Trockenstressmanagement bei Rasen

von:
Greenkeeping

Unsere Rasengräser bestehen zu 80 bis 90 Prozent aus Wasser. Es ist ein essentieller Grundstoff und Voraussetzung für Wachstum und Entwicklung. Auch wenn zwischen den verschiedenen Gräserarten und -sorten zum Teil deutliche Unterschiede in der Trockentoleranz liegen, kann länger andauernder Wassermangel zu Trockenstress mit eingeschränkter Stoffwechselaktivität bis hin zu irreversiblen Schädigungen führen. Der Fokus der Pflegemaßnahmen sollte deshalb gerade während der Sommerwochen auf einem optimalen Bewässerungs-management und einer entsprechenden Konditionierung der Gräser liegen.

Wasser erfüllt in der Pflanze wichtige Funktionen. Es sorgt für den Transport gelöster Stoffe, und bewirkt einen hydrostatischen Druck (Turgor) in den Zellen, so dass die Gräser straff und elastisch sind. Wasser ist zudem Basisstoff für viele wichtige Stoffwechselprozesse wie zum Beispiel Photosynthese und Keimung.

Die meisten biochemischen Reaktionen in der Pflanze spielen sich in wässrigen Systemen ab. Auch für die Wirkung der Enzyme ist Wasser entscheidend. Ein Großteil des Wassers wird jedoch für die Transpiration verwendet. An den Grenzflächen der Pflanze wechselt das Wasser seinen Aggregatzustand und entweicht gasförmig in die Atmosphäre. Bei diesem Prozess wird Kälte frei, die zu einer Abkühlung der Pflanze benötigt wird. In dem Maße, wie über die Blätter Wasser abgegeben wird, rücken auf Grund von Kohäsion und Adhäsion andere Wassermoleküle nach - es entsteht ein Transpirationssog, der die gesamte Pflanze mit Wasser und den darin gelösten Stoffen versorgt. Eine hohe Transpirationsrate bedingt demzufolge eine vermehrte Wasseraufnahme durch die Wurzel. Der Wasserhaushalt der Gräser basiert also auf Wasseraufnahme und -abgabe. Ein Defizit stellt sich ein, wenn die Abgabe die Aufnahme übersteigt. Wird dieses Defizit nicht rechtzeitig durch natürlichen Niederschlag oder Bewässerung ausgeglichen, kann es zu Trockenstressreaktionen der Gräser kommen. Die Toleranz gegenüber Trocken- und Hitzestress variiert zwischen den verschiedenen Gräserarten. Sogenannte Warm Season Grasses (C4-Gräser) kommen überwiegend in den wärmeren und zum Teil ariden Klimaten der Erde vor, haben ein Temperaturoptimum von 27 bis 35°C und besitzen naturgemäß eine relativ hohe Hitze- und Trockentoleranz. Aufgrund ihrer geringen Winterhärte sind diese Gräser für eine Verwendung in Mitteleuropa jedoch kaum geeignet. Hier sind überwiegend die Cool Season Grasses (C3-Gräser) verbreitet, die ihr Wachstumsoptimum bei Temperaturen zwischen 16 und 24 °C haben und im Gegensatz zu den C4-Gräsern sensibler auf Hitze und Trockenheit reagieren. Aber auch innerhalb dieser Gruppe (Tab. 1 und 2) bestehen in Bezug auf die Toleranz große Unterschiede zwischen den einzelnen Arten und Sorten. Trockentoleranz ist eines der wichtigsten Ziele der modernen Gräsersortenzüchtung.

Trockenstress wird unter anderem durch folgende Faktoren begünstigt:

  • Starke Transpiration (hohe Temperaturen, Wind)
  • Geringer Gehalt an Bodenwasser
  • Reduziertes Wurzelwachstum
  • Krankheitsbefall

Bei Cool Season Gräsern verursacht der durch Wassermangel induzierte Trockenstress eine Abfolge verschiedener Reaktionen die letztlich bis zum Zelltod führen können:

  • Schließung der Spaltöffnungen (Stomata)
  • Reduzierung der Photosynthese
  • Erhöhte Atmung (Respiration) und Abbau von Kohlenhydraten
  • Verminderte Nettostoffproduktion
  • Dehydration des Zellplasmas (Reduzierte Enzymaktivität)
  • Reduzierte Zellstreckung und -teilung
  • Gehemmte Zellwandsynthese
  • Geringe Proteinkonzentration
  • Erhöhte Ethylenproduktion (Zellalterung)

Aber auch unsere Cool Season Gräser besitzen pflanzeneigene Mechanismen, mit denen sie Trocken- und Hitzestress begegnen können wie z. B. Veränderung der Blatttextur (Liu und Huang 2000), Bildung von Heat Shock Proteinen, Regulierung der Transpiration. Darüber hinaus können Gräser durch gezielte und rechtzeitige Pflegemaßnahmen für solche Stresssituationen aufgrund von Wetterprognosen) konditioniert werden, vor allem wenn zu erwarten ist, dass bestimmte Kardinalpunkte überschritten werden.

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Abb.1: Blaufärbung und typische "Foot-Print"-Symptome bei beginnendem Trockenstress – spätestens jetzt sollte bewässert werden. Fotos, soweit nicht anders angegeben: Fritz Lord
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Abb. 2: Verschiedene Nährstoff-Formulierungen haben unterschiedliche Effekte auf die Trockentoleranz.
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Abb. 3: Einfluss von Blatt Wasserpotential auf Photosyntheseaktivität. nach Boyer, 1970 in Mengel and Kirkby, 1978
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Abb. 8: Einfluss von Trocken und Hitzestress auf den Wassergehalt in den Blättern. nach Jiang und Huang 2011
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Tab. 1: Hitzetoleranz unterschiedlicher Cool Season Gräser (C3). nach A.J. Turgeon 2012
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Tab. 2: Trockentoleranz unterschiedlicher Cool Season Gräser (C3). nach A.J. Turgeon 2012
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Abb. 5: Typische Trockenstellen im Rasen, sogenannte Localized Dry Spots (LDS).
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Abb. 6: Einfluss von Wetting Agent auf die Benetzung von stark hydrophobem Sand. Hier unbehandelt …
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… und hier behandelt mit KICK LDS. Quelle: Prof. G. Bischoff, FH Erfurt, 2010
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Abb. 7: Greenkeeper beim Ausbringen von wurzelfördernden Zuschlagstoffen.
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Abb. 4: Einfluss von Hitze und Trockenstress (einzeln und kombiniert) auf die Rasenqualität. nach Jiang und Huang 2011
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Abb. 9: Klimatisierende Beregnung mit fein zerstäubten Wassergaben (Syringing) kühlt die Gräser ab.

Maßnahmen zur Föderung der Trockentoleranz Nährstoffversorgung

Den Wirkungsgrad mit dem das von den Pflanzen verbrauchte Wasser für die Stoffproduktion genutzt wird, bezeichnet man als Transpirationskoeffizient. Er besagt, wie viel Wasser für die Produktion von 1 kg Trockensubstanz erforderlich ist. Allgemein gilt, dass die Pflanzen das Wasser umso besser auszunutzen vermögen, je mehr auch die anderen Wachstumsfaktoren im Optimum sind. Pflanzen mit guter Nährstoffversorgung haben zum Beispiel einen wesentlich geringeren Transpirationskoeffizienten als ungedüngte Pflanzen (Mengel 1972). Bestimmte Nährstoffe haben direkten Einfluss auf die Trockentoleranz der Gräser. Kalium ist in der Pflanze sehr mobil und entscheidend in den Wasserhaushalt der Pflanze involviert. Es reguliert maßgeblich den Spaltöffnungsmechanismus und damit die Transpiration, beeinflusst die Wasseraufnahme und -transport, reguliert den Zellturgor und Membranpassagen. Silizium bewirkt als strukturelles Element eine Zellwandstärkung, reduziert so die übermäßige Verdunstungsverluste und erhöht zudem die Hitzetoleranz. Eine gezielte und rechtzeitige Nährstoffapplikation kann die Gräser so bei der Vorbereitung auf Hitze und Trockenstress unterstützten.

Effektive Bewässerung

Wasserdefizite müssen rechtzeitig durch eine angemessene Bewässerung ausgeglichen werden. Beginnender Trockenstress und damit Bewässerungsbedarf zeigt sich durch eine auffallend grün-bläuliche Verfärbung der Gräser. Bei Belastung stellen sich aufgrund der reduzierten Turgeszenz die Halme nicht wieder auf (Foot-Print-Symptom, Abb. 1). In Abhängigkeit bestimmter Faktoren (Temperatur, Wind, Gräserart) können Cool Season Gräser im Sommer ca. 5 bis 8 l Wasser pro Tag/m2) über die Pflanzenoberflächen (Transpiration) verdunsten. Hinzu kommt die Verdunstung des Bodenwassers (Evaporation). Als Basis für die Kalkulation des Wasserbedarfs wird häufig die aus beiden Parametern gebildete Evapotranspiation (ET-Wert) verwendet. Moderne Beregnungsanalgen nutzen grundsätzlich messdatengestützte Technik, um eine optimierte, differenzierte und damit effiziente Bewässerung zu gewährleisten.

Trockene Böden können jedoch bei Wiederbefeuchtung wasserabstoßend reagieren. Das Beregnungswasser dringt nicht oder nur partiell in den Boden ein; der Großteil fließt oberflächig und uneffektiv ab. Man spricht hier von sogenannten wasserabstoßenden Bodensituationen. Auch bei sandreichen Rasentragschichten können wachshaltige Pflanzenreste, Ausscheidungsprodukte von Wurzel und Mikroorganismen (Exudate) gerade bei hohen Temperaturen die Sandkörner beschichten und zu wasserabstoßenden Bereichen führen. Mit der Zeit entstehen hier aufgrund ungleichmäßiger Wasserverteilung im Boden auffallende Trockenstellen. Diese Erscheinungen sind als lokal begrenzte Trockenflecken (Localized Dry Spots = LDS) bekannt (Abb. 5).

Um sowohl die Wasseraufnahme als auch die horizontale und vertikale Verteilung des Wassers in solchen Bodensituationen zu optimieren, werden in der professionellen Rasenpflege Wetting Agents eingesetzt. Hierbei handelt es sich in der Regel um biologisch abbaubare Surfactants (surface active agents), die die Oberflächenspannung des Wassers brechen, Benetzung und Durchdringung hydropober Bereiche fördern und dadurch für ein gleichmäßige und effiziente Wassernutzung sorgen (Abb. 6).

Bodenverbesserung und Wurzelförderung

Die Wasserbilanz wird maßgeblich von dem zur Verfügung stehenden Bodenwasser beeinflusst. Gerade sandreiche Rasentragschichten haben ein nur geringes Wasserhaltevermögen. Zur Förderung der Wasserspeicherung können bereits bei der Neuanlage von Rasenflächen bestimmte Substanzen eingebracht werden, die die Wasserspeicherkapazität erhöhen oder/und die Wurzelentwicklung und damit die Wasseraufnahme aus tieferen Horizonten gewährleisten (Abb. 7). Hierzu werden organische, mineralische oder synthetische Zuschlagsstoffe verwendet. Auch eine Einarbeitung in bestehende Rasenflächen ist möglich, zum Beispiel in Verbindung mit einer Aerifiziermaßnahme.

Vermeidung von Hitzestress

Trockenstress ist nicht gleich zusetzten mit Hitzestress. Während der Trockenstress auf Wassermangel basiert, verursacht Hitzestress vor allem Defekte an den Zellmembranen aufgrund von erhöhter Lipidperoxidation (Liu und Huang 2000). Die bei hoher Sonneneinstrahlung vermehrt auftretenden freien Radikale destabilisieren die Membranlipide, indem sie dort Elektronen aufnehmen. Da die Membranen der Cool Season Gräser im Vergleich zu den Warm Season Grasses (C4-Gräser) viele ungesättigte Fettsäuren enthalten, sind sie diesbezüglich wesentlich anfälliger.

Hohe Luft- und vor allem Bodentemperaturen führen zudem zu einer eingeschränkten Photosyntheseaktivität, einer erhöhten Atmung und damit verbunden einem vermehrten Verbrauch an Kohlenhydraten, die dann als Energielieferanten für andere wichtige Prozesse in der Pflanze fehlen. Es kommt also zu einer negativen Energiebilanz, da mehr verbraucht als produziert wird. Reduzierte Wurzelentwicklung und -funktion, geringere Biosynthese des Antistress-Hormons Cytokinin, und eine frühzeitige Alterung (Seneszenz) sind dann oft negative Sekundäreffekte einer hohen Temperatureinwirkung. Versuche haben gezeigt, dass Gräser, die Gelegenheit hatten vor einem Hitzeereignis viele Kohlenhydrate einzulagern, Hitzestress besser widerstehen konnten (Huang und Gao 2000).

Eine rechtzeitige Applikation (pre-stress-application) von Kalium kann vor allem bei Kaliummangelstandorten die Bildung von Kohlenhydraten fördern und zu einer Erhöhung der Hitzetoleranz beitragen (Bell 2011). Auch im Kaltverfahren gewonnene Algenextrakte haben vielfältige bioaktive Inhaltstoffe (unter anderem Wachstumshormone wie Cytokinin, Antioxidantien, und Alginate) die die Photosyntheseleistung und Kohlenhydrateinlagerung, fördern und photooxidative Schäden reduzieren können.

Bei hohen Temperaturen sollten auch bestimmte Greenkeeping-Paramter wie Mähhöhe, Nutzungsintensität, mechanische Bodenbearbeitung und Topdressen entsprechend angepasst werden. Hitzestress ist dann besonders kritisch, wenn er mit Trockenstress verbunden ist, da wichtige kontrollierende und regulierende Mechanismen (beispielweise Transpirationskühlung) nicht mehr funktionsfähig sind. Wie in der Abb. 4 und 8 deutlich zu erkennen, ist Hitzestress bei entsprechender Wasserversorgung wesentlich weniger stark ausgeprägt als in Verbindung mit Wassermangel.

Eine angemessene Wasserversorgung zur Vermeidung von Trockenstress ist deshalb auch wichtige Voraussetzung für die Minderung von Hitzestress; zudem kann auch eine klimatisierende Beregnung erfolgen. Hierbei wird Wasser mit einem Gebläse feinst zerstäubt auf die Gräser geblasen. Bei der anschließenden Verdunstung der Wasserfilms kühlt die Gräseroberfläche unter einen kritischen Schwellenwert ab. Dieses aus den warmen Klimaten der USA stammende Verfahren wird als Syringing bezeichnet und zunehmend auch in Europa verwendet.

Greenkeeping Maßnahmen zur Förderung der Trocken- und Hitzetoleranz:

  • Gräserarten- und Sortenwahl beachten
  • Bewässerung optimieren
  • Wasserspeicherung im Boden verbessern
  • Gräsergesundheit fördern
  • Einsatz von Wetting Agents
  • Kaliumbetonte Düngung
  • Förderung Wurzelwachstum
  • Applikation vom Biostimulantien /Algenextrakten
  • Schnitthöhe anpassen
  • Moderates Aerifizieren
  • Topdressen vermeiden
  • Klimatisierende Beregnung

Fazit

Trocken und Hitzestress lösen vor allem bei unseren Cool Season Gräsern verschiedene physiologische Reaktionen in der Pflanze aus, die zu einer Beeinträchtigung der Funktionalität bis hin zu irreversiblen Schäden führen. Ein angepasstes Greenkeeping und gezielte Maßnahmen zur Vorbereitung der Gräser auf diese abiotischen Stressfaktoren können die Auswirkungen jedoch entscheidend mildern und eine nachhaltige Nutzung der Rasenflächen ermöglichen.

Literatur:

Bell, G. (2011) Turfgrass Physology and Ecology; Ed. Fiona Chippendale, CABI. International 2011, Cambridge University Press, 235 S.

<p<small>Huang, B., Gao,H. (2000) Growth and carbohydrate metabolism of creeping bentgrass cultivars in response to increasing temperatures, Crop Science 40; 1115-1120.

</p<small>

Jiang, Y., Huang, B.(2001): Drought and Heat Stress Injury to Two Cool Season Turfgrasses in relation to Antioxidant Metabolism and Lipid Peroxidase.

Crop Science 41 436-442.

Liu, X., Huang, B. (2000) Heat Stress injury in relation to membrane lipid

oxidation in creeping bentgrass. Crop Science 40, 503-510.

Mengel, K. (1972) Ernährung und Stoffwechsel der Pflanze, Gustav Fischer Verlag Stuttgart, 470 S.

Mengel, K.; Kirkby, E.A. (1978) Principles of Plant Nutrient. Ed. International Potash Institute, Bern Switzerland, 593 S.

Turgeon, A.J. (2012) Turfgrass Management, 9th edition, Pearson EducTION; Inc: publishing as Pearson Prentice Hall, One Lake Street Upper Saddle River, MJ 07458 ISBN 13-978-0-13-707435-8.

Dr. Fritz Lord
Autor

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