Interview, ein Dreivierteljahr nach Amtsantritt
Glania: "Neue Marktchancen bei Firmengärten und Fassadengrün"

Sie übernahmen Ihr Amt als BGL-Hauptgeschäftsführer in einem wirtschaftlichen Krisenjahr. Wie hat sich die ökonomische Lage für den Garten- und Landschaftsbau seither entwickelt?
Tatsächlich sind die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch für den GaLaBau seit zwei Jahren sehr schwierig. Zu Recht werden jetzt in Politik und Öffentlichkeit strukturelle Wachstumshindernisse in Deutschland diskutiert. Zwar muss man der Ampel zugutehalten, dass sie die großen Transformationsaufgaben unserer Zeit anpacken will, wie zum Beispiel die Energiewende und Wärmewende. Das Problem ist, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungsparteien öffentlich ausgetragen werden, die Regierung daher keine berechenbare Linie verfolgt und bei der Umsetzung bisweilen handwerkliche Fehler macht. Die Konsequenz: Verwirrung und Frust in breiten Teilen der Bevölkerung. Bestes Beispiel: Die große Verunsicherung, die durch das Gebäudeenergiegesetz entstanden ist. Kein Wunder, dass das Konsumklima weiterhin schlecht ist.
Vor diesem Hintergrund können wir im GaLaBau insgesamt zufrieden sein, dass unsere wirtschaftliche Situation bundesweit gesehen recht stabil ist. Dabei dürfen wir aber regionale Unterschiede nicht vergessen. Eine wachsende Zahl von Insolvenzen und der erheblich gestiegene Bietungswettbewerb bei öffentlichen Aufträgen in einigen Regionen zeigen eindeutig, dass die Luft vielerorts dünner wird und der GaLaBau das starke Wachstum der letzten Jahre nicht fortsetzen kann. Erfreulich ist, dass die Zahl der neuen Ausbildungsverträge auch in 2023 erneut gestiegen, das Auftragspolster im bundesweiten Durchschnitt stabil ist und die Betriebe die längerfristigen Perspektiven des GaLaBau überwiegend positiv bewerten.

Die Baufinanzierungszinsen sind gesunken. Das Bundesumweltministerium hat ein kommunales Förderprogramm für das Stadtgrün aufgelegt. Sind das neue Chancen für die grüne Branche?
Die Baukonjunktur bereitet uns immer noch Sorge. Schwächelnde Neubautätigkeit führt immer auch zu weniger Aufträgen für die Außenanlagen bzw. Privatgärten. Die Ursachen für die schwache Baukonjunktur sind vielfältig: Zinsen, Materialkosten, Fach- und Arbeitskräftemangel, die regulierungsbedingten Kostensteigerungen der letzten Jahrzehnte. Außerdem tun sich viele Großstädte schwer, Baugrund zur Verfügung zu stellen. Dabei muss man auch sehen, dass in den Ballungsgebieten der Fachkräftemangel eng mit der Verfügbarkeit von bezahlbaren Wohnraum in Verbindung steht.
Tatsächlich sind Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Klimaschutz große Zukunftschancen für den GaLaBau. Die Ampel hat tatsächlich große neue Förderprogramme auf den Weg gebracht, die den Ausbau – und auch die Pflege – von Stadtgrün zum Ziel haben. Dieses Maßnahmenpaket können wir auch als Erfolg des BGL verbuchen. Mittlerweile kann man auch zuversichtlich sein, dass dieser Trend keine Eintagsfliege sein wird: Denn auch auf EU-Ebene wurde verbindlich vereinbart, dass die Mitgliedstaaten in den kommenden Jahrzehnten Stadtgrün ausweiten müssen. Dies wird nur durch langfristig angelegte Politik erreichbar sein. Aus unserer Sicht sollte daher Klimaschutz, Klimaanpassung und Ausbau der grün-blauen Infrastruktur als Gemeinschaftsaufgabe für Bund und Länder in das Grundgesetz aufgenommen werden. Damit einher würden langfristig angelegte Förderprogramme gehen.
In welchen Themen-Bereichen setzen Sie strategische Schwerpunkte?
Mir ist es sehr wichtig, dass wir ein neues umfassendes politisches Positionspapier fertig gestellt haben. Hier bringen wir auf den Punkt, für welche Forderungen der BGL und seine Mitglieder stehen. Stadtgrün ist ein Schwerpunkt, aber auch Bürokratieabbau und der Facharbeitermangel. Dieses Papier bildet ab sofort das Rückgrat für unsere berufsständische Interessenvertretung. Es ist für den BGL eine zentrale Aufgabe, diese Botschaften an die Entscheider in Politik und Verwaltung zu tragen.
Eine weitere wichtige Säule unserer Arbeit ist die Marktentwicklung. Wir sind seit Jahren mit unserer Image- und PR-Kampagne beim Privatgarten sehr erfolgreich. Nun tun sich neue Marktchancen auf: Unternehmen sind branchenübergreifend seit neuestem ab einer gewissen Größe gesetzlich verpflichtet, darüber zu berichten, mit welchen Maßnahmen sie ihre Nachhaltigkeit voranbringen. Bei dieser Zielgruppe wollen wir verstärkt Firmengärten und Gebäudebegrünung ins Spiel bringen. Unsere Botschaft: Sie können durch die naturnahe Gestaltung ihres Firmengartens und durch Dach- und Fassadenbegrünung sehr sichtbare Maßnahmen ergreifen, etwas für ihr Image und die Mitarbeiterbindung tun. Das Interesse ist vorhanden: Unsere neue Broschüre zu Firmengärten findet großen Anklang. Das Potenzial hat auch die Politik erkannt und ein Förderprogramm für biodiversitätsfördernde Firmengärten auf den Weg gebracht. Das ist ein spannender Zukunftsmarkt für den GaLaBau, bei dem wir als BGL aktiv zur Marktentwicklung beitragen wollen.
Das bedeutet aber auch: Wenn Nachhaltigkeit, Biodiversität und Ökologie aus Kundensicht immer wichtiger werden, müssen auch unsere Betriebe die erforderlichen Kompetenzen haben. Daher müssen wir diese Themen stärker in die Ausbildung- und Weiterbildung integrieren. Die angedachte neue Ausbildungsverordnung muss konsequent dafür genutzt werden.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) erwartet in diesem Jahr den Verlust von 30.000 Arbeitsplätzen. Entsteht dort eine Ressource für den GaLaBau?
Tatsächlich haben wir schon längst begonnen, über Social Media auf mögliche Quereinsteiger im GaLaBau zuzugehen. Wir zeigen in dieser Kampagne Menschen, die über ihren beruflichen Wechsel authentisch berichten. Sie sprechen darüber, wie sie im GaLaBau Sinn und Leidenschaft gefunden haben. Wir wollen mit dieser Kampagne Interesse wecken, sich über Beschäftigungsmöglichkeiten im GaLaBau zu informieren und auf unsere Mitgliedsbetriebe zuzugehen. Für diesen nächsten Schritt bieten wir unsere eigene Stellenbörse und die Ausbildungsplatzbörse.
Wird die BGL-Klima-Kampagne von 2022 mit neuen Motiven fortgesetzt?
Wir werden schon bald eine frische Kampagne rund um das Thema Klimaanpassung in der Stadt starten. Lassen Sie sich überraschen.
Wie blicken Sie in die wirtschaftliche Zukunft der grünen Branche?
Wegen der Rezession richtet sich die politische Diskussion auf die Wachstumshemmnisse in Deutschland. Dies ist auch dringend erforderlich. Wenn die Politik die richtigen Weichen stellt und sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wieder erholt, dann haben wir im GaLaBau sehr gute Zukunftsperspektiven. Unsere Betriebe arbeiten aktiv auf dem Gebiet der Klimaanpassung, Schutz der Biodiversität, Verbesserung urbaner Lebensqualität. Dies sind allesamt Zukunftsfelder. Unser Motto "wir machen das" bringt gut auf den Punkt, mit welcher Einstellung wir diese Aufgaben angehen.