Der Kommentar

Privatisierung im Wandel

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Die Bundesregierung hatte in den neunziger Jahren eine wahre Privatisierungswelle in Gang gebracht. Neben einer Vielzahl staatlicher Unternehmen und Volkseigener Betriebe (VEB) in Ostdeutschland wurden auch sehr viele Unternehmen in Westdeutschland privatisiert oder zumindest wurde ihre Privatisierung auf den Weg gebracht. Prominenteste Beispiele sind Bundesbahn und Bundespost. Aus der Bundespost sind die Telekom, die Post und Postbank hervorgegangen. Die Postbank gehört zu über 90 Prozent der Deutschen Bank, die will das Geschäft aber wieder loswerden. Die Deutsche Post AG ist inzwischen das größte Logistik- und Postunternehmen der Welt und firmiert unter dem Namen Deutsche Post DHL Group. Die Telekom gehört auch zu den Größten in Europa, nur dass die Bundesrepublik Deutschland direkt und indirekt knapp 32 Prozent der Aktien hält. Bei der guten alten Bundesbahn ist die Privatisierung ganz schief gegangen. Dafür ist der Bund über die Deutsche Bahn Eigentümer eines Logistik-Unternehmens und fährt unter dem Namen Schenker mit Lkw Güter über deutsche Autobahnen. Ob das Aufgabe des Staates ist?

Mit der Deutschen Annington hat der Staat Wohnungen in die Hände von Privat-Equity-Unternehmen gegeben. Der eine oder andere Landschaftsgärtner durfte schon einmal die ganze Härte eines gewinnorientierten Unternehmens erleben. Auch die Mieter sind nicht zufrieden, so dass sich die Deutsche Annington gerade in "Vonovia" unbenannt hat, um das Image aufzubessern. So klingt der Unternehmensname wenigstens nach Wellness-Wohnen.

Der Trend aus den neunziger Jahren zur Privatisierung kehrt sich in Deutschland gerade um. 107 unmittelbare Beteiligungen und 547 bedeutsame Beteiligungen (mindestens 25 Prozent) hat die Bundesrepublik Deutschland aktuell an Unternehmen, Tendenz steigend. Gleiches gilt für Städte und Gemeinden. Ich selber wohne auf einmal in einer Stadtwerke-Tecklenburger-Land-Gemeinde, weil die umliegenden Gemeinden erkannt haben, dass mit der Lieferung von Strom, Gas und Wasser Geld zu verdienen ist. Nun macht der Staat der Privatwirtschaft Wettbewerb, weil es in der Privatwirtschaft keinen Wettbewerb mehr gibt, verrückte Welt.

Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in den ehemaligen Grünflächenämtern. Dort ist auch in den neunziger Jahren privatisiert worden. Wobei Privatisierung nicht der richtige Begriff ist. Aus einem Grün-flächenamt wurde eine Anstalt öffentlichen Rechts oder ein Eigenbetrieb. Das ist zwar nicht privatwirtschaftlich, klingt aber so. In der Folge sind die Grünflächenämter aufgelöst worden und in Tiefbau- oder Planungsämter integriert worden, so dass auf der hoheitlichen Planungsebene das Grün in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht ist. Im Operativen, der Pflege und Instandhaltung der Grünflächen sind aber nach wie vor Beschäftige des öffentlichen Diensts tätig und verrichten einfachste Arbeiten. Dabei gibt es gerade dafür wettbewerbsfähige Unternehmen. Schlimmer noch, Gemeinden die sich entschlossen haben, ihre Bauhöfe abzubauen, bauen diese wieder auf. Zwei Gründe werden für diesen Trend angeführt: Die Mehrwertsteuer macht den Zukauf externer Leistungen zu teuer und es gibt keine leistungsfähigen Unternehmen, die in der gewünschten Qualität liefern.

Die Frage, was die öffentliche Hand selber in Händen behalten soll und was Aufgabe von Unternehmen sein soll, ist und bleibt keine einfache. Strom- und Schienennetze, Straßen und Abwasserleitungen gehören nicht in private Hände, weil deren Bereitstellung eine Aufgabe der Gemeinschaft ist. Der Strom, die Züge auf der Schiene und die Lkws auf den Straßen dürfen oder müssen sogar privat sein. Das bei der letzten Privatisierungswelle Fehler gemacht wurden, darf nicht dazu führen, dass wieder sämtliche Dienstleistungen verstaatlicht werden. Das gilt auch für die Pflege der Grünflächen in der Stadt. Wobei dort ein Mix aus beidem wohl der Königsweg wäre.

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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