Wie wohl fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im eigenen Unternehmen wirklich?

Manuela Achhammer I Wie würde Ihre Belegschaft diese Frage beantworten, wenn Sie als Führungskraft anwesend sind? Können Ihre Mitarbeitenden auf diese Frage offen und ehrlich auch in Ihrem Beisein antworten? Das Gallup-Institut hat eine Umfrage im Herbst 2023 gestartet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Zahl der inneren Kündigungen auf dem höchsten Niveau seit 2012 ist. Ebenso ist die Wechselbereitschaft das Unternehmen zu verlassen auf Rekordhoch. Das sollte uns als Führungskräfte alarmieren. Denn es könnte sein, dass in unseren Unternehmen mehr Wechselwillige arbeiten, als Menschen, die sich an uns gebunden fühlen.
Ein freundlicher Gruß, ein gemeinsamer Austausch und zusammen lachen, das erzeugt Teamgefühl. Foto: Achhammer Gärten

Hand aufs Herz, was denken Sie, wieviel Prozent der Führungskräfte können wirklich an Ihre Mitarbeitenden offene Fragen stellen und bekommen auch eine ehrliche Antwort? Ich will ermutigen, sich beim Lesen dieses Beitrages auf einen Lösungsvorschlag einzulassen, der zu Offenheit im Unternehmen einlädt. Lassen Sie uns gegenseitig unterstützen und dabei helfen, umzudenken. Ich wünsche mir, dass dieser Artikel zum Nachdenken animiert.

Bindung ans Unternehmen

Finanzielle Anreize wie betriebliche Altersvorsorge, regelmäßige tarifliche Erhöhung der Gehälter, sowie ein Firmenauto gehören längst nicht mehr zu den Benefits, die sich ein Mitarbeitender wünscht. Sie werden sogar inzwischen vorausgesetzt und in Verhandlungen eingefordert. Emotionale Bindung ist der Schlüssel zum künftigen Erfolg und wichtiger als alle finanziellen Anreize.

Wenn Mitarbeitende emotional ans eigene Unternehmen gebunden sind, dann stellen sie sich kaum die Frage, ob sie dem Unternehmen und dem Team den Rücken kehren sollten. Gemeint sind wirkliche emotionale Bindungen und ein authentisches Miteinander. Doch wie gelingt eine emotionale Bindung ans Unternehmen, wenn doch so oft nur wirtschaftliche Interessen wichtig sind. In vielen internationalen Unternehmen führt emotionale Bindung zum Erfolg. Das gelingt mit Herzlichkeit, Ehrlichkeit und Authentizität im Unternehmensalltag.

Führung durch Vorbild

In meinem Büroalltag bekomme ich täglich Vertriebs-Anrufe. Ich werde gefragt, ob die Geschäftsleitung zu sprechen ist. Ich gebe mich zu erkennen und mit dem ersten Satz höre ich, ob das Telefonat aus wirklicher Überzeugung kommt, oder nur einstudiert ist. Viele Unternehmen haben große Summen für Verkaufsschulungen ausgegeben und die Verkaufsstrategie designt und Leitfäden wurden den Telefonierenden an die Hand gegeben. Kennen Sie auch das Gefühl von "Auswendig-Gesagtem" am anderen Ende der Leitung? Genau so fühlt sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, wenn die Unternehmensführung nur auf Produktivität getrimmt ist. Sie fühlt keine Echtheit und wahre Herzlichkeit, wenn sie nur als Wirtschaftsfaktor gesehen wird.

Eine wirklich gute Führungskraft stellt den Menschen in den Vordergrund. Sie als Führungskraft haben eine enorme Vorbildfunktion und Einfluss, wie sich Mitarbeitenden fühlen. Tägliches Grüßen, dabei ein freundliches Wort öffnet die Herzen, ein zugegebener Fehler auch als Führungskraft schafft Vertrauen. Zuhören, sein Gegenüber dabei aussprechen lassen, verbindet. Eigentlich ist das ganz einfach.

Sie denken Softskills – genau die sind für die Zukunft unserer Unternehmen wichtig. Denn die junge moderne Generation legt äußersten Wert auf Wertschätzung. Um heute wirklich als Vorbild gesehen zu werden bedarf es dieser Qualitäten.

Gelebte Wertschätzung

Doch leider gibt es immer wieder schlechte Beispiele: ein Bauleiter hat nach 29 Jahren Betriebszugehörigkeit mit 62 Jahren seinen Betrieb verlassen, aufgrund von mangelnder Wertschätzung im Unternehmen. Er war der älteste Mitarbeiter im Unternehmen und er verfügte über einen enormen Erfahrungsschatz, den er bei Architekten, Bauträgern und öffentlichen Auftraggebern eingebracht hatte. Er hat dem Unternehmen lukrative Aufträge verschafft, die zur Steigerung des Umsatzvolumens beitrugen. Alles wurde als selbstverständlich erachtet, er hat Lob vermisst, ärgerte sich über geringschätzende Kommentare bei Gehaltsverhandlungen und als die Firma eine 4-Tage-Woche einführte, wurden ihm der 5. Tag trotz geleisteter Überstunden, bei einem Arbeitstag von 6.30 bis 17.30 Uhr, zweimal im Monat ohne Rücksprache als Urlaub abgezogen. Verständlich? Sein vernachlässigtes Bedürfnis nach Wertschätzung hat ihn nach knapp 30 Jahren veranlasst, das Unternehmen zu verlassen.

Welche Erfahrung und Potential hat das Unternehmen verloren und gehen lassen, weil es nicht verstanden hat, worum es dem Mitarbeiter geht. Es wurde mit hohem Leistungsdruck gearbeitet, Hierarchien im Unternehmen aufrechterhalten und es herrschte ein Klima der Angst. Ein altes Model, das nicht mehr auf Dauer funktioniert.

Anselm Grün, ein deutscher Benediktinerpater, Betriebswirt und Führungskräftetrainer, hat ein 5-Stufen-Modell der Wertschätzung entwickelt. Für meinen Lösungsvorschlag zur Mitarbeiterbindung nehme ich sein Modell als Grundlage und beziehe mich auf die einzelnen Stufen: Respekt, Aufmerksamkeit, Höflichkeit, Toleranz und die höchste Stufe Empathie.

Respektvolles attraktives Arbeitsumfeld

Ein mittelständisches Unternehmen kann sich kein Arbeitsumfeld leisten wie beispielsweise Global Player wie Facebook oder Google. In diesen Firmen kann vom Autowaschen über Sport oder Friseur bis hin zum Zahnarztbesuch alles auf dem Betriebsgelände erledigt werden. Doch ein gefüllter Wasserkasten, der am Morgen mit auf die beginnende Baustelle genommen werden kann, oder eine gut funktionierende Kaffeemaschine im Aufenthaltsraum sollte in unserer Branche Standard sein. Wichtig sind den Bauleitern und Mitarbeitern außerdem funktionierendes modernes Werkzeug in sehr guter Ausführung, regelmäßig gewartete Fahrzeuge und Maschinen, und als Aufmerksamkeit an heißen Arbeitstagen ein Eis auf der Baustelle.

Zu einem respektvollen Arbeitsumfeld gehört, dass die anstrengenden Arbeitsbedingungen gesehen und erleichtert werden, wo es möglich und sinnvoll ist. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement mit Ernährungsberatung, Zuzahlung bei Massagen, Gutscheine für das Fitness-Studio um den Rücken zu stärken oder der wichtige Hitze- und Sonnenschutz im Sommer können geeignete Maßnahmen für ein attraktives Arbeitsumfeld sein.

Weiterbildungs- und Fördermaßnahmen

Vor allem die jüngere Generation hat großes Interesse an Weiterbildungsmöglichkeiten. Nachwuchstalente wollen nicht nur arbeiten, sondern auch weiterwachsen. Ein einjähriger Kurs zum Obstbaumpfleger oder ein von der Firma bezahlter Kurs zur Spielplatzsicherung fördert das Interesse am Beruf, zeigt die Anerkennung und das Vertrauen in den Mitarbeitenden und erhöht gleichzeitig das Know-how der Firma. Hören Sie in Gesprächen aufmerksam zu, welche Talente in Ihrem Gegenüber schlummern und bieten sie dafür eine Förderung an. Es dient Ihrem Unternehmen und schafft Zufriedenheit. Sie machen sich bewusst Gedanken und zeigen Empathie.

Höfliches Miteinander in Kommunikation und Außenwirkung

"Mitarbeitende kommen wegen des Jobs – und gehen wegen des Chefs." Diese Redewendung beinhaltet den Grund für Wechselwillige in Unternehmen. Offene, vertrauensvolle und höfliche Kommunikationskultur bindet Mitarbeitende an das Unternehmen. Jeder Mensch ist anders und so auch jeder Mitarbeitende, dessen Wünsche, Belange und Probleme gesehen werden wollen.

Es ist verständlich, zu denken, dafür bleibt im Unternehmensalltag keine Zeit und bei 200 Mitarbeitenden kann sich nicht um jedes einzelne Problem gekümmert werden. Dann delegieren Sie diese Verantwortlichkeit und lassen sich in regelmäßigen Abständen informieren. Die IHK bietet Ausbildungen zu Feelgood-Managerinnen beziehungsweise Fachkraft für Unternehmenskultur an. In 3-monatigen Webinaren, ermöglichen Sie einem Mitarbeitenden die Qualifizierung, um sich über Interessen, Begabungen und Probleme im Betrieb zu informieren. Gleich eine weitere Idee zur Weiterbildung. Es geht um ein Ernstnehmen, einen Raum für Gesehen werden. Und am Ende der Rechnung zahlt es sich aus. Ihre Mitarbeitenden bleiben bei Ihnen und Ihr Unternehmen kann weiterwachsen.

Die Grundlagen für höfliches Verhalten ist das Grüßen, sich zu Verabschieden und den anderen beim Gespräch in die Augen zu schauen. Das heißt nicht, dass jeder Mitarbeiter das können muss, leben Sie es vor und begrüßen die Baustellenleiter und alle andern mit einem freundlichen Lächeln und Humor.

Regelmäßige Mitarbeitergespräche in einem respektvollen Rahmen schaffen Vertrauen und Offenheit. Lassen Sie sich als Führungskraft auch bewerten und stellen Sie sich offen Kritik und Verbesserungsvorschlägen. Kein einfaches Unterfangen, es braucht inneren Stärke und Kritikfähigkeit dazu. Wenn Sie denken, das kann ich nur bedingt, niemand ist perfekt. Wenn Sie sich verbessern möchten, dann besuchen Sie Führungsseminare oder lassen sich coachen.

Tolerante, flexible Arbeitszeitmodelle

Unternehmen reagieren jederzeit auf saisonale Schwankungen oder technische neueste Trends und sind flexibel. Auch Mitarbeitenden steht gewisse Flexibilität zu. Das umfasst neben einer 4-Tage-Woche als Beispiel auch Teilzeit oder Gleitzeit sowie Elternzeitmodelle für Väter und Mütter. Junge Väter gehen auch mit ihren Kindern zum Arzt und bekommen dann eine Kind-Krankschreibung, weil sie mit dem Nachwuchs zuhause bleiben und die Kleinsten pflegen. Sie gehen auf Kindergartenveranstaltungen an Nachmittagen und nehmen zu Schulbeginn frei. Wichtig ist, den Kontakt in Elternzeit zu halten und sich bewusst zu machen, dass Care-Arbeit auch von Männern gemacht werden kann. Ermöglichen Sie einen reibungslosen Wiedereinstieg nach der Elternzeit.

Bei manchen ist die Familienplanung bereits abgeschlossen, aber ein Sabbatical ist angedacht oder ein längerer Auslandsaufenthalt. Wenn wir auf die Wüsche und Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden eingehen, ist uns eine emotionale Bindung gewiss. Und sie kommen nach einer Auszeit gerne wieder zurück.

Empathische Arbeitsbedingungen

Zu Beginn der 5 Stufen ist ein respektvolles Arbeitsumfeld genannt. Was brauchen unsere Mitarbeitenden in unserer Firma? Wenn man sich diese Frage ehrlich stellt, dann ist es schon der erste Schritt in Richtung Empathie. Empathie bedeutet sich in sein Gegenüber einzufühlen, den anderen mit seinen Schwächen und Stärken wahrzunehmen und ihn darin zu sehen und weiterentwickeln zu wollen. Sich auf empathische Arbeitsbedingungen einzustellen, bedeutet auch zuerst bei sich selbst anzufangen. Sich selbst die Frage zu stellen, lasse ich wirklich eine Veränderung in mir als Führungskraft zu?

Zuletzt erwähne ich noch einen wichtigen Punkt. Die Fehlerkultur in einem Unternehmen zeigt, welche Philosophie das Unternehmen hat. Können im Unternehmen Fehler offen angesprochen werden? In manchen Unternehmen gibt es zwischenzeitlich sogar Fehler-Meetings. Es werden Probleme und Fehlentscheidungen offen angesprochen und sich sogar bei demjenigen bedankt, der den Fehler gemacht hat. Denn diesen Fehler brauchen die anderen nicht mehr machen. Es ist erwiesen, dass ein offen angesprochener Fehler kein zweites Mal gemacht wird. Wird er verschwiegen, passiert er häufig mehrere Male hintereinander.

Aus meiner täglichen Praxis als Unternehmerin und als Mentorin für mittelständische Unternehmen erfahre ich, dass Wertschätzung Mitarbeitende an das Unternehmen emotional bindet. Vor einer Woche habe ich einen Mitarbeiter zu meiner Mutter zur Gartenpflege geschickt. Der Garten war sauber und ordentlich gepflegt. Hinterher habe ich mich bei meinem Mitarbeiter für seine gute Arbeit bedankt und ihn gelobt.

Loben Sie Ihre Mitarbeiter, auch das ist ein Zeichen von Wertschätzung. Und halten Sie es nicht wie bei mir in Franken: "Nichts gesagt, ist viel gelobt." Drücken Sie Ihre Wertschätzung aus. Und zum Schluss noch ein Bild für Sie – wir gießen und düngen auch unsere Pflanzen, damit sie wachsen und gedeihen. Nutzen Sie Lob, Anerkennung und Wertschätzung als Wasser und Dünger für Ihr Team und bringen Sie alle Beschäftigten zum Wachsen. Das kostet nichts. n

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