Neugestaltung und Umbau der Tropenhalle mit innovativer Technik

Willkommen im balinesischen Urwald

von:
Gärten der Welt Internationale Gartenausstellungen
Innenraumperspektive Balinesischer Garten. Abbildung: Haas Architekten BDA

Seit 14 Jahren existiert der Balinesische Garten in den "Gärten der Welt". Zur Internationalen Gartenausstellung Berlin wurde die Anlage umgebaut. Dabei wurde nicht nur die Energieversorgung der Tropenhalle auf den aktuellen Stand der Technik gebracht, sondern auch der Garten erweitert.

Innerhalb der Gärten der Welt befindet sich in einem in den 1990er Jahren errichteten Gewächshaus seit 2003 der Balinesische Garten. Der Balinesische Garten stieß aufgrund der Verdoppelung der Besucherzahlen an seine Kapazitätsgrenzen. Auch die Pflanzen hatten wegen der begrenzten räumlichen Ausmaße kein Wachstumspotenzial mehr. Insbesondere das Höhenwachstum war stark eingeschränkt, so dass eine für die balinesische Insel typische Bepflanzung nicht möglich war. Des Weiteren entsprach die technische Ausrüstung nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, der Energieverbrauch war enorm, die Temperaturschwankungen hoch. Zudem hatten die veralteten Polycarbonatplatten einen schlechten U-Wert und, da sie im Laufe der Jahre vergilbt und vermoost sind, auch schlechte Lichttransmissionswerte.

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Außenperspektive. Abbildung: Haas Architekten BDA
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Lageplan. Abbildung: Haas Architekten BDA

Bauliche Konzeption

Als im Februar 2017 die technisch komplexen Erneuerungsarbeiten zum Abschluss kamen, zeigten alle Beteiligten zufriedene Gesichter: Die Botaniker von den Gärten der Welt Berlin, weil ihre Tropenpflanzen künftig wieder ungeschmälerte Sonneneinstrahlung genießen und endlich auch in die Höhe wachsen können, die Grün Berlin ob der gesenkten Energiekosten und die Balinesische Gemeinde, weil die erneuerte Glashülle des Tropenhaus nun auch Einblicke in das innere ermöglicht. 5 Mio. Euro kostete die vom Berliner Büro Haas Architekten als Generalplaner koordinierte Erneuerung des 50 m langen und fast 20 m hohen Gebäudes und seiner Nebengebäude. Frau Reuber, Parkchefin der Gärten der Welt zeigte sich erleichtert, denn sämtliche Pflanzen haben in einem Haus-im-Haus-Prinzip die Bauzeit in ihrer provisorischen Überwinterung überstanden.

Die Tropenhalle

Die Tropenhalle hat eine mittlere Höhe von 15 m und teilt sich optisch in zwei klimatische unabhängige Bereiche:

  • Warmhaus: "Balinesisches Gewächshaus" mit dem balinesischen Garten und Dorf mit konstanter Raumtemperatur bei 25°C (Nutzfläche zzgl. Nebenflächen ca. 1130m², Gebäudehöhe ca. 15 m) sowie
  • Ein Kalthaus: Multifunktionsraum für Sommernutzung (Ausstellungen) und Winternutzung (Orangerie) mit einer konstanten Raumtemperatur von 8 °C, sowie einem ganzjährig nutzbaren Infobereich mit 20°C und dem Bereich der Baumpflege, mit einer konstanten Raumtemperatur von 10°C.
  • der neuen Tropenhalle ermöglicht eine weitspannende Stahlkonstruktion den Bau eines überdimensionalen Gewächshauses. Als Konstruktion wird eine kleinteilige Dachform, in Anlehnung eines "Venlo" Gewächshaustypes, gebaut. Dabei wurde die Systembauweise modifiziert und optimiert.

Das Gebäude ist im Gesamten etwa 40 m breit und etwa 50 m lang. In der 20-m-Achse, in Gebäudemitte, gibt es eine Stützenreihe. Im Bereich des Kalthauses befindet sich ein Stahlbetonkern, mit Lagerfläche und den Sanitärräumen im Erdgeschoss und der Technikfläche im Obergeschoss, die über das Lager erschlossen wird. Der Haupteingang ist für die ankommenden Besucher gut sichtbar und durch die Anbindung zum Parkeingang ein wichtiger Ort in den Gärten der Welt. Ein großzügiger Windfang ermöglicht den unkomplizierten Zutritt für Gruppen, Menschen mit Behinderung oder Familien mit Kinderwagen in die feuchtwarme Tropenhalle. Die Halle ist barrierefrei.

Die Tropenhalle ist Süd/Ost orientiert, während sich der Kalthausbereich nordwestlich um die Tropenhalle legt. Der Eingang befindet sich im Westen. Über den Eingang kommt man sowohl in den Informationsbereich als auch direkt in den Balinesischen Garten. Einen weiteren Besuchereingang direkt in den Balinesischen Garten gibt es in südlicher Ausrichtung des Gebäudes. Von Norden aus kann die Tropenhalle über einen separaten Eingang angeliefert werden.

Im großzügigen Warmhaus befindet sich der Balinesische Garten, der sich nun mit seiner ausdrucksstarken Atmosphäre in vollem Maße entfalten kann. Durch die hohe Transparenz des Entwurfes besteht vom Eingangsbereich sowie vom Informationsbereich aus, stets der Blickbezug zum Garten. Somit steht dieser immer im Mittelpunkt des Bauwerks. Vom Informationsbereich aus lassen sich die Terrasse und die Sanitärräume erschließen. Die einzelnen Bereiche, das Warmhaus, das Kalthaus und die Baumpflege, sind alle untereinander zugänglich.

Die neue Tropenhalle erreicht somit die Kapazität, die steigende Besucherzahl aufzunehmen. Sie gibt den Pflanzen mehr Entfaltungsraum, erhöht mit einer konstanten Raumtemperatur und einer konstanten Luftfeuchte die Aufenthaltsqualität und steigert somit im erheblichen Maß die Attraktivität des Balinesischen Gartens. Um das "Architekturzierwerk" mit der vorhandenen balinesischen Atmosphäre nicht in Konkurrenz zu setzen, nehmen sich die Primärkonstruktion und die Hülle zurück, sodass der Garten selbst im Vordergrund steht. Die neue Hülle wird aufgestellt und erst danach wird das bestehende Gebäude nach und nach zurückgebaut. Somit bleiben die Pflanzen im Inneren während der Umbauphase geschützt und eine teure Auslagerung wird vermieden. Auch die Balinesische Wohn- und Schreinanlage bleibt, während der Umbauphase, im Gebäudekomplex und wird geschützt.

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Neue Hülle. Foto: Dr. Kelm GTW
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Dachaufsicht. Foto: Dr. Kelm GTW
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Haus-im-Haus-Prinzip.
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Energiebedarf.

Technische Konzeption

In den letzten Jahrzehnten hat das Tropenhaus des Balinesischen Gartens keine technischen Verbesserungen, sondern nur notwendigste Instandhaltung und Havariebeseitigung erfahren. Der heutige Zustand dieses in den Gärten der Welt herausragenden Ensembles ist aus ökonomischer Sicht ineffizient und dem Auftrag der glaubhaften Vermittlung ökologischen Wissens (CO2-Diskussion) entgegengerichtet. Der derzeitige Betrieb des Hochgewächshauses als Balinesischer Garten - seine besonderen Pflanzenarten haben mit 28 °C den größten Wärmebedarf in der gesamten Parkanlage - bedingt einen enormen Energieverbrauch, aufgrund einer nicht zeitgemäßen Regeltechnik und einer desolaten Außenhülle (Polycarbonatplatten, zahlreiche Wärmebrücken etc.).

Ein wesentliches Ziel der Sanierungsmaßnahme ist es, den Energiebedarf des Hochgewächshauses um etwa 60 bis 80 Prozent zu senken. Die veraltete Gebäudetechnik stellt ein sehr großes Ausfallrisiko mit entsprechender Gefahr für die wertvolle Pflanzenarten-Sammlung dar. Havariefälle der technischen Anlagen sind häufig und führen zu Notreparaturen mit entsprechenden Kosten. Durch die Grundsanierung und Erweiterung können für einen langen Zeitraum Mittel zur Instandhaltung und Bauunterhaltung eingespart werden.

Das Gebäude ist komplett eingeglast: im sogenannten Stehwandbereich mit einer Weißglasisolierverglasung mit einem guten U-Wert und Überkopf, ebenfalls mit einem Isolierweißglas, allerdings aus VSG mit einer hochtransparenten Trosifolfolie. Angesichts der komplexen Funktionsanforderungen des Gebäudes darf man den erzielten Lichttransmissionsgrad mit der neuen Verglasung von 84 Prozent als sehr hoch einstufen. Zwar ließ die Polycarbonathülle ähnliche Tageslichtwerte ins Innere dringen - tatsächlich dürfte diese Nenngröße in den letzten Jahren aber kaum noch erreicht worden sein. Das lag an der zunehmenden Eintrübung der Polycarbonates, vor allem aber an der ständigen Kondenswasserbildung bei kühlerem Wetter. Sie zermürbte das Material durch Schimmelbildung und Korrosion.

Daher kam eine Glashaus-Innovation von Haas Architekten zum Einsatz, die 2009 im Botanischen Garten Berlin im vollendeten Großen Tropenhauses ihren ersten Praxis-Test im großen Maßstab bestanden hatte: Beheizte Stahlprofile. In sämtlichen tragenden Stahlprofilen der gläsernen Hülle fliest 40 °C warmes Wasser durch. Diese Fassadenheizung strahlt Wärme in den Innenraum ab. Sie hält die Glasinnenseite auch bei niedrigen Außentemperaturen kondenswasserfrei. Bei den Profilen handelt es sich um die Primärkonstruktion. Sie wurden in Abschnitten von 8 x 2 m bereits endbeschichtet angeliefert. Obwohl das warme Wasser ohne weitere Abdichtung direkt durch die Profile fließt, trat bei der Probebefüllung nur bei einem der insgesamt 1000 m verbauten Stahlelementen eine Undichtigkeit auf, die mühelos behoben werden konnte.

Lüftungstechnik

Die Gewächshäuser sowie der Informationsbereich werden natürlich belüftet. Hier erfolgt die Regelung über motorische Fensterklappen. Die innenliegenden Räume erhalten eine Abluftanlage. Die Nachströmung erfolgt über die angrenzenden Räume.

Gebäudeautomation

Ein Gewächshauscomputer regelt die natürliche Lüftung, die Befeuchtung, Beleuchtung und die Temperatur. Es werden im Haus auf verschiedenen Raumhöhen Messpunkte verteilt.

Die gestalterischen Grundpfeiler des Neuen Balinesischen Gartens

Die Balinesische Wohnanlage bleibt mit ihrer inneren Bepflanzung und den innerhalb der Anlage liegenden befestigten Wegeflächen bestehen. Es erfolgen dort keine baulichen Änderungen. Durch die Erweiterung der hochbaulichen Anlagen rückt die Wohnanlage nun ins Zentrum der Tropenhalle. Man schafft dort ein balinesisches Dorf inmitten einer tropischen Landschaft. Um dieses "Dorf" entsteht die Anmutung eines tropischen Regenwaldes gepaart mit den typischen balinesischen Kulturlandschaften. Um die Anmutung zu erzeugen, müssen Pflanzen verwendet werden, deren Blattwerk extreme Grüntöne aufweist. Bali besticht durch sein Grün, welches 365 Tage auf Bali anzutreffen ist.

Die fremden Geräusche

Das wohltuende Gefühl der Fremdheit bekommt man nicht nur durch das Auge, sondern durch alle Sinne, wie eben Geräuschen. Diese dürfen durch Wassertropfen und durch das fließende Wasser des Beckenüberlaufs der oberen Reisterrasse und durch den Bestandsbrunnen erreicht werden. Denn auf Bali gibt es viel Wasser. Es ist ein Teil des Reichtums auf der Insel. Hinzu kommen die Geräusche des tropischen Regenwaldes, aber so dezent, als wenn man die Geräusche in weiter Ferne der Baumwipfel hören würde.

Innenraum Balinesischer Garten. Foto: Friedhelm Haas
Blick von Südost. Foto: Friedhelm Haas
Innenraum Baustelle. Foto: Friedhelm Haas
Blick von Osten. Foto: Friedhelm Haas
Blick zum Haupteingang. Foto: Friedhelm Haas

Das Balinesische Dorf

Durch den Abriss des alten Glashauses und die Umbauung mit dem weitaus größeren neuen Tropenhaus, wird das Balinesische Dorf zum Mittelpunkt der neuen Balinesischen "Landschaft". Die baulichen Anlagen sollen von der neuen Bepflanzung erobert werden. Ein sympathisches Dorf im Balinesischen Dschungel. Mauern müssen mit Algen und Moosen geimpft werden. Höhere Bäume wie Feigenbäume schaffen eine ortstypischere Atmosphäre, denn die Deckenhöhe wird sich durch das neue Tropenhaus verdreifachen. Palmen ragen über die Dächer, immergrüne Feigen erobern die Mauern wie in Kambodschas Tempelstadt Angkor Wat. Der Hauptweg durch die Balinesische "Landschaft" ist ein Rundweg mit einer Laufrichtung vom Eingang zum Ausgang. Seine Breite variiert zwischen minimal 120 cm (gemäß Brandschutzanforderungen) und maximal 520 cm. Der Weg ist ein Betonweg aus Prägebeton, der mit Farbpigmenten eine erdige Tönung bekommt. Durch die Bearbeitung mit Matrizen erhält er seine lehmhafte Anmutung. Der Weg wird ohne Einfassung hergestellt, um die Natürliche Erscheinung zu unterstützen.

Mauern

Die "Reisterrassen" werden abgestützt durch Mauern aus Stampfbeton, der durch den Zusatz von Zuschlagstoffen eine erdige Färbung erhält. Eine Automatische Bewässerung erfolgt flächig über ein Tropfschlauchsystem im Bereich der Pflanzflächen. Diese wird eine hochbauseitig hergestellt Druckleitung angeschlossen.

Bepflanzung

Den Höhepunkt der Bepflanzung stellt die Nachahmung eines Stücks tropischen Feuchtwaldes dar. Strukturgebende Gehölze dieser Pflanzengruppierung sind Feigenbaumarten, Königingenpalmen, Baumfarne (größtenteils aus dem Bestand), Sago - Palmen, Goldfruchtpalmen und Zierbananen. In Anlehnung an einen natürlichen Dschungel erfolgt eine Unterpflanzung mit den schon beschriebenen mittelhohen und den bodendeckenden Pflanzen. Auch hier werden die Bestandspflanzen mitverwendet. Die Einbaustärke des Substrates liegt hier zwischen 120 cm (im Bereich der größeren Gehölze) und 80 cm. Die "Reisfelder" werden mit der Japan-Segge, die der Reispflanze sehr ähnlich sieht, bepflanzt. In den Randbereichen, so wie auf Bali, werden Palmen angeordnet.


Beteiligung von Architekten, Ingenieuren und Künstlern:

  • Architekt: HAAS | Architekten BDA
  • Statik: Prof. Dr.-Ing. Hilbers
  • Fachtechnik: CSZ Berlin
  • Garten- und Landschaftsarchitekten Breimann und Bruun GmbH & CO.KG


Lage:

Gärten der Welt - Balinesischer Garten, Eisenacher Straße 99, 12685 Berlin


Finanzierung Art:

Das Projekt wurde aus Mitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" finanziert. Der Eigenanteil für das Land Berlin betrug 10 Prozent.

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