Aktuelle Probleme in der Anwendung und Empfehlungen für mehr Sicherheit im Sport

Sichere, freistehende Fußballtore

von: , ,
Fußball Sicherheit
Abb. 1: Unzulässige Lagerung von Toren in der Sicherheitszone. Foto: Laura Hahn

Freistehende Ballspieltore sind ein wichtiger Bestandteil des Spitzen- sowie Breitensports. Allerdings bringt ihre Verwendung nicht nur Vorteile mit sich, sondern birgt gleichzeitig ein hohes Unfallrisiko. Besonders im Hinblick auf Standsicherheit, Transport und Lagerung sind Maßnahmen zu ergreifen, die einen Umgang in der Praxis sicherer gestalten können.

Der Einsatz von freistehenden Ballspieltoren auf Sportfreianlagen ist im Spitzen- wie auch Breitensport weit verbreitet. Ihre Verwendung ermöglicht das Darstellen unterschiedlicher Spielszenarien, das Spielen in Querrichtung vor allem für jüngere Jugendmannschaften und die Schonung intensiv genutzter Bereiche wie Torräume. Im Fokus steht dabei die Beweglichkeit der Ballspieltore, um ihrem Verwendungszweck gerecht zu werden.

2002 gab die Sportministerkonferenz die Empfehlung "Tore müssen fallen - nicht umfallen", um den Umgang mit Ballspieltoren sicherer zu gestalten. Dennoch kam es in den letzten 20 Jahren immer wieder zu Unfällen mit teils tödlichem Ausgang. In den meisten Fällen betraf es Kinder und Jugendliche, doch auch Erwachsene wurden tödlich verletzt. Die häufigsten Ursachen waren eine mangelnde Standfestigkeit während und auch außerhalb der Nutzung, fehlerhafte Lagerung oder nicht sachgerechter Transport. Weitere Ursachen sind das Nutzungsalter und mangelnde Wartung.

Die Haftung bei solchen Unfällen auf Sportfreianlagen tragen die Betreiber, da es sich um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB handelt, sollten freistehende Tore nicht gegen Umkippen gesichert sein (OLG Schleswig 25.10.2011). Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass ein Tor als solches als Element zum Turnen gesehen und zweckentfremdet wird (OLG Celle 18.01.1995).

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Fachbereichsleitung, Essen  ansehen
Gärtnermeister/-in (m/w/d), Berlin  ansehen
Sachbearbeiter*in Übergreifende Planung, Ausgleich..., Kiel  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Wissenschaftliche Forschungen zu Ballspieltoren

In den letzten zwei Jahren wurde aus diesen Gründen an der Hochschule Osnabrück ein vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft gefördertes Forschungsprojekt mit dem Thema "Sicherheitstor - Entwicklung eines standsicheren und leicht zu transportierenden, freistehenden Sicherheits-Ballspieltors" bearbeitet, in dem sich mit der Normung, dem Umgang in der Praxis und der konstruktionstechnischen Entwicklung eines Prototyps beschäftigt wurde.

Die Fragestellungen und Entwicklungen beziehen sich auf Tore des Typs 4 der DIN EN 748 "Freistehendes Fußballtor mit Gegengewicht". Das Gegengewicht ist ein Teil des Bodenrahmens und sollte idealerweise in diesen integriert sein. Empfehlungen für Gegengewichte durch den TÜV liegen je nach Torgröße zwischen 100 und 200 kg (DFB, 2017). Mit dem Eigengewicht werden die Tore bis zu 250 kg schwer, die während der Trainingseinheiten auch von Kindern und Jugendlichen über das Spielfeld transportiert werden.

Der Umgang mit freistehenden Toren in der Praxis

Zu Beginn des Forschungsprojektes lagen keine Daten oder Statistiken zum Status Quo in der Verwendung freistehender Tore in Deutschland vor. Daher wurden Beobachtungen auf Sportfreianlagen im Bundesgebiet durchgeführt und dokumentiert. Insgesamt wurden 15 Jugend- und zehn Erwachsenenmannschaften im Großraum Osnabrück sowie in weiteren Teilen Nord- und Süddeutschlands einbezogen. Ziel der Beobachtungen war eine Herausstellung, welche Art von freistehenden Toren in welcher Weise von den unterschiedlichen Jugenden genutzt werden. Dabei wurde sich besonders auf jüngere Mannschaften konzentriert, da vor allem im Training jüngerer Spieler freistehende Tore zum Einsatz kommen. Mithilfe eines Beobachtungsbogens wurden Angaben zu Anzahl der Tore, ihren Maßen, Auslagen und eventuell verbauten Rädern und Gewichten gemacht. Weitere Beobachtungen fanden bezüglich der Lagerung und des Transports statt.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Vereine Gewichte an Toren verbaut hatte. Eine Bereifung für einen Transport ohne Tragen des Tores war jedoch selten der Fall. Bei den Jugendmannschaften fiel auf, dass der Transport häufig unbeaufsichtigt durch die Spieler selbst stattfand und nicht wie gefordert von den Übungsleitern oder unter Aufsicht dieser von mindestens sechs weiteren Personen (DFB, 2020). Bei über der Hälfte wurde der Transport von Kindern und Jugendlichen durchgeführt, davon sogar zu 50 Prozent von weniger als sechs Personen. Bei Toren mit einem Gewicht bis zu 250 kg können dabei Unfälle mit Personen oder Geräteschäden vorkommen.

In 2/3 der Fälle gab es keine geeigneten Lagerflächen, sodass die Tore am Spielfeldrand gelagert wurden. Meist geschieht dies in den Sicherheitszonen, die von Hindernissen freizuhalten sind. Da vor allem auf älteren Anlagen direkt angrenzend an die Sicherheitszonen Barrieren stehen, gibt es ohne Auslässe oder Buchten keine Möglichkeit, die Tore anderweitig zu lagern (s. Abb. 1 und Abb. 2). Hinzu kommt die fehlende Motivation, die Tore weiter als bis zum Spielfeldrand zu transportieren.

In der Nutzung von jüngeren Spielern kommt es ebenfalls vor, dass die Tore auf den Torrahmen gelegt genutzt werden, um den niedrigeren Bodenrahmen als Tor zu nutzen. Sind dann Gegengewichte integriert, besteht eine hohe Gefahr des Kippens der Tore nach vorn, vor allem da der Bodenrahmen als Querlatte durch seine geringere Höhe für Kinder einfacher zu erreichen ist.

Inspektionen von Toren

Fußballtore werden im Rahmen eines Sicherheitsmanagements bei jährlichen Inspektionen auf Mängel geprüft. Zusätzlich empfiehlt sich die Überprüfung von Standfestigkeit und konstruktiver Festigkeit nach DIN EN 748 im dreijährigen Turnus. Da am Institut für Landschaftsbau, Sportfreianlagen und Grünflächen der Hochschule Osnabrück seit mehreren Jahren regelmäßig Inspektionen im gesamten Bundesgebiet durchgeführt werden, konnten die aufgenommen Mängel bei freistehenden Toren anhand der Inspektionsberichte analysiert werden. Es wurden 33 Inspektionsberichte aus den Jahren 2016 bis 2020 analysiert, in denen freistehende Tore von 230 Sportfreianlagen aufgenommen waren.

Aus 3219 Mängeln an 1527 freistehenden Toren konnten neun Arten von Mängeln identifiziert werden (s. Tab. 1). Zu den häufigsten Mängeln zählen die nicht ordnungsgemäße Lagerung, welche bei der Hälfte aller Tore vorgefunden wurde, und Minderungen der konstruktiven Festigkeit durch Haarrisse.

Nicht ordnungsgemäße Lagerung von freistehenden Toren kann in der Entfernung zwischen Nutzungsort und Lagerstätte, dem Fehlen geeigneter Lagerflächen oder einer eingeschränkten Mobilität durch fehlende Räder begründet sein. Eine Minderung der konstruktiven Festigkeit lässt sich auf einen nicht sachgerechten Umgang mit freistehenden Toren zurückführen. Die häufig vorkommende Nachrüstung älterer Modelle mit mobilen Gewichten ist grundsätzlich sinnvoll und trägt zu mehr Sicherheit in der Nutzung bei, allerdings sind diese Torrahmen selten für ein so hohes, zusätzliches Gewicht ausgelegt. Doch auch Tore mit bereits integrierten Gegengewichten weisen nach einigen Jahren Nutzung und Transport Haarrisse im Bereich der Schweißnähte auf.

Etwa ein Drittel der geprüften Tore mangelte es an ausreichender Kippsicherung durch die genannten Gegengewichte. Die Gewichte reichen entweder nicht für die geforderte Standfestigkeit, liegen als mobile Gewichte anderorts als auf dem Bodenrahmen oder sind gar nicht erst vorhanden.

Mängel an Toren bedingen sich gegenseitig

Die drei häufigsten Mängel stehen jedoch nicht für sich, sondern können in einen Zusammenhang gebracht werden (s. Abb. 3). Die Verortung der Lagerstätten beeinflusst den Transport der Tore. Gibt es beispielsweise keine Einlässe in der das Spielfeld umgrenzenden Barriere, werden die Tore über die Barriere gehoben und nicht selten aufgrund ihres hohen Gewichts auf die andere Seite fallen gelassen. Wird aufgrund mangelnder Kippsicherheit das Tor nachträglich mit Gewichten ausgerüstet, sind die alten Torrahmen meist nicht auf das zusätzliche Gewicht ausgelegt. Insgesamt beeinträchtigt dies die konstruktive Festigkeit, führt zu Haarrissen und Beschädigungen des gesamten Tores, wodurch sich die Nutzungsdauer von Toren erheblich verringert.

Empfehlungen für die Normung

Um Lösungsansätze für die aktuellen Probleme im Umgang mit freistehenden Toren zu finden, wurden Empfehlungen für die Normung erarbeitet, welche die bisherigen Anforderungen kritisch hinterfragen. Die Werte zur Prüfung der Standfestigkeit und konstruktiven Festigkeit wurden dabei besonders betrachtet.

Die Entwicklung der Prüfwerte seit der ersten Norm zu Ballspieltoren im Jahr 1977 ist schwierig nachzuvollziehen, da häufig Annahmen die Grundlage für notwendige Festigkeitsanforderungen bildeten. Durch Berechnungen an aktuellen Tormodellen wurden die bisher geltenden Werte von 1800 N für die konstruktive und 1100 N für die Standfestigkeit überprüft. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls Versuche an freistehenden Toren durchgeführt worden. Die Tore wurden nach den Prüfverfahren der DIN EN 748 und ebenfalls nach amerikanischen, standardisierten Prüfverfahren, einem Pendel- und einem Balance-Test, getestet.

Die Empfehlungen anhand der theoretischen und praktischen Überlegungen beinhalten eine leichte Abweichung der Prüfwerte, vor allem was ihr Verhältnis zueinander betrifft, da mit trigonometrischen Grundprinzipien ein Zusammenhang zwischen der vertikalen Prüfkraft für die konstruktive Festigkeit und der horizontalen Prüfkraft für die Standfestigkeit begründet wurde (s. Tab. 2). Auf Basis der errechneten Prüfwerte und mit den Ergebnissen der Praxistests wurden auch die Empfehlungen für Gegengewichte überarbeitet. Es stellte sich heraus, dass in den meisten Fällen weniger Gewicht zur Standfestigkeit benötigt wird, als bisher angenommen (s. Tab. 3). Ein weiterer Punkt ist die Erhöhung der Auslage freistehender Tore, da allein dieser Faktor das notwendige Gegengewicht verringern kann. Normativ ist eine Auslage von mindestens 1,20 m gefordert. Da diese Länge wenig Standfestigkeit in der Konstruktion bietet und sehr selten in der Praxis anzufinden ist, wird eine Verlängerung auf mindestens 1,50 m empfohlen. Bei einem Eigengewicht der Tore von bis zu 70 kg und einem geringeren notwendigen Gegengewicht durch verlängerte Auslage kann das Gesamtgewicht der freistehenden Tore auf unter 200 kg begrenzt werden.

Die Empfehlungen werden dem zuständigen Normenausschuss auf nationaler und europäischer Ebene vorgestellt und diskutiert.

Bei der Entwicklung eines Prototyps lag der Fokus auf der Radintegration im seitlichen Bodenrahmen, um den Transport zu vereinfachen und Gegengewichte im hinteren Bodenrahmen zu verringern. Dabei stand die Kippsicherheit in der Nutzung sowie beim Transport im Vordergrund. Mit Unterstützung des Sportgeräteherstellers Schäper Sportgerätebau GmbH entstand ein Prototyp, der in einem erhöhten Bodenrahmen eine ausfahrbare Radkonstruktion beherbergt. Diese kann per Kurbel ausgefahren werden und sorgt für eine ergonomische, anwenderfreundliche Nutzung (s. Abb. 4).

Mehr Berücksichtigung für mehr Sicherheit bei freistehenden Toren

Über die Laufzeit des Projekts hat sich durch die theoretischen und praktischen Überlegungen und Ergebnisse gezeigt, dass die Sicherheit von freistehenden Toren durch eine Vielfalt von Faktoren beeinflusst werden kann, die alle für sich Berücksichtigung finden sollten. Angefangen bei der Planung neuer Sportfreianlagen mit entsprechenden Lagerflächen, Auslässen oder Buchten für eine sichere Lagerung außerhalb der Nutzung über eine Beachtung der Kippsicherheit durch integrierte Gewichte und höhere Auslagen in Produktion seitens der Hersteller aber auch im Einkauf seitens der Betreiber bis hin zu einer fachgerechten Einführung und regelmäßigen Auffrischung in der Ausbildung von Übungsleitern. Mit Verbesserung dieser Faktoren können Unfälle durch freistehende Tore verringert oder sogar verhindert und der Fußballsport, in dem es hauptsächlich um den Spaß an der Bewegung und dem Wettbewerb geht, sicherer gestaltet werden. Ein abschließender Projektbericht wird seitens des Bundesinstituts für Sportwissenschaft veröffentlicht.

Literatur

DFB - Deutscher Fußball-Bund (2020): Verkehrssicherheit auf dem Sportplatz - Schwerpunkt Mobile Tore [online]. Hanau, B2 Design. Verfügbar unter: assets.dfb.de/uploads/000/219/590/original_Verkehrssicherheit_Sportplatz_Mobile_Tore_2020.pdf, zuletzt geprüft am 29.01.2021.

DFB-Kommission Sportstättenbau (2017): Sportplatzbau & -erhaltung. 5. überarbeitete Auflage. Hanau, B2 Design.

DIN EN 16579:2020-01: Spielfeldgeräte - Ortsveränderliche und standortgebundene Tore - Funktiona und sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren. Beuth Verlag, Berlin.

DIN EN 748:2018-04 Spielfeldgeräte - Fußballtore - Funktionelle und sicherheitstechnische Anforderungen, Prüfverfahren. Beuth Verlag, Berlin.

OLG Celle, Urteil vom 18.01.1995, Aktenzeichen 9 U 211/93. In: NJW-RR 1995, 984-985 (16), S. 984-985. SpuRt 1996, 173-174.

OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2011, Aktenzeichen 11 U 71/10. In: SchlHA, S. 137-138.

Ständige

Konferenz Der Sportminister Der Länder In Der Bundesrepublik

Deutschland (SMK) (Hg.) (2002): Tore müssen fallen - nicht umfallen.

Empfehlung der Sportministerkonferenz über den sicheren Umgang mit

Ballspieltoren. Online verfügbar unter www.google.com/url, zuletzt geprüft am 28.06.2019.

 Laura Hahn
Autorin

Hochschule Osnabrück, Fakultat A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences
 Thorsten Schmidt
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultat A&L

Hochschule Osnabrück
Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen