Regenwasser und Oberflächen - Anforderungen an wasserdurchlässige Beläge und Straßeneinläufe

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In den letzten Jahren haben dezentrale Maßnahmen zur Niederschlagswasserbewirtschaftung an Bedeutung gewonnen, denn es liegt grundsätzlich nahe, sich am Ort der Entstehung diesem Thema zu widmen, um so beispielsweise den Abfluss in die Kanalisation zu vermeiden bzw. zu verzögern und/oder Regenwasser vor Ort zu nutzen. Immer stärker wird dabei berücksichtigt, dass Niederschlagswasser verschmutzt sein kann und eine Vorreinigung von verschmutztem Niederschlagswasser vor der Einleitung in das Grundwasser oder in ein Gewässer gefordert werden muss.

Das Land Nordrhein-Westfalen hält die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung für so wichtig, dass sie im Landeswassergesetz für Neubaugebiete Vorrang vor der Mischwasserkanalisation erhält. So gehören wasserdurchlässige Flächenbeläge oder Mulden-Rigolen-Systeme für den wasserwirtschaftlich Interessierten bereits heute zum Stadtbild. Auch bei dieser Art der Niederschlagswasserbewirtschaftung hat der Rückhalt von Schadstoffen an Bedeutung gewonnen, um so die Verschmutzung des Grundwassers zu verringern. Für diesen Anwendungsfall stehen vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassene Bauprodukte und Bauarten (Flächenbeläge sowie Mulden- und Schachtsysteme) zur Behandlung und Versickerung mineralölhaltiger Niederschlagsabflüsse zur Verfügung.

Während für die Zulassung von diesen Produkten deutschlandweit einheitliche Zulassungsgrundsätze erarbeitet werden konnten, existieren diese noch nicht für Produkte zur Behandlung und Einleitung von Niederschlagswasser in Gewässer. An dieser Stelle setzt in Nordrhein-Westfalen der Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalens (MUNLV) "Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren" vom 26. Mai 2005 - der sogenannte "Trennerlass" - an, in dem Einzelregelungen zur Belastung und Behandlungsbedürftigkeit des getrennt vom Schmutzwasser gesammelten Niederschlagswassers, zum Einsatz von Behandlungsanlagen, sowie zu deren Bemessung getroffen wurden.¹

Bei beiden Einleitungspfaden (Grundwasser und Gewässer) stellt die Bewirtschaftung der diskontinuierlich und unterschiedlich stark anfallenden Regenwassermengen Planer und Betreiber der Entwässerungsanlagen vor eine besondere Aufgabe.

Handlungsfeld Trennsysteme und Straßenentwässerung

In regelmäßigen Abständen informiert das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalens (MKULNV) über die Entwicklung und den Stand der Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen und beschreibt Handlungsfelder, die weiter bearbeitet werden müssen (vgl. Fußnote 2). Ein Handlungsfeld sind die Gewässerbelastungen durch Niederschlagswassereinleitungen aus den Trennsystemen und von Straßen. Als maßgeblicher Summenparameter für diesen Einleitungsweg ins Gewässer wird in Fußnote 2 die TOC-Fracht (Total Organic Carbon) genannt. Bezogen auf den TOC gelangt durch die Mischwasserentlastung eine vergleichbare Fracht wie durch industrielle Direkteinleiter in die Gewässer. Die Frachteinträge aus den Trennsystemen und von Straßen liegen sogar noch darüber (vgl. Tab. 1).

Berücksichtigt man, dass die Belastungen aus Niederschlagswassereinleitungen im Vergleich zu kommunalen und industriellen Einleitungen nur zeitweilig erfolgen, dann aber diejenigen Belastungen aus kommunalen Kläranlagen während des Regenabflusses um ein Mehrfaches übertreffen können, wird der Handlungsbedarf bei der Niederschlagswasserbeseitigung besonders deutlich.²

Mit Einführung der "Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren" (vgl. Fußnote 3) durch den Runderlass des MUNLV wurden die Anforderungen zur Schadstoffminderung bei der Niederschlagsentwässerung über öffentliche und private Kanalisationen im Trennverfahren nach § 57 Abs. 1 Landeswassergesetz (LWG) als allgemein anerkannte Regeln der Abwassertechnik eingeführt und bekannt gemacht.³

Zur zentralen Behandlung von Niederschlagswasser werden die nachfolgend aufgeführten vier Behandlungsarten genannt und deren Anwendung bzw. deren Anwendungsgrenzen beschrieben:

  • Nicht ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken ohne Dauerstau RKBoD).
  • Ständig gefüllte Regenklärbecken (Regenklärbecken mit Dauerstau RKBmD).
  • Bodenfilter.
  • Regenüberläufe im Trennverfahren.

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Darüber hinaus stehen diesen zentralen technischen Möglichkeiten zur Niederschlagswasserbehandlung Lösungen gleich, bei denen im Zulassungsverfahren nachgewiesen wird, dass hinsichtlich des Schadstoffrückhalts und des dauerhaften Betriebs eine Vergleichbarkeit vorliegt und die Alternativlösung die Anforderungen des die Einleitung zulassenden Bescheides erfüllt.³ Alternative Lösungen sind an dieser Stelle dezentrale und semizentrale Niederschlagswasserbehandlungsanlagen, die sich von der zentralen Behandlung, bei der die Reinigung des verschmutzten gesammelt abgeleiteten Niederschlagswassers vor der Einleitung in ein Gewässer erfolgt, wie folgt abgrenzen:

  • Bei der dezentralen Behandlung erfolgt die Reinigung des Niederschlagswassers direkt am Ort des Niederschlagsanfalls und der Abfluss von verschmutztem Niederschlagswasser wird verhindert oder minimiert.
  • Bei der semizentralen Behandlung erfolgt die Reinigung des verschmutzten Niederschlagswassers innerhalb des Kanalnetzes vor der Vermischung mit unbelastetem Niederschlagswasser.

Der Einsatzbereich der dezentralen und semizentralen Behandlungsanlagen wird im Trennerlass auf die Behandlung von schwach belastetem (= gering verschmutztes) Niederschlagswasser eingeschränkt.³

Dezentrale und semizentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen

Nachweis der vergleichbaren Behandlung

Dezentrale und semizentrale Niederschlagswasserbehandlungsanlagen können über den Weg des Einzelnachweises genehmigungsfähig werden (vgl. Fußnote 4). Voraussetzung ist der Nachweis der sogenannten vergleichbaren Behandlung, bei der die Vergleichbarkeit der dezentralen Anlage mit einer zentralen Anlagen nachzuweisen ist.

Im Rahmen eines vom MKULNV geförderten Forschungsvorhabens "Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen - Umsetzung des Trennerlasses"5 wurden einige dezentrale Anlagen untersucht und im Vergleich zu den zentralen Anlagen bewertet. Die Bewertungen der Vergleichbarkeit der dezentralen und zentralen Anlagen gem. Trennerlass stützen sich auf zwei Betrachtungsweisen:

  • Methodischer Vergleich der stofflichen Rückhalteleistung zentraler und dezentraler Anlagen auf der Basis systematisch abgeleiteter und durch umfangreiche Literaturrecherchen abgesicherter Kenngrößen zum Schmutzstoffaufkommen im Niederschlagsabfluss und zur Wirksamkeit unterschiedlicher Anlagentypen.
  • Praktisch-empirischer Vergleich der betrieblichen Aspekte durch systematische Beobachtung und Kontrolle der dezentralen Anlagen in Testgebieten; Erstellung einer gegliederten Bewertungsmatrix und systematischem Vollzug der Bewertungen in Bezug auf die Referenzanlage "Regenklärbecken" (RKB).

Die Vergleichbarkeit der dezentralen Systeme mit den zentralen Anlagen gem. Trennerlass ist gegeben, wenn der AFS-Rückhaltegrad von AFS4 fein > 50 Prozent und die betrieblichen Untersuchungsergebnisse eine Vergleichbarkeit mit RKB positiv bescheinigen.

Einzelheiten werden im Erlass des MKULNV vom 20. April 2012 geregelt (vgl. Fußnote 6). Das Landesamt für Umwelt in NRW (LANUV NRW) führt eine Liste 4 mit Anlagen, die diesen Prozess durchlaufen haben.

"IKT-Geprüft gemäß Trennerlass (NRW)"-Siegel

Die für die vergleichenden Betrachtungen notwendigen Laboruntersuchungen zur Wirksamkeit der Anlagen wurden im IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur und der praktisch-empirische Vergleich der betrieblichen Aspekte durch die Grontmij GmbH durchgeführt (vgl. Fußnote 5). Um Anlagentypen, die nicht im Rahmen des Forschungsvorhabens untersucht wurden genehmigungsfähig zu machen, sind Laborversuche durch unabhängige, entsprechend ausgerüstete und erfahrene Prüfinstitute durchzuführen. Zu beachten ist dabei, dass die Vergleichbarkeitsuntersuchungen nach den Prüfungsvorgaben der Landes NRW durchgeführt werden (vgl. Fußnote 7). Im Rahmen der In-situ-Untersuchungen sollen, begleitet durch eine unabhängige Stelle, in einem für mindestens ein Jahr ausgelegten Untersuchungsvorhaben, Betriebserfahrungen gesammelt und bewertet werden.

Um die Qualität des Vergleichbarkeitsnachweises aus einer Hand für die Anwender erkennbar zu machen, wurde vom IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur das IKT-Siegel "Geprüft nach Trennerlass (NRW)" an mehrere Hersteller verliehen (vgl. Tab. 2).

Innolet

Bei dem mit dem IKT-Siegel ausgezeichneten Innolet-System handelt es sich um einen Einsatz für Straßenabläufe. Es hat in den Laborprüfungen und im Praxiseinsatz seine Wirksamkeit nachgewiesen. Dafür wurde es mit dem Siegel "IKT-Geprüft gemäß Trennerlass" ausgezeichnet. Es war das erste Produkt, das das IKT-Siegel tragen durfte.

Und so funktioniert das Innolet-System: Der Einsatz für den Straßenablauf nimmt einen Grobfilter und eine mit Substrat gefüllte Filterpatrone auf. Eine blaue Adapterplatte verhindert, dass Wasser an dem System vorbei fließt. Das Niederschlagswasser durchfließt zunächst den Grobfilter. Hier werden die groben Stoffe zurück gehalten. Anschließend durchströmt das vorgereinigte Wasser die darunter befindliche, mit Substrat gefüllte Filterpatrone. Diese bewirkt einen Rückhalt von feinpartikulären Stoffen sowie gelösten Schwermetallen und organischen Substanzen.

ViaTub

Der Lamellenklärer ViaTub von Mall darf ebenfalls mit dem Siegel "IKT-Geprüft gemäß Trennerlass" auf sich aufmerksam machen. In allen Prüfungen zeigte er vergleichbare Reinigungsleistungen wie eine zentrale Anlage. Er ersetzt herkömmliche Absetzbecken in der Regenwasserbewirtschaftung. Im Zulaufbereich der Anlagen werden grobkörnige Bestandteile sedimentiert, danach durchströmt das Regenwasser im geschlossenen Fertigteil-Betonbehälter eine schräg eingebaute Lamellenpackung. Aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten werden Partikel auf den Kunststofflamellen abgeschieden, rutschen danach zum Behälterboden und setzen sich dort als Schlamm ab.

Sedi-Pipe

Im Auftrag des Herstellers Fränkische Rohrwerke hat das IKT zudem die Niederschlagswasserbehandlungsanlage Sedi-Pipe XL 600/12 im Labor auf Herz und Nieren geprüft. Weitergehende Insitu-Beobachtungen durch die Grontmij GmbH hatten die Praxistauglichkeit der Sedi-Pipe im Fokus. Die aus Startschacht, Sedimentationsrohr und Zielschacht bestehende Sedi-Pipe-Anlage trennt mittels Dichtetrennung Feinstoffe aus dem Regenwasser ab. Dazu durchfließt das Wasser das im Gegengefälle angeordnete Rohr. Eine Remobilisierung der sedimentierten Stoffe bei stärkeren Regenereignissen verhindert ein Strömungstrenner unterhalb des Kämpfers. Darüber hinaus werden Leichtstoffe über eine Tauchwand im Zielschacht zurückgehalten. Da die Reinigungsleistungen durchweg mit denen von zentralen Behandlungsanlagen vergleichbar waren, trägt die Sedi-Pipe-Anlage nun das Siegel "IKT-Geprüft gemäß Trennerlass".

Separationsstraßenablauf SSA

Der Separationsstraßenablauf SSA von ACO Tiefbau ersetzt einen konventionellen Straßenablauf. Die Anlage kombiniert den Grundkörper eines Nassschlammfangs mit einem speziellen Doppelstutzen und einem speziellen Einsatz, dem sogenannten Turbulenzverminderer, zum kontrollierten Energieabbau des einströmenden Wassers. Dieser Einsatz beruhigt den Wasserstrom und verhindert die Remobilisierung abgesetzter Feststoffe im Schlammraum. Das System ermöglicht eine dreistufige Separation (Einlaufrost. Schlammeimer sowie Turbulenzverminderer mit Schlammraum) der im Straßenablauf enthaltenen Feststoffe.

Wasserdurchlässige Flächenbeläge

Anfang des 20. Jahrhunderts standen Flächenversickerungen in Form von wasserdurchlässigen Flächenbelägen im Fokus von Untersuchungen zur Durchlässigkeit und Schadstoffrückhalt unter Labor- und Betriebsbedingungen (vgl. Fußnote 8 u. 9). Dies führte dazu, dass das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) bereits Ende 2004 ein allgemeines bauaufsichtliches Zulassungsverfahren für wasserdurchlässige Flächenbeläge10 verabschiedete.

Wesentlicher Bestandteil des Zulassungsverfahrens ist eine Eignungsprüfung der Beläge, neben einer Umweltverträglichkeitsprüfung der Baustoffe, einer Hinterlegung der Steinrezepturen beim DIBt und dem Nachweis der Reinigungsfähigkeit der Beläge. Ziel der Eignungsprüfung ist es, die Durchlässigkeit und die Fähigkeit zum Schadstoffrückhalt der Beläge zu testen. Dazu wird der zu prüfende Belag in einen Rahmen (Größe: 1 m²) eingebaut und in einer Prüfanlage (siehe Abb. 2), mit der Regen simuliert und Sickerwasserproben entnommen werden können, insgesamt sechs Funktionsprüfungen unterzogen:

  • Überprüfung der Wasserdurchlässigkeit des Belages im Neuzustand
  • Bestimmung des Rückhaltevermögens des Belages bezüglich Feinstpartikeln, an die in realen Straßenabflüssen ein Großteil der Schadstoffe angelagert werden
  • Überprüfung der Wasserdurchlässigkeit des Belages mit simulierter Verschmutzung
  • Bestimmung des Rückhaltevermögens des Belages bezüglich der gelösten Stoffe Kupfer und Zink
  • Bestimmung des Rückhaltevermögens des Belages bezüglich Mineralölkohlenwasserstoffen

Die zugelassenen Produkte können der Internetzpräsenz des Deutschen Instituts für Bauwesen abgerufen werden und sind in Tab. 3 dargestellt.

Darauf aufbauend wurden vom DIBt Zulassungsgrundsätze für Anlagen zum Anschluss von Kfz-Verkehrsflächen bis 2000 m² und Behandlung des Abwassers zur anschließenden Versickerung in Boden und Grundwasser erarbeitet,¹¹ so dass für die Reinigung von Niederschlagswasser vor der Einleitung ins Grundwasser einheitliche Prüfvorgaben für entsprechende Produkte existieren und dementsprechend geprüfte Produkte einsetzbar sind (vgl. Fußnote 12 und Tab. 4).

Niederschlagswasserbewirtschaftung in der Stadt: Beispiel für Lösungen im städtischen Raum

Insbesondere in dicht besiedelten innerstädtischen Gebieten erscheint die Umsetzung von dezentralen Niederschlagswasserbewirtschaftungsmaßnahmen nur eingeschränkt möglich zu sein. Umsetzungsmaßnahmen können in diesen Fällen besonders stark durch Nutzungskonflikte zum Beispiel zwischen privaten und öffentlichen Interessen behindert werden (vgl. Tab. 2). Welche Möglichkeit es gibt, wenn die handelnden Personen entsprechende Durchsetzungsfähigkeit haben, zeigt ein Beispiel aus Stockholm. Dort wird seit mehreren Jahren, selbst in bis zu 100 Prozent versiegelten Bereichen dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung umgesetzt.

Federführend ist dort das Grünflächenamt der Stadt Stockholm (Trafikkontoret), das für die ca. 30.000 Stadtbäume in Stockholm verantwortlich ist.¹³

Im Rahmen der regelmäßigen Baumkontrollen stellte sich heraus, dass eine große Anzahl dieser Bäume vergleichsweise geringe Zuwachsraten aufwiesen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass an vielen Bäumen bereits im Frühsommer Anzeichen von zu geringer Wasserversorgung in Form von trockenen Blättern erkennbar war.

Der Grund für die geringen Zuwachsraten und die Auswirkungen einer schlechten Wasserversorgung konnte durch Aufgrabungen im Bereich der Wurzel der Bäume ermittelt werden. Die Wurzeln der betroffenen Bäume hatten in der Regel die zu klein bemessenen Pflanzgruben (teilweise nur 1 m³) nicht verlassen, da sie den anstehenden bzw. künstlich aufgeschütteten Boden nicht erschließen konnten. Es entstand ein unausgewogenes Verhältnis zwischen dem Kronenvolumen und Volumen des Wurzelwerks. Vor diesem Hintergrund entschied sich Trafikkontoret zu einer Verbesserung der Wurzelräume städtischer Bäume und erarbeitete ein Konzept (vgl. Fußnote 14) zur

  • Schaffung eines angemessenen Wurzelraums
  • Belüftung der Wurzelräume sowie
  • diskontinuierliche Bewässerung der Wurzeln (zum Beispiel mit unverschmutztem Dachwasser)

und setzte dieses Konzept an einer Vielzahl von Straßenabschnitten und Plätzen um.

Auch auf Basis von in Deutschland gewonnenen Erkenntnissen (Fußnoten 15, 16, 17) über das Wurzelwachstum und die Gestaltung geeigneter Baumsubstrate wurde durch Trafikkontoret ein überbaubarer Wurzelraum entwickelt der Elemente der Niederschlagswasserbewirtschaftung beinhaltet (vgl. Abb. 4):

Der abgestufte Aufbau hat eine Gesamthöhe von ca. 1 m. Die untere Schicht besteht aus gebrochenem Material der Korngrößen 100 bis 150 mm mit einer Schichtdicke von 600 mm. Darüber wird eine ca. 180 mm starke Schicht mit gebrochenem Material der Korngröße 63 bis 90 mm eingebaut. Im nächsten Arbeitsschritt wird ein Trennvlies aufgelegt und dann mit Schotter ein Planum für die Verlegung von Gehwegplatten, Pflastersteinen oder Asphalt aufgeschüttet. Alle Schichten werden jeweils verdichtet.

Die Versorgung der Wurzelräume mit Luft und Wasser erfolgt zum Beispiel durch ein von Trafikkontoret entwickeltes Bauteil zur Belüftung und Bewässerung, das bis zu einer Tiefe von ca. 80 cm in die Wurzelräume reicht (vgl. Abb. 5). Auf das aus Edelstahl gefertigte Element wird ein Straßeneinlauf gesetzt, der den Abschluss zur Pflaster- oder Asphaltfläche bildet (vgl. Abb. 6).

Zur Bewässerung der Wurzelräume wird das Regenwasser von angrenzenden Dachflächen oder Geh- und Radwegen genutzt und unmittelbar über die Straßeneinläufe eingeleitet.

Beispielhaft sind in Abb. 7 bis Abb. 10 Ausführungen der beiden Nutzungsformen dargestellt. Das Regenwasser von Dachflächen wird aus den vorderseitig am Haus angebrachten Fallrohren in offene Rinnen geleitet, die den Gehweg queren und dann zu den entsprechenden Straßeneinläufen weitergeleitet werden (vgl. Abb. 7 und Abb. 8). Darüber hinaus wird das Regenwasser auch von Geh- und Radwegen in den Wurzelraum eingeleitet. Abb. 9 und Abb. 10 zeigen die Einleitung von Regenwasser über einen, in einen Randstein integrierten Straßeneinlauf. Je nach Anwendungsfall kann somit auf Produkte aus dem Kanalgussprogramm unterschiedlicher Hersteller zurückgegriffen werden.

Zusammenfassung

In den letzten Jahren wurde erkannt, wie wichtig die kleinräumige Wirkung von Speicherung, Versickerung und Verdunstung des Regenwassers auf den Oberflächenabfluss ist. Rückhalt, Versickerung und Nutzung vor Ort wirken sich aus auf:

  • die Abflussdynamik innerhalb und unterhalb eines Siedlungsgebietes,
  • die Grundwasserneubildung,
  • die Reinigungsleistung der Kläranlagen und
  • die städtischen Gewässer und ihren ökologischen Zustand. (vgl. Fußnote 18)

Immer stärker muss dabei berücksichtigt werden, dass Niederschlagswasser verschmutzt sein kann und eine Vorreinigung von verschmutztem Niederschlagswasser vor der Einleitung in das Grundwasser oder in ein Gewässer gefordert werden muss. Hierfür stehen unterschiedliche Niederschlagswasserbehandlungssysteme für die Einleitungspfade Grundwasser (DIBt) und Gewässer (zum Beispiel gemäß Trennerlass NRW) zur Verfügung, deren Wirksamkeit sowohl in Laboruntersuchungen nachgewiesen als auch deren betriebliche Aspekte untersucht wurden.

Eine besondere Herausforderung stellt die Reinigung, Speicherung, Versickerung und Verdunstung von Niederschlagswasser in den stark versiegelten und durch vielfältige Nutzungen geprägten Städten dar.

An dieser Stelle sind ämterübergreifende Lösungen gefragt. Die Schaffung von Wurzelräumen in Kombination mit der Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung von Bäumen kann als eine solche angesehen werden, wobei der Gesamtnutzen für die Siedlungsentwässerung durch die Verringerung der abflusswirksamen Fläche und dezentralen Regenwassernutzung zur Bewässerung der Bäume zum jetzigen Zeitpunkt lediglich abgeschätzt werden kann.

Literatur

1) LANUV NRW: "Niederschlagswasser", Abruf via www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/nw.htm, Stand 4. April 2014, 09:14 h.

2) MKULNV: "Entwicklung und Stand der Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen"; 15. Auflage, Stand der Daten: 31.12.2010.

3) MUNLV: "Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren", Runderlass Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2004.

4) LANUV NRW: "Liste der dezentralen Systeme, deren Vergleichbarkeit mit den zentralen Anlagen gem. Trennerlass als nachgewiesen gilt"; Abruf via www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/ds.htm

5) Werker, H. et. al.: "Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen - Umsetzung des Trennerlasses", Abschlussbericht des Forschungsprojekts, Juli 2011 gefördert vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Download unter: www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/forschung/pdf/20111125_Gesamtbericht.pdf

6) MKULNV NRW: Erlass vom 20. April 2012 - Niederschlagswasserbeseitigung, hier: Abschlussbericht "Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen - Umsetzung des Trennerlasses". Download: www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/Erlass_NW_dez_sys_20-4-2012%20(2).pdf , Stand 4. April 2014, 11:30 h.

7) LANUV NRW: Nachweis der Vergleichbarkeit von dezentralen Behandlungsanlagen - Zusammenfassende Darstellung der Prüfungsvorgaben vom 25.09.2012. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes NRW. Download: www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/2012_09_25_NWdezentral_pruefung.pdf

8) Schmitt, T. G.; Bosseler, B. et al.: "Untersuchung des Abfluss- und Versickerungsverhaltens wasserdurchlässiger Flächenbeläge" im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, bearbeitet durch Technische Universität Kaiserslautern - Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft und IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur; Bochum und Gelsenkirchen, August 2007.

9) Nolting, B.; Bosseler, B. et al.: "Prüfung wasserdurchlässiger Flächenbeläge nach mehrjähriger Betriebsdauer" im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, bearbeitet durch Fachhochschule Bochum - Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft und IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur; Bochum und Gelsenkirchen, Februar 2005.

10) Zulassungsgrundsätze für "Niederschlagswasserbehandlungsanlagen", Teil 2: Wasserdurchlässige Beläge für Kfz-Verkehrsflächen für die Behandlung des Abwassers zur anschließenden Versickerung in Boden und Grundwasser (Abwasserbehandelnde Flächenbeläge), Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), April 2012.

11) Zulassungsgrundsätze für "Niederschlagswasserbehandlungsanlagen", Teil 1: Anlagen zum Anschluss von Kfz-Verkehrsflächen bis 2000 m² und Behandlung des Abwassers zur anschließenden Versickerung im Boden und Grundwasser, Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Februar 2011.

12) DIBt: Verzeichnis der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen, Zulassungsbereich: Bauprodukte und Bauarten zur Behandlung und Versickerung mineralölhaltiger Niederschlagsabflüsse; Download unter www.dibt.de/de/zv/NAT_n/zv_referat_II3/ SVA_84.htm

13) Embrén, B. et al.: "Optimierung von Baumstandorten - Stockholmer Lösung: Wurzelräume schaffen und Regenwasser nutzen, Konfliktpotential zwischen Baum und Kanal entschärfen"; in WWT - Wasserwirtschaft Wassertechnik, Ausgabe 7-8/2008, S. 38-43.

14) Embrén, B.; Alvem, B.-M.; Stål, Ö.; Orvesten, A.: Växtbäddar för Stadsträd i Stockholm en Handbok; 2008.

15) Liesecke, H. J.; Heidger, C.: Vegetations- und bautechnische Maßnahmen zur Verbesserung des Stand- und Wurzelraumes bei Straßenbäumen - Ansatz und Durchführung eines Forschungsvorhabens des BMV. Tagungsband der 9. Osnabrücker Baumpflegetage, 1991.

16) Krieter et al. (1998): Standortoptimierung von Straßenbäumen - Teil 1: Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL), Bonn

17) Schröder, K.: Wurzelraum unter Fahrbahnen - Beispiele aus Osnabrück. Tagungsband Osnabrücker Baumpflegetage 2003.

18) Geiger, W.; Dreiseitl, H.: Neue Wege für das Regenwasser - Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten.

M. Sc. Marcel Goerke
Autor

Leiter der Prüfstelle Regenwasserbehandlung bei dem IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur

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