Osnabrücker Baubetriebstage

Nachträge sind auch bei kleinen Bauvorhaben oft ein Streitthema

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Mehr ging nicht: Fast 300 Teilnehmer hörten gespannt den Ausführungen zum Thema "K(l)einen Nachträgen" zu. Foto: Hochschule Osnabrück

Im Mittelpunkt der diesjährigen Osnabrücker Baubetriebstage stand der Umgang mit den so genannten Nachträgen. Ebenso wie bei Groß-Bauvorhaben gehören die Ausführungen von zusätzlichen und geänderten Leistungen auch bei kleineren Baumaßnahmen zum Tagesgeschäft. Auch hier führen diese sehr oft zu Streit zwischen den Bauvertragsparteien.

Prof. Martin Thieme-Hack, der die Veranstaltung moderierte, sagte zu Beginn, dass das Thema Nachträge ursprünglich nicht zu seinen Favoriten gehört habe. Dennoch zeige die hohe Teilnehmerzahl von über 300 Personen an der Hochschule Osnabrück, dass Nachträge auch im Bereich von kleineren Bauvorhaben offensichtlich eine sehr große Relevanz besitzen.

Nachträge? Gibt es nicht!

Den ersten Vortrag mit dem provokant erscheinenden Titel: "Nachträge? Gibt es nicht!" hielt Rechtsanwalt Stefan Eichner zu Änderungen im BGB Werkvertrag. Er legte dar, dass es im Bürgerlichen Gesetzbuch, ebenso wenig wie übrigens in der VOB/B, eine Definition für den Begriff Nachtrag gibt. Dieses Wort würde in der Literatur und auch umgangssprachlich allerdings sehr häufig verwendet und beschreibt letztlich nichts anderes als eine Abweichung zwischen dem Bau-Soll und dem Bau-Ist. Der Begriff Nachtrag beschreibt somit eine Abweichung zwischen dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang und dem auszuführenden Leistungsumfang.

Prof. Dr.-Ing. Kattenbusch befasste sich in seinem Vortrag mit den Anforderungen an eine baubetriebswirtschaftlich korrekte Darlegung von Störungen im Bauablauf. Diese habe sich zwingend an dem Urteil VII ZR 141/03 des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 25.02.2005 zu orientieren. Demnach sei eine bauablaufbezogene Darstellung jeder einzelnen Behinderung und deren tatsächliche Auswirkung auf den Ist-Bauablauf unumgänglich.

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Intensive Diskussionen im Planum: Veranstalter Prof. Martin Thieme-Hack (links) und Prof. Dr.-Ing. Markus Kattenbusch. Foto: Hochschule Osnabrück
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Ohne detaillierte Bauzeitenpläne, mit Soll, Soll\' und IST geht es nicht, so Prof. Dr.-Ing. Felix Möhring von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Foto: Hochschule Osnabrück

Wie Nachträge geprüft werden

Prof. Dr.-Ing. Felix Möhring zeigte anhand eines praktischen Beispiels zunächst die notwendigen Dokumentationstätigkeiten bei der Abwicklung einer Baumaßnahme. Aufbauend auf der BGH Rechtsprechung zu den Anforderungen an Nachweise von Störungen erläuterte er die praktische Umsetzung dieser Anforderung mit Hilfe von tabellarischen Störungsdokumentationen. Diese Tabellen ermöglichen es jeden einzelnen Störungssachverhalt strukturiert, in Gänze und vor allem nachvollziehbar zu erfassen. Im Anschluss sei es möglich, die vom BGH geforderte bauablaufbezogene Darstellung herzustellen.

Nachdem in den ersten Vorträgen entweder verdeckt oder teilweise sehr offen die Vorgehensweise der Auftraggeber gerügt wurde, hatten zwei Auftraggeber-Vertreter die Möglichkeit, ihr Vorgehen bei der Prüfung von Nachträgen dazulegen. Dipl.-Ing. Jörg Dittrich von der Ingenieurgesellschaft grbv Ingenieure im Bauwesen stellte deutlich heraus, dass eine Nachtragsprüfung immer in zwei Schritten erfolge.

Oft fehlen genaue Unterlagen

Nachträge würden zunächst dem Grunde nach geprüft. Sollte sich bei diesem Prüfungsschritt kein Anspruch erkennen lassen, werde die Prüfung beendet. Erst nachdem ein Anspruch dem Grunde nach festgestellt wurde, erfolge die Prüfung der Höhe nach. Dittrich hob hervor, dass es bei vielen Nachträgen nicht möglich sei zu erkennen, wo eine Abweichung zu dem vertraglich geschuldeten Bau-Soll vorhanden sei. Daher würden viele Nachträge oft, zumindest vorläufig, abgelehnt.

In diesen Fällen sei es so, dass nach der ersten Prüfung weitere Unterlagen nachgereicht würden. Dieses würde zum einen den Prüfaufwand erhöhen, zum anderen resultiere aus einer späteren Übergabe von weiteren, erläuternden Unterlagen auch ein zusätzlicher Zeitbedarf. Viele Nachtragsprüfungen könnten zügiger bearbeitet werden, wenn Auftragnehmer sofort aussagekräftige Unterlagen vorlegen würden.

Das Gleiche gelte für die Nachweise der Höhe nach. Selbst wenn aus den Unterlagen ein Anspruch der Sache nach zu erkennen sei, könne in vielen Fällen keine abschließende Prüfung erfolgen, weil die eingereichten Unterlagen zur Nachtragshöhe nicht aussagekräftig seien. Eine ähnliche Vorgehensweise bei der Prüfung von Nachtragsforderungen erläuterte Dirk Stiepert vom Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus hob er hervor, dass die Forderungen nach aussagekräftigen Unterlagen kein Schikanieren der Arbeitnehmer darstellt, sondern notwendig seien. Die sachgerechte Verwendung von Steuergeldern setze eine strukturierte Arbeitsweise voraus. Der Landesbetrieb Straßen NRW gehe bei der Prüfung nach festgelegten Regularien vor. Diese seien auch nicht geheim sondern für jedermann zugänglich, zum Beispiel im HVA B-StB (Handbuch für Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen und Brückenbau) dargelegt. Insgesamt gelang es den Bauherrenvertretern, der während dieser Veranstaltung bisweilen emotional geführten Debatte, zu zeigen, dass auch sie eine sachgerechte Prüfung bevorzugen.
Michael Ehlers

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