Eine Raupe im Schafspelz

Der Eichenprozessionsspinner ist ernste Gefahr für Mensch und Tier

BAHÖ Verkehrssicherheit
Das Kerngebiet des Befalls durch den Eichenprozessionsspinner liegt in Franken um Schweinfurth, Würzburg und Ansbach. Grafik: LWF Bayern
BAHÖ Verkehrssicherheit
Die meisten Anfragen bayerischer Gesundheitsämter zum Eichenprozessionsspinner stammen aus Franken und Schwaben. Grafik: LWF Bayern

Bald ist es wieder soweit. Der in ganz Europa verbreitete Eichenprozessionsspinner wird in seinen Befallsgebieten wieder in Erscheinung treten.

Der Schmetterling mit dem wissenschaftlichen Namen Thaumetopoea processionea gehört zur Familie der Zahnspinner (Notodonitae): Dieser Name hat nichts mit Beißwerkzeugen zu tun, er beschreibt die zahnförmige Ausbuchtung am Innenrand der Vorderflügel. Er beißt also nicht, doch seine Raupenhaare lösen ernstzunehmende allergische Reaktionen aus, von unangenehmen Hautausschläge über Lungenprobleme und bis zum lebensgefährlichen anaphylaktischen Schock. Nicht wenige, die bei sich den vom Eichenprozessionsspinner verursachten Hautausschlag bemerken, denken hier zunächst lediglich an eine Allergie. Und auch Ärzte erkennen unter Umständen nicht immer gleich, wer der Auslöser des Ausschlags ist - die "Raupe im Schafspelz".

Es trifft dabei nicht nur Ahnungslose. Ein Feuerwehrtrupp wollte die krabbelnden, haarigen Raupen von einer Hausfassade abzusaugen. Während ein Kollege in Schutzausrüstung von der Drehleiter aus die Tiere von der Fassade absaugte, hielten sich die anderen Feuerwehrleute in vermeintlich sicherem Abstand auf. Ungünstigerweise war der Filter des Staubsaugers falsch montiert. so dass die Allergen-Haare ähnlich einer Schneekanone auf die in Deckung stehenden Kollegen herab rieselten. 30 Feuerwehrleute wurden mit erheblichen allergischen Reaktion an Gesicht, Nacken und Hals in die Klinik eingeliefert. Vielerorts ist man ratlos, denn als Eigentümer einer Eiche mit Raupenbefall weiß man um das hieraus resultierende Gefahrenpotential. Doch ein geregeltes Vorgehen gibt es nicht. Während die einen meinen, "Mutter Natur" wird das schon richten, haben andere den Raupen den Kampf angesagt. Mit Sammeleimern, Arbeitsbühnen, Schutzanzügen, Hubschraubersprüheinsätzen und Flammenwerfern soll der Plagegeist besiegt werden. Die Kosten sind erheblich und es besteht zudem Rechtsunsicherheit. Wer muss für die Kosten aufkommen? Muss überhaupt gehandelt werden? Der Bürgermeister der Gemeinde Seehausen, Rüdiger Kloth, entschloss sich 2018 zu einer Selbstanzeige bei der Polizei: Er zeigte sich wegen Körperverletzung im Amt, verursacht durch den Eichenprozessionsspinner, an. Mit diesem Schritt wollte er das Problem der Gemeinde mit dem Eichenprozessionsspinnerbefall in das Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit rücken, um klare und eindeutige Handlungsanweisungen aus rechtlicher und aus praktischer Sicht (Bekämpfungsstrategien) zu erhalten.

Der Bundesverband für Arboristik, Höhenarbeiten und Ökologie (BAHÖ) kann die Unsicherheit im Umgang mit Eichenprozessionsspinnerbefall bestätigen. Die Mitgliederanfragen nach rechtlich sicheren Vorgehensweisen häufen sich.

In Deutschland gibt es eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht. Jeder ist zur Abwehr von Gefahrenquellen angehalten, deren Unterlassen zu Schadensersatzansprüchen nach den §§ 823 ff. BGB führen kann. Grundsätzlich muss jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, notwendige und zumutbare Vorkehrungen treffen, um Schäden anderer zu verhindern. Je höher das Gefährdungspotenzial ist, desto umfangreicher sind demnach die Vorsorgemaßnahmen zur Schadabwehr.

Die von der Forschungsgesellschaft für Landschaftsbau und Landschaftsentwicklung zusammen mit Fachkreisen erarbeiteten Regelwerke (FLL-Baumkontrollrichtlinien, FLL-Baumuntersuchungsrichtlinien) stellen den Stand der Technik hinsichtlich der Verkehrssicherungspflichten bei Bäumen bzw. praktischer Vorgehensweisen der Baumpflege (ZTV-Baumpflege) dar. Hinsichtlich der drängenden Fragen nach Art und Umfang von Schutzmaßnahmen bei Eichenprozessionsspinnerbefall gibt es allerdings noch keine entsprechenden Handlungsanweisungen.

Die Mitglieder des BAHÖ machen nun Nägel mit Köpfen. Eine BAHÖ-Expertengruppe mit Vertretern von Baumfachbetrieben, Mitarbeitern aus Kommunen, Biologen und Pflanzenschutzexperten wird sich im Rahmen einer konstituierenden Sitzung in Kürze treffen, um einen Regelwerksausschuss zur Formulierung einer EPS-Bekämpfungsrichtlinie - "Richtlinie zur präventiven und reaktiven Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners" zu gründen.

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