Regenwasserrückhaltung: Warum Dachbegrünung weiterhin ein Thema der Zukunft ist

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Dachbegrünung
Experimente zur Gesamtverdunstung in Auckland: Gesamtverdunstung trägt dazu bei, den Dachabfluss zu reduzieren. Foto: Elizabeth Fassman-Beck

Kommunen errichten aufgrund des Klimawandels zunehmend Regenwasserinfrastrukturen, die teuer und pflegeintensiv sind. Dachbegrünung zur Regenwasserrückhaltung stellt dabei eine zukunftsträchtige Entwicklung dar. Aber nicht nur das Substrat hat mächtigen Einfluss auf die Regenwasserabflussleistung, auch die Kooperationsbereitschaft aller Planungsbeteiligten ist für das Gelingen von Gründachprojekten wichtig.

Dachbegrünung ist nicht neu in Deutschland. In vielen Städten ist sie sogar als Teil einer Baugenehmigung vorgeschrieben. Das ist gut so, denn Dächer sollten weiter eifrig in Deutschland begrünt werden, um vegetativen und damit positiven Ausgleich für Baumaßnahmen zu schaffen und auch die Forschung anzukurbeln. Trotz der wachsenden Menge an publizierten Journalartikeln und Herstellerspezialisierungen gibt es nur wenige Planungsanleitungen, die detaillierte Angaben enthalten und dabei helfen, fundierte Gestaltungsentscheidungen für die Planung von wassersparenden Dächern zu treffen.¹

Der folgende Text gibt einen kurzen Überblick zur Entwicklung der Dachbegrünungsforschung in der englischsprachigen Welt und verbindet ihn mit der deutschen Grundlagenforschung in den 1970er bis 1990er Jahren. Denn Architekten, Landschaftsarchitekten, Ingenieure und Kommunen anderer Länder verfolgen seit Jahren die Dachbegrünungsbewegung und Forschung in Deutschland und das nicht nur, wenn es um neue Dachbegrünungsprojekte geht, sondern auch um neue Forschungsergebnisse. Diese Situation ist weiterhin aufrecht zu erhalten, um die Verbreitung, Nutzung und Forschung von Dachbegrünung international voranzutreiben, da besonders in der anglophonen Welt Forschungsergebnisse von "peer-reviewed" Journalen entscheidend beeinflussen können, ob ein Dachbegrünungsmaterial oder ein ganzes Dachbegrünungssystem weiterhin eingebaut werden soll oder nicht. Begrünte Dächer sind in Nordamerika seit rund 15Jahren zu einem millionenschweren Geschäft geworden und die Branche expandiert weiter.

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Gründächer ermöglichen die Wasserrückhaltung von Niederschlägen. Sie sind Teile eines Wasserrückhaltungssystems. Zeichnung: Roehr/Fassmann-Beck
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Begrünte Dächer schaffen vegetativen und damit positiven Ausgleich für Baumaßnahmen. Zeichnung: Roehr/Fassmann-Beck

Regeninfrastrukturen in den Kommunen

Kommunen errichten zunehmend Regenwasserinfrastrukturen, die teuer und pflegeintensiv sind, da durch den Klimawandel stärkere Regenereignisse stattfinden. Dachbegrünung zur Regenwasserrückhaltung stellt dabei eine zukunftsträchtige Entwicklung dar. Nicht nur das Substrat an sich, sondern auch die Verdunstung durch Vegetation und Substrat haben mächtigen Einfluss auf die Regenwasserabflussleistung. Von den potenziellen Leistungen, die Dachbegrünung bietet, ist Regenwasserrückhaltung eines der einfachsten Planungsziele, aber die Kooperationsbereitschaft aller Planungsbeteiligten für das Gelingen von Gründachprojekten ist zwingend erforderlich.

In den deutschsprachigen Ländern entwickelte sich die moderne Dachbegrünung durch spezielle Schichtenaufbausysteme in den 1970er Jahren. Hans-Joachim Liesecke und Bernd Krupka haben mit ihren Standardwerken die Dachbegrünung durch ihre Grundlagenforschung im deutschsprachigen Raum etabliert. Manfred Köhler, Marco Schmidt und viele andere Wissenschaftler trugen mit ihren eigenen Forschungsergebnissen und Fachbeiträgen dazu bei, dass Dachbegrünung in den 1990er Jahren im Ausland Anklang fand. Damit haben sie nicht nur ihren internationalen Bekanntheitsgrad gesteigert, sondern viele englischsprachige Forscher, Architekten und Landschaftsarchitekten wie Nigel Dunnett, Noel Kingsbury, Susan Weiler, Katrin Scholz-Barth, Edmund und Lucie Snodgras und andere dazu animiert, Standardwerke in englischer Sprache zu schreiben und in wissenschaftlichen "peer-reviewed" Journalbeiträgen Dachbegrünung im anglophonen Ausland zu etablieren. Die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) hat 2008 die "Richtlinie für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen" auf Englisch übersetzt und ist seither im Ausland für viele eine Richtschnur für Experimente bis hin zum Ausführungsdetail.

Durch Internationalisierung und Kooperationen entsteht die Möglichkeit, komplexere Themenbereiche wie die Wasserrückhaltungskapazität auf Dächern wissenschaftlich zu untersuchen und ernsthaft zu hinterfragen, um die Dachbegrünungsentwicklung weltweit zu unterstützen. Nicht nur Planer, Baubranche, Gemeinden und ihre Vertreter müssen überzeugt werden, sondern das Ziel sollte auch sein, Dachbegrünung in den städtischen Planungs- und Baurichtlinien dauerhaft zu verankern. Was muss in den Städten geschehen, um Regenwasserrückhaltungsregularien auf Dächern einzuführen und was ist der Wissensstand der Forschung?

Regenwasserrückhaltung und ganzheitliche Regenwasserwirtschaft in Städten

Mit der Verstädterung und klimatischen Veränderungen in weiten Teilen der Welt entwerfen, ergänzen und errichten Kommunen zunehmend Regenwasserinfrastrukturen, die teuer und pflegeintensiv sind. Daher stellen, neben der herkömmlichen Kanalisation, die oft durch ihre unterirdische Lage schwieriger zu erreichen und daher unwirtschaftlich ist, präventive Installierungen wie Dachbegrünung zur Regenwasserrückhaltung eine zukunftsträchtige Entwicklung dar. Dachbegrünungen sind eine Möglichkeit, die städtischen Entwässerungs- und Versickerungssysteme am Boden wie eine Kanalisation in verdichteten Städten oder eine umweltverträgliche Versickerungsmulde und -gräben zu unterstützen und die existierende Regenwasserinfrastruktur zu entlasten.

Gerade in regenreichen Städten wie New York, Portland, Seattle oder Vancouver, in denen Versickerungsbereiche am Boden durch die dichte Bebauung nur begrenzt möglich sind, ist die Kombination einer wasserrückhaltenden und speichernden Dachbegrünung mit einer Versickerungsfläche am Boden eine Möglichkeit, die Wassermassen zu speichern und schrittweise zu reduzieren. Dachbegrünungen erzeugen vielleicht sogar Steuerersparnisse, wenn sie zur Wasserrückhaltung ausgelegt sind und damit den kostenintensiven Ausbau städtischer Kanalisationen reduzieren. Aber welche Rolle spielen Gründächer in der ganzheitlichen städtischen Wasserwirtschaft?

Die aktuelle Forschung kommt zu dem Schluss, dass kommunale Regularien trotz der öffentlichen Kenntnis von Gründächern immer noch den Ausschlag dafür geben, ob Gründächer installiert werden oder nicht. Die aktive Forschung konzentrierte sich lange auf die Beschreibung der örtlichen Regenwasserrückhaltung, um das Abflussvolumen zu reduzieren, anstatt die Prozesse zu berechnen, die zur temporären Speicherung und Reduzierung des Spitzenabflusses führen können.² Seit 2010 ist die Forschung zur Regenwasserrückhaltungsleistung im anglophonen Raum stark angestiegen. Dabei ist interessant, dass trotzdem immer noch die Erforschung der Dämmfähigkeit von Gründächern und die Qualität des ablaufenden Regenwassers intensiver behandelt werden als die Regenwasserrückhaltung, obwohl diese durch den Klimawandel mindestens genauso wichtig ist. Die Berechnungen zur Regenwasserspeicherfähigkeit eines Gründaches wären in der Forschung genauer, wenn mehr Langzeitfeldversuchen durchgeführt würden.

Auch wenn heute größtenteils grüne Infrastrukturen öffentlich akzeptiert sind oder dafür Anreize geschaffen werden, fehlt oft das Aktualisieren der kommunal zugelassenen Regenwasser-Berechnungsprotokollarien; auch die dazugehörigen Berechnungsformeln hinken in der Entwicklung oft hinterher. Die von den meisten Kommunen zugelassene CNMethode und Rational Formel sind einfache Berechnungsmethoden zur Regenwasserrückhaltung mit einem über Jahrzehnte nachweisbaren Berechnungserfolg mit geringer Dateneingabe und werden daher von vielen Kommunen bis heute zur Berechnung von Regenwasserrückhaltung herangezogen. Sie sind unkompliziert in der Berechnung und daher beliebt bei Kommunen und können ein bestimmtes Regenereignis, wie zum Beispiel einen Jahrhundertregen, schätzen, um Überschwemmungen und die damit verbundene Haftung zu reduzieren. Hydrologische Berechnungsmodelle wie der (USA) National Stormwater Calculator (SWMM 5.1), Western Washington Hydrology Model (WWHM) und HYDRUS können theoretisch gesehen ein realeres Bild der Regenwasserrückhaltungsysteme darstellen. Sie erfassen und berechnen genauere Daten, wie zum Beispiel Wetter, Substratfeuchtigkeit vor und nach dem Regenereignis, und erstellen dann eine präzisere Langzeitberechnung der Regenwasserrückhaltungsleistung. Für alle drei Modelle liegen aber bis heute nicht genügend Forschungsergebnisse vor, um sie für die Regenwasserrückhaltung auf Dächern kommunal einzusetzen. Größtenteils besteht das Problem darin, dass sehr viele Daten für die Anwendung im voraus benötigt werden, um diese Berechnungsmodelle einzusetzen die in den Kommunen nicht vorhanden sind.

Die Forschung zur Funktion der Regenwasserrückhaltung und Entwicklung voraussagender Berechnungen steckt allerdings noch in der Anfangsphase.

Für die Wasserwirtschaft in Städten ist auch die Wasserqualität wichtig. Wie gut oder schlecht die Wasserqualität von Gründächern ist, ist noch nicht sehr gut erforscht, da es maßgeblich durch die Aufbauten des Gründachs beeinflusst wird. Ein herkömmliches Dach hat nicht die Fähigkeit, den Regenwasserabfluss zu reinigen, dafür generiert es aber eine erhebliche Menge an Abfluss. Mit Gründächern ist das anders - die Wasserqualität verbessert sich, da die Abflusshäufigkeit und Abflussmenge reduziert wird, Regenwasser gespeichert werden kann und die Kanalisation folglich entlastet wird. So könnte man sagen, dass ein Gründach primär ein Werkzeug ist, um das Dachabflussvolumen und den Spitzenabfluss zu reduzieren, mit dem weiteren Vorteil, Schadstoffe zu minimieren. Die Gesamtverdunstung trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, wie der Dachabfluss reduziert werden kann. Mit diesem Aspekt der Gründachfunktion hat sich die Forschung der letzten Jahre verstärkt beschäftigt.

Gesamtverdunstung beeinflusst Wohlbefinden der Bepflanzung

Die Gesamtverdunstung setzt sich zusammen aus der direkten Verdunstung des Substrates und der Verdunstung durch die Pflanzen. Es ist der Entleerungsprozess des Wassers auf dem Dach, um ihm die Möglichkeit zu geben, den nächsten Regenfall zu speichern. Über einen langen Zeitraum gesehen ist die Gesamtverdunstung belanglos für die Regenwasserrückhaltungskapazität. Die Gesamtverdunstung hat jedoch einen starken Einfluss auf die Speicherung von aufeinanderfolgenden starken Regenfällen sowie das Aussehen und Wohlbefinden der Bepflanzung auf dem Gründach. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint es unter ingenieurstechnischen Aspekten gesehen so zu sein, dass die einflussreichsten Faktoren die vorhandene Substratfeuchtigkeit zu einem Zeitpunkt, gefolgt von einem günstigen Klima, den größten Einfluss auf die Gesamtverdunstung haben. Es wird hier weitere maßgebliche Forschung benötigt, um den Regenwasserrückhalt genauer zu berechnen.

Um die Gesamtrückhalteleistung eines Gründaches zu berechnen, werden hydrologische Simulierungsmodelle eingesetzt. Es sind die besten Werkzeuge, um die vielen möglichen Szenarien einer Dachbegrünung zu überprüfen. Allerdings sind diese Modelle eine mathematische Darstellung von natürlichen Prozessen. Das heißt, dass die Vorgabe von Minute zu Minute oder von Stunde zu Stunde des Regenabflusses durch eine mathematische Gleichung vorausberechnet wird: wie viel und wie schnell das einfließende Wasser zum Ablauf eines Regenwasserrückhaltungssystems gelangt. Manche Modelle können auch voraussagen, wie sich der Wasserhaushalt auf die verschiedenen Wasserrückhaltesysteme, zum Beispiel Speicherschichten auf einem Dach, auswirkt. Detailliertere Modellformulierung heißt nicht gleich ein genaueres Ergebnis. Daher ist die allgemeine wissenschaftliche Annahme, dass die Modelle nur so gut sind wie ihre angenommenen Erwartungen und wie die Qualität der Daten für neue Anwendungen.

Heute gibt es einige erfolgreiche hydrologische Simulierungsmodelle. Die Nutzbarkeit hängt aber nicht nur von den Rahmenbedingungen des Projektes ab, sondern auch von der Wahl des Modells, um eine bestimmte Frage zu beantworten. Es hängt weiterhin auch vom Maßstab entweder eines individuellen Projektes oder eines ganzen Stadtquartiers ab. Je kleiner das Projekt, desto genauer sollte die Berechnung sein. Jedes Gründach hat eine eigene Substratbeschaffenheit, Pflanzenvielfalt, Wurzelstruktur. Daher können genaue Simulationen für das Verhalten eines Daches nicht auf ein anderes Gründach übertragen werden. Gleichwohl kann es sein, dass die verschiedenen Berechnungssysteme keine großen Unterschiede in ihren Endergebnissen aufweisen, wenn man die generellen Regenwasserrückhaltungsziele berücksichtigt. Aus diesem Grund sollte man - solange keine präzise Forschung existiert - ein allgemeines Dachbegrünungsmodellprogramm für generelle Wassermengen benutzen. Neben der Regenwasserrückhaltung und -speicherung auf dem Dach ist die kooperative Planung zur präzisen Umsetzung der technischen und architektonischen Ziele wichtig.

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Aufgaben und Kommunikationsverbindungen am Planertisch: Die frühe Zusammenarbeit aller Interessengruppen unterstützt die erfolgreiche Planung eines Gründachs. Zeichnung: Roehr/Fassmann-Beck

Planungskooperation und Regenwasserberechnung

Die frühe Zusammenarbeit aller Interessengruppen vom Landschaftsarchitekten, Architekten, Ingenieur bis hin zum Gärtner ist wichtig, um ein erfolgreiches Gründach zu planen. Die genauen Abläufe wann wer mit wem kooperiert und wer welche Aufgaben zu übernehmen hat, ist in allen Phasen von der Planungs- und Bauphase und der Pflege wichtig. Auch sollte die technische Beobachtung des fertigen Daches bei allen größeren Bauvorhaben eingeplant werden, um die Funktion gegen die Maßgaben in der Planung zu testen und weitere Daten für Forscher zu generieren.

Der Planungsprozess wird Schritt für Schritte erklärt und durch Checklisten ergänzt, um zu verdeutlichen, dass die Planung der Dachbegrünung genauso wie Gebäudeplanung komplex ist und Entscheidungen vieler Beteiligter, wie Architekten und Ingenieure benötigt. Der Kooperationsprozess wird bildlich durch drei Besprechungstische dargestellt: Planertisch, Bauausführungstisch und Pflegetisch. Die Planungsbeteiligten an den Tischen sind durch Pfeile miteinander verbunden, um ihre gegenseitige Kommunikationsbeziehung und deren Aufgaben darzustellen. Diese Diagramme veranschaulichen die Komplexität und Abhängigkeiten zwischen den Projektbeteiligten, denn das größte Problem für die Installation von Dachbegrünungen ist die Übernahme der Verantwortlichkeit der einzelnen Gewerke. Die Schnittstellen für die verschiedenen Arbeiten - wie zum Beispiel die Frage, wer die Dachabdichtung und den dazugehörigen Wurzelschutz plant, um damit den Gewährleistungsrahmen zu koordinieren - werden dadurch vereinfacht.

Die zu koordinierenden Punkte der Planung sind bei der Nachrüstung oder einem neuen Gründach die gleichen. Dabei fokussieren sich die Planungsziele nicht nur auf die Regenwasserrückhaltung, den Einfluss des Regenwassers auf die Tragfähigkeit des Daches und dessen Entwässerung, sondern auch auf Aspekte, die das äußere Erscheinungsbild des Daches optimieren. Die Forschung bezüglich der Pflanzenwahl bis hin zu den Bepflanzungsstrategien hat sich verlagert. Einige Wissenschaftler analysieren heute, wie Menschen auf die Aussicht auf ein Sedum Dach oder geschnittenes Rasendach im Vergleich zu einem wild gewachsenen Grasdach reagieren und stellen fest, dass wildwachsende Gräser einen höheren visuellen Stellenwert bei Menschen haben als Sedum. Das sind wichtige Erkenntnisse für Gestalter und Pflanzenzüchter, die ihre Planung und das Sortiment dementsprechend anpassen können - denn glückliche Dachnutzer sind die besten Fürsprecher für Dachbegrünungen.

Über die ästhetische Akzeptanz eines Gründaches gibt es unterschiedliche Meinungen; ob es grün oder braun ist, hängt auch davon ab, wo das Gründach eingesetzt wird. In einem Industriegebiet ist die Ästhetik vielleicht nicht ganz so wichtig, wie in der Stadtmitte, denn ein Erddach mit spärlicher Bepflanzung hat immer noch einen stärkeren Wasserrückhalt als ein unbegrüntes Dach.

Die Voraussetzung für das Planungsziel der Regenwasserspeicherung ist die Regenwasserberechnung des individuellen Daches und die Wahl der Berechnungsmethode. Von den öffentlichen Stellen aus gesehen ist ein Gründach eine von mehreren Möglichkeiten, um Regenwasserspeicherung zu erzielen. Schwierig wird es aber, existierende Berechnungsmethoden oder rechtliche Festsetzungen/Richtlinien durch neue Forschung zu verbessern und die Annahme dieser neuen Methoden unter Architekten, Landschaftsarchitekten und anderen Beteiligten kurzfristig zu erzielen. Diese Tatsache ist und wird weiterhin eine der großen Herausforderungen sein, trotz neuer Forschung und Praxis in diesem Gebiet.

Die vorhandenen Regenwasserberechnungs-Modelle wie SWMM oder WWHM sind gut nutzbare Formeln. Leider sind bis heute Algorithmen, die für die Simulierung des Abflusses durch das Substrat verwendet werden, noch nicht ausreichend durch Datenerhebungen auf Gründächern bestätigt worden. Es besteht daher weiterhin großer Forschungsbedarf, um die verschiedenen Faktoren zu beobachten, welche die Gründachhydrologie beeinflussen. Trotzdem geben hydrologische Modelle, die fähig sind, fortlaufend Daten zu simulieren, ein viel realistischeres Bild der Regenwasserrückhaltungsleistung ab als die CN Methode oder die Rational Formula, die im Moment von den meisten Gemeinden in Nordamerika genutzt werden. Die Modelle messen verschiedene klimatische Verhältnisse und ihre Auswirkungen auf das Gründach, nämlich den Feuchtigkeitsgehalt des Substrates vor jedem Regenereignis, um dann zu berechnen, wie viel Wasserspeicherung das Dach zur Verfügung hat. Diese Modelle stellen auch ein angemessenes Format bereit, um die Leistungsfähigkeit eines Daches zu prüfen. So kann die Frequenzspektrum-Kurve für Abfluss und Spitzenabfluss helfen zu ermitteln, wie ein Gründach den Umfang an Regenabflüssen und Klimabedingungen imitiert, statt die Leistungsfähigkeit gegen eine isolierten konstruierten Sturm zu bewerten. Die Regenwasserberechnungen kann man nicht von der architektonischen Gestaltung und der Regenwasserabflussleistung des Daches trennen.

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Gründachinstallationen in Tamaki/Auckland: In Neuseeland gab es bis vor kurzem keinen Gründachmarkt, daher mussten Mischungen vor Ort entwickelt werden. Foto: Elizabeth Fassman-Beck
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Aufgaben und Kommunikationsverbindungen am Planertisch: Die frühe Zusammenarbeit aller Interessengruppen unterstützt die erfolgreiche Planung eines Gründachs. Quelle: Extensive Living Roofs for Stormwater Management. Part 2: Performance Monitoring. Auckland UniServices Technical Report to Auckland regional Council. Auckland Regional Council TR2010/18. Auckland, New Zealand
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Foto: Elizabeth Fassman-Beck

Regenwasserabflussleistung, architektonische Gestaltung und der Einfluss des Substrates

Für die Gestaltung und Funktion von Dachbegrünungen müssen die verschiedenen Elemente des Dachaufbaues aus technischer und landschaftsarchitektonischer Sicht verstanden werden. Die verschiedenen Voraussetzungen für die Regenwasserrückhaltung eines Gründaches wirken sich auch auf die Gestaltung des Daches aus und umgekehrt. Der wichtigste Einfluss auf Regenwasserrückhaltung ist das Substrat, und ganz besonders, dessen Zusammensetzung, Schichtdicke und Wasserspeicherkapazität. Die Pflanzenauswahl auf dem Substrat bestimmt die Landschaftsarchitektur; die Entwässerungsschicht sowie die Bewässerung des Substrats beeinflussen nach neuer Forschung dessen Funktion auch erheblich. Gründächer beeinflussen den Regenwasserabfluss auf vielschichtige Weise, der Haupteinfluss ist aber das Speichern von Regenwasser im Substrat und die Rückhaltungsrate des Abflusses. Daher ist die Zusammensetzung des Substrates das Fundament für den Erfolg der Bepflanzung und der Regenwasserrückhaltung und -speicherung eines Daches. Heute gibt es eine weltweit steigende Auswahl an Substraten, deren Zusammensetzung oft ein Betriebsgeheimnis ist. Aber auch ungeschützte Substrate können effektiv sein. In Neuseeland gab es bis vor kurzem keinen Gründachmarkt, daher mussten Mischungen vor Ort entwickelt werden. Dies ist sinnvoll, da so keine Substrate von Übersee eingeführt werden müssen und ist nicht nur kostengünstiger, sondern auch umweltschonender. Das gilt ganz besonders für die schweren grobkörnigen Anteile, die den Hauptteil des Substrates ausmachen.

Substrate auf Dachbegrünungen sind in der Regel mit Gartenerde nicht zu vergleichen, vor allem wenn die Regenwasserrückhaltung im Vordergrund steht. Die genaue Zusammensetzung hängt von den Planungszielen ab, zum Beispiel das mit Absicht lokale Erde auf ein Dach eingebracht wird, da biologische Vielfalt im Vordergrund steht. Neben den Materialmerkmalen beeinflusst die Kompostierung von Pflanzen sowie die Auswaschung von Nährstoffen die Entwicklung der Substrate über einen längeren Zeitraum. Die Kompostierung kann zu erhöhter Biomasse führen und dadurch zur Reduzierung der Substratschicht, was wiederum die Wasserspeicherkapazität minimiert und die erfolgreiche Wurzelverankerung im Substrat verhindert. Daher ist regelmäßige Pflege des Daches nötig. Um die Nährstoffauswaschung zu reduzieren, muss der organische Substratanteil chemisch und physisch im Gleichgewicht bleiben bis die Pflanzen etabliert sind. Organisches Material sollte ausreichend kompostiert sein, um die Auswaschung zu minimieren. Des Weiteren ist die Substrathöhe ein wichtiger Faktor für die Pflanzenauswahl. Je höher das Substrat, desto höher auch das Gewicht. Damit wird eine komplexere Tragwerksplanung erforderlich. Auch sind Laboruntersuchungen nötig, um herauszufinden, welches Substrat den Regenwasserrückhalt erhöht und wie hoch das Substrat eingebaut werden muss. Für Herstellersubstrate gibt es normalerweise schon entsprechende Informationen. Die Vorgaben für jedes Substrat zur Regenwasserrückhaltung müssen die Kriterien für Feuchtigkeit-Speicherkapazität (Feldkapazität), permanenten Welkepunkt und die wassergesättigte hydraulische Leitfähigkeit beinhalten. Die Testmethoden basieren auf den FFL Richtlinien und den amerikanischen ASTM.

Die Substratschichtdicke, die die Minimalmenge an Regenwasserrückhalt gewährleistet, hängt von der Fähigkeit der Wasserspeicherung des Substrates und den Verdunstungsanforderungen der Pflanzen ab. Aktuelle Forschungen haben ergeben, dass die Wasserspeicherfähigkeit des Substrats ausschlaggebend ist, ob eine Pflanze künstlich bewässert werden muss um sie am Leben zu erhalten. Für Planungs- und Gestaltungsabsichten können die Substrateigenschaften für die Regenwasserspeicherung geschätzt werden, wenn man die Menge der gespeicherten Feuchtigkeit zwischen der mittleren nominellen Feldkapazität und dem nominellen dauerhaften Welkepunkt ermittelt. Die Forschung ist heute in der Lage, dies genau zu berechnen.

Eines der wichtigsten Themen für das dauerhafte Wohlbefinden der Pflanzen ist die Wasserzufuhr. Feuchtigkeitsmangel wird definiert durch Substrathöhe, Feuchtigkeitsspeicherung, begleitende thermische Masse, Zeit und Dauer von Schattierung, Windkontakt (Klimaanlagenausstoß miteingeschlossen) und das lokale Wetter. Die Wasserrückhaltung kann im Substrat und durch Extraschichten wie wasserrückhaltende Entwässerungselemente erhöht werden.

Auf Gründächern herrschen oft harsche Bedingungen für Pflanzen aufgrund der dünnen Substratschicht und der Gesamtverdunstung, die extreme Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen hervorruft. Die Forschung der letzten Jahre zur Dachtauglichkeit von Pflanzen hat sich neben dem Überlebensziel auf die sinnlichen Auswirkungen der Bepflanzung auf die Nutzer verlagert. Diese Forschung ist noch in den Anfängen, zeigt aber das große Interesse der Nutzer.

Neben den Sedum-Dächern schlagen viele Forscher Pflanzen vor, die verschiedene Wasserverbrauchsstrategien haben, zum Beispiel die Kombination von trockenheitsverträglichen Pflanzen, die viel Wasser verbrauchen, was zur Regenwasserrückhaltung beiträgt, da diese Pflanzen mehr verdunsten. Diese Maßnahme ist wie eine Ausgleichsmaßnahme zwischen Regenwasserrückhalt und dem Überleben der Pflanzen. Bis heute sind weiterhin Sukkulenten die besten Pflanzen für die Regenwasserrückhaltung, da sie kostengünstig und sehr robust sind. Die aktuellste Forschung schlägt Sedum als Basispflanze vor, gemischt mit anderen Arten. Der Einsatz einer Entwässerungsschicht unter dem Substrat wird von folgenden Punkten beeinflusst: dem Substrat (z. B. dessen Wasserspeicherkapazität), dem Klima (z. B. der Regenfrequenz und der Menge und den extremen Nassperioden), dem Regenwasserabfluss (der Menge und Geschwindigkeit) und dem Einfluss der Entwässerung auf ein normales oder Umkehrdach. Es gibt neuerdings für die Überprüfung der Entwässerungsfähigkeit von Entwässerungsschichten aus grob körnigem Material sowie synthetisch hergestellten Schichten (z. B. Matten) die ASTM-Versuchsrichtlinien aus den USA.

Ein extensives Dach sollte immer ein umweltschonendes nachhaltiges System sein. Das heißt weniger Energieverbrauch bei Herstellung und Einbau für größtmöglichen Nutzen für das Umfeld, zum Beispiel weniger Pflege und höhere Wasserspeicherkapazität. Falls aber dennoch künstliche Bewässerung genutzt werden soll, dann nur mit recyceltem Regenwasser, verteilt durch solar- oder windbetriebene Pumpen. Die Forschung der letzten Jahre hat ergeben, dass das Fehlen von Bewässerung Langzeitfolgen wie reduziertes Wurzel- und Blätterwachstum für die Pflanzen haben kann. Gerade Trockenheit in der ersten und zweiten Woche nach Aussaat kann das Sprossenwachstum reduzieren. Jede Dachsituation muss daher individuell begutachtet werden, um zu entscheiden ob Bewässerung nötig und sinnvoll ist, zumindest in der Anwachsphase.

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Van Dusen Botanical Garden in Vancouver: Das Gründach des Besucherzentrums ist Teil eines ganzheitlichen Regenwasser-Management-Systems. (Diagram basierend auf Zeichnungen von Perkins & Will Architekten). Zeichnung: Roehr/Fassman-Beck
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Gründach mit variierenden Neigungsgraden: Das Dach des Besucherzentrums erinnert an die Form einer Orchidee. Foto: Nic Lehoux
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Das geneigte Gründach des Hypar Pavilion im Lincoln Center in New York hat die Form einer Tribüne. Foto: Ariel Vernon

Gestaltung für Soziale Nutzung unter Einbeziehung der Regenwasser-Speicherung

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Dächer für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne Regenwasserrückhaltung auszuschließen. Das wichtigste Kriterium in der Planung ist das zusätzliche Gewicht auf dem Dach durch die Nutzer (Verkehrslast) und die Eigenlast, zum Beispiel durch Wegebeläge. Auch sollten alle eingebauten Elemente, zum Beispiel eine Terrasse, so eingebaut werden, dass sie die Entwässerung nicht behindern.

Geneigte Dächer können neben einem schrägen Dach auch hügelige Formationen haben. Für Regenwasserrückhaltung sind Dächer mit geringer Neigung mit Minimum 2° am besten geeignet. In Neuseeland werden Dächer ab 15° Neigung nicht mehr als Regenwasserrückhaltungssysteme anerkannt.

Zu beachten ist bei hügeligen Dächern und ganz besonders stark geneigten Dächern, dass die Entwässerung an der Firstlinie am stärksten ist im Vergleich zum Hügelende oder dem Ende der Dachschräge. Substrat-Hügel verbessern die Wachstumsbedingungen von Pflanzen, da mehr Wasserspeicherung in ihnen möglich ist und in den Hügeltälern kann es wegen der windgeschützten Lage zu weniger Verdunstung kommen. Bei der Pflanzenauswahl sollte an der Fristlinie weniger wasserbedürftige Pflanzen und am Hügelende stark wasserbedürftige Pflanzen positioniert werden.

Es sollte auch versucht werden, die Dachflächen immer voll zu begrünen mit der Ausnahme von Pflegewegen und Dachrichtlinien der jeweiligen Länder. Undurchlässige Flächen sind heißer und verändern dabei das Mikroklima, was zur Trockenheit an den bündigen Übergängen zu den undurchlässigen Flächen führen kann. Das Wasser der undurchlässigen Flächen sollte wenn möglich gespeichert werden, um es während Trockenperioden für die begrünten Flächen zu nutzen. Zusätzliches Regenwasser der undurchlässigen Flächen, zum Beispiel einer Terrasse, kann nicht einfach in die bepflanzten Flächen abgeleitet werden, da das Substrat nur zur minimalen Dochtdränentwässerung fähig ist, mit zu hoher Durchlässigkeit. In anderen Worten: Das Regenwasser läuft vertikal und schnell durch das Substrat in die Entwässerungsschicht.³

Zusammenfassung

In den letzten 20 Jahren haben Wissenschaftler die Vorteile der Dachbegrünung erforscht. Trotz umfangreicher Forschungsarbeit und auf Dachbegrünung spezialisierte Hersteller gibt es aber nur wenig umfassende Anleitungen zur Regenwasserrückhaltung auf Dächern. Genaue Berechnungen und Gestaltungsvorgaben für Planer sind weltweit noch in der Anfangsphase. Daher sollte Dachbegrünung und dessen Regenwasserrückhaltung weiterhin ein sehr wichtiges Thema in der Forschung in Deutschland und weltweit sein. Regenwasserreduzierung auf Gründächern in zunehmend verdichteten Städten muss dringend durch weitere Langzeitstudien vorangetrieben werden, da dies bis heute unzureichend erforscht ist. Die Langzeitdaten könnten dann Stadtverwaltungen, wie zum Beispiel schon jetzt in Städten wie Stuttgart, Berlin, Linz, Toronto, Portland, Chicago zur Verfügung gestellt werden, um Vorgaben für Richtlinien zu formulieren. Dachbegrünung muss auf Dauer Bestandteil der Stadtplanung, der technischen und architektonischen Gestaltung werden. Dachbegrünung kann aber nur in die kommunalen Richtlinien eingebunden werden, wenn folgendes beachtet wird:

1. Architekten, Landschaftsarchitekten, Ingenieure und Stadtplaner müssen sich für begehbare öffentliche Dächer in ihren Planungen einsetzten;

2. öffentliche und private Zugänge zu Dächern müssen verbindlich in den Baugenehmigungen für große innerstädtische Bauprojekte und neue kommunale Masterpläne geregelt sein;

3. Die öffentlichen Stellen müssen die Richtlinien und finanzielle Infrastruktur rationalisieren um den Prozess für individuelle Gebäude, deren Besitzer und ganz besonders den großen Immobilienmarkt, der von Bauunternehmern geführt wird, effizient kontrollieren zu können.

Diese oben genannten Punkte können nur umgesetzt werden, wenn wissenschaftlich und technisch Gleichgesinnte weiterhin die Mechanik, Physik, Biologie und Chemie von Dachbegrünungssystemen verbessern.

Anmerkungen

1 Das Buch „Living Roofs in Integrated Water Systems“ versucht diese Lücke zu schließen, in dem es eine solche Planungsanleitung zusammenstellt und qualitative Planungsstrategien und quantitative Gestaltungsvorschläge für Regenwasserreduzierung beschreibt und dabei auch das relative frühe Stadium des Wissensstands offenlegt. Es versucht realistische Erwartungen zu erfüllen und weist auch auf die aktuellen Grenzen der Technologie hin wie beispielsweise die Tatsache, dass es zu wenige Langzeitstudien über die Gesamtverdunstung gibt.

2 Fassman, E.A., R. Simcock, E. A. Voyde, and Y. S. Hong (2013). Extensive
Living Roofs for Stormwater Managment. Part 2: Perfomance Monitoring.
Auckland UniServices Technical Report to Auckland Regional
Council. Auckland Regional Council TR2010/18. Auckland, New Zealand.
Erhältlich: www.aucklandcouncil.govt.nz/en/planspoliciesprojects/reports/technicalpublications/Pages/home.aspx

Literatur

Daniel Roehr, Elizabeth Fassman-Beck: Living Roofs in Integrated Urban Water Systems, Routledge, London/New York, 2015.

Fassman, E. A., R. Simcock, E. A. Voyde and Y. S. Hong, (2013). Extensive Living Roofs for Stormwater Managment. Part 2: Perfomance Monitoring. Auckland UniServices Technical Report to Auckland Regional Council. Auckland Regional Council TR2010/18. Auckland, New Zealand.

Associate Professor Daniel Roehr
Autor

The University of British Columbia, School of Architecture and Landscape Architecture

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