig verwendet werden, auf diese Organismen auswirken. Das betrifft sowohl organische Mulchmaterialien wie auch mineralische. Anhand des Versuches soll geklärt werden, welchen Einfluss unterschiedliche Mulchmaterialien auf bodenlebende und bodennistende Tiere haben. Verglichen werden dabei die zwei mineralischen Mulchmaterialien, Granitsplitt und Estrichsand, sowie das organische Mulchmaterial Gartenfaser und natürlich gewachsener Boden ohne Mulchabdeckung. Die Erfassung der bodennistenden Tiere findet mit Bodenemergenzfallen statt, während die bodenlebenden Tiere mittels Barberfallen erfasst werden. Erste Erfassungen fanden von Juni bis Oktober 2023 statt. 2024 werden die Erfassungen wiederholt. Die Ergebnisse, welches Mulchmaterial bei bestäuberfreundlichen Pflanzungen zu bevorzugen ist, werden anschließend in einer Handlungsempfehlung aufbereitet und frei zur Verfügung gestellt.

Antoine, C.M. and Forrest, J.R.K. (2021): Nesting habitat of ground-nesting bees: a review – Ecol Entomol, 46, Pages 143–159. doi.org/10.1111/een.12986.

Braman, K., Griffin, B. (2022): Opportunities for and Impediments to Pollinator Conservation in Urban Settings: A Review – Journal of Integrated Pest Management, Volume 13, Issue 1, 6, doi.org/10.1093/jipm/pmac004.

Bundesamt für Naturschutz (2021): Was sind Neobiota? Was sind invasive Arten? – Begriffe zur Einteilung des Artenbestands. neobiota.bfn.de/grundlagen/neobiota-und-invasive-arten.html [abgerufen am 18.01.2023].

Essl, F., Bacher, S., Genovesi, P., Hulme, P. E., Jeschke, J. M., Katsanevakis, S., Kowarik, I., Kühn, I., Pysek, P., Rabitsch, W., Schindler, S., van Kleunen, M., Vilà, M., Wilson, J. R. U., Richardson, D. M. (2018): Which Taxa Are Alien? Criteria, Applications, and Uncertainties - BioScience, Volume 68, Issue 7, Pages 496–509, doi.org/10.1093/biosci/biy057.

Marquardt, M., Kienbaum, L., Kretschmer, L.A., Penell, A., Schweikert, K., Ruttensperger, U., Rosenkranz, P. (2021): Evaluation of the importance of ornamental plants for pollinators in urban and suburban areas in Stuttgart, Germany. Urban Ecosyst 24, 811–825. doi.org/10.1007/s11252-020-01085-0.

Treder, M., Joedecke, V., Schweikert, K., Rosenkranz, P., Ruttensperger, U., Traynor, K. (2024): Vertical greening systems serve as effective means to promote pollinators: Experimental comparison of vertical and horizontal plantings – Landscape and Urban Planning, Volume 243. doi.org/10.1016/j.landurbplan.2023.104951.

Westrich, P., International Bee Research Association, Linnean Society of London, Matheson, A. (1996): Habitat requirements of central European bees and the problems of partial habitats – LINNEAN SOCIETY SYMPOSIUM SERIES Conservation of bees, 18, Pages 1–16, www.wildbienen.info/downloads/westrich_40.pdf. n

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