Der Kommentar

Fehler lieben lernen

von:

Fast wäre ich daran gescheitert, etwas über das Scheitern zu schreiben. An kaum einem Thema habe ich so lange gewerkelt wie an diesem. Überhaupt, wer scheitert schon gerne? Geredet wird doch immer nur über das Scheitern der anderen. Ganz anders ist da Sara Blakely. Ihr Name geht schon seit einiger Zeit durch verschiedene Medien, weil für die heute 47-jährige Scheitern zum Lebensmotto geworden ist. "What did you fail at this week?" (dt.: "Woran bist Du diese Woche gescheitert") war die prägende Frage ihres Vaters. Wenn Sara nun tatsächlich in einer Sache mal versagt hatte, gab ihr Vater, ein Anwalt aus Florida, eine High-Five zur Belohnung. Das klingt für uns Deutsche seltsam, denn wer mit seinen Projekten, seinen Ideen scheitert oder gar eine Insolvenz hinter sich hat, gilt hierzulande als Verlierer und wird mitunter sogar gesellschaftlich geächtet. Selbst Eltern wollen es nicht wahrhaben, wenn der Zögling mal in der Schule durchgefallen ist - schuld sind dann die Lehrer oder gleich das ganze System. Wir leben in einer Gesellschaft des "Naming - Blaming - Shaming", einem System, das immer einen Schuldigen braucht, damit der Einzelne sich zum Inquisitor erheben und als etwas Besseres darstellen kann. Deshalb lautet die Devise: Lieber kein Risiko eingehen. Dabei ist Scheitern häufig der Grundstein von Erfolgen. Der Legende nach wurde Netflix aus dem Frust über eine hohe Gebühr für ein verlorenes Leihvideo geboren. Reed Hastings verlegte eine Videokassette und so sammelten sich Gebühren von 40 Dollar an. Heute gibt es praktisch keine Videotheken mehr. Auch durch eine Unternehmensinsolvenz wird der Gescheiterte durch sein Scheitern eigentlich zum erfahrenen Experten, denn jetzt weiß er, wie man es nicht machen sollte. Angeblich hat Henry Ford einem seiner Manager, der durch eine vorschnelle Entscheidung dem Unternehmen einen Schaden zugefügt hatte und sich dafür gleich selber entlassen wollte, geantwortet: "Sind Sie wahnsinnig, wir haben gerade über eine Million Dollar in Ihre Ausbildung investiert!" Ulrich Weinberg vom Hasso-Plattner-Institut Potsdam stellt dazu fest, dass die USA auch so erfolgreich sind, weil hier ein gescheiterter Unternehmer als jemand gesehen wird, der um eine Erfahrung reicher ist und nicht wie eine Loser-Persönlichkeit.

Astro Teller von Google X stellt sogar fest: "Sie müssen Leute für das Scheitern belohnen. Wenn Sie das nicht tun, werden sie kein weiteres Risiko auf sich nehmen und keine Durchbrüche erzielen. Wenn Sie Scheitern nicht belohnen, werden die Menschen aus Furcht vor den Folgen auch an zum Scheitern verurteilten Ideen festhalten."

Heute wird, auch in Deutschland, in sogenannten "Fuck-up nights" das Scheitern in eine Gelegenheit zum Feiern umgekehrt. Vielleicht treffen Sie in Ihrer ERFA oder Regional-Gruppe auch mal einen Abend, an dem jeder von seinem bittersten Scheitern berichtet. Bitte laden Sie mich aber nicht ein, es kann sein, dass ich dann zu viel zu erzählen habe.

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Sachbearbeiter*in Gewässerbau in der Abteilung..., Giessen  ansehen
Stadt- und Regionalplaner*in, Brake  ansehen
als Kalkulator GaLaBau (m/w/d) oder diese..., Münster  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen