Besuch in den Zukunftsgärten von Duisburg, Gelsenkirchen und Dortmund
IGA 2027 Metropole Ruhr wird Stadtgrün und Industriekultur verbinden
von: M.Soc.Sci Hendrik Behnisch
Im Juni nahm die Neue Landschaft als einzige grüne Fachzeitschrift an einer Pressereise durch die drei Zukunftsgärten teil, die zur IGA 2027 eintrittspflichtig sein werden: Duisburg, Gelsenkirchen und Dortmund. Obwohl wir uns aktuell erst am Baubeginn befinden, lässt sich schon jetzt erahnen, wie positiv die neuen Grünflächen den Ruhrpott prägen werden.
Jahrzehntelanger Transformationsprozess
Das IGA-Team betonte, dass dieses Großprojekt Teil eines grünen Transformationsprozesses sei, der bereits vor längerer Zeit begonnen habe: Von der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park 1999 über die Kulturhauptstadt RUHR.2010 bis hin zur Grünen Hauptstadt Essen 2017 – der Pfad, den Ruhrpott von einer grau geprägten in eine grüne Metropolregion zu verwandeln, wurde bereits vor einem Vierteljahrhundert angelegt. Das selbstgesteckte Ziel, zur grünsten Industrieregion der Welt zu werden, soll nicht nur mehr Lebensqualität für die Einwohner schaffen, es soll auch internationale Strahlkraft entfalten und so den Tourismus ankurbeln.
Glaubhaft gelingen kann das nur, wenn man sich zur eigenen Historie bekennt. Deshalb ist das industrielle Erbe der Region in den Zukunftsgärten jederzeit spürbar. Mehr noch, Industriekultur und Stadtgrün gehen eine Symbiose ein, die eine reizvolle Kulisse schafft. Denn: Alle Zukunftsgärten der IGA 2027 sind ehemalige Industriegelände. Im Rheinpark in Duisburg stand ein Stahlwalzwerk, im Nordsternpark in Gelsenkirchen eine Zeche und der Zukunftsgarten Dortmund wird direkt hinter der Kokerei Hansa entstehen. Letztgenannter ist dabei die einzige IGA-Grünanlage, die neu geschaffen wird. Die Zukunftsgärten in Duisburg und Gelsenkirchen werden ein Ausbau bereits vorhandener grüner Infrastruktur sein.

IGA gibt Duisburgern den Rhein zurück
Duisburgs Zukunftsgarten, der Rheinpark, wird eine Ausstellungsfläche von knapp 21 Hektar umfassen und ist, Stand jetzt, noch eine recht unspektakuläre Grünanlage. Der sogenannte Grüne Ring wurde in den 1980er Jahren als Pufferzone für die Industrie angelegt. Zwar ist das Areal schon heute ein Naherholungsgebiet für die Bewohner des angrenzenden Stadtteils Hochfeld. Doch wirklich beeindruckend mutet es trotz seines Wahrzeichens, eines weithin sichtbaren Wasserturms, nicht an. Das wird sich in den kommenden drei Jahren ändern.
Wo zum Zeitpunkt der Begehung schon Bagger und Radlader rollten, soll laut IGA-Team eine Grünfläche entstehen, die den Duisburgern den Rhein "zurückgibt". Das Areal war 150 Jahre lang industriell genutzt worden und soll sich nun zum Fluss hin öffnen. Erreicht werden soll das durch "exponierte Wiesenschollen", eine Art Rampe, von der aus man sowohl das Rhein-Panorama als auch die Weite der Grünflächen genießen kann.
Zugleich soll die IGA die Besucher auf die Wiesen locken, weg vom strengen Wegenetz des Grünen Rings hin zu mehr Naturerfahrung. Ein "Off-Space" auf den Wiesen soll zum Verweilen einladen. Eine naturnahe Gestaltung mit Stauden, Gräsern und Gehölzen und der gezielte Einsatz von Sukzessions-Natur, also Pflanzen, die bewusst nicht eingehegt werden, sollen ihren Beitrag dazu leisten.
Der größte neue Baustein des Zukunftsgartens soll der "Kultushafen" werden, dessen Umbau planmäßig Ende 2024 beginnt. Dieser geht mit einer Verlängerung des Rheinparks nach Süden hin einher, was auch einen Ausbau der Uferpromenade miteinschließt. Am "Kultushafen" sollen Licht- und Musik-Inszenierungen sowie Umweltbildungs-Maßnahmen während der IGA ihr Zuhause haben.

Wasser-Erlebnis in Gelsenkirchen
Im Zukunftsgarten von Gelsenkirchen, den die angereisten Journalisten als zweites besuchten, steht auf 28 ha das Wasser-Erlebnis im Mittelpunkt. Aus der Beschaffenheit des Gelsenkirchener IGA-Geländes ergibt sich dieser Fokus fast zwangsläufig. Denn der Nordsternpark zeichnet sich durch seine Insellage zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher aus. Um die Inselstruktur der Grünanlage noch deutlicher herauszuarbeiten, soll noch eine weitere Wasserachse angelegt werden. Außerdem soll das sogenannte Wendebecken, der ehemalige Hafen der Zeche Nordstern, zu einem sozialen Hot-Spot umgestaltet werden.
Der jahrzehntelang stiefmütterlich behandelte Bereich soll dann einen direkten Wasserzugang, Spiel- und Sportanlagen sowie ein Café erhalten, die allesamt auch über die IGA hinaus bestehen bleiben werden. Wie ernst die Verantwortlichen es mit dem Wasser-Erlebnis meinen, zeigt sich auch darin, dass viele Bäume gefällt werden mussten, "um die Menschen ans Wasser zurückzubringen", wie es von IGA-Seite aus hieß. Auch an Nebenschauplätzen des Nordsternparks wird der blaue Blickwinkel konsequent aufrechterhalten: So soll der Schwarzbach, ein tristes kleines Fließgewässer, nach der IGA renaturiert und aus seinem Betonbett befreit werden.
Die Landmarke des Nordsternparks wird auch zur IGA der ehemalige Kohlebunker der Zeche Nordstern bleiben – allerdings in einem neuen Gewand. Eine üppige Fassadenbegrünung wird das weithin sichtbare Wahrzeichen des Nordsternparks in den sogenannten Green Tower verwandeln. Der wird dann ein gastronomisches Angebot bereithalten und von seiner Dachterrasse einen atemberaubenden Rundumblick über den Ruhrpott bieten.

Neuer Park für Dortmund
Zum Abschluss der Pressereise ging es nach Dortmund, dessen knapp 46 ha großer IGA-Standort noch nicht allzu grün anmutet. Der Grund: In der östlichen Ruhrpott-Metropole wird bei der Entwicklung des Zukunftsgartens nicht auf eine bereits bestehende Grünanlage "draufgesattelt", sondern ein kompletter Park-Neubau realisiert. Angesichts dessen, dass erst kürzlich der erste Spatenstich erfolgt und das Grün deshalb noch Zukunftsvision war, beschwor IGA-Geschäftsführer Horst Fischer kurzerhand die Vorstellungskraft der Journalisten. Er sagte, dass die Kokerei Hansa mit dem entstehenden Zukunftsgarten "vom normalen Industriekultur-Highlight zum Tourismus-Highlight für ganz NRW" werden solle.
Die Stadt Dortmund wird sich um den Bau der neuen Parkanlage "Kokereipark" sowie der neuen Brücke "Haldensprung" kümmern. Letztgenannte soll Fußgängern als neue Ost-West-Achse auf dem Gelände dienen. Der Kokereipark soll zur IGA die Erlebnisskulptur "Wolke" erhalten, die als Hommage an das industrielle Erbe der Region zu verstehen ist: Die bekletterbare Struktur soll die Löschwolken symbolisieren, die früher bei der Kohleproduktion entstanden, als Koks mit literweise Wasser abgegossen und gekühlt wurde.
Landschaftliche Reize sind durchaus jetzt schon vorhanden: So erfülle der ans Kokereigelände angrenzende Deusenberg – eine ehemalige Mülldeponie – "die charmante Funktion, einen Panoramablick über das gesamte östliche Ruhgebiet zu bieten", so Fischer. Im Zuge der IGA soll außerdem ein neuer Eingangsbereich entstehen, von dem aus der Blick nicht sofort auf das alte Kokerei-Gebäude falle. Die neue Sichtachse solle den Blick öffnen und die Zusammenspiel von Grün und Grau wirkungsvoll in Szene setzen. Eine wichtige Rolle solle dabei auch hier Sukzessions-Natur spielen, also Bäume und Sträucher, die wild wachsen und sich Teile des ehemaligen Kokereigeländes zurückerobern.
Die Journalisten zeigten sich beeindruckt von den Bäumen, die sich schon heute an die 1992 stillgelegte Kokerei schmiegen. Auf der Pressereise bekamen sie einen Vorgeschmack dessen, was 2027 mindestens 2,6 Millionen Besucher erleben sollen: Ein industrielles Erbe, das in neuem grünen Glanz erstrahlt.
Hendrik Behnisch